Anschlussflug, Zwischenstopp

Aus PASSAGIERRECHTE
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Direkter Anschlussflug

Von einem direkten Anschlussflug kann immer dann ausgegangen werden, wenn bereits bei der Flugbuchung zwischen dem ersten Flug und dem zweiten Flug ein zeitlicher und räumlicher Zusammenhang so hergestellt wird, dass der zweite Flug als Fortsetzung des ersten Flugs gelten soll und damit ein unmittelbarer Anschlussflug ist (vgl. AG Nürtingen, Az.: 11 C 596/11).

Zwischenstopp

Wenn eine einheitlich gebuchte Flugreise (bei nicht einheitlich gebuchter Flugreise siehe: Anschlussflug verpasst - Rechte) sich aus mehreren Anschlussflügen zusammensetzt, die durch dasselbe Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden, so ist der Ort des Umsteigeaufenthalts nicht als Unterbrechung der Beförderung anzusehen. Die Flugreise muss dann nicht in zwei getrennte zu beurteilende Abschnitte aufgeteilt werden. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Aufenthalt am Ort des Zwischenstopps so kurz ist, dass er wohl eher nicht im Interesse des Fluggastes liegt sondern von diesem eher als notwendiges Übel aufgefasst wird (LG Berlin, Urt. v. 07.08.13, Az.: 50 S 1 /11 (unveröffentlichtes Urteil)). Die Annahme einer einheitlichen vertraglichen Leistung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die zwischen den Parteien vereinbarte Beförderung eine Zwischenlandung und einen Wechsel in eine andere Maschine beinhaltet. Bei der Vorgehensweise, den Fluggast mit einem Zubringerflugzeug zu seinem Anschlussflugzeug zu bringen handelt es sich um eine weitverbreitete Praxis und hat nicht zur Folge, dass es sich um unterschiedliche Verträge handeln muss. Weiterhin ist zu beachten, dass es bei der Verpflichtung zur Leistung von Ausgleichszahlungen nicht ausschlaggebend ist, ob die gesamte Flugreise von einem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wurde. Das Luftfahrtunternehmen kann trotzdem als ausführendes Luftfahrtunternehmen angesehen werden. Auch der Hinweis im „ E-Ticket und Reiseroute“: „durchgeführt von/operated by“, welcher bereits ankündigen soll, dass es sich bei einem Flugsegment um einen echten Code-Sharing Flug handeln wird, bei welchem der Flug aus betrieblichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht selbst durchgeführt werden kann und deshalb einem anderen Unternehmen übertragen wird. Durch eine solche Übertragung entfällt jedoch nicht die Verantwortlichkeit des gebuchten Flugunternehmens für eine nicht ordnungsgemäße Durchführung des jeweiligen Flugsegments.

Ausführendes Luftfahrtunternehmen

Gemäß Art. 2 lit. b) VO ist ausführendes Luftfahrtunternehmen stets das Luftfahrtunternehmen, welches einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. Darauf ergibt sich, dass bereits durch die Absicht der Beförderung eine Einbeziehung in den Anwendungsbereich vorliegt, auch wenn letztendlich die Aufgabe auf einen Dritten übertragen wird. Damit ist in den Fällen, in denen ein Subcharterunternehmen die Flugnummer und die Slots des beauftragenden Luftfahrtunternehmens in Anspruch nimmt und den operativen Weisungen des Auftraggebers unterworfen ist, ist als ausführendes Luftfahrtunternehmen das beauftragte Luftfahrtunternehmen anzusehen. Somit kann auch der Verordnungszweck nicht verfehlt werden. Ansonsten würde die Möglichkeit bestehen, dass gezielt Zubringer und Anschlussflug unterschiedlicher Luftfahrtunternehmen miteinander kombiniert werden (LG Berlin, RRa 2016, 69 (70)). Ein Tochterunternehmen eines Luftfahrtunternehmens wird jedoch immer dann nicht zum ausführenden Luftfahrtunternehmen wenn es zwar den Flug durchführt aber ausschließlich unter einer Flugnummer des Mutterunternehmens (AG Bremen, RRa 2012, 191). Ansonsten würde die Gefahr der Manipulation bestehen, welche zu einer Verschlechterung der Fluggastrechte führen würde. Ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft könnte dann bei einem Flug in das Gebiet der europäischen Union ein nichteuropäisches Luftfahrtunternehmen einsetzen.

Urteil des AG Wedding

Im vorliegenden Fall buchte der Fluggast einen Flug bei Iberia Líneas Aéreas de Espana von Berlin über Madrid (IB3673) und einen Flug (IB3910) von Madrid nach Teneriffa. Der Flug (IB3673) von Berlin nach Madrid wurde auf Grund von einem technischen Defekt annulliert und der Fluggast erreichte sein Endziel mit einer Verspätung von 24 Stunden. Das Luftfahrtunternehmen fühlt sich dafür jedoch nicht verantwortlich, da dieser Abschnitt nicht durch Iberia sondern durch Iberia Express veranstaltet wurde. Diese Information konnte dem Ticket entnommen werden. Auf Grund der soeben gemachten Ausführungen hat das AG Wedding in seinem Urteil 18 C 439/16 vom 17.05.17 entschieden, dass dem Fluggast ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen in Höhe von 400 € zusteht.

Rechtsprechung des EuGH

In einem diesbezüglichen Urteil des europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 31.05.2018, Rs. C-537/17) ging es um ein Schadensersatzbegehren einer Passagierin, welche einen Flug bei Royal Air Maroc von Berlin nach Agadir (Marokko) mit Zwischenstopp in Casablanca (Marokko) gebucht hat. In Casablanca sollte ein planmäßiger Zwischenstopp mit Wechsel des Fluggeräts erfolgen. Allerdings kam es bereits beim Abflug in Berlin zu einer Verspätung. Nach Ankunft der Passagierin in Casablanca wurde ihr von Royal Air Maroc die weitere Beförderung verweigert, mit der Begründung, dass ihr Sitzplatz anderweitig vergeben wurde. Schlussendlich musste die Passagierin ihre Reise mit einer anderen Maschine der Royal Air Maroc fortsetzen und kam im Zielort mit einer Verspätung von vier Stunden an. Die Passagierin hat daraufhin von Royal Air Maroc eine Ausgleichsleistung wegen der Verspätung verlangt. Royal Air Maroc verweigerte die Zahlung jedoch, mit der Begründung, dass es keinen Ausgleichsanspruch nach der Verordnung Nr. 261/2004 habe.

Problem des Falls

Daraufhin wurde von der Passagierin Klage beim Landgericht erhoben. Das Landgericht Berlin hat im folgenden dem europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Liegt ein Flug im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 261/2004 vor, wenn der Beförderungsvorgang eines Luftfahrtunternehmens planmäßige Unterbrechungen (Zwischenlandungen) außerhalb des Gebiets der Europäischen Union mit einem Wechsel des Fluggeräts enthält? Kernproblem war, dass es sich bei dem Transport von Berlin nach Casablanca um zwei Flüge handelte und der zweite Flug von einem Drittstaat (Marokko) ausging. Einmal von Berlin nach Casablanca und von Casablanca nach Agadir.

Entscheidung des europäischen Gerichtshofs

Der europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zusteht. Zunächst hat der europäische Gerichtshof festgestellt, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 261/2004 dahin auszulegen ist, dass diese Verordnung für eine Fluggastbeförderung gilt, die aufgrund einer einzigen Buchung erfolgt und zwischen dem Abflug von einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats und der Ankunft auf einem Flughafen im Gebiet eines Drittstaats eine planmäßige Zwischenlandung außerhalb der Union mit einem Wechsel des Fluggeräts umfasst. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass ein Flug wie der zweite, der vollständig außerhalb der Union erfolgt ist, nicht unter die Verordnung Nr. 261/2004 fällt, wenn er als gesonderter Beförderungsvorgang angesehen wird. Wird hingegen eine Beförderung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als Gesamtheit mit Abflugsort in einem Mitgliedstaat angesehen, ist die Verordnung anwendbar.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein (zusammenhängender) Flug vorliegt, wenn es sich bei den Anschlussflügen nicht um einen gesonderten Beförderungsvertrag handelt. Die Verordnung kann dann angewendet werden. Handelt es sich um einen gesonderten Beförderungsvertrag von einem Drittstaat kann die Verordnung nicht angewendet werden.

Urteile

Urteil, Datum Aktenzeichen Zusammenfassung
AG Nürtingen, Urteil vom 29.4.2011 11 C 596/11 Bucht ein Fluggast zwei nacheinander stattfindende Flüge, sind die Flüge ohne das Schaffen einer Verbundenheit durch das Luftfahrtunternehmen nicht als einheitlicher Flug zu werten, sodass der zweite Flug nicht als direkter Anschlussflug des ersten angesehen werden kann.
LG Berlin, Urteil vom 7.8.2013 50 S 1/11 unveröffentlichtes Urteil
AG Wedding, Urteil vom 17.5.2017 18 C 439/16 Der Fluggast muss seine Ansprüche immer gegen das den Flug ausführende Luftfahrtunternehmen richten.
EuGH, Urteil vom 04.7.2018 Rechtssache C‑532/17 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein (zusammenhängender) Flug vorliegt, wenn es sich bei den Anschlussflügen nicht um einen gesonderten Beförderungsvertrag handelt. Die Verordnung kann dann angewendet werden.

Handelt es sich um einen gesonderten Beförderungsvertrag von einem Drittstaat kann die Verordnung nicht angewendet werden

EuGH, Urt. v. 07.09.2017 Rs. C-559/16
  • Gegenstand der Entscheidung: Berechnung der Entfernung gemäß Art. 7 Abs. 1 VO-EG Nr. 261/2004, wenn ein Flug aus mehreren Teilflügen i.S.v. Anschlussflügen besteht („von A nach B über C“)
  • Tenor: Die in der Verordnung festgelegten Ausgleichsleistungen richten sich nach der Schwere der Beeinträchtigung für die Fluggäste. Hinsichtlich des Grades der Unannehmlichkeit ergibt sich 'kein Unterschied zwischen einem Direktflug oder einem Flug mit Anschlussflug. Die Unannehmlichkeiten bestehen in einem solchen Fall nämlich in dem erlittenen Zeitverlust gegenüber der ursprünglichen Reiseplanung, der immer bei Ankunft am Endziel festgestellt wird. Somit haben tatsächlich zurückgelegte Flugstrecken für sich genommen keinen Einfluss auf das Ausmaß der Unannehmlichkeiten. Somit ist bei der Berechnung der Entfernung lediglich die Distanz zwischen Abflugort und dem Endziel nach der Großkreismethode zu berücksichtigen.

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