Anspruch auf Ersatzflug: Unterschied zwischen den Versionen

Aus PASSAGIERRECHTE
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:*Weniger als sieben Tage vor dem geplanten Abflug: Die alternative Beförderung startet nicht mehr als eine Stunde vor der ursprünglichen Abflugzeit und erreicht das Endziel spätestens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit.
:*Weniger als sieben Tage vor dem geplanten Abflug: Die alternative Beförderung startet nicht mehr als eine Stunde vor der ursprünglichen Abflugzeit und erreicht das Endziel spätestens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit.


Es bleibt dem Kunden aber auch noch die Möglichkeit, bei rechtzeitiger Information der Umbuchung vom Vertrag zurückzutreten. Andernfalls ist die Höhe der Entschädigung exakt die selbe wie bei der Ausgleichszahlung bei dem [[Anspruch auf Erstattung]].  
Es bleibt dem Kunden aber auch noch die Möglichkeit, bei rechtzeitiger Information der Umbuchung vom Vertrag zurückzutreten. Andernfalls ist die Höhe der Entschädigung exakt die selbe wie bei der Ausgleichszahlung bei dem [[Anspruch auf Erstattung]].
 
Es sind zwei selbstständige Flüge zu betrachten, nämlich der ursprünglich gebuchte und der Ersatzflug. Das Angebot der Durchführung eines Ersatzfluges lässt die Haftung wegen Annullierung des ursprünglich gebuchten Fluges ebenso wenig entfallen, wie der Umstand, dass es sich bei dem Ersatzflug um eine Alternativbeförderung im Sinne von Art. 8 der Verordnung handelt, die Tatsache unberührt lässt, dass dieser Alternativflug seinerseits annulliert worden sein kann, was einen eigenen Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichsleistung nach Artikeln 5, 7 der Verordnung auslöst.


=Selbstständige Buchung eines Ersatzfluges=
=Selbstständige Buchung eines Ersatzfluges=

Version vom 30. November 2018, 16:53 Uhr

Im Falle der Nichtbeförderung, Annullierung oder Flugverspätung besteht grundsätzlich auch ein Anspruch auf einen Ersatzflug. Für die Pauschalreise gelten gesonderte Voraussetzungen und Bedingungen hinsichtlich des Anspruchs gegenüber dem Reiseveranstalter.

Anderweitige Beförderung

Neben dem Anspruch auf Erstattung inklusive Rückflug kann sich der Fluggast auch für die Fortsetzung der Reise entscheiden. Dafür wird er gemäß Art. 8 Abs. 1 lit. b und c EU-VO 261/2004 anderweitig zum Endziel befördert wenn dieses unter vergleichbaren Bedingungen erfolgt. Die anderweitige Beförderung ist nicht nur ein Alternativflug. Es kann somit auch ein anderes Reisemittel, wie z.B.: Bus, Schiff, Eisenbahn gewählt werden. In Art. 8 EU-VO 261/2004 wurde nämlich die allgemeine Formulierung der „anderweitige[n] Beförderung“ gewählt. Bei Art. 7 EU-VO 261/2004 hingegen gibt es den „Alternativflug ans Endziel“. Dabei ist ausschließlich von einer Luftbeförderung auszugehen.

Ein Ersatzflug stellt eine sogenannte "anderweitige Beförderung" im Sinne von Art. 8 der EG-Verordnung dar. Die Einordnung als "anderweitige Beförderung" im Sinne von Art. 8 der Verordnung schließt indes eine Anwendbarkeit der Art. 5 und 7 der Verordnung nicht aus, denn die Verordnung trennt die Begriffe "anderweitige Beförderung" und "Flug" nicht streng, sondern spricht auch bei der anderweitigen Beförderung von einem Flug bzw. Alternativflug.

Vorraussetzungen

Die Tatbestände lauten für einen Anspruch auf anderweitige Beförderung wie folgt:

Im Falle einer Flugverspätung ist die zeitliche Ankunftsverspätung zu beachten. Gemäß Art. 6 Abs. 1 sublit. iii EU-VO 261/2004 muss eine Verspätung von fünf Stunden vorliegen, damit dem Reisenden Unterstützungsleistungen zustehen.

Nichtbeförderung, Annullierung, Flugverspätung

  • Eine Flugverspätung ist das nicht rechtzeitige Eintreffen der Maschine am Zielort. Dementsprechend sind die Flugzeiten ausschlaggebend. Problematisch ist bei diesem Punkt der Unterschied zwischen Abflug- und Ankunftsverspätung. Dabei gibt es unterschiedliche Rechtsfolgen. Zu lesen in Flugverspätung
  • Unter einer Annullierung versteht man laut Art. 2 lit. l EU-VO 261/2004 die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war. Ebenfalls gibt es hier bei dem Beitrag Annullierung mehr zu lesen.

Vergleichbare Reisebedingungen

Allgemeine Vergleichbarkeit

Wie schon erwähnt muss die anderweitige Beförderung unter vergleichbaren Bedingungen erfolgen. Dabei ist es wesentlich zu beachten, den Flugplan und die Beförderungs- oder Serviceklasse auf dem gleichen oder einem höheren Niveau zu halten. Nicht relevant ist der Preis der anfänglich für den Flug bezahlt wurde. Ebenfalls wurde erwähnt, dass auch ein anderes Beförderungsmittel in Betracht kommen kann. Das wird allerdings bei den vergleichbaren Reisebedingungen nicht berücksichtigt. Somit kann eine anderweitige Beförderung auch mittels Eisenbahn oder Schiff erfolgen. Fraglich ist jedoch, ob die Streckenführung ohne Probleme geändert werden kann und somit als vergleichbar gelten. Das Problem liegt jedoch darin, wenn diese derartig geändert wird, dass sich z.B. die Umsteigezeiten des Fluggastes erheblich verlängern. Dies wäre der Fall wenn es anstatt eines Direktfluges einen Flug mit Umsteigepunkten gibt. Primäres Ziel ist, dass das Endziel des Fluggastes schnellstmöglich erreicht werden soll. Problematisch wird es, wenn der Fluggast in einer niedrigeren als der gebuchten Klasse untergebracht wird und für die Herabstufung gemäß Art. 10 Abs. 2 EU-VO 261/2004 ein Erstattungsanspruch im Rahmen einer pauschalisierten, prozentuellen Preisminderung vorgesehen ist. Fraglich ist hierbei, ob dies trotzdem noch als vergleichbare Bedingung angesehen wird. Unklar ist, in welchem Verhältnis Art. 10 zu den Alternativen in Art. 8 Abs. 1 lit. b und c EU-VO 261/2004 stehen. Die Alternativen fordern vergleichbare Bedingungen, wie auch im Beförderungsvertrag vereinbart. Tritt jedoch eine Leistungsstörung wie eine Herabstufung hinzu und wird diese mittels einer Preisminderung ausgeglichen, so ist die Reise für den Fluggast vergleichbar.

Änderung der Beförderungsklasse

Eine Änderung der Beförderungsklasse beim Ersatzflug kann einer allgemeinen Vergleichbarkeit entgegenstehen. Sofern der Passagier aufgrund einer körperlichen Beeinträchtigung auf die gebuchte höherer Beförderungsklasse für einen angenehmen Flug angewiesen ist, kann er den Ersatzflug ablehnen. Die Beförderung in einer nicht gebuchten, niedrigeren Beförderungsklasse stellt nicht vergleichbare, schlechtere Bedingungen dar, da der Passagier auf den erhöhten Beförderungskomfort angewiesen ist (Vgl.: LG Frankfurt (Main), Urt. v. 12.10.2017, Az.: 2-24 S 20/17).

Siehe auch: EuGH Urteil zu Herabstufung in eine niedrigere Klasse bei mehreren Flügen auf einem Flugschein unter einem Gesamtpreis zusammengefasst Rs. C-C 255/15 Mennens gegen Emirates Direktion für Deutschland.

Wahlrecht

Laut dem Wahlrecht aus Art. 8 Abs. 1 lit. a SpS 2 und 3 EU-VO 261/2004 kann der Fluggast entscheiden, ob er die Alternativbeförderung zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder, falls Plätze verfügbar sind, auch zu einem späteren Zeitpunkt antreten will. Das ausführende Luftfahrtunternehmen hat somit die Aufgabe bei der Alternativbeförderung des Fluggastes zum frühestmöglichen Zeitpunkt unter Ausschöpfung seiner eigenen Kapazitäten und der Inanspruchnahme fremder sowie auch potenzieller anderer Beförderungsmöglichkeiten dafür zu sorgen, dass dieser sein Endziel mit der geringsten Verspätung erreicht. Bei der Beförderung zu einem späteren Zeitpunkt kann der Fluggast den Zeitpunkt nach eigenem Ermessen wählen. Eine Terminverlegung samt einer Flugänderung, welche die Flugzeitenänderung und Flugumbuchung beinhaltet, ist hier die Folge und der Reisende verzichtet auf die Betreuungsleistungen nach Art. 9 EU-VO 261/2004. Der Fluggast hat die Pflicht, dem ausführenden Luftfahrtunternehmen den Zeitpunkt zu nennen, wann er weiterreisen möchte. Fraglich ist jedoch, ob das Luftfahrtunternehmen auch verpflichtet ist, bei einem Drittanbieter einen Platz für den Fluggast zu besorgen, wenn die eigene Kapazität zu dem Wunschzeitpunkt ausgeschöpft ist. Falls das ausführende Luftfahrtunternehmen die Verpflichtungen aus Art. 8 EU-VO 261/2004 nicht erfüllt durch Unterlassen der Unterstützungsleistungen, hat der Fluggast Anspruch auf Schadensersatz.

Flugumbuchung und Flugzeitenänderung

Flugumbuchen und Flugzeitenänderungen kommen als Flugänderungen oft bei Luftfahrtunternehmen vor. Eine Überbuchung des Unternehmens ist als Nichtbeförderung anzusehen. Fraglich ist jedoch, wann der Fluggast ein Recht auf Entschädigung hat, falls es zu einer Flugumbuchung oder Flugzeitenänderung kommt. Generell lässt sich sagen, dass wenn der Reisende nicht 2 Wochen vor Abflug über eine kommende Änderung informiert worden ist, er ein Recht auf Entschädigung hat, es sei denn, ein Ersatzflug mit vergleichbaren Reisebedingungen wurde angeboten. Maßgeblich ist bei der Beurteilung der Angemessenheit des Ersatzfluges, wann der Reisende von der Umbuchung Kenntnis erlangt hat. Dabei gilt:

  • Zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor dem geplanten Start: Der Ersatzflug darf nicht mehr als zwei Stunden früher als der ursprünglich geplante Flug starten und ihr Endziel mit maximal 4 Stunden Verspätung erreichen.
  • Weniger als sieben Tage vor dem geplanten Abflug: Die alternative Beförderung startet nicht mehr als eine Stunde vor der ursprünglichen Abflugzeit und erreicht das Endziel spätestens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit.

Es bleibt dem Kunden aber auch noch die Möglichkeit, bei rechtzeitiger Information der Umbuchung vom Vertrag zurückzutreten. Andernfalls ist die Höhe der Entschädigung exakt die selbe wie bei der Ausgleichszahlung bei dem Anspruch auf Erstattung.

Es sind zwei selbstständige Flüge zu betrachten, nämlich der ursprünglich gebuchte und der Ersatzflug. Das Angebot der Durchführung eines Ersatzfluges lässt die Haftung wegen Annullierung des ursprünglich gebuchten Fluges ebenso wenig entfallen, wie der Umstand, dass es sich bei dem Ersatzflug um eine Alternativbeförderung im Sinne von Art. 8 der Verordnung handelt, die Tatsache unberührt lässt, dass dieser Alternativflug seinerseits annulliert worden sein kann, was einen eigenen Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichsleistung nach Artikeln 5, 7 der Verordnung auslöst.

Selbstständige Buchung eines Ersatzfluges

Abhilfe und Ersatzanspruch

Sofern die Fluggesellschaft keine Abhilfe schafft, kann der Passagier unter Umständen einen Ersatzflug buchen und Ersatz des dadurch entstandenen Kosten fordern. Sofern die Fluggesellschaft dem Passagier keinen zumutbaren Alternativflug anbietet, kann der Passagier selbstständig einen Ersatzflug, möglicherweise auch bei einer anderen Fluggesellschaft, buchen und damit selbst Abhilfe schaffen. Etwaige Mehrkosten der Beförderung sind dem Passagier dann von der Fluggesellschaft zu ersetzen, sofern sie den Flugausfall zu vertreten hat. Sorgt die Fluggesellschaft etwa mittels eines Charterflugs und Bussen für Ersatz zu einem in der Nähe gelegenen Flughafen bei nur geringer Verzögerung der Ankunft, verletzt sie nicht ihrer Pflicht zur Ersatzbeförderung (Art. 8 Abs. 1 b) VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung)). Sowohl die geringe Verzögerung der Ankunft, als auch der Transport mittels eines Busses zum Zielflughafen ist dem Passagier zumutbar, so dass die Buchung eines Ersatzfluges nicht zu erstatten ist (LG Landshut, Urt. v. 08.02.2018, Az.: 14 S 3021/17).

Ausgleichsansprüche gemäß der Fluggastrechteverordnung

Umstritten ist, ob und unter welchen Voraussetzungen bei einer durch den Passagier vorgenommenen Buchung eines Ersatzfluges wegen Annullierung oder entsprechender erheblicher Verspätung des Fluges neben einer Erstattung auch ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Art. 7 VO-EG 261/2004 bestehen kann. Aufgrund der verschiedenartigen Anspruchsgrundlagen und Anspruchsarten kann davon ausgegangen werden, dass beide Ansprüche grundsätzlich nebeneinander bestehen.

Ein Ausgleichsanspruch gemäß Art. 5, Art. 7 VO-EG 261/2004 besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Passagier durch die Buchung eines pünktlichen Ersatzfluges sein Ziel doch noch planmäßig erreicht, AG Königs-Wusterhausen, Urt. v. 13.04.2017, Az.: 4 C 2780/16 (2). Vorliegend hatte der Passagier, nachdem er erfahren hatte, dass sein Flug über sechs Stunden verspätet starten würde, auf eigene Kosten bei einer anderen Fluggesellschaft eine Flug zum Zielort gebucht. Er erreichte seinen Zielort dadurch sogar früher als ursprünglich geplant. Ein Ausgleichsanspruch besteht in diesem Fall nicht. Zwar bestand aufgrund der erheblichen Verspätung des ersten Fluges zunächst hypothetisch ein Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 Abs. 1 Verordnung. Dieser Anspruch ist jedoch dadurch ausgeschlossen, dass der Passagier mithilfe des Ersatzfluges dennoch pünktlich an seinem Zielort angekommen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Passagier an dem ersten, stark verspäteten Flug gar nicht teilgenommen hat (anderer Ansicht: LG Darmstadt, Urt. v. 19.09.2012, Az.: 7 S 81/12), sondern auf seine tatsächliche Ankunft am Zielort (EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az.: C-402/07 und C-432/07 und LG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.04.2013, Az.: 2-24 S 213/12). Allein die hypothetische Ankunftsverspätung, die der Passagier bei einem Festhalten an dem ursprünglich gebuchten Flug erlitten hätte, führt zu keinem Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 5, Art. 7 VO-EG 261/2004. Ein solcher dient nämlich nur dazu, den Passagier für seinen Zeitverlust und andere auf der Verspätung beruhende Unannehmlichkeiten zu entschädigen. Vorliegend kam der Passagier am Ende aber sogar noch vor der ursprünglich geplanten Ankunftszeit am Zielort an und eben gerade nicht mit einer über dreistündigen Verspätung.

Ob eine Verrechnung der verschiedenen Ansprüche im Ergebnis erfolgt, ist eine weitere und sehr umstrittene Frage (siehe: BGH, Beschl. v. 30.07.2013, X ZR 111/12).

Grenzen der Abhilfe

Sofern ein Passagier einen Flug in der Economy Class gebucht hatte, kann er bei der Buchung eines Ersatzflugs bei einer anderen Fluggesellschaft nicht ein Ticket in der Business Class buchen und dann Ersatz für die Ticketkosten verlangen. Denn eine Beförderung in der Business Class entspricht nicht "vergleichbaren Reisebedingungen" iSv Art. 8 I b VO-EG Nr. 261/2004, da sich erhebliche Unterschiede bezüglich Service und Sitzkomfort ergeben (LG Landshut, Urt. v. 08.02.2018, Az.: 14 S 3021/17). Zudem habe bei nur relativ überschaubarer Mehrwartezeit ein Subcharter zur Verfügung gestanden, der die Kläger unter zumutbaren Bedingungen transportiert hätte.

Siehe auch

Quellen

Beck’Scher Online Kommentar

Leitlinien für die Auslegung der VO (EG) 261/2004

Rechte bei Flugausfall und Flugumbuchung