Schlussanträge des Generalanwalts Jean Mischo vom 28. Januar 2003 (Rechtssache C-363/01)

Aus PASSAGIERRECHTE
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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

JEAN MISCHO

vom 28. Januar 2003

Rechtssache C-363/01

Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH

gegen

Deutsche Lufthansa AG

(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main [Deutschland])

„Luftverkehr - Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft - Richtlinie 96/67/EG - Artikel 16 - Erhebung eines Entgelts für den Zugang zu Flughafeneinrichtungen - Voraussetzungen“

1. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist mit einem Rechtsstreit befasst zwischen der Fluggesellschaft Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden: Lufthansa) und der Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH (im Folgenden: Flughafen), die ab 1. Januar 1998 von der Lufthansa die Entrichtung eines gesonderten Entgelts für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste verlangt. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob diese Forderung nach den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

I - Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften

2. Nach der fünften Begründungserwägung der Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft (im Folgenden: Richtlinie) soll mit „der Öffnung des Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste ... zur Senkung der Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften und zur Hebung der den Nutzern gebotenen Qualität beigetragen werden“.

3. Die 25. Begründungserwägung der Richtlinie lautet:

„Den zur Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten befugten Dienstleistern und den zur Selbstabfertigung befugten Luftverkehrsunternehmen ist im Interesse eines wirksamen und lauteren Wettbewerbs in dem für die Ausübung ihrer Rechte notwendigen Maße Zugang zu den Flughafeneinrichtungen zu gewähren. Für diesen Zugang darf jedoch ein Entgelt erhoben werden.“

4. Artikel 16 der Richtlinie mit der Überschrift „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ lautet:

  • „(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen für die Dienstleister und für die Nutzer, die sich selbst abfertigen wollen, zu gewährleisten, soweit dieser Zugang für die Ausübung ihrer Tätigkeiten erforderlich ist. Falls das Leitungsorgan oder gegebenenfalls seine Aufsichtsbehörde oder sein sonstiges Aufsichtsorgan den Zugang an Bedingungen knüpft, müssen diese sachgerecht, objektiv, transparent und nichtdiskriminierend sein.
  • (2) Die für Bodenabfertigungsdienste verfügbaren Flächen des Flughafens sind unter den verschiedenen Dienstleistern und unter den verschiedenen Selbstabfertigern - einschließlich der Neubewerber - nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Regeln und Kriterien aufzuteilen, soweit dies für die Wahrung ihrer Rechte und zur Gewährleistung eines wirksamen und lauteren Wettbewerbs erforderlich ist.
  • (3) Ist der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen mit der Entrichtung eines Entgelts verbunden, so ist dessen Höhe nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festzulegen.“

5. Als der Rat die Richtlinie verabschiedete, ließ die Kommission die folgende Erklärung zur Anwendung von Artikel 16 Absatz 3 in das Protokoll aufnehmen:

„Die Kommission erklärt, dass Artikel 16 Absatz 3 dem Flughafen das Recht einräumt, von den Dienstleistern der Bodenabfertigung und den Nutzern, die eine Eigenabfertigung vornehmen, ein Entgelt für den Zugang zu seinen Einrichtungen zu erheben.

Die Kommission erklärt, dass ein solches Entgelt im Sinne einer Geschäftsgebühr verstanden werden und insbesondere zur Selbstfinanzierung des Flughafens beitragen kann, sofern es nach sachdienlichen, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festgelegt wird.“

II - Der Ausgangsrechtsstreit

6. Wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, betreibt die Klägerin des Ausgangsverfahrens den Flughafen Hannover-Langenhagen, der von der Lufthansa angeflogen wird; die Lufthansa fertigt dort seit langem ihre Passagiere (als Selbstabfertigerin) sowie die Passagiere anderer Fluggesellschaften (als Dienstleisterin der Bodenabfertigung) ab.

7. Der Flughafen vermietete der Lufthansa Abfertigungsschalter, wobei sich der Mietpreis nach einem Vertrag über die Verkehrsabfertigung der Luftfahrzeuge richtete. Bis Ende 1997 verlangte der Flughafen von der Lufthansa - jedenfalls im Bereich der Selbstabfertigung - kein Entgelt für den Zugang zu dem speziellen Markt. Von anderen Dienstleistern, die für Dritte Abfertigungsleistungen erbringen, und von sonstigen Dienstleistern erhob der Flughafen hingegen auch schon bis dahin ein derartiges Entgelt.

8. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das streitige Entgelt, dessen Entrichtung der Flughafen vom 1. Januar 1998 an verlangt, lediglich die Gewährung der Marktzutrittschance (Gestattung des Zugangs zu einer Erwerbschance) und nicht konkrete Leistungen des Flughafens wie die Zurverfügungstellung spezifischer oder gemeinsam genutzter Einrichtungen oder sonstige Leistungen abgelten soll; diese werden vielmehr durch das von der Lufthansa außerdem gezahlte Nutzungsentgelt vergütet.

9. Da der Anspruch des Flughafens auf Zahlung eines derartigen Entgelts nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main von der Auslegung der Richtlinie abhängig ist, hat es dem Gerichtshof die nachstehenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

III - Vorabentscheidungsfragen

  • 1. Ist die Richtlinie, insbesondere ihr Artikel 16 Absatz 3 in Verbindung mit der 25. Begründungserwägung, dahin auszulegen, dass das Leitungsorgan eines Flughafens im Sinne von Artikel 3 berechtigt ist, von einem Selbst- und/oder Drittabfertiger (Dienstleister) für die Gestattung des „Zugangs zu den Flughafeneinrichtungen“ ein gesondertes Gestattungsentgelt im Sinne einer Zugangsabgabe als Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance zusätzlich zu einem Nutzungsentgelt (Mietzins) zu verlangen, das der Selbst- und/oder Drittabfertiger für die mietweise Zurverfügungstellung von Flughafeneinrichtungen - hier: Schalter zur Abfertigung von Fluggästen - aufgrund vertraglicher Vereinbarung zu zahlen hat,

oder (zweite Alternative) folgt aus den Bestimmungen der Richtlinie nur, dass bei der Festsetzung eines Nutzungsentgelts die in Artikel 16 Absatz 3 erwähnten Kriterien zu beachten sind und das Gewinninteresse des Leitungsorgans des Flughafens Berücksichtigung findet?

  • 2. Falls Frage 1 - erste Alternative - bejaht wird, besteht ein Anspruch des Flughafenunternehmers gegenüber einem Selbst- und/oder Drittabfertiger (Dienstleister in der Situation der Beklagten des Ausgangsverfahrens) auch in Bereichen, wo der freie Zugang zum Markt der Bodenabfertigung bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie gewährleistet war, nämlich insbesondere bei der landseitigen Bodenabfertigung?
  • 3. Falls Frage 2 bejaht wird, ist die Richtlinie dahin auszulegen, dass sie das Leitungsorgan eines Flughafens im Sinne von Artikel 3 berechtigt, auch von einem Selbstabfertiger und/oder einem Dienstleister in der Situation der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der bis zum Inkrafttreten der Richtlinie bzw. der ihrer Umsetzung in nationales Recht dienenden Bestimmungen für die Nutzung der jeweiligen Flughafeneinrichtungen (nur) Mietzahlungen erbracht hat, nunmehr zusätzlich ein Gestattungsentgelt im Sinne von Frage 1 als Gegenleistung für den „Zugang zu Flughafeneinrichtungen“ zu fordern?
  • 4. Ist gegebenenfalls die (zusätzliche) Forderung eines Gestattungsentgelts von einem Selbstabfertiger und/oder Dienstleister, dem bislang der freie Zugang zum Markt der Bodenabfertigung - gegebenenfalls nur im Bereich der Selbstabfertigung - ohne zusätzliches Gestattungsentgelt gewährt wurde, sogar zwingend, um eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Selbstabfertigern und Dienstleistern zu verhindern,
    • a) von denen schon bislang neben einem Nutzungs- auch ein zusätzliches Gestattungsentgelt verlangt wurde;
    • b) denen erstmals der Zutritt zu den Flughafeneinrichtungen aufgrund der durch die Richtlinie geschaffenen Rechtslage gestattet und von denen nunmehr hierfür ein Gestattungsentgelt neben einem weiteren Nutzungsentgelt für die Nutzung der Einrichtungen gefordert wird?
  • 5. Sofern Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie das Leitungsorgan eines Flughafens berechtigt, ein zusätzliches Gestattungsentgelt in dem vorstehend beschriebenen Sinn zu fordern, entspricht ein Gestattungsentgelt, das neben einem Entgelt für die Nutzung von Abfertigungsschaltern verlangt wird, den Anforderungen des Artikel 16 Absatz 3 im Hinblick auf Sachgerechtheit, Objektivität, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit, wenn es sich am Aufkommen der Fluggäste ausrichtet (hier: 0,30 DM pro abzufertigendem Fluggast)?

IV - Rechtliche Würdigung

A - Zur ersten Frage

10. Vorab ist der Streitgegenstand des Ausgangsverfahrens genau einzugrenzen. Es betrifft die Frage, ob ein Flughafenbetreiber als Gegenleistung für die bloße Gewährung des Zugangs zu dem Markt der Bodenabfertigungsdienste eine Vergütung verlangen darf.

11. Dieses Marktzugangsentgelt, das die Kommission und das vorlegende Gericht als Konzessionsabgabe einstufen und das die Klägerin des Ausgangsverfahrens als „Gestattungsentgelt“ zu bezeichnen vorschlägt, soll ausschließlich dafür anfallen, dass der Flughafenbetreiber dem Dienstleister der Bodenabfertigung eine Erwerbschance eröffnet.

12. Dieses Entgelt ist zu unterscheiden von den verschiedenen Beträgen, die die Bodenabfertiger für das Recht zur Benutzung bestimmter ihnen vom Flughafenbetreiber zur Verfügung gestellter Einrichtungen, wie der Abfertigungsschalter, entrichten.

13. Die Entgelte der letztgenannten Art, die die Klägerin des Ausgangsverfahrens als „Nutzungsentgelte“ bezeichnet, sind im Ausgangsverfahren nicht streitig.

14. Im Mittelpunkt der Diskussion um die Begründetheit des von der Klägerin des Ausgangsverfahrens geltend gemachten Anspruchs steht die Auslegung des Artikels 16 Absatz 3 der Richtlinie. Denn dies ist die einzige Bestimmung der Richtlinie, in der von einem dem Flughafenbetreiber geschuldeten Entgelt die Rede ist.

15. Nun ist festzustellen, dass nach Artikel 16 Absatz 3 der Tatbestand, der das Entgelt entstehen lässt, ausdrücklich der „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ ist. Die Bedeutung dieser Worte ist meiner Auffassung nach völlig unzweideutig. Eine „Einrichtung“ ist eine materielle Gegebenheit, nämlich die Infrastruktur des Flughafens, und nicht eine ihrem Wesen nach immaterielle Erwerbsaussicht, die aus der Benutzung dieser Infrastruktur folgt.

16. In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass, wie die Kommission unter Verweis auf die Begründung ihres Richtlinienvorschlags hervorhebt, der Begriff „Zugang zu den Einrichtungen“ den den betreffenden Unternehmen gewährten Zugang zu den allgemeinen Anlagen einschließt. Das für den Zugang zu den Einrichtungen geschuldete Entgelt umfasst damit nicht nur den Mietzins für die den Dienstleistern der Bodenabfertigung und den Selbstabfertigern zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und Gegenstände, sondern auch die mit der Zurverfügungstellung der allgemeinen Anlagen verbundenen Bereitstellungs- und Organisationskosten wie z. B. bestimmte Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten oder die Ausgabe und Kontrolle von Zugangsausweisen für die Mitarbeiter dieser Unternehmen.

17. Indessen macht der Flughafen, unterstützt durch das Vorbringen der Hellenischen Republik, geltend, dass der Begriff „Zugang zu den Einrichtungen“ im Sinne von Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie in Wirklichkeit den Zugang zu dem Markt meine.

18. Zwar bestreitet der Flughafen nicht, dass zwischen einem Marktzugangsentgelt und einem für den Zugang zu Einrichtungen erhobenen Entgelt ein grundlegender Unterschied besteht. Er ist aber der Ansicht, dass sich der Gemeinschaftsgesetzgeber mit der Verwendung des letztgenannten Begriffs in Wirklichkeit auf den erstgenannten Begriff habe beziehen wollen. Hierfür führt er eine ganze Reihe von Argumenten an, die die von ihm für richtig gehaltene Auslegung des Wortlauts der Richtlinie untermauern sollen.

19. Bei diesen Argumenten kann unterschieden werden zwischen erstens Überlegungen, die den Wortlaut, den Zweck und die Entstehungsgeschichte der Richtlinie betreffen, und zweitens Erwägungen, die sich auf verschiedene Grundrechte und grundlegende Prinzipien beziehen.

20. Was den Wortlaut der Richtlinie anbelangt, so ist - wie bereits erwähnt - festzustellen, dass die Richtlinie mit ihrer in Artikel 16 Absatz 3 enthaltenen Bezugnahme auf die Flughafeneinrichtungen unzweifelhaft eine konkrete materielle Gegebenheit und nicht eine immaterielle Erwerbschance meint. Nach Ansicht der Klägerin des Ausgangsverfahrens kann hingegen den Schlussanträgen vonGeneralanwalt Jacobs in der Rechtssache Bronner entnommen werden, dass der Begriff „Einrichtungen“ im Gemeinschaftsrecht den Begriff des „Marktes“ einschließe. Jedoch betrifft der Satz, auf den sie dieses Argument stützt, den Zugang zu einem Ort, der ein Flughafen sein kann. Der Zugang zu einem Ort, also einer konkreten materiellen Gegebenheit, ist aber vom Zugang zu dem Markt im Sinne des streitigen Entgelts zu unterscheiden. Wie ausgeführt, ist nämlich zwischen den Parteien unstreitig, dass das fragliche Entgelt gerade nicht einer Gegenleistung für den Zugang zu einem „Ort“ entspricht, sondern den Zugang zu einer Erwerbschance vergüten soll.

21. Daher lässt sich aus der in jenen Schlussanträgen erwähnten Tatsache, dass der Zugang zu einem Ort für den Zugang zu einem Markt wesentlich sein kann, nicht herleiten, dass die Richtlinie damit, dass sie ein Entgelt für den Zugang zu einem Ort zulässt, auch ein gesondertes Entgelt für den Zugang zu einem Markt erlauben soll.

22. Die Kommission weist ergänzend darauf hin, dass der Begriff des Entgelts nach der Rechtsprechung das Vorhandensein einer wirtschaftlichen Gegenleistung voraussetze. Diese Gegenleistung bestehe hier aber darin, dass der Zugang zu den „Einrichtungen“ und ihre Nutzung gestattet würden. Die Entscheidung, den Zugang zum Markt zu gestatten, sei hingegen vom Gesetzgeber und nicht vom Flughafenbetreiber getroffen worden und könne daher nicht als Gegenleistung des Flughafens für die Entrichtung des Entgelts angesehen werden.

23. Dieses Argument erscheint allerdings nicht ausschlaggebend. Der Umstand, dass der Marktzugang durch eine Entscheidung des Gesetzgebers eröffnet wurde, gestattet es nämlich allein noch nicht, die Modalitäten näher zu bestimmen, die möglicherweise mit diesem Marktzugang verbunden sind.

24. Von vornherein überzeugender erscheint mir hingegen das folgende, ebenfalls von der Kommission vorgetragene Argument. Sie verweist darauf, dass die Höhe des Entgelts gemäß Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie nach „sachgerechten Kriterien“ festzulegen ist. Die Entgelthöhe müsse sich deshalb an den Kosten orientieren, die dem Flughafen daraus entstünden, dass er den Dienstleistern der Bodenabfertigung und den Selbstabfertigern den Zugang zu seinen Einrichtungen zu gewähren habe.

25. Folglich könne dieses Kriterium der Sachgerechtheit nicht durch ein Entgelt wie das im Ausgangsverfahren streitige erfüllt werden, dessen Grundlage nicht derdem Flughafen entstehende Kostenaufwand, sondern die aus dem Zugang zum Bodenabfertigungsmarkt erwachsende Erwerbschance sei.

26. Diese Beurteilung scheint mir, wie auch die Beklagte des Ausgangsverfahrens vorträgt, mutatis mutandis jedenfalls für das gleichfalls in Artikel 16 Absatz 3 normierte Kriterium der Objektivität der Entgelthöhe zu gelten.

27. Die Möglichkeit einer Gewinnerzielung hängt nämlich von mehreren Faktoren und insbesondere von dem Erfolg und der Rentabilität des auf dem Markt tätig werdenden Dienstleisters ab. Damit kann ein solches Kriterium schon seiner Definition nach nicht objektiv sein, und zwar im Gegensatz zu dem der dem Flughafen entstehenden Kosten, die in keiner Weise von den Eigenheiten eines bestimmten Dienstleisters, sondern nur von Gesichtspunkten abhängen, die tatsächlich als objektiv bezeichnet werden können, nämlich den Merkmalen der fraglichen Einrichtungen und ihrer Nutzung.

28. Die sich aus dem Wortlaut von Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie ergebende Auslegung wird durch verschiedene andere Richtlinienbestimmungen gestützt. In diesem Zusammenhang sind die Artikel 6 und 7 der Richtlinie zu nennen, in denen die Begriffe „freier Zugang zum Markt der Drittabfertigungsdienste“ und „freie Ausübung der Selbstabfertigung“ verwendet werden. Es ließe sich aber schwerlich ein Zugang als „frei“ bezeichnen, der in Wirklichkeit, folgte man der Auffassung des Flughafens, von der Zahlung einer Zugangsgebühr an einen potenziellen Wettbewerber, nämlich den Flughafenbetreiber, abhinge.

29. Der Kontrast zwischen diesen Begriffen in den Artikeln 6 und 7 der Richtlinie, die einen Grundsatz des freien Marktzugangs statuieren, und der Formulierung des Artikels 16 Absatz 3, mit der im Gegensatz dazu der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen einem Entgelt unterworfen wird, bestätigt überdies den sowohl von der Kommission als auch von der Beklagten des Ausgangsverfahrens vertretenen Standpunkt, dass der von der Richtlinie gemeinte Entgeltgegenstand allein der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen sein könne, nicht aber der Zugang zum Markt, der durch die Richtlinie gerade frei werden solle.

30. Im Übrigen hat die Beklagte des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass die vom Flughafen befürwortete Auslegung des Artikels 16 Absatz 3 auch Artikel 16 Absatz 1 seinen Sinn nähme. Nach dieser Bestimmung treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, „um den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen für die Dienstleister und für die Nutzer, die sich selbst abfertigen wollen, zu gewährleisten, soweit dieser Zugang für die Ausübung ihrer Tätigkeiten erforderlich ist“. Der Zugang zum Markt ist aber definitionsgemäß erforderlich, um auf diesem Markt tätig zu werden. Artikel 16 Absatz 1 ergäbe deshalb kaum Sinn, wenn, wie der Flughafen meint, unter dem „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ der Zugang zum Markt zu verstehen wäre.

31. Diese Beurteilung wird auch durch die sich auf diese Bestimmung beziehende 25. Begründungserwägung gestützt. Darin wird das Erfordernis betont, den betreffenden Unternehmen „in dem für die Ausübung ihrer Rechte notwendigen Maße Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ zu gewähren. Diese Unternehmen haben somit einen Anspruch auf den Zugang zum Markt, der nach dem Wortlaut dieser Begründungserwägung einen Zugang zu den Flughafeneinrichtungen erforderlich macht, und dieser wiederum kann einem Entgelt unterworfen werden, während diese Möglichkeit für den Marktzugangsanspruch nicht erwähnt ist.

32. Die aus dem Wortlaut von Artikel 16 Absatz 3 folgende Auslegung wird meiner Auffassung nach bestätigt durch eine Prüfung des Zwecks der Richtlinie.

33. Der Flughafen trägt vor, dass der Hauptzweck der Richtlinie, wie im Übrigen bereits ihre Überschrift zeige, im Zugang zum Markt liege. Dagegen solle die Richtlinie - entgegen der von der Kommission und der Lufthansa vertretenen Auslegung - nicht den Mietzins regeln, der für die Nutzung von Sachen innerhalb des Flughafens entrichtet werde. Vielmehr falle nach Artikel 295 EG die Eigentumsordnung ausschließlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Eine Auslegung der Richtlinie, wonach diese auch die Miete von Flughafeneinrichtungen regeln solle, widerspräche außerdem dem in Artikel 5 EG niedergelegten Grundsatz der begrenzten Ermächtigungen.

34. Hinsichtlich des mit der Richtlinie verfolgten Zwecks stimme ich mit der Auffassung des Flughafens völlig überein. Denn schon in der zweiten Begründungserwägung der Richtlinie wird hervorgehoben, dass im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik das Ziel zu erreichen ist, die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs aufzuheben. Weiterhin wird in der fünften Begründungserwägung die Öffnung des Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste damit gerechtfertigt, dass sie zur Senkung der Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften und zur Hebung der den Nutzern gebotenen Qualität beitragen solle.

35. Wenn somit außer Zweifel steht, dass der Flughafen den Zweck der Richtlinie zutreffend hervorhebt, sind daraus auch die Schlussfolgerungen zu ziehen, die er geltend macht? Ich bin nicht dieser Meinung.

36. Dass die Richtlinie die Marktöffnung und keine Regelung der Mieten bezweckt, bedeutet nämlich keineswegs, dass die Frage des Zugangs zu den Einrichtungen nicht zulässigerweise in ihren Regelungsbereich fallen könnte. In einem Fall wie dem Ausgangssachverhalt, in dem der Marktzugang unstreitig nicht ohne Zugang zu konkreten Einrichtungen möglich ist, ist es vielmehr völlig normal, dass eine Richtlinie, mit der ein Markt geöffnet werden soll, einen Artikel über eine Vorbedingung für diese Marktöffnung enthält, nämlich über den Zugang zu den fraglichen Einrichtungen.

37. Ein solcher Fall, der als vergleichbar mit den Anwendungsfällen der Lehre von den „essential facilities“ - auf die sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens selbst bezieht - betrachtet werden kann, ist im Gemeinschaftsrecht nicht ungewöhnlich. Denn Beispiele sowohl aus der Entscheidungspraxis der Kommission als auch aus der Rechtsprechung oder auch der Rechtsetzung in Bereichen wie Telekommunikation, Energie oder Verkehr zeigen, dass es, um eine konkrete Möglichkeit des Marktzugangs zu schaffen, häufig erforderlich sein kann, den Zugang zu Einrichtungen zu regeln.

38. Es lässt sich aber nicht sagen, dass hierdurch die fraglichen Gemeinschaftsvorschriften notwendig in die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten eingriffen und deshalb die Kompetenzen der Gemeinschaft überschritten, denn damit verliehe man der Eigentumsordnung einen derart absoluten Charakter, dass es der Gemeinschaft unmöglich würde, ihre Aufgabe der Verwirklichung des Binnenmarkts zu erfüllen.

39. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens vorgeschlagene Auslegung der Richtlinie, wonach diese ihr Recht begründe, den Marktzugang durch Erhebung eines Entgelts zu beschränken, schon auf den ersten Blick mit dem Zweck der Marktöffnung kaum vereinbar erscheint. So würde sich, folgte man der Auffassung des Flughafens, die Richtlinie im Ausgangsfall, in dem bestimmte Wirtschaftsteilnehmer vor Inkrafttreten der Richtlinie kein Marktzugangsentgelt gezahlt haben, dahin auswirken, dass sie die Errichtung eines neuen Hindernisses für den Marktzugang zuließe, den sie aber doch gerade fördern soll.

40. Zwar macht der Flughafen zu Recht geltend, dass für die Lufthansa daraus, dass sie vor Inkrafttreten der Richtlinie ein bestimmtes Vorrecht genoss, kein Anspruch auf den Fortbestand dieser Vergünstigung erwächst. Dennoch erschiene es paradox, eine Liberalisierungsrichtlinie dahin auszulegen, dass bestehende Hindernisse ihretwegen auf die Wirtschaftsteilnehmer, die sie bisher nicht betrafen, auszuweiten anstatt für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer zu beseitigen wären.

41. Das gilt umso mehr, als die Marktöffnung, wie in der fünften Begründungserwägung der Richtlinie klargestellt wird, eine Maßnahme ist, mit der „zur Senkung der Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften ... beigetragen werden“ soll. Dieses Ziel der Kostensenkung würde aber unbestreitbar verfehlt, wenn nach der Richtlinie der fragliche Marktzugang davon abhängig gemacht werden dürfte, dass die Fluggesellschaften oder die von ihnen herangezogenen Dienstleister ein gesondertes Entgelt entrichten, das zusätzlich zu den ohnehin gezahlten Nutzungsentgelten anfiele.

42. Um ihre Auslegung der Richtlinie zu stützen, beruft sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens ferner auf die Systematik der Richtlinie. Diese schaffe eine Gesamtregelung mit einem Gesamtausgleich der betroffenen Interessen, nämlich zum einen den Interessen der Flughäfen und zum anderen denen der Dienstleister der Bodenabfertigung.

43. In diesem Zusammenhang sei das Gestattungsentgelt zu sehen, das ein Ausgleich zugunsten der Flughäfen nicht nur für die Gestattung der konkreten Tätigkeiten, für die es gezahlt werde, sondern für alle Belastungen insgesamt sei, die die Richtlinie den Flughäfen auferlege.

44. Das Gestattungsentgelt trage zur Selbstfinanzierung der Flughäfen und damit zur Erreichung des Ziels ihrer Funktionsfähigkeit bei. Dies würde jedoch verfehlt, wenn es den Wirtschaftsteilnehmern gestattet wäre, sich der Entrichtung des Gestattungsentgelts zu entziehen und damit dem Flughafen eine Finanzierungsquelle zu nehmen. Dieser Verlust könne durch eine Erhöhung der Mieten nicht aufgefangen werden, da das sich aus der Richtlinie ergebende Transparenzgebot eine strikte Trennung zwischen dem Gestattungsentgelt und den Mieten erfordere, denn die Entgelte seien nach den Leistungen des Flughafens, auf die sie sich bezögen, aufzuschlüsseln.

45. Gliche man den Ausfall des Gestattungsentgelts durch eine Mieterhöhung aus, so müssten überdies alle Mieter im Ergebnis für die Dienstleister zahlen, die ihrer Tätigkeit unter Zugang zu den Flughafeneinrichtungen, aber ohne Eingehung eines Mietverhältnisses auf dem Flughafengelände nachgingen.

46. Das Begehren der Beklagten des Ausgangsverfahrens, mit dem sie unter Verkennung der Intention des Gemeinschaftsgesetzgebers nur die ihr den Marktzugang eröffnenden Richtlinienbestimmungen anerkenne, aber die Bestimmungen über die für diesen Zugang zu entrichtende Gegenleistung, d. h. das Entgelt, ignoriere, sei deshalb zurückzuweisen.

47. Dazu ist jedoch festzustellen, dass der Wortlaut der Richtlinie die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens vorgenommene Beurteilung nicht trägt. In der Richtlinie wird die Selbstfinanzierung der Flughäfen an keiner Stelle erwähnt. Auch von dem Gesamtausgleich, auf den sich der Flughafen bezieht, wird dort nichtgesprochen. Vielmehr kommt in der neunten Begründungserwägung die Auffassung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass der freie Zugang zum Markt der Bodenabfertigung mit der Funktionsfähigkeit der gemeinschaftlichen Flughäfen vereinbar sei. Diese Feststellung des Gemeinschaftsgesetzgebers ist mit keinerlei Bedingung versehen, was deutlich zeigt, dass die Öffnung des Marktzugangs seiner Ansicht nach nicht geeignet ist, die finanzielle Lage der Flughäfen zu schädigen.

48. Schon dem Wortlaut der Richtlinie ist unbestreitbar zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den Marktzugang so weit wie möglich frei ausgestalten wollte, indem er Ausnahmen von der Marktöffnung strikt begrenzte. Diese Ausnahmen sind mit Sachzwängen der allgemeinen und betrieblichen Sicherheit und der verfügbaren Kapazitäten und Flächen motiviert. Dagegen finden die Erfordernisse der Flughafenfinanzierung keinerlei Erwähnung, und auch insbesondere im Zusammenhang mit den Zugangsentgelten wird dieser Gesichtspunkt nicht genannt; dabei ist hervorzuheben, dass diese Entgelte jedenfalls fakultativ sind.

49. Daraus folgt zwingend, dass der Gesetzgeber nicht die Sichtweise der Klägerin geteilt hat, die die Öffnung des Marktzugangs als eine den Flughäfen auferlegte Belastung begreift, für die sie von den Dienstleistern der Bodenabfertigung einen Ausgleich beanspruchen könnten.

50. Die Frage, ob der Gesetzgeber zu Recht in dieser Weise verfahren durfte, wird nachstehend im Zusammenhang mit dem Grundrechtsschutz geprüft.

51. Die vorgenannten Argumente der Klägerin des Ausgangsverfahrens sind deshalb zurückzuweisen.

52. Die Klägerin meint weiter, dass ihre Auslegung der Richtlinie auch durch deren Entstehungsgeschichte gestützt werde. Sie macht dafür zwei Überlegungen geltend. Erstens verweist sie darauf, dass der ursprüngliche Vorschlag der Kommission vom 10. April 1995 ein Entgelt vorgesehen habe, das die Kosten habe decken sollen, die den Flughäfen durch die Bereitstellung der Infrastruktur für die Bodenabfertigungsdienste entstünden. Dagegen sei in dem neuen Vorschlag der Kommission und in der schließlich erlassenen Richtlinie auf dieses Kostendeckungsprinzip nicht mehr Bezug genommen worden. Vielmehr ergebe sich aus der Protokollerklärung der Kommission anlässlich der Verabschiedung der Richtlinie durch den Rat, dass das Entgelt nach Artikel 16 Absatz 3 eineeigenständige Quelle der Selbstfinanzierung der Flughäfen sein und ihre Funktionsfähigkeit sicherstellen solle.

53. Zweitens sei hervorzuheben, dass das Europäische Parlament in der Frage des Entgelts eine Änderung des ursprünglichen Kommissionsvorschlag beschlossen habe. Diese Änderung habe insbesondere folgende Formulierung enthalten:

„(3) Für den Zugang der Dienstleister und der Nutzer, die sich selbst abfertigen wollen, zu den Flughafeneinrichtungen und für deren Mitbenutzung kann ein Entgelt erhoben werden, das die dem Flughafen entstehenden und für das Zurverfügungstellen der Infrastrukturen entstandenen Kosten in Rechnung stellen soll und deren Höhe entspricht ...

Hinzu kommt ein Entgelt für die Wahrnehmung der durch das Flughafenunternehmen geschaffenen Erwerbschance durch Dritte ...“

54. Die Kommission und der Rat hätten diese Änderung gutgeheißen, und die Richtlinie sei deshalb dahin auszulegen, dass sie die Erhebung eines Marktzugangsentgelts erlaube.

55. Dieser Beurteilung kann ich mich nicht anschließen. Der endgültige Richtlinientext enthält nämlich keine Spur mehr vom zweiten Teil des vorstehend zitierten Absatzes 3, auf den sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens stützt, und auch die vom Flughafen zitierten Unterlagen belegen nicht eine Absicht der Kommission oder des Rates, die fragliche Änderung zu übernehmen.

56. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass der Änderungsvorschlag, wie das Wort „Hinzu“ zwischen dem Entgelt für den „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ und dem Entgelt „für die Wahrnehmung der durch das Flughafenunternehmen geschaffenen Erwerbschance durch Dritte“ zeigt, eine sehr klare Unterscheidung enthält, denn das letztgenannte Entgelt war offenkundig das Marktzugangsentgelt. Daraus folgt, dass das Entgelt für den „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“, von dem im ersten Unterabsatz der vom Parlament vorgeschlagenen Änderung die Rede war, einen anderen Gegenstand hatte. Es konnte sich dabei nur um den Zugang zu der materiellen Infrastruktur handeln. Aber eben gerade der Ausdruck „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ wurde in den endgültigen Text der Richtlinie übernommen, und es erscheint kaum wahrscheinlich, dass dieselben Begriffe im selben Gesetzgebungsverfahren vollständig ihre Bedeutung verändert hätten.

57. Was die von der Kommission abgegebene Erklärung angeht, so kann sie kaum als eindeutig angesehen werden. Insbesondere gibt die Bezugnahme auf die Selbstfinanzierung der Flughäfen keinen Hinweis auf die Art des fraglichen Entgelts, da seine Erhebung nach beiden im Ausgangsverfahren fraglichen Hypothesen zu dieser Selbstfinanzierung beiträgt.

58. Im Ergebnis ist deshalb festzustellen, dass die Prüfung der Entstehungsgeschichte der Richtlinie die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens vorgeschlagene Auslegung nicht stützt.

59. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens bezieht sich auch auf die Entscheidung der Kommission in der Sache Alpha Flight Services und die dazu ergangene Rechtsprechung. Sowohl die Kommission als auch die Lufthansa weisen aber zu Recht darauf hin, dass diese Entscheidung die Rechtslage vor Erlass der Richtlinie betraf und nicht die Frage behandelte, welcher Art die vom Flughafenbetreiber erhobene Abgabe war; Gegenstand der Entscheidung war vielmehr die Anwendbarkeit von Artikel 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG) auf eine Ungleichbehandlung von Dienstleistern durch den Flughafen.

60. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens macht schließlich geltend, dass allein die von ihr vorgeschlagene Auslegung geeignet sei, die Einhaltung der grundlegenden Prinzipien des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten.

61. Sie verweist erstens auf das Diskriminierungsverbot und erinnert daran, dass dieser in Artikel 12 Absatz 1 EG niedergelegte Grundsatz es untersage, dass die Flughäfen bei der Festsetzung der von ihnen erhobenen Entgelte Fluggesellschaften wegen ihrer Staatsangehörigkeit unmittelbar oder mittelbar diskriminierten.

62. Die Flughäfen würden aber dazu veranlasst, bei den Entgelten einen Unterschied zu machen zwischen Selbst- und Drittabfertigern wie der Lufthansa, die kein Marktzugangsentgelt bezahlten, und Dienstleistern, die ein solches Entgelt von jeher entrichtet hätten. Folglich wären die Flughäfen gezwungen, zwischen inländischen Fluggesellschaften und Fluggesellschaften anderer Mitgliedstaaten eine Diskriminierung vorzunehmen. Für eine Fluggesellschaft lohne sich nämlich häufig nicht die Selbstabfertigung auf jedem Flughafen in einem anderen Mitgliedstaat, den sie anfliege, so dass sie wie eine kleine Fluggesellschaft die Abfertigung einem Drittabfertiger anvertrauen und im Ergebnis das Marktzugangsentgelt aufbringen müsse, das dieses Abfertigungsunternehmen dem Flughafen zahle. Eine inländische Fluggesellschaft verfüge dagegen auf den Flughäfen ihres Heimatstaates in der Regel über ein ausreichend großes Verkehrsaufkommen, um die Selbstabfertigung sinnvoll zu betreiben und sich damit der Entrichtung des Marktzugangsentgelts zu entziehen.

63. Daneben ergäbe sich eine entsprechende Diskriminierung zwischen großen Fluggesellschaften, die bevorzugt würden, und kleinen Fluggesellschaften. GroßeFluggesellschaften, die ihre Fluggäste selbst abfertigen könnten, wären von der Entrichtung eines Marktzugangsentgelts befreit, während kleine Fluggesellschaften, für die sich eine eigene Abfertigung nicht lohne, die Abfertigung insbesondere Bodenabfertigungsdiensten übertragen müssten, die den Flughäfen - wie von jeher - auch weiter ein Marktzugangsentgelt zu zahlen hätten.

64. Dazu ist festzustellen, dass diese ganze Argumentation auf einer grundlegend fehlerhaften Prämisse aufbaut. Die sich im Ausgangsfall stellende Frage ist nicht, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens verpflichtet ist, der Lufthansa ein Marktzugangsentgelt aufzuerlegen, um eine Gleichbehandlung zwischen ihr und allen anderen Wirtschaftsteilnehmern, die dieses Entgelt offenbar bezahlen müssen, herbeizuführen. Die Frage des vorlegenden Gerichts geht vielmehr dahin, ob der Flughafen nach Inkrafttreten der Richtlinie überhaupt irgendeinem Wirtschaftsteilnehmer, sei es ein Drittabfertiger oder ein die Selbstabfertigung bevorzugender Nutzer, ein Entgelt für den Marktzugang abverlangen darf.

65. Es geht also nicht darum, ob dieses Entgelt bestimmten Nutzern auferlegt werden darf, während andere es nicht zu entrichten haben, sondern darum, ob das Entgelt grundsätzlich zulässig ist. Wenn dies, wie ich meine, nicht der Fall ist, so braucht es kein Wirtschaftsteilnehmer zu entrichten.

66. Zweitens beruft sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens auf das Eigentumsrecht. Zum Eigentumsrecht gehöre über das Recht einer Auslagenerstattung hinaus die Möglichkeit, durch Gebrauch des Eigentums Gewinn zu erzielen. Werde diese dem Eigentümer genommen, so habe er Anspruch auf eine Entschädigung. Bei einer mit dem Grundrecht auf Eigentumsschutz in Einklang stehenden Auslegung sei die Richtlinie deshalb dahin aufzufassen, dass sie entweder der Enteignung oder enteignungsgleichen Beschränkung des Eigentumsrechts der Flughäfen zugunsten der Bodenabfertiger entgegenstehe oder aber dafür eine angemessene Entschädigung der Flughäfen vorsehe.

67. Der Gesetzgeber habe sich für die letztgenannte Lösung entschieden, indem er durch das Marktzugangsentgelt eine Entschädigung für die Beschränkung des Eigentums der Flughäfen bereitgestellt habe.

68. Ich möchte sogleich feststellen, dass das Grundrecht auf Eigentum meiner Auffassung nach eine solche Auslegung der Richtlinie nicht gebietet.

69. Aus der Richtlinie folgt nämlich nicht, dass den Flughäfen ihr Eigentumsrecht dadurch genommen würde, dass ihnen die Möglichkeit der Gewinnerzielung durch Gebrauch ihres Eigentums entzogen würde. Dass die Flughäfen keine Vergütung für den Marktzugang verlangen dürfen, hat keineswegs zur Konsequenz, dass sie verpflichtet wären, bei der Erbringung ihrer wirtschaftlichen Leistungen auf einen Gewinn zu verzichten.

70. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Richtlinie nur die Anforderung stellt, Entgelte seien „nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien“ festzulegen. Keiner dieser Begriffe hindert die Flughäfen daran, ihre Nutzungsentgelte - wie jedes andere Unternehmen auch, das eine bestimmte Infrastruktur bereitstellt - unter Berücksichtigung nicht nur ihrer Bereitstellungs- und Instandhaltungskosten, sondern auch einer angemessenen Gewinnspanne festzusetzen.

71. In diesem Zusammenhang erscheint es mir unbestreitbar, dass für das Entgelt Faktoren wie die Passagierzahl oder der Umsatz berücksichtigt werden dürfen.

72. Im Übrigen sei hinzugefügt, dass mir diese Argumentation, die auf der Notwendigkeit aufbaut, dem Betreiber einer Infrastruktur dafür eine Entschädigung zu gewähren, dass er den Zugang zu einem bestimmten Markt eröffnet, die im Ausgangssachverhalt bestehende Bedeutung der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen dem Flughafen und den Fluggesellschaften sehr herunterzuspielen scheint. Denn diese offerieren gemeinsam die Erbringung einer Dienstleistung an die Fluggäste, ohne die weder der Flughafen noch die Fluggesellschaften wirtschaftlich erfolgreich sein könnten. Sowohl die Fluggesellschaften als auch der Flughafen tragen zu dieser den Fluggästen erbrachten Dienstleistung bestimmte Elemente bei.

73. Schließlich hat die Klägerin des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung das grundlegende Prinzip des freien Unternehmertums angeführt. Eine notwendige Folge dieses Grundsätze sei es, dass ein Unternehmen seine Preise frei festsetzen könne. Jede Ausnahme von dieser Freiheit sei deshalb eng auszulegen und müsste in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehen sein.

74. Dazu möchte ich darauf hinweisen, dass die Richtlinie mit der Bestimmung, dass das Entgelt für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen „nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festzulegen“ ist, nicht übermäßig in das Recht der Leitungsorgane der Flughäfen auf Festsetzung ihrer Preise eingreift.

75. Der Grundsatz der freien Preisbemessung bedeutet nicht, dass der Zugang zum Markt gesondert neben dem Zugang zu den genutzten Einrichtungen vergütet werden müsste.

76. Es genügt, dass der Anspruch auf Zugang zu den Einrichtungen seinem wirklichen Wert gemäß vergütet wird, d. h., dass die Amortisation der Anlagen und die Unterhaltungskosten abgedeckt sind und den Flughäfen zudem ein angemessener Gewinn gesichert ist.

77. Nach alledem schlage ich vor, die erste Frage wie folgt zu beantworten:

Die Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 - insbesondere ihr Artikel 16 Absatz 3 in Verbindung mit ihrer 25. Begründungserwägung - ist dahin auszulegen, dass das Leitungsorgan eines Flughafens im Sinne von Artikel 3 nicht berechtigt ist, von einem Dienstleister der Bodenabfertigung oder einem die Selbstabfertigung praktizierenden Nutzer ein gesondertes Gestattungsentgelt im Sinne einer Zugangsabgabe als Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance zu verlangen.

Dagegen darf das Leitungsorgan eines Flughafens ein Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen erheben, dessen Höhe nach den in Artikel 16 Absatz 3 genannten Kriterien unter Berücksichtigung des Interesses des Leitungsorgans des Flughafens an der Erzielung eines angemessenen Gewinns zu bemessen ist.

B - Zur zweiten, dritten, vierten und fünften Frage

78. Diese Fragen betreffen die für die etwaige Erhebung eines Marktzugangsentgelts geltenden Modalitäten und sind daher nur für den Fall gestellt, dass die Erhebung eines solchen Entgelts nach der Antwort auf die erste Frage grundsätzlich zulässig ist. Nachdem ich vorstehend dargelegt habe, aus welchen Gründen die Richtlinie die Erhebung eines Marktzugangsentgelts meines Erachtens ausschließt, sind diese Fragen nicht mehr zu beantworten.

V - Ergebnis

79. Ich schlage somit vor, dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main folgende Antwort zu geben:

Die Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 - insbesondere ihr Artikel 16 Absatz 3 in Verbindung mit ihrer 25. Begründungserwägung - ist dahin auszulegen, dass das Leitungsorgan eines Flughafens im Sinne von Artikel 3 nicht berechtigt ist, von einem Dienstleister der Bodenabfertigung oder einem die Selbstabfertigung praktizierenden Nutzer ein gesondertes Gestattungsentgelt im Sinne einer Zugangsabgabe als Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance zu verlangen.

Dagegen darf das Leitungsorgan eines Flughafens ein Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen erheben, dessen Höhe nach den in Artikel 16 Absatz 3 genannten Kriterien unter Berücksichtigung des Interesses des Leitungsorgans des Flughafens an der Erzielung eines angemessenen Gewinns zu bemessen ist.

Siehe auch