Flugverspätung Langstreckenflug

Aus PASSAGIERRECHTE
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Begriffe Flugverspätung und Langstreckenflug

Flug im Sinne der Fluggastrechteverordnung ist nicht die Luftverkehrsbewegung eines Flugzeugs, sondern ein Beförderungsvorgang, der von einem bestimmten Luftverkehrsunternehmen auf einer bestimmten Route ausgeführt wird und mit dem eine Gesamtheit von Fluggästen von einem Flughafen zum anderen befördert wird (BGH, Urt. v. 04.09.2018, Az.: X ZR 111/17).

Bei einer Langstrecke handelt es sich um einen Flug mit einer Flugdistanz von über 3500 Kilometern zwischen dem Abflughafen und dem Flughafen des Endziels. Bsp.: Flug von Berlin nach Abu Dhabi Von einer Flugverspätung ist immer dann auszugehen, wenn sich ein Ereignis im Zusammenhang mit einem Flug zu einem anderen Zeitpunkt ergibt, als anfänglich vorgesehen war. Siehe auch: https://www.passagierrechte.org/Flugversp%C3%A4tung

Bei Langstreckenflügen handelt es sich meistens um außergemeinschaftliche Flüge mit einer Flugdistanz von 3.500 km. Diese sind ab einer Abflugverzögerung von vier Stunden als verspätet einzustufen (Art. 6 Abs. 1 lit. c der Fluggastrechteverordnung – Langstreckenflug).

Antreten eines Fluges

Vergleicht man die einzelnen Sprachfassungen untereinander, dann wird klar, dass ein Flug dort angetreten wird, wo der Abflug von Statten geht. Das alleinige Verlassen der Parkposition ist jedoch nicht ausreichend. Damit ein Abflug tatsächlich angenommen werden kann, bedarf es einer tatsächlichen Flugbewegung und des Abhebens der Maschine vom Boden. Steht ein sog. „Nonstop-Flug“ in Rede, also ein Beförderungsvorgang ohne Unterbrechungen, dann wird dieser ohne Zweifel an dem Abflugort angetreten. Da in der Fluggastrechteverordnung keine Definition des Begriffes „Flug“ enthalten ist, bestehen Zweifel bezüglich der Auslegung dieses Begriffes. Vor allem stellt sich die Frage, ob die Fluggastrechteverordnung Anwendung findet, wenn durch den Fluggast nach einer Flugunterbrechung auf einem Flughafen außerhalb der Union das Flugzeug wieder betreten wird durch den Fluggast und der Fluggast dann verspätet oder gar nicht mehr befördert wird. Als Beispiel wäre zu nennen ein Flug mit dem australischen Luftfahrtunternehmen Quantas von Frankfurt a.M. über Bangkok und Weiterflug nach Sydney mit Rückflug von Sydney nach Frankfurt mit Stop-over in Singapur.

Hin- und Rückflug

Nach Ansicht des EuGHs ist der Art. 3 I lit. a der Fluggastrechteverordnung so auszulegen, dass dieser nicht auf den Fall einer Hin- und Rückreise anzuwenden ist, in der der Fluggast, welcher seinen Flug auf einem Flughafen auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates angetreten hat, zu diesem Flughafen mit einem Flug ab einem Flughafen in einem Drittstaat zurückreist (Flug von Düsseldorf über Dubai nach Manila und zurück mit Emirates). Bei dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, ob der Hin- und Rückflug zusammen gebucht wurden. Der Rückflug ist stets als eigener Flug im Sinne der Fluggastrechteverordnung anzusehen. Aus diesem Grund findet die Fluggastrechteverordnung bei Rückflügen mit Luftfahrtunternehmen aus Drittstaaten wie der Türkei, Australien oder Asien keine Anwendung. Durch den EuGH erfolgt damit keine Übernahme des Begriffes des sogenannten Rundfluges des Montrealer Übereinkommens/Warschauer Übereinkommens für die Fluggastrechteverordnung. Dort wird der Hin- und Rückflug als ein einheitlicher Flug angesehen. Die Ansicht des EuGH folgt aus dem § 8 I der Fluggastrechteverordnung. Dort erfolgt eine Unterteilung zwischen dem ersten Abflugort und dem Endziel der Reise. Als Begründung wird aufgeführt, dass bei der Fluggastrechteverordnung der Begriff des „Fluges“ in Rede steht, während bei dem Montrealer Übereinkommen der Begriff der „Beförderung“ in Rede steht. Weiterhin wird damit argumentiert, dass bei der Auslegung der Fluggastrechteverordnung deutlich wird, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff „Flug“ nicht den Hin- und Rückflug gemeint hat. Diese Ansicht des EuGH und seine Auslegung scheint nicht zu überzeugen, wenn man das Ziel des hohen Schutzstandards der Fluggastrechteverordnung beachtet.

Zubringer- und Anschlussflug

Erfolgte eine gemeinsame Buchung des Zubringer- und Anschlussfluges im Sinne einer Flugreise, dann kommt es zu der Problematik, ob bei einer Unterbrechung des Fluges immer noch von einem Flug auszugehen ist oder dann mehrere Flüge anzunehmen sind. Diese Problematik ist in der Fluggastrechteverordnung nicht geregelt. Diese Bestimmung erlangt Wichtigkeit sowohl für die Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunternehmens als auch für die Berechnung der Flugstrecke der Ausgleichszahlung. Für diese Bestimmung muss zwischen verschiedenen Fallkonstellationen unterschieden werden. Durch den BGH wird die Auffassung, dass auf jeden einzelnen Flug anzustellen ist. Das soll selbst dann so gehandhabt werden, wenn alle Flüge von dem gleichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt werden und als Anschlussverbindungen zusammen gebucht werden. Laut dem BGH muss der Begriff des Fluges aus dem Sinn und Zweck der Fluggastrechteverordnung entnommen werden und vor allem aus den Vorschriften, die diesen Begriff verwenden. Bei der Bestimmung des Begriffes „Flug“ ist es nicht von Bedeutung, dass der Erst- und Folgeflug Teil eines Beförderungsvertrages sind und gemeinsam gebucht wurden. Das geht daraus hervor, dass die Fluggastrechteverordnung sich auf die Gesamtheit der Fluggäste eines Fluges bezieht, welcher von einem bestimmten Luftfahrtunternehmen auf einer bestimmten Flugroute durchgeführt wird und mit welchem die Fluggäste von einem Flughafen zu einem anderen Flughafen befördert werden. So entschied der BGH in seiner Entscheidung (Az.: Xa ZR 113/08) vom 28.05.09, dass bei einem Flug von Frankfurt a.M. nach Phönix (USA) und der Kombination, dass der erste Flug bis nach Washington D.C. (ausgeführt durch die Lufthansa) und der Weiterflug zum Endziel Phönix durch den Code-Share Partner United Airlines nicht in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fällt. In diesem Fall kam es zu einer geringen Flugverspätung und dadurch dazu, dass der Anschlussflug nicht wahrgenommen werden konnte. Der BGH stuft den gebuchten Weiterflug mit einem anderen ausführenden Luftfahrtunternehmen (und vertraglichen Code-Share-Partner) nach dem Umsteigen als einen neuen inneramerikanischen Flug in einem Drittstaat ein und versagt somit die Anwendung der Fluggastrechteverordnung.

Zwischenlandung ohne Wechsel des Flugzeuges

Bei einem „Direkt-Flug“, welcher eine Zwischenlandung einlegt, jedoch ohne den Wechsel des Flugzeuges und welcher durch ein Luftfahrtunternehmen unter einer einheitlichen Flugnummer ausgeführt wird und bei dem die Zwischenlandung nur aus „technischen Gründen“ erfolgt, wie z.B. einem Tankstopp, ist als Flug im Rahmen des Art. 3 der Fluggastrechteverordnung über die komplette Strecke wie z.B. Frankfurt a.M. nach Dubai (Zwischenlandung) und Bangkok zu verstehen und damit der räumliche Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung eröffnet. In diese Fall ist davon auszugehen, dass der Flug an dem Flughafen angetreten wurde, an dem der erste Zustieg erfolgt ist und damit im vorliegenden Beispiel in Frankfurt a.M.. Die Zwischenlandung beruht in diesem Fall ausschließlich auf wirtschaftlichen oder technischen Gründen und der Weiterflug nach der Zwischenlandung ist als Teil des bereits angetretenen Fluges anzusehen. Für die Anwendbarkeit der Fluggastrechteverordnung ist im Falle einer Nichtbeförderung, Flugannullierung und großen Verspätung des Weiterfluges der erste Abflugort ausschlaggebend. Von einem Direktflug ist auch dann auszugehen, wenn bei einem Zwischenstopp ohne das ein Wechsel des Flugzeugs und des ausführenden Luftfahrtunternehmens erfolgt und kurzzeitig Fluggäste aus und wieder in die gleiche Maschine einsteigen. Dass soll einem Missbrauch durch das Luftfahrtunternehmen vorbeugen und auch dem Schutzbedürfnis des Fluggastes diesen. Die Fluggastrechteverordnung findet demnach für die gesamte Flugstrecke Anwendung, auch wenn das [[Flugzeug durch die Fluggäste in einem Drittstaat für kurze Zeit verlassen wird.

Zwischenlandung mit Wechsel des Flugzeuges

Zwar vertritt der EuGH die Ansicht, dass bei einem einheitlich gebuchten Hin- und Rückflug von getrennten Flügen auszugehen ist, jedoch ist eindeutig geklärt, dass der Art. 3 I a VO so auszulegen ist, dass die Fluggastrechteverordnung auch für Flugbeförderungen Anwendung findet, die wegen einer einheitlichen Buchung vorliegt und eine planmäßige Zwischenlandung in einem Drittstaat zwischen dem Abflug in der EU und der Ankunft in einem Drittstaat erfolgt ist. Davon ist auch ein Wechsel des Fluggerätes umfasst. Liegt ein direkter Anschlussflug vor, welcher durch das gleiche EU- Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird, dann steht dem Fluggast im Falle einer Annullierung, großen Verspätung oder einer Nichtbeförderung am Umsteigeflughafen nicht nur im Gebiet der EU ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu, sondern auch dann, wenn der Umsteigeflughafen der letzte Zielort außerhalb des Gebietes der EU liegt.

Durch den EuGH wurde am 07.09.17 bestätigt, dass bei zwei aufeinander folgenden Flügen, der zweite Flug als unmittelbarer direkter Anschlussflug ist und der Zielort des Anschlussfluges das Endziel ist. Die spielt vor allem bei der Berechnung der Höhe der Ausgleichsleistung eine Rolle, da bei direkten Anschlussflügen die Berechnung der Streckenentfernung vom Startflughafen bis zum Zielflughafen des Anschlussfluges berechnet wird. Da der Flughafen des ersten Fluges nur als Zwischenlandeort fungiert, ist dieser nicht zu berücksichtigen bei einer Ankunftsverspätung von mindesten drei Stunden am Endziel. Somit kommt den Fluggästen eines verspäteten Fluges nur dann ein Ausgleichsanspruch zu, wenn sie aufgrund der Verspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen. Das isst auch dann der Fall, wenn es zu einer verspäteten Ankunft am Endziel kommt, weil ein selbst nicht in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fallender oder ein selbst nicht verspäteter Anschlussflug nicht geschafft wird.

Die Auslegung des Art. 7 I der Fluggastrechteverordnung muss so erfolgen, dass durch den Begriff der „Entfernung“ im Fall von Flugverbindungen mit Anschlussflügen nur die Entfernung zwischen dem Ort des ersten Abflugs und dem Endziel umfasst wird, welche nach der Großkreismethode zu ermitteln ist, unabhängig welche Flugstrecke wirklich zurückgelegt wurde. Auch durch den BGH wird bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs eines Fluggastes für die Annullierung eines Fluges nicht nur auf den Zielort des annullierten Fluges abgestellt. Sondern der Zielort des direkten Anschlussfluges findet auch Berücksichtigung, solange der Fluggast aufgrund der Annullierung sein Ziel verspätet erreicht. Richtet man sich nach dem Sinn und Zweck der Fluggastrechteverordnung, dann sprechen die einzelnen Flugabschnitte dafür, die Flugreise als „einen Flug“ zu betrachten, denn der anfängliche Abflugort liegt in der EU und alle Teilstrecken werden durch ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft bedient.

In seinem Urteil vom 31.05.18 wurde durch den EuGH klargestellt, dass die Fluggastrechteverordnung auch für eine Fluggastbeförderung Anwendung findet, bei der der Weiterflug durch ein [[Luftfahrtunternehmen eines Drittstaates erfolgt. Voraussetzung ist, dass eine einheitliche Buchung vorliegt und zwischen dem Abflugort von einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats (hier Berlin) und der Ankunft auf dem Flughafen im Gebiet eines Drittstaates (Agadir) eine planmäßige Zwischenlandung außerhalb der EU (hier Casablanca) mit einem Wechsel des Fluggeräts beinhaltet. Aufgrund der einheitlichen Buchung sind beide Flüge als Gesamtheit im Sinne eines Beförderungsvorgangs einzustufen. Laut dem EuGH ist es unerheblich, ob der Anschlussflug durch ein anderes Fluggerät vorgenommen wurde, denn die Fluggastrechteverordnung enthält dazu keine weiteren Ausführungen.

Siehe auch