Außergewöhnliche Umstände
Der Flugverkehr hält für Passagiere viele Ärgernisse bereit. Insbesondere die Annullierung oder Verspätung von Flügen sind für den Fluggast nicht nur nervenaufreibend, sondern auch organisatorisch eine Herausforderung. Um dem Gedanken des Verbraucherschutzes Rechnung zu tragen, stehen dem Verbraucher daher gewisse Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung zu. Neben gewissen Unterstützungsleistungen, welche in der akuten Situation durchaus sinnvoll sind, kann der Reisende bei einer Annullierung oder erheblichen Verspätung auch einen Anspruch auf sogenannte Ausgleichszahlungen haben. Das ergibt sich aus Art. 7 VO (EG) 261/2004. Allerdings besteht bei der Annullierung, als auch bei der Verspätung, eine sogenannte Exkulpationsmöglichkeit. Das ist die Möglichkeit sich durch einen Entlastungsbeweis von der Haftung befreien zu können. Gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 muss das Luftfahrtunternehmen dann keine Ausgleichszahlungen leisten, wenn es nachweisen kann, dass sich die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückführen lässt. Dasselbe gilt auch für eine Flugverspätung von mindestens drei Stunden (EuGH, 23.10.2012, Az. C-581/10 und C-629/10). Im Einzelnen kann jedoch nicht immer genau festgestellt werden, wann ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt und wann lediglich das allgemeine Risiko für den Luftfrachtführer verwirklicht wurde. Daher soll im Folgenden dargestellt werden, wann sich eine Fluggesellschaft von der Haftung befreien kann und wann ein außergewöhnlicher Umstand nur vorgeschoben ist und eine Exkulpation des Luftfahrtunternehmens deswegen ausscheidet.
Einführung
Wie schon erwähnt, stellen die außergewöhnlichen Umstände eine Möglichkeit für das ausführende Luftfahrtunternehmen dar, sich von einer etwaigen Haftung aus der Fluggastrechteverordnung zu befreien. Dementsprechend eng sollte der Begriff auch ausgelegt werden, da der Verbraucher im Verhältnis zum Unternehmer als „der Schwächere“ anzusehen ist. Gleichermaßen ist es jedoch auch geboten, der [[Fluggesellschaft zumindest die Möglichkeit zur Entlastung zu geben, da nicht jede Annullierung und auch nicht jede Verspätung auf Umständen beruht, welche das Luftfahrtunternehmen zu vertreten hat. Damit scheint zumindest den beiderseitigen Interessen Rechnung getragen. Allerdings ist nicht eindeutig, was genau außergewöhnliche Umstände sind. Das war wohl auch den europäischen Gesetzgebungsinstitutionen nicht ganz klar, weshalb man auch zunächst nur den Begriff der „Höheren Gewalt“ in den Gesetzestext aufnehmen wollte. Um so überraschender war es dann, als dann doch die außergewöhnlichen Umstände im Text verwendet wurden. Allerdings wurde der Begriff bzw. die Begrifflichkeit im Laufe der Jahre näher durch die Rechtsprechung konkretisiert, weshalb durch eine Auswertung der verschiedenen Urteile, eine nähere Beschreibung gefunden werden kann. Das ist allerdings auch notwendig, da das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes erhebliche Folgen hat. Aus Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 folgt nämlich, dass die Unannehmlichkeiten des Passagiers bei Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes nicht ausgeglichen werden würden. Die Ausgleichszahlung würde dann entfallen. Daher wäre eine allgemein gültige und eventuell gesetzlich kodifizierte Definition wünschenswert.
Was ist ein außergewöhnlicher Umstand?
Gibt es eine Definition im Gesetz?
Die Fluggastrechteverordnung enthält jedenfalls keine Legaldefintion, auf welche zurückgegriffen werden könnte. Um einen juristischen Fachbegriff handelt es sich jedenfalls nicht. Jedoch thematisieren die Erwägungsgründe 14 und 15 der Fluggastrechteverordnung die außergewöhnlichen Umstände. Sie helfen daher die auslegungsbedürftige Begrifflichkeit zu präzisieren. In den Erwägungsgründen sind einige Vorkommnisse aufgezählt, welche einen außergewöhnlichen Umstand vorliegen lassen können. Es sind keine außergewöhnlichen Umstände in den Erwägungsgründen aufgezählt. Vielmehr lassen diese möglichen Ereignisse die außergewöhnlichen Umstände erst eintreten. Das folgt aus Erwägungsgrund 14. Dort ist von Vorkommnissen die Rede, welche auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht. Die Aufzählungen in den Erwägungsgründen stellen daher vielmehr eine Art Hinweis dar. Sie sind daher keinesfalls abschließend. Es können auch Vorkommnisse außergewöhnliche Umstände eintreten lassen, welche in den Erwägungsgründen überhaupt nicht aufgelistet sind. Allerdings muss immer beachtet werden, dass der Europäische Gerichtshof Begriff im europäischen Recht, die eine Ausnahme von einem Grundsatz aufstellen, immer eng auslegt. Hier ist der Grundsatz, dass Passagiere bei Annullierungen oder Verspätungen eine Ausgleichszahlung erhalten. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 stellt eine Ausnahme von diesem Grundsatz dar. Ist nämlich ein außergewöhnlicher Umstand gegeben, muss der Luftfrachtführer keine Ausgleichszahlung an die Passagiere leisten. Mithin bedarf der Begriff des außergewöhnlichen Umstandes einer restriktiven (engen) Auslegung.
Begriffskonkretisierung in der Rechtsprechung
Im Laufe der europäischen Rechtsprechung wurde der Begriff konkretisiert. Es darf vor allem nicht vergessen werden, dass im Luftverkehr viele Möglichkeiten vorhanden sind, die einen reibungslosen Ablauf des [Flug]es stören können. Es dürfen jedoch bei weitem nicht alle als außergewöhnliche Umstände qualifiziert werden. Vielmehr gebietet es der Gedanke des Verbraucherschutzes möglichst wenige Situationen als außergewöhnliche Umstände zu werten (EuGH, Urt. v. 22.12.2008, Az. C-549/07). Dabei ist davon auszugehen, dass vor allem solche Umstände als außergewöhnlich gelten, welche „abseits des Gewöhnlichen“ liegen (EuGH, Urt. v. 31.01.2013, Az. 12/11). Der Europäische Gerichtshof geht davon aus, dass ein außergewöhnlicher Umstand nur dann angenommen werden kann, wenn der Lauf der Gegebenheiten von dem Luftfahrtunternehmen nicht beherrschbar ist. Sie dürfen aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der gewöhnlichen Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens sein (EuGH, Urt. v. 22.12.2008, Az. C-549/07). Gerade bei der Beurteilung eines Umstandes, welcher in der Auflistung in den Erwägungsgründen nicht aufgezählt ist, ist das Kriterium der Beherrschbarkeit von geradezu herausragender Bedeutung. Demnach gehen nach dem Europäischen Gerichtshof die außergewöhnlichen Umstände auf ein Ereignis zurück, welches bei der normalen Ausübung der Tätigkeit nicht eintritt und von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen ist. Es werden daher alle Umstände erfasst, welche die Fluggesellschaft nicht kontrollieren kann. Tatsächlich unkontrollierbare Vorkommnisse, sind solche die von außen auf die Durchführung des Fluges einwirken; AG Hannover, Urteil vom 14.3.2017, Az.: 523 C 12833/16. Eine genaue Definition, wann genau ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt hat daher auch der Europäische Gerichtshof nicht geliefert. Daran kann man wieder erkennen, dass mit der Annahme eines außergewöhnlichen Umstandes immer vorsichtig umgegangen werden muss, da sich der Luftfrachtführer gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 sonst von seiner Haftung befreien kann. Das soll allerdings nur im Einzelfall möglich sein.
Beweislast und zumutbare Maßnahmen zur Verhinderung
Zumutbare Maßnahmen
Für die Fluggesellschaft ist problematisch, dass sie nicht nur das Vorliegen der außergewöhnlichen Umstände beweisen muss, sondern auch, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um ihrer Leistungspflicht trotzdem ordnungsgemäß nachzukommen. Natürlich können nicht alle außergewöhnlichen Umstände verhindert werden. Allerdings gilt bei solchen Umständen, die sich hätten verhindern lassen können, wenn zumutbare Maßnahmen ergriffen worden wären, dass bewiesen werden muss, dass diese Maßnahmen auch ergriffen wurden. Dabei ist allerdings nicht maßgeblich, ob die Annullierung hätte vermieden werden können, sondern der Eintritt der außergewöhnlichen Umstände (so etwa AG Bremen, Urt. v. 04.08.2011, Az.: 9 C 135/11). Ausgleichsansrpüche nach der Fluggastrechteverordnung sollen nämlich über die Entschädigung des Passagiers hinaus Versäumnisse von Luftfahrtunternehmen in deren eigenem Herrschaftsbereich sanktionieren. Aus dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung geht aber hervor, dass allein erheblich ist, ob die Umstände, die zur Annullierung führten (vorliegend der Fluglotsenstreik), hätten vermieden werden können und nicht die Annullierung selbst. Die Ausnahme der außergewöhnlichen Umstände trägt dem Umstand Rechnung, dass von einer Fluggesellschaft schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht gefordert werden, selbst ausreichende Kapazitäten für jeden erdenklichen Zwischenfall bereitzuhalten.
Der Begriff der zumutbaren Maßnahmen wurde jedoch in der Verordnung nicht näher definiert, so dass es der Rechtsprechung oblag, namentlich dem Europäischen Gerichtshof, den Begriff zu konkretisieren. Bereits kurz nach dem die Fluggastrechteverordnung in Kraft getreten ist, wurde der EuGH um Klärung des Begriff ersucht. Zunächst stellte der Europäische Gerichtshof klar, dass die Einhaltung von vorgeschriebenen Mindestanforderungen keinen Beweis dafür darstellt, man hätte alle zumutbaren Maßnahmen unternommen, um den außergewöhnlichen Umstand zu verhindern. Vielmehr muss nachgewiesen werden, dass das Luftfahrtunternehmen alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel genutzt hat, um den Eintritt des außergewöhnlichen Umstandes zu vermeiden und eine ordnungsgemäße Beförderung zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 22.12.2008, Az. C-549/07). Deswegen darf von einer Fluggesellschaft beispielsweise erwartet werden, dass Sie, um Verspätungen oder Annullierungeninfolge eines außergewöhnlichen Umstandes zu vermeiden, eine gewisse Zeitreserve haben, um einen ordnungsgemäßen Flugverkehr trotz solcher außergewöhnlichen Umstände zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 12.05.2011, Az. C-294/10). Etwaige Risiken müssen vom Luftfrachtführer demnach generell vorhergesehen werden, da diese im Luftverkehr üblich sind. Allerdings ist in der Fluggastrechteverordnung keine Mindestzeitreserve kodifiziert. Es muss auch berücksichtigt werden, dass das Luftfahrtunternehmen nur solche Reserven einplanen kann, welche für dasselbe auch tragbar sind. Es sind daher nur solche Maßnahmen als zumutbar anzusehen, die von dem jeweiligen Luftfahrtunternehmen auch geleistet werden können. Demnach ist es immer Einzelfall abhängig, welche Maßnahmen zumutbar sind und welche nicht. Die führt zwar automatisch zu einer Ungleichbehandlung der verschiedenen Luftfahrtunternehmen, allerdings kann man auch nicht erwarten, dass eine kleine Airline die gleiche Leistungsfähigkeit besitzt, wie eine große Fluggesellschaft. Trotzdem sind hohe Anforderungen an die Beurteilung, ob alle zumutbaren Maßnahmen unternommen wurden oder nicht, zu stellen. Die Folge wäre nämlich eine Haftungsbefreiung des Luftfrachtführers, welche ja nur eine Ausnahme darstellen soll. Der Art. 5 Abs. 3 EG (VO) 261/2004 soll vielmehr nur eine Entlastungsmöglichkeit sein. Daher ist die Hürde, wann eine Maßnahme nicht mehr zumutbar ist, relativ hoch.
- Muss die Airline versuchen, die Folgen eines außergewöhnlichen Umstands zu vermeiden?
Aus dem Wortlaut der Verordnung folgt also nur, dass der Eintritt außergewöhnlicher Umstände mit zumutbaren Maßnahmen verhindert werden muss. Jedoch folgt aus den Erwägungen des Europäischen Gerichtshof die weitere Verpflichtung, dass auch die Folgen eines solchen Umstandes, wie Verspätungen oder Annullierungen, entsprechend verhindert werden müssen. Allerdings ist der Fluggesellschaft nicht nur zumutbar Ersatzmaßnahmen zu ergreifen, die im Rahmen ihrer eigenen organisatorischen und wirtschaftlichen Fähigkeiten liegen. Ein Einsatz von Chartermaschinen o.ä. geht also über das Maß hinaus, was getan werden muss, um eine Annullierung zu vermeiden (AG Bremen, Urt. v. 04.08.2011, Az.: 9 C 135/11).
Darlegunspflicht der Fluggesellschaft
Ein Fluggast buchte einen Flug von Frankfurt nach Amsterdam und dann von Amsterdam nach Kilimandscharo. Der Flug von Frankfurt nach Amsterdam wurde annulliert, sodass der Kläger auch den Anschlussflug verpasst. Der Kläger will nun wegen der Annullierung Ausgleichsleistungen von der Beklagten vor dem Amtsgericht Frankfurt ( Urteil vom AG Frankfurt ). Diese macht geltend, die Ursache für die Annullierung des Fluges sei ein teilweiser Zusammenbruch der Stromversorgung an Bord gewesen, der als solcher ungewöhnlich und selten, mithin nicht vorhersehbar und abwendbar gewesen sei, mit der weiteren Folge, dass die Beklagte wegen höhere Gewalt bereits dem Grunde nach nicht zu Ausgleichsleistungen verpflichtet sei. Die Klage ist teilweise begründet. Es ist zunächst zweifelsfrei, dass der Flug nach Amsterdam annulliert wurde. Demnach würden dem Kläger eine Ausgleichszahlung i.H.v. 500,00 Euro gem. Art. 7 I 1a) Verordnung (EG) 261/2004 zustehen. Gemäß Artikel 7 Abs. 1 der EG-Verordnung 261/04 beträgt die Ausgleichszahlung pro Fluggast 250,00 Euro bei allen Flügen über eine Entfernung von bis zu 1500 Kilometern, sie beträgt 400,00 Euro über eine Entfernung zwischen 1500 Kilometern und 3500 Kilometern, sie beträgt 600,00 Euro bei Flügen über 3500 Kilometern. Vorliegend ist lediglich der Flug von Frankfurt nach Amsterdam annulliert worden, mit der Folge, dass die pro Person zu leistende Ausgleichszahlung lediglich 250,00 Euro beträgt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist in die Flugentfernung der Anschlussflug von Amsterdam nach Kilimandscharo nicht mit einzubeziehen. Es handelt sich um 2 selbständige Flüge, die theoretisch auch bei 2 verschiedenen Luftfahrtunternehmen hätten gebucht werden können. Darüber hinaus muss für das Luftfahrtunternehmen das Risiko einer Annullierung kalkulierbar bleiben, was nicht der Fall ist, wenn alle potentiellen Anschlussflüge mit einbezogen werden würden. Dementsprechend war der Klage auf Ausgleichsleistungen lediglich in Höhe von 500,00 Euro.
Beweislast im Prozess
Grundsätzlich muss der Kläger in einem Zivilprozess die anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen. Unabhängig davon, dass es im Einzelfall schwer sein kann, ein „Nichtvorliegen“ von gewissen Umständen zu beweisen, gibt es bei Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 eine sogenannte Beweislastumkehr. Das bedeutet, dass wenn die Fluggesellschaft außergewöhnliche Umstände geltend macht, sie diese auch beweisen muss; vgl. AG Frankfurt, Urteil vom 6.2.2017, Az.: 31 C 3832/15 (83) . Der Kläger muss demnach nicht deren „Nichtvorliegen“ beweisen. Das folgt zum einen aus dem Grundsatz, dass jeder die für ihn günstigen Tatsachen beweisen muss, aber auch aus Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 selbst.
Rechtsfolge des Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstandes
In der Regel haben Fluggäste, die von einer großen Verspätung oder einer Annullierung eines Fluges betroffen sind, einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Art. 7 EG (VO) 261/2004. Die Höhe des Anspruchs bestimmt sich bei Ausgleichszahlungen nach der Länge des Fluges. Liegt allerdings ein außergewöhnlicher Umstand vor und kann dieser auch vom ausführenden Luftfahrtunternehmen nachgewiesen werden, so kann sich dasselbe von seiner Haftung befreien und der Anspruch des Passagiers würde nicht mehr bestehen. Andere Ansprüche der Fluggäste, die sich aus der Fluggastrechteverordnung ergeben, bleiben jedoch unberührt. Die in Art. 5 Abs. 3 EG (VO) 261/2004 verankerte Exkulpationsmöglichkeit gilt insbesondere nicht für mögliche Betreuungs- und Unterstützungsleistungen gemäß Art. 8, 9 EG (VO) 261/2004. Die Passagiere haben daher in jedem Fall einen Anspruch auf ausreichende Versorgung mit Mahlzeiten oder Erfrischungen, unabhängig davon, ob ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt oder nicht. So kann manchmal sogar eine Hotelübernachtung notwendig sein, weil der betroffene Flug erst am nächsten Tag stattfindet. In diesem Fall muss das Luftfahrtunternehmen die Hotelübernachtung kostenlos anbieten. Der Grund für die Verspätung oder Annullierung ist dabei unerheblich. Liegen außergewöhnliche Umstände vor, kann sich der Luftfrachtführer nur von möglichen Geldzahlungen befreien. Die Verpflichtung zu den genannten Sachleistungen bleibt bestehen.
Auskunftsanspruch des Passagiers
Immer wieder kommt es zu Konstellationen, in denen das Luftfahrtunternehmen behauptet, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, es jedoch nicht detailliert darlegt, was genau den außergewöhnlichen Umstand begründet. Der Fluggast wird sich dagegen zur Wehr setzen wollen, da es für ihn den Verlust des Ausgleichszahlungsanspruchs bedeuten würde, wenn tatsächlich ein solcher außergewöhnlicher Umstand vorliegt. Dazu wäre es von Vorteil, wenn der Fluggast wüsste, auf welchen Umstand sich die Fluggesellschaft beruft. Es stellt sich die Frage, ob der Fluggast diesbezüglich einen Auskunftsanspruch hat, um so dem Luftfrachtführer etwas entgegenhalten zu können. In der erstinstanzlichen Rechtsprechung wurde angenommen, dass ein solcher Auskunftsanspruch besteht. Es würde gegen Treu und Glauben i.S.v. § 242 BGB verstoßen, wenn die Fluggäste erst in einem gerichtlichen Verfahren von den außergewöhnlichen Umständen erfahren würden und somit das Prozesskostenrisiko bei den Passagieren liegen würde. Der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben ist jedoch in § 242 BGB relativ unbestimmt. Erst durch Auslegung und insbesondere durch bereits ergangene Rechtsprechung kann sein ganzer Inhalt bestimmt werden. Daher ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein solcher Auskunftsanspruch nur gegeben, wenn die erstrebte Information notwendig ist, damit die angestrebte Klage überhaupt erstmal schlüssig wird. Der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben verpflichtet nämlich nicht dazu, dem Verbraucher das Prozesskostenrisiko gänzlich abzunehmen. Ein Auskunftsanspruch würde zudem das Luftfahrtunternehmen dazu zwingen, ihm ungünstige Tatsachen offenzulegen, was wider sämtlichen prozesstaktischen Erwägungen stehen dürfte. Ein Auskunftsanspruch darauf, welcher außergewöhnliche Umstand vorliegt, besteht daher grundsätzlich nicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass dies im Prozess nicht dargelegt werden muss. Spätestens im gerichtlichen Prozess muss das Luftfahrtunternehmen beweisen, dass ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt. Das wird es in der Regel nur tun können, wenn es Ausführungen dazu tätigt, welcher außergewöhnliche Umstand vorgelegen haben soll.
Außergewöhnliche Umstände im Einzelnen
Technischer Defekt
Technische Defekte stellen in der Regel keinen außergewöhnlichen Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 EG (VO) 261/2004 dar. Man versteht darunter eine Fehlfunktion eines Systembestandteils eines Flugzeuges oder sonstiger Systeme im Betriebsablauf einer Fluggesellschaft (z.B. Systemausfall). Da das Luftfahrtunternehmen zu regelmäßigen Wartungsarbeiten verpflichtet ist, fallen technische Defekte in den Verantwortungsbereich des Luftfrachtführers. Das hat der Europäische Gerichtshof auch deutlich klargestellt (EuGH, Urteil vom 17.09.2015, Az. C-257/14). Auch wenn die Fluggesellschaft im konkreten Einzelfall nicht mit dem technischen Defekt rechnen konnte, kann sie sich nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen. Vielmehr sei es eine Erfahrung aus dem laufenden Flugverkehr, dass regelmäßig [[technischer technische Defekte auftreten können, da bei so hochkomplexen Maschinen gewisse Makel auch bei Wartungsarbeiten übersehen werden können. Das Luftfahrtunternehmen muss in einem solchen Fall noch eine funktionstüchtige Maschine parat haben. Tritt ein bestimmter technischer Defekt jedoch besonders selten auf, könnte man denken, dass im Ausnahmefall ein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden kann. Dem ist jedoch nicht so. Vielmehr muss die Airline generell mit technischen Defekten rechnen. Es ist also nicht von Bedeutung, wie selten ein bestimmter Defekt ist (LG Darmstadt, Urteil vom 16.06.2010, Az. 7 S 200/08).
Daraus könnte nun folgen, dass das Luftfahrtunternehmen alle ihm zumutbaren Maßnahmen unternommen hat, wenn es die ihm obliegenden Wartungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt hat. Allerdings fallen Fehler, die zwischen den Wartungsarbeiten entstehen, in den Risikobereich der Fluggesellschaft. Deshalb ist es nicht ausreichend, dass das Unternehmen alle ihm obliegenden Arbeiten ausgeführt hat. Vielmehr hat es auch für solche Fehler die Verantwortung (BGH, Urteil vom 12.11.2009, Az. Xa ZR 76/07). Das Risiko, dass in der Zeit zwischen den Wartungsarbeiten technische Defekte auftreten, liegt mithin bei der Fluggesellschaft. Maßgeblich ist nicht die Beherrschbarkeit des Defekts und damit die subjektive Vorwerfbarkeit oder Vermeidbarkeit des Fehlers, sondern vielmehr, in welchen Risikobereich das Auftreten des Defekts fällt ([LG Düsseldorf, Urteil vom 07.05.2009, Az. 22 S 215/08]). Allerdings gibt es in der Rechtsprechung auch Fälle, bei denen ein technischer Defekt als außergewöhnlicher Umstand qualifiziert wurde. Dabei kam es dann zu einer Exkulpation (Befreiung) von der Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen.
Reifenschaden
Die Frage, ob ein Reifenschaden einen außergewöhnlichen Umstand darstellt, klärte das Urteil vom AG Frankfurt. Ein Fluggast klagte gegen das Luftfahrtunternehmen wegen einer 13-stündigen Verspätung auf einem Flug von Havanna nach Frankfurt. Der Klage wurde statt gegeben, da dieser technischer Defekt keine außergewöhnlichen Umstände darstellen würde. Zunächst ist das Gericht am Zielort gem. § 29 ZPO zuständig. Einer Anwendbarkeit von § 29 ZPO steht nicht gegenüber, dass der Kläger Ansprüche aus der Verordnung (EG) 261/2004 geltend machen kann. Eine mehr als drei-stündige Verspätung ist einer Annullierung gleichzusetzen. Die Ansprüche der Klägerin sind demnach Art. 4 III analog,Art. 7 der Verordnung (EG) 261/2004. Die Flugstrecke beträgt mehr als 35.000 km, daher beläuft sich die Summe des Ausgleichsanspruchs auf 600,00 Euro.
Ein Reifenschaden, der durch einen Fremdkörper auf der Start-und Landebahn eines Flughafens hervorgerufen wurde, stellt ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand dar; siehe LG Stuttgart, Urteil vom 7.12.2017, Az.: 5 S 103/17. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Beschädigung eines Flugzeugreifens durch einen Fremdkörper auf der Start- oder Landebahn kein Vorkommnis darstelle, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens wäre. Die von Gegenständen auf der Start- und Landebahn ausgehende Gefahr stellt ein wohlbekanntes häufiges Phänomen dar, das gerade nicht abseits des Gewöhnlichen liegt, sondern vielmehr untrennbar mit der Luftfahrt verbunden ist. Dies würde schon dadurch deutlich werden, dass Flughafenbetreiber regelmäßig Reinigungen von der Start- und Landebahn durchführen lassen; LG Stuttgart, Urteil vom 7.12.2017, Az.: 5 S 103/17.
Grundsätzlich kein außergewöhnlicher Umstand
Grundsätzlich kann man also festhalten, dass ein technischer Defekt in der Regel kein außergewöhnlicher Umstand ist. Beispielhaft hat die Rechtsprechung folgende technische Defekte nicht als außergewöhnlichen Umstand qualifiziert:
Hydraulik
Kein außergewöhnlicher Umstand liegt nach Auffassung der Gerichte vor, wenn es sich um einen Defekt an der Hydraulik handelt, vgl. LG Berlin, Urteil vom 13.12.2007, Az. 57 S 44/07. Ein Luftfahrtunternehmen hat sicherzustellen, dass keine Defekte am Flugzeug vorliegen, die einen reibungslosen Start unmöglich machen. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Defekt trotz aller vorgeschriebenen Wartungen aufgetreten ist und somit durch die Airline schwer vorhersehbar war, vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 01.12.2012, Az. 7 S 66/10. Das bedeutet, dass selbst wenn das Hydraulikproblem plötzlich aufgetreten ist, fällt dieser Vorfall immer noch in den Organisationsbereich eines Luftfahrtunternehmens. Selbiges gilt, wenn plötzlich Hydrauliköl aus der Verschlussklappe am Hauptfahrwerk auftritt, vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 20.04.2011, Az. 13 S 227/10.
Defekt am Fahrwerkschacht
Ein defektes Fahrwerk ist kein außergewöhnlicher Umstand. Das Fahrwerk eines Flugzeuges ist typischerweise eine Risikoquelle für Defekte, weswegen schon nach dem Wortsinn her ein Schaden hier nicht außergewöhnlich sein kann. Zudem muss eine Airline sich eigenverantwortlich darum kümmern, dass das Fahrwerk flugtüchtig ist, vgl. LG Berlin, Urteil vom 07.02.2008, Az. 57 S 26/07.
Ausfall der Stromanlage
Beim Ausfall der Stromversorgung an Board kann ebenso nicht von einem ausschlussbegründenden außergewöhnlichen Umstand ausgegangen werden. Wenn das Lautsprecheransagesystem an Bord eines Flugzeuges ausgefallen ist, kann nicht automatisch ein Exkulpationsgrund angenommen werden. Vielmehr hat das Luftfahrtunternehmen detailliert darzulegen und zu begründen, warum dieser Umstand unvorhersehbar war (AG Bremen, Urteil vom 03.07.2007, Az. 4 C 393/06). Die Airline muss also explizit darlegen, wie der Defekt entstehen konnte und welche Maßnahmen grundsätzlich getroffen werden, um das Entstehen solcher Defekte zu verhindern, vgl. AG Frankfurt, Urteil vom 16.02.2007, Az. 30 C 1701/06.
Andere Defekte
Mit vergleichbarer Argumentation wurden auch andere Defekte nicht als außergewöhnliche Umstände anerkannt, so etwa eine Fehlfunktion des Bordcomputers (AG Rüsselsheim, Urteil vom 19.07.2010, Az. 3 C 257/10), Schäden am Flugzeugtank (vgl. AG Köln, Urteil vom 09.04.2010, Az. 124 C 407/09), eine technische bedingte Beeinträchtigung des Kabinendrucks oder ein Defekt eines Reifens (AG Frankfurt, Urteil vom 28.09.2010, Az. 30 C 1048/10). Ist ein Mechaniker nicht schnell genug vor Ort, um einen entdeckten technischen Defekt zu beheben, so lässt sich ebenfalls kein außergewöhnlicher Umstand begründen, vgl. AG Rüsselsheim, Urteil vom 11.06.2010, Az. 3 C 387/10 (35). Zudem ist es für eine Airline nicht unzumutbar, für keineswegs ungewöhnliche technische Defekte einen Techniker vorzuhalten. Spart sich ein Flugunternehmen diesen Aufwand, so muss es auch das Risiko (in Form von Ausgleichszahlungen) tragen.
Technische Defekte, die einen außergewöhnlichen Umstand darstellen
Verschiedene Instanzgerichte haben in einigen Fällen auch einen technischen Defekt als außergewöhnlichen Umstand gelten lassen, wenn bestimmte unvorhersehbare Umstände zu Grunde lagen. Dies gilt nur dann, wenn die Ursache für den technischen Defekt im Verantwortungsbereich der Airline liegt, der technische Defekt also nicht „von außen“ verursacht wurde. Dies kann beispielsweise dann von Bedeutung sein, wenn ein bestimmter Flugzeugtyp bereits „serienmäßig“ fehlerhaft produziert wurde, der Fehler also bereits bei Auslieferung des fertigen Flugzeuges vorlag (LG Darmstadt, Urteil vom 01.08.2007, Az. 21 S 263/06). Bei einem einzelnen Herstellerfehler wird jedoch von den meisten Gerichten kein außergewöhnlicher Umstand angenommen. Die Airlines können sich dann also nicht entlasten und sollen auch für einzelne Herstellerfehler das Risiko übernehmen (AG Baden-Baden, Urteil vom 28.06.2013, Az. 1 S 47/12). Für den Fall, dass bestimmte technische Einrichtungen im Flughafen versagen, wobei nicht nur das einzelne Luftfahrzeug, sondern der gesamte Luftverkehr betroffen ist, ist ebenfalls von außergewöhnlichen Umstände auszugehen. Ein Sabotageakt am Flugzeug, der einen technischen Defekt verursacht, stellt einen außergewöhnlichen Umstand dar. Für einen Saboteur ist eine Airline nicht verantwortlich. Sie kann zudem nicht immer verhindern, dass es zu Sabotageakten kommt. Da es, sobald ein erheblicher Schaden entstanden ist, in der Regel auch nicht mehr möglich ist, eine starke Beeinträchtigung des Fluges zu verhindern, ist ein technischer Defekt wegen Sabotage ein außergewöhnlicher Umstand, vgl. EuGH, Urteil vom 22.12.2008, Az. C-549/07. Wird ein technischer Defekt durch einen anderen außergewöhnlichen Umstand hervorgerufen, so wird das gesamte Ereignis als außergewöhnlicher Umstand anerkannt, vgl. AG Rüsselsheim, Urteil vom 24.07.2013, Az. 3 C 2159/12 (36). Dies kann beispielsweise bei einer Biene im Staurohr angenommen werden oder bei einem technischen Defekt, der aus einem Vogelschlag resultiert (BGH, Urteil vom 24.09.2013, Az. X ZR 160/12).
Urteil des AG Köln in Bezug auf den technischen Defekt
Eine Ausnahme wegen außergewöhnlichen Umstands nach Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 greift normalerweise nicht. Die Annullierung ist laut Sachverhalt nicht auf einen solchen Umstand zurückzuführen. Ein Technisches Problem könnte jedoch schon für einen [[außergewöhnlicher Umstand|außergewöhnlichen Umstand] sprechen. Dies wäre jedoch nur der Fall, wenn es ein Vorkommnis betrifft, das im 14. Erwägungsgrund der EG Verordnung 261/2004 aufgezählt ist und nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens ist und auf Grund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist (lt BGH: Urteil vom 12.11.2009, Xa ZR 76/07). Auch während der Wartung eines Flugzeugs auftretende Probleme stellen keine Außergewöhnliche Umstände dar.
Systemausfall im Betriebsablauf
Im Falle eines Systemausfalls hängt die Einordnung des Zwischenfalls als außergewöhnlicher Umstand davon ab, ob der Systemausfall, bzw. technische Defekt, der zum Systemausfall führte, untrennbar mit dem System zum Betrieb eines Flugzeugs verbunden ist oder seiner Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar ist (EuGH, Beschl. v. 14.11.2014, Rs. C-394/14, Urt. v. 04.05.2017, Rs. C-315/15). Denn technische Defekte, wie sie beim Betrieb der Fluggesellschaft typischerweise auftreten, stellen grundsätzlich keine außergewöhnlichen Umstände dar (z.B. ein technischer Defekt an einem einzelnen Flugzeug, oder der Defekt eines einzelnen Computers). Dies gilt auch dann, wenn das Luftverkehrsunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat (BGH, Urteil vom 12.11.2009 – Xa ZR 76/07, Rn. 23).
Zwar muss die Fluggesellschaft mit einem kurzzeitigen Ausfall aller primären Systeme im Rahmen ihrer gewöhnlichen Flugabfertigung rechnen (LG Stuttgart, Urt. v. 21.12.2017, Az.: 5 S 142/17). Etwas anderes gilt aber, wenn z.B. nicht nur das primäre System, sondern auch das Back-Up-System ausfallen und dieser Komplettausfall der Computersysteme eine erhebliche Zeit andauert. Der mehrstündige Ausfall aller Computersysteme schaffte eine Situation, die von der Fluggesellschaft nicht mehr beherrschbar war und außerhalb des Rahmens der gewöhnlichen Betriebstätigkeit eines Luftfahrtunternehmens liegt (LG Stuttgart, Urt. v. 21.12.2017, Az.: 5 S 142/17). . Ein Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, selbst entsprechende Fachleute vorzuhalten, um Zuleitungsprobleme zu den ihm vom Flughafenbetreiber zur Nutzung bereitgestellten Computersystemen zu beheben. Insofern reicht es aus, wenn die Fluggesellschaft alle möglichen eigenen Ressourcen und Möglichkeiten nutzt, um die Folgen gering zu halten, indem sie z.B. alle zur Verfügung stehenden technischen Geräte und personellen Ressourcen nutzt (LG Stuttgart, Urt. v. 21.12.2017, Az.: 5 S 142/17).
- Zur Darstellung der Gesamtproblematik siehe: Systemausfall, Technischer Defekt.
Übersicht
Die folgende Tabelle soll vereinzelte technische Defekte aufzeigen und ob sie als außergewöhnliche Umstände qualifiziert werden oder nicht. Da es viele verschiedene Möglichkeiten für Defekte gibt, ist die Übersicht keinesfalls abschließend.
Keine außergewöhnlichen Umstände | Außergewöhnliche Umstände |
---|---|
Technischer Defekt am Kurzwellenfunkgerät | Aus Vogelschlag resultierender technischer Defekt |
Unreines Kerosin | Fehlermeldung aufgrund einer Biene im Staurohr |
Defekte Türelektronik | Defekter Stromgenerator im Flugzeug |
Hydraulik | Radarausfall |
Ausfall der Stromanlage | |
Höhenruderanzeige | |
Defekt am Fahrwerkschacht | |
Probleme in der Kabine | |
Probleme mit der Bordtoilette | |
Defekte Benzinpumpe | |
Ausfall der Notfallbeleuchtung |
Vogelschlag
Nachdem nun auf den technischen Defekt eingegangen wurde, muss nun auf den Defekt eingegangen werden, der aus einem Vogelschlag resultiert. Ein Vogelschlag entsteht, wenn fliegende Vögel durch die Triebwerke eines Fluggerätes angesaugt werden. Der Vogel gelangt dadurch in ein Triebwerk und es können verschiedene Schäden verursacht werden. Die Rechtsprechung behandelt das Ereignis eines Vogelschlags sehr unterschiedlich.
Vogelschlag stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar
Vereinzelt wird angenommen, dass ein Vogelschlag in keinem Fall ein außergewöhnlicher Umstand sein kann. Zur Begründung führen die Vertreter dieser Auffassung aus, dass ein Vogelschlag deswegen kein außergewöhnlicher Umstand sein kann, weil sich Flugzeuge und Vögel für gewöhnlich den Luftraum teilen. Ein solches Ereignis ragt daher nicht aus dem normalen Alltag des Luftfahrtunternehmens heraus. Aufgrund der Tatsache, dass Vögel und Flugzeuge den Luftraum gemeinsam nutzen, sei der Umstand vielmehr zu erwarten. Ein Vogelschlag gehört folglich in die betriebliche Sphäre einer Fluggesellschaft. Schon aus dem Wortsinn ergebe sich, dass der Umstand nicht wirklich ungewöhnlich ist (AG Frankfurt, Urteil vom 13.03.2013, Az. 29 C 811/ 11 (21)).
Vogelschlag als außergewöhnlichen Umstand
Nach herrschender Auffassung, die inzwischen auch der BGH vertritt, soll ein Vogelschlag jedoch einen außergewöhnlichen Umstand begründen können (BGH, Urteil vom 25.09.2013, Az. X ZR 129/12). Zur Begründung wird angeführt, dass eine Airline nie verhindern können wird, dass auf einem Flug ein Vogelschlag passieren wird. Zudem lässt sich ein solches Ereignis auch nicht vorhersehen und liegt deshalb außerhalb des Verantwortungsbereichs der Fluggesellschaft. Es sei daher unmöglich, sich vorab darauf einzustellen, weshalb das Risiko nicht von der Airline getragen werden muss. Weiterhin sind keinerlei Schutzmaßnahmen an Flugzeugen vorhanden, die einen Vogelschlag abwenden können. Lediglich am Boden gibt es einige Maßnahmen, welche aber nicht vollkommen schützen.
Probleme auf dem Hinbringerflug
Ereignisse, die eine Annullierung oder Verspätung nach sich ziehen, betreffen in der Regel nicht nur den Flug auf dem sie stattfinden, sondern auch nachfolgende Flüge. Kommt beispielsweise ein Flugzeug wegen eines technischen Defekts verspätet an, kann es auf den nächsten Flügen nicht mehr eingesetzt werden, obwohl es vielleicht so geplant war. Es ist somit fraglich, ob Ereignisse, die auf einen vorherigen Flug stattgefunden haben, für nachfolgende Flüge einen außergewöhnlichen Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 begründen können. Im Regelfall sollen die Risiken eines Fluges nicht auf die Passagiere der nachfolgenden Flüge übertragen werden (AG Erding, Urteil vom 23.07.2012, Az. 3 C 719/12). Nach früherer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dem auch zuzustimmen. Eine Airline müsse darauf gefasst sein, dass einzelne Flüge beeinträchtigt sein können und müsse daher ihren Flugplan entsprechend einrichten. Eine Risikoweitergabe an spätere Flüge soll eben nicht stattfinden.
Umstritten ist, ob ein medizinischer Notfall auf dem Vorflug als außergewöhnlicher Umstand für nachfolgende Flüge eingestuft werden kann. Das AG Wedding nahm hier einen außergewöhnlichen Umstand an, vgl. AG Wedding, Urteil vom 28.10.2010, Az. 2 C 115/10. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Airline einen medizinischen Notfall auf einem Flug nicht vorhersehen kann. Zudem würde die medizinische Versorgung eines Passagiers gezwungenermaßen den nächsten Einsatz des betroffenen Flugzeuges verzögern, weswegen der Airline auch keine Maßnahmen zur Verfügung stünden, um diese Verzögerung zu verhindern. Anderer Auffassung war hierbei das AG Geldern, welches einen außergewöhnlichen Umstand hier nicht annahm, vgl. AG Geldern, Urteil vom 28.11.2007, Az. 14 C 273/07. Das Gericht begründete diese Entscheidung damit, dass hier nichts anderes gelten solle als bei anderen Verspätungen auf einem Vorflug. Ein solches Ereignis kann nach Auffassung des Gerichtes erst dann einen außergewöhnlichen Umstand begründen, wenn es in engem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Flug steht, was bei einem Ereignis auf einem vorherigen Flug jedoch nicht der Fall ist. Neuerdings hat sich der BGH eher der Auffassung angeschlossen, dass Ereignisse auf Vorflügen berücksichtigt werden sollen und bejahte somit die Fortwirkung eines außergewöhnlichen Umstandes. Dahingehend beanstandete er, dass weder im Wortlaut der Fluggastrechteverordnung, noch kraft Auslegung eine Begrenzung auf den tatsächlich gebuchten Flug erfolgt ist. Zudem sei das Umlaufverfahren im Flugalltag üblich und eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung.
Führt ein auf einem außergewöhnlichen Umstand beruhender Brand dazu, dass auf dem Vorflug eine Notlandung erforderlich wird und wirkt sich das auf den Folgeflug aus, ist fraglich, ob die Folgen für den Folgeflug dann einen außergewöhnlichen Umstand darstellen. Maßgeblich ist dabei, welche Maßnahmen der Fluggesellschaft zugemutet werden können, um etwaige Verspätungen bei den Folgeflügen zu verhindern. Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass Luftfahrtunternehmen aus Gründen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht auf jede denkbare Störung derart eingestellt sein müssen, dass Annullierungen und Verspätungen stets durch die sofortige Verfügbarkeit von Ersatzmaschinen oder Personal vermieden werden können. Allerdings muss die Fluggesellschaft im konkreten Fall darlegen, im Rahmen ihrer tatsächlichen Möglichkeiten alles getan zu haben, um beispielsweise eine Ersatzmaschine zu beschaffen. Wird das dargelegt, dann war die Annullierung oder Verspätung nicht durch zumutbare Maßnahmen zu vermeiden. In einem solchen Fall beruht die Verspätung des Folgefluges auf dem außergewöhnlichen Umstand des Brandes.
Nicht beherrschbare Umstände
Fraglich ist, ob Umstände, die nicht beherrschbar sind, wie Wetterbedingungen oder Höhere Gewalt, als außergewöhnliche Umstände i.S.d. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 eingestuft werden. Grundsätzlich würde man das vielleicht bejahen. Allerdings soll darauf im Folgenden näher eingegangen werden, da man das grundsätzlich nicht pauschalisieren kann.
Wetterbedingungen
Allgemein ist anerkannt, dass Wetterverhältnisse, die einen Start, einen planmäßigen Flug oder eine Landung am Zielflughafen (Vgl.: AG Offenbach, Urt. v. 06.01.2006, 33 C 2/06) nicht zulassen, als außergewöhnlicher Umstand angesehen werden (Vgl.: AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 15.06.2011, 4 C 572/10). Allerdings muss die Fluggesellschaft alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um den Flug auch bei schlechtem Wetter durchzuführen. Zumutbar ist z.B. das Warten auf eine Besserung des Wetters oder etwa das Bedenken einer alternativen Flugroute. Kann jedoch ein Flughafen wegen schlechter Wetterbedingungen nicht angeflogen werden, so dass vorest an einem anderen Flughafen aufgetankt werden muss und hierduch eine Verspätung entsteht, liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor. Dem Piloten ist ein Abwarten bereits unabhängig von wirtschaftlichen oder umweltpolitischen Gründen nicht zuzumuten (LG Darmstadt, Urt. v. 19.08.2015, Az: 7 S 52/15). Wenn nicht mit einem baldigen Wegfall des schlechten Wetters zu rechnen ist, so liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, etwa bei mehrtägigem, hartnäckigen Nebels (BGH, Urt. v. 25.03.2010, Az.: Xa ZR 96/09). Auch Blitzschlag, Schneefall oder starker Wind werden regelmäßig als außergewöhnlicher Umstand gewertet.
Bei der Bewertung von Wetterbedingungen ist die Entscheidung des Piloten ausschlaggebend. Seine Entscheidung kann vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden (LG Kleve, Urt. v. 07.04.2011, Az.: 6 S 116/10). Wenn sich eine Fluggesellschaft auf schlechte Wetterverhältnisse beruft, so liegt die Beweislast für die ausschlaggebenden Wetterereignisse bei der Gesellschaft. Sie muss darlegen, welche konkreten Witterungsbedingungen in welchem Zeitraum wann zur Entscheidung des Piloten oder zur Streichung des ursprünglich vergebenen Starts durch die Flugsicherung geführt haben.
Werden die Gründe für einen Flugausfall pauschalisiert, genügt das nicht den Anforderungen, die die Airlines erfüllen müssen, um keinen Ausgleichsanspruch zu leisten.Die Fluggesellschaft muss konkret belegen, dass außergewöhnliche Umstände – wie etwa Anordnungen der Flugsicherung wegen des schlechten Wetters - für die Flugverspätung gesorgt hatten.
Siehe dazu ausführlich: Schlechte Wetterbedingungen.
Naturkatastrophen
Eine Naturkatastrophe kann in ihrer konkreten Ausprägung einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, wenn sie den Luftverkehr beeinträchtigen.
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Streiks
Ein Streik ist eine Arbeitskampfmaßnahme, welche zumeist eine tarifvertragliche Einigung zwischen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden und Arbeitnehmervertretern (Gewerkschaften) zum Ziel hat. Auf die arbeitsrechtlichen Belange und Besonderheiten kann hier verzichtet werden. Fraglich ist, ob ein Streik auch einen außergewöhnlichen Umstand begründen kann und eine Exkulpation möglich macht.
Gewerkschaftlich organisierter Streik
Ob ein Streik als außergewöhnlicher Umstand gelten kann und somit die Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen nach Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 entfällt, ist differenziert zu betrachten. Unterschieden werden kann in Streiks des eigenen Personals der Fluggesellschaft wie Bodenpersonal oder Bordpersonal sowie Streiks Dritter, wie Streiks des Sicherheitspersonals, oder der Flugsicherung/Fluglotsen. Generell muss detailliert dargelegt werden, dass das Luftfahrtunternehmen alle möglichen Maßnahmen zur Vermeidung der Annullierung oder Verspätung ergriffen hat (AG Geldern, Urteil vom 07.10.2016, Az. 17 C 55/16).
Außergewöhnliche Umstände liegen außerhalb des üblichen Ablaufs des Flugbetriebes und stellen sich regelmäßig als von außen kommende, den regulären Betrieb behindernde oder unmöglich machende Ereignisse dar.
Ob daher Streiks der eigenen Mitarbeiter als außergewöhnlicher Umstand zu bewerten sind, ist umstritten und hängt von den Einzelheiten des jeweiligen Sachverhaltes ab. Zumindest soll dann kein außergewöhnlicher Umstand gegeben sein, wenn die Piloten einer Airline streiken und dies für das Luftfahrtunternehmen vorhersehbar war. Eine Airline hat in solchen Fällen genügend Zeit, um externe Piloten zur Vertretung heranzuziehen. Der zusätzliche finanzielle Aufwand für die Airlines kann hierbei kein Argument dafür sein, einen außergewöhnlichen Umstand anzunehmen. Wenn es für ein Luftfahrtunternehmen hingegen nicht vorhersehbar war, dass die eigenen Piloten streiken, so ist ein außergewöhnlicher Umstand eher anzunehmen, vgl. BGH, Urteil vom 21.08.2012, Az. X ZR 146/11. Da es kurzfristig in der Regel nicht mehr möglich sein wird, die Folgen des Streiks noch abzumildern, kann eine Fluggesellschaft auch nicht mehr verhindern, dass es zu Verspätungen oder Annullierungen kommen wird. Insgesamt gilt daher, dass ein Streik der eigenen Angestellten durchaus zu einem außergewöhnlichen Umstand führen kann. Es reicht jedoch nicht aus den Streik einfach als Grund anzuführen. Vielmehr muss gleichzeitig begründet werden, dass die Airline den Streik weder vorhersehen noch rechtzeitig Maßnahmen zur Abmilderung der Streikfolgen treffen konnte. Wenn das Sicherheitspersonal eines Flughafens oder die Fluglotsen streiken, ist das ein außergewöhnlicher Umstand und der Fluggast hat in der Regel keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung (AG Rüsselsheim 3 C 305/13 (31) vom 27.11.2013). Der Begriff der außergewöhnlichen Umstände, der weder in Art. 2 noch in sonstigen Vorschriften der Verordnung (EG) 261/04 definiert ist, bedeutet nach seinem Wortlaut, dass die gegebenenfalls zu einem Wegfall der Ausgleichspflicht führenden Umstände außergewöhnlich sind, d.h. nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechen, sondern außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. ( BGH Urteil vom 2409.2013 x ZR 160/12).
Wilder Streik
Wird der Streik gewerkschaftlich organisiert und mithin angekündigt, trifft er das Unternehmen nicht unvorhergesehen. Besonders relevant wird die Frage der Vorhersehbarkeit allerdings im Rahmen der Fälle von „go sick“ oder „go slow“; sogenannten wilden Streiks. Als prominentes Beispiel ist hier der Fall TUIfly anzuführen. Im Kern dreht sich der Rechtsstreit um die Frage, ob solche wilden Streiks, bei denen sich Arbeitnehmer kollektiv krank melden, als außergewöhnlicher Umstand zu werten sind und der Pflicht des Unternehmens zur Ausgleichszahlung entgegenstehen. Eine solche streikähnliche Maßnahme ist nicht rechtmäßig. Unter anderem, da sie sofort erfolgt und nicht, wie bei gewerkschaftlich organisierten Streiks, nach einer „Friedensfrist“. Zudem ruht das Arbeitsverhältnis bei einem wilden Streik nicht wie beim rechtmäßigen Streik. Vielmehr kann darin eine Verweigerung der vertraglichen Hauptleistungspflicht gesehen werden, was eine Abmahnung oder auch anschließende Kündigung rechtfertigen könnte. Daher ist es problematisch, die Vorhersehbarkeit für den Unternehmer festzustellen. Mit Urteil vom 17.04.2018 entschied der EuGH über die Auslegung des Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 hinsichtlich der Einordnung des "wilden Streiks". Der EuGH hält TUIfly dabei für zahlungspflichtig, da er einen wilden Steik nicht als außergewöhnlichen Umstand einordnet. Er argumentiert, dass solche wilden Streiks als Kampfmaßnahme aufgenommen werden und eine soziale Folge der betriebsinternen Abläufe, wie Umstrukturierungsmaßnahmen, seien. Daraus resultiere durchaus eine gewisse Vorhersehbarkeit für das Unternehmen und mithin könne ein außergewöhnlicher Umstand nicht vorliegen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das nicht für alle wilden Streiks gilt. Denn im Einzelfall gibt es eben auch keine Umstrukturierungsmaßnahmen, die den wilden Streik provoziert haben. Es muss also festgestellt werden, dass der Streik nicht vorhersehbar war, um einen außergewöhnlichen Umstand bejahen zu können. Anders ist die Sachlage bei Streiks von Personengruppen, die nicht für die Airline arbeiten, beispielsweise bei einem Fluglotsenstreik. Streiks dieser Art betreffen häufig den gesamten Flugverkehr und können unter Umständen für einige Zeit Flüge komplett verhindern. Da bei einem Streik am Flughafen die Fluggesellschaft keinen Einfluss auf den Streik haben wird, ist dies fast immer ein außergewöhnlicher Umstand. Dies gilt auch dann, wenn nicht der ganze Flughafen dadurch betroffen ist, sondern nur die Hälfte der Flüge nicht starten kann. In solchen Fällen ist die Kapazität des Flughafens streikbedingt bereits ausgelastet, es besteht also für die verbliebenen Flugzeuge, die wegen des Streiks nicht starten, keine Möglichkeit mehr, doch noch abheben zu können. Daher kann auch die Fluggesellschaft hier keinen Einfluss auf die Verspätung oder die Annullierung nehmen und soll somit auch nicht die Verantwortung hierfür tragen. Vergleichbar wurde entschieden bei einem Streik des Sicherheitspersonals (AG Hamburg, Urteil vom 09.05.2014, Az. 36a C 462/13) und einem Streik der Vorfeldaufsicht (AG Rüsselsheim, Urteil vom 27.11.2013, Az. 3 C 305/13 (31)). Allerdings gilt auch hier, dass eine Airline nicht einfach behaupten kann, es habe ein Streik vorgelegen. Sie muss zusätzlich auch beweisen können, inwiefern dieser ihren Flug beeinträchtigt hat.
Streikankündigung
Wird ein Flug nach vorheriger Annullierung durch das Luftfahrtunternehmen wegen einer Streikankündigung reaktiviert, kann sich das Luftfahrtunternehmen bei Verspätung des Fluges nicht darauf berufen, die Verspätung sei auf die Streikankündigung und deren Folgen für den Betriebsablauf zurückzuführen. Die Ankündigung des Streiks selbst stellt zwar einen außergewöhnlichen Umstand gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 dar. Wenn sich die Fluggesellschaft jedoch dafür entschieden hat, den Flug trotz des ursprünglich vorliegenden außergewöhnlichen Umstandes wieder planmäßig durchzuführen, kann sie sich nicht mehr darauf berufen, die Ansprüche des Fluggastes seien wegen der Streikankündigung ausgeschlossen. Denn es ist allein ihrem unternehmerischen Risiko überlassen, zu prüfen, ob ein Flug (auch kurzfristig) planmäßig und ohne Verspätung durchgeführt werden kann. Das Amtsgericht Frankfurt befand in einem Urteil vom 20.06.2018, dass ein angekündigter Streik nur dann einen außergewöhnlichen Umstand darstellen kann, wenn dies kausal zur Annullierung führt. In diesem Fall konnte die beklagte Fluggesellschaft die Streikankündigung im relevanten Zeitraum nicht zweifelsfrei nachweisen, hatte den Flug aber trotzdem darauf bezugnehmend annuliert.
Entscheidungen des Luftverkehrsmanagements
Entscheidungen der Flugsicherung bei schlechten Wetterverhältnissen
Oft kommt es auch vor, dass das Flugverkehrsmanagement infolge der vorherrschenden schlechten Wetterverhältnisse die Entscheidung trifft, die Flugrate zu verringern bzw. die Annullierung mehrerer Flüge anzuordnen. Das AG Köln hat hierzu entschieden, dass in diesem Fall ebenfalls ein außergewöhnlicher Umstand anzunehmen sei, da in dem Fall nicht die Fluggesellschaft selbst, sondern die Flugsicherungsbehörde für die Annullierung verantwortlich ist und die Airline die Anordnungen dieser zu befolgen hat, vgl. AG Köln, Urt. v. 6.11.2017, 142 C 537/16. Das ausführende Luftfahrtunternehmen muss hierbei auch nur vortragen und ggf. nachweisen, dass eine auf einen anerkannten außergewöhnlichen Umstand beruhende Anordnung des Flugverkehrsmanagements vorlag. Diese Erleichterung der Beweis- und Darlegungslast kommt daher, dass der Flugsicherung oftmals ein hoheitlicher Charakter zukommt und damit auch eine hohe Beweiskraft. Diese Anordnung muss sich jedoch nicht explizit auf den im Fokus stehenden Flug beziehen. Es reicht aus, wenn sich die außergewöhnlichen Umstände, die die Anordnung der Flugsicherung nach sich zogen, auf den im Fokus stehenden Flug ausgewirkt haben. Bezieht sich die Anordnung zur Flugbeschränkung jedoch nur auf einen bestimmten Zeitraum, so kann sich das ausführende Luftfahrtunternehmen auch nur bei Flügen im entsprechenden Zeitraum auf außergewöhnliche Umstände berufen. Für geplante Flüge, die nicht in dem „gesperrten“ Zeitraum liegen, muss daher immer die Bereitschaft zur Beförderung bestehen. Insofern liegt der außergewöhnliche Umstand nur für Flüge in diesem Zeitraum, in dem der Luftraum gesperrt ist, vor.
Siehe dazu: Entscheidungen des Luftverkehrsmanagements
Allgemeines
Grundsätzlich kann auch dann ein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden, wenn eine Entscheidung des Flugverkehrsmanagements zu einem einzelnen Flugzeug vorliegt und zur Folge hat, dass es bei einem oder sogar bei mehreren Flügen zu einer großen Verspätung, einer Verspätung bis zum nächsten Tag oder sogar zu einer Annullierung kommt, obwohl das jeweilige Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, damit die Verspätung oder Annullierung verhindert werden kann. Unter dem Flugverkehrsmanagement ist die Wahrnehmung von Flugsicherungsaufgaben im Bereich des Flugverkehrsleitdienstes zu verstehen. Dazu gehören Tätigkeiten, wie die Bewegungslenkung der Luftfahrzeuge im kontrollierten Luftraum und auf den Bewegungsflächen. Weiterhin geht es um Anweisungen zur Durchführung von Warteschleifen, Startverbote und Umleitungen auf Grund von Überlastungen des Luftraums oder der Start- und Landebahnkapazitäten (BGH, Urteil vom 13.11.2013, Az. X ZR 115/12).Weiterhin können auch solche Entscheidungen des Flugverkehrsmanagements einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, welche sich auf die späteren Flüge im Rotationsplan eines Flugzeugs auswirken.
Maßnahmen zur Flugsicherung
Die Luftsicherung ist für die Verteilung von Anweisungen und Freigaben zuständig, um damit eine sichere Verkehrssteuerung zu gewährleisten. Bei Flugsicherungsproblemen kann eine Landeerlaubnis verweigert werden. Kann ein Flugzeug aufgrund eines überfüllten Luftraums nicht landen und kommt es dadurch zu einer Verspätung, so dass Folgeflüge nicht erreicht werden können, dann kann darin ein außergewöhnlicher Umstand gesehen werden (BGH, Urteil vom 13.11.2013, Az. X ZR 115/12). Auch wenn ein Start verlegt werden muss, weil eine Startbahn aufgrund eines Unfalls gesperrt war, dann kann darin ebenfalls ein außergewöhnlicher Umstand erkannt werden, wenn eine andere Startbahn nicht verfügbar war. Kommt es zu Verzögerungen durch Sicherheitskontrollen, ist dieser Umstand nicht der betrieblichen Sphäre des Luftfahrtunternehmens zuzuordnen, da dies eine Aufgabe der Bundespolizei darstellt.
Die Flugsicherung kann z.B. entscheiden, dass die Anflugrate auf Grund schwieriger Witterungsbedingungen reduziert wird. Dies hat in der Regel Verschiebungen im Flugplan zur Folge, die sich auch auf die Pünktlichkeit von Flügen auswirkt. Wird einer Fluggesellschaft wegen einer solchen Entscheidung betreffend des Zielflughafens für einen konkreten Flug ein späterer Abflugslot zugeteilt, so stellt diese Gegebenheit einen außergewöhnlichen Umstand dar. Eine hieraus resultierende Verspätung ist allerdings nur dann unvermeidbar, wenn die Fluggesellschaft darlegen kann, wie viele Abflugslots für welche Anzahl von Flügen ihr für den konkreten Zeitraum von der Flugsicherung zugeteilt worden waren und auf Grund welcher Erwägungen sie keinen der ihr zugeteilten Abflugslots dafür nutzen konnte, den Flug planmäßig durchzuführen (LG Berlin, Urteil vom 23.04.2015, Az. 57 S 18/14). Verschiebt die Flugsicherung einen bereits zugewiesenen Slot mehrfach, so dass eine Ankuft letztendlich mit einer Flughafensperrung zusammenfällt, begründet dies einen außergewöhnlichen Umstand. Eine Fluggesellschaft muss zwar ihrerseits alles tun um den zugewiesenen Flugplan einzuhalten, von außen wirkende Faktoren seien ihr hingegen nicht anzulasten (LG Köln, Urt. v. 16.05.2017, Az: 11 S 107/16).
Beschränkungen von Nachtflügen
Umstritten ist, ob sich ein Luftfahrtunternehmen auch bei einem Nachtflugverbot auf einen außergewöhnlichen Umstand gem. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 berufen kann. Des Öfteren verneint die Rechtsprechung diese Frage, da die regelmäßigen Schließzeiten von Flughäfen den Luftfahrtunternehmen in der Regel bekannt sind, vgl. AG Frankfurt, Urteil vom 02.08.2012, Az. 29 C 1297/12. Luftfahrtunternehmen haben dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht in einen solches Verbot geraten. Idealerweise geschieht dies dadurch, dass Flüge mit einem gewissen Zeitfenster eingeplant werden, um auch bei kleineren Störungen im Betriebsablauf noch vor Einsetzen eines Nachtflugverbotes landen zu können. Plant eine Airline ihren Flugplan jedoch so knapp, dass jede kleinere Verzögerung beim Start dazu führen würde, dass das Flugzeug am Ziel nicht mehr landen darf, so nimmt sie eine große Verspätung fahrlässig in Kauf und kann sich in einem solchen Fall nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen, vgl. AG Frankfurt, Urteil vom 08.02.2013, Az. 30 C 2290/12. Ein Nachtflugverbot kann allerdings dann einen außergewöhnlichen Umstand begründen, wenn die Verspätung, die den Flug in das Nachtflugverbot „hineinverlegt“ hatte, ihrerseits auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführen ist. Führt also beispielsweise ein Unwetter am Startflughafen zu einer geringen Abflugverspätung, wodurch der Flug wegen eines Nachtflugverbotes am Zielflughafen nicht mehr landen darf, so ist die Verspätung insgesamt durch einen außergewöhnlichen Umstand hervorgerufen worden, vgl. AG München, Urteil vom 10.01.2014, Az. 212 C 11471/13.
Gleiches gilt, wenn es am Flughafen zu einer unvorhersehbaren und für die Fluggesellschaft unbeeinflussbaren Verschiebung der Starterlaubnis kommt und so der Zielflughafen nicht vor Geltungszeit des Nachtflugverbotes erreicht werden kann. Dabei kann es zuvor bereits schon zu einer Verspätung aufgrund eines außergewöhnlichen Umstands gekommen sein. Bei einer solchen Verkettung verschiedener außergewöhnlicher Umstände muss im Einzelnen festgestellt werden, inwieweit die Fluggesellschaft eine Verantwortung für die Umstände trifft (AG Charlottenburg, Urteil vom 30.03.2017, Az. 205 C 85/16). Vorliegend hatte die Fluggesellschaft nach dem ersten Ereignis und der absehbaren Verspätung rechtzeitig eine Nachtlandegenehmigung für den Zielflughafen beantragt. Aufgrund der neuartigen Verzögerung beim Abflug durch die Verschiebung der Starterlaubnis erreichte die Maschine den Zielflughafen jedoch auch nicht mehr im zeitlichen Rahmen der Sondererlaubnis, so dass nur ein Ausweichen auf den nächstgelegenen Flughafen möglich war. Die Passagiere mussten schließlich mit anderen Verkehrsmitteln weiterreisen, weshalb es zu einer noch größeren Verspätung kam. Die vorliegenden Umstände waren der Beherrschbarkeit durch die Fluggesellschaft aber gleichfalls entzogen, so dass außergewöhnliche Umstände vorlagen.
Kommt es zu einer Nichterteilung einer Ausnahmestarterlaubnis aufgrund eines Nachtflugverbots, kann auch in diesem Ereignis ein außergewöhnlicher Umstand gesehen werden, wenn die Spanne zwischen der Verzögerung bei der Abfertigung des Flugzeugs und der Bitte um Starterlaubnis nur wenige Minuten beträgt. Zusätzlich muss das ausführendem Luftfahrtunternehmen für die Verzögerung bei der Abfertigung des Flugzeugs verantwortlich sein; vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 18.12.2013, Az.: 7 S 90/13.
Handlungen Dritter
Fraglich ist, inwieweit Handlungen von Dritten einen außergewöhnlichen Umstand begründen können.
Ausfall von Crewmitgliedern
Die Erkrankung oder der anderweitige plötzliche Ausfall von Crewmitgliedern kann dazu führen, dass ein Flug annulliert werden muss. In der Rechtsprechung herrscht überwiegend die Auffassung vor, dass dies nicht als außergewöhnlicher Umstand gelten soll. Genau wie eine Airline dafür Sorge zu tragen hat, dass ein Flugzeug einsatzbereit ist, muss sie auch garantieren können, dass eine entsprechende Besatzung für die Maschine zur Verfügung steht, vgl. LG Darmstadt, Urteil vom 23.05.2012, Az. 7 S 250/11. Insbesondere müssen Luftfahrtunternehmen die Möglichkeit in Betracht ziehen, eine Ersatzcrew entweder schon bereit zu halten oder eine solche kurzfristig von anderen Flughäfen kommen zu lassen. Fallen Crewmitglieder deswegen aus, weil sie ihre vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten müssen, so ist auch dies nicht als außergewöhnlichen Umstand zu werten. Es kann einer Fluggesellschaft zugemutet werden, ihre Flüge so zu planen, dass es nicht zu dieser Situation kommt. Falls aufgrund einer außerplanmäßigen Verlängerung der Flugzeit dennoch die Ruhezeiten der Piloten betroffen sind, ist das ein Risiko, welches die Airline zu tragen hat. Eine Airline muss zudem begründen können, warum es nicht möglich war, auch für solche Fälle eine Ersatzcrew bereit zu halten.
Beschädigungen beim Ablauf am Flughafen
Umstritten ist, wie Beschädigungen des Flugzeuges durch den Betrieb am Flughafen zu bewerten sind. In Betracht kommen dabei vor allem Schäden, die durch die Kollision mit dort eingesetzten Fahrzeugen entstehen. Hierbei muss auf die besonderen Umstände jedes Einzelfalls geachtet werden. Der EuGH hat dabei entschieden, dass zumindest die Kollision eines Treppenfahrzeuges mit einem Flugzeug keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt, vgl. EuGH, Urteil vom 14.11.2014, Az. C-394/14. Der EuGH begründete dies damit, dass schon der Einsatz eines Treppenfahrzeuges selbst nicht außergewöhnlich, sondern vielmehr essentieller Bestandteil bei der Ausübung des Luftverkehrs sei. Zudem liegt ein Schaden durch ein Treppenfahrzeug nicht außerhalb des Verantwortungsbereiches einer Airline vielmehr wird das Treppenfahrzeug gerade für die Airline eingesetzt. Kommt es also zu Beschädigungen bei Be- oder Entladevorgängen, so liegt dies im Risikobereich des Luftfahrtunternehmens.
Fluggäste
Handlungen
Gelegentlich kommt es vor, dass durch das unsachgemäße Verhalten einzelner Passagiere im Flugzeug ein Zwischenfall ausgelöst wird, welcher den Start verzögert. Ob sich damit ein außergewöhnlicher Umstand begründen lässt, ist ebenfalls umstritten. Sollte es vorkommen, dass sich ein Fluggast an Board aggressiv verhält und das Flugzeug daraufhin sicherheitshalber gelandet werden muss, kann von einem entlastenden außergewöhnlichen Umstand für das Luftfahrtunternehmen ausgegangen werden, AG Frankfurt, Urteil vom 08.06.2016, Az. 31 C 397/16-17. Begründet werden kann dies mit der Annahme, dass der Passagier eigenverantwortlich handelte und von der Airline völlig unabhängig war. Daher konnte sein Handeln auch nicht mit der Airline in Verbindung gebracht werden. Insofern ist der Ausschlussgrund nur dann gerechtfertigt, wenn nicht schon vor Abflug erkennbar war, dass der Passagier betrunken war oder anderweitig aggressives Verhalten gezeigt hat. An anderer Stelle wurde dagegen entschieden, dass das unerwartete Auslösen der Notrutsche kein außergewöhnlicher Umstand sein soll. Zur Begründung wurde angeführt, dass ein solcher Fall zwar nicht alltäglich ist, aber er dennoch gelegentlich vorkommt. Folglich müsse eine Airline zumindest damit rechnen, dass die Notrutsche unerwartet (durch Passagiere) ausgelöst wird. Damit ist ein solcher Umstand nicht mehr außergewöhnlich. Bei einem medizinischen Notfall ist in der Regel von einem außergewöhnlichen Umstand auszugehen.
Gegenstände
Auch durch von Passagieren mitgeführte Gegenstände können Gefahren für den Betriebsablauf entstehen, die durch die Fluggesellschaft nicht beherrschbar sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Powerbank (mobiler Ersatz-Akku für Smartphones) eines Passagiers plötzlich in Brand gerät. Kommt es zu einem solchen Brand, der zu einer starken Rauch- und Geruchsentwicklung in der Kabine führt, ist fraglich, wie die Verantwortlichkeit für die Verursachung einzuordnen ist. Der Schwelbrand einer Powerbank ist ein Ereignis, das nicht der gewöhnlichen Tätigkeit der Fluggesellschaft zuzuordnen ist und aufgrund seiner Natur oder Ursache von diesem nicht beherrscht werden kann. Auch der Brand eines Handyakkus während des Fluges kann nicht der Betriebsgefahr des Flugzeugs, die in den Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft fällt, zugerechnet werden. Ein Verbot für die Passagiere, solche Ersatz-Akkus mit an Bord zu nehmen, wäre wegen der inzwischen allgemeinen Üblichkeit der ständigen Verfügbarkeit von Mobiltelefonen unzumutbar. Daher stellt der Brand der Powerbank einen außergewöhnlichen Umstand dar, der sich auch dann nicht hätte vermeiden lassen können, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Kollision eines Gepäckwagens mit einem sich in Parkposition befindenden Flugzeugs
Mit seinem Urteil vom 20.12.2016 (Az.:X ZR 77/15) grenzte der BGH die Zahl anerkannter außergewöhnlicher Umstände weiter ein. Laut diesem Urteil soll auch dann kein außergewöhnlicher Umstand vorliegen, wenn ein Gepäckwagen mit einem Flugzeug kollidiert und daraus eine Annullierung/Verspätung entsteht. Nach der Meinung des BGH liegt so ein Vorfall nämlich nicht außerhalb dessen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden sein, da auch der ruhende Verkehr von Flugzeugen und Fahrzeugen einen Teil des Betriebs darstelle.
Verpassen des Anschlussfluges
Kommt es zu einer Verspätung am Endziel einer aus Zubringer- und Anschlussflug zusammengesetzten Flugreise, weil der Fluggast trotz ausreichender Umstiegszeit den Anschlussflug nicht erreicht (z.B. weil er trödelt, sich trotz ausreichender Information verläuft oder trotz ausreichender Hinweise die Boardingzeiten nicht einhält), liegt ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 VO vor; AG Hannover, Urteil vom 14.3.2017, Az.: 523 C 12833/16.
Ein Eigenverschulden des Fluggastes ist dann anzunehmen, wenn die Fluggesellschaft darlegen und beweisen kann, dass der Zubringerflug planmäßig landete und die vorgesehene Umstiegszeit dem Fluggast auch zur Verfügung stand. Diese Umstiegszeit muss allerdings gleich oder über der Minimum Connecting Time (kurz: MCT) des jeweiligen Flughafen liegen. Die MCT beschreibt die die Mindestzeit, die für ein Umsteigen nötig ist, damit der Fluggast überhaupt in der Lage ist, seinen Anschlussflug zu erreichen. (Quelle: Wikipedia).
Kann das ausführende Luftfahrtunternehmen all diese Nachweise erbringen, so muss es dem Fluggast keinen Ausgleich zahlen. Liegt nun jedoch die tatsächlich verbliebene Umstiegszeit unter der MCT des Flughafens oder verspätet sich der Zubringerflug so, dass für den Umstieg weniger Zeit als die MCT übrig geblieben ist, muss das ausführende Luftfahrtunternehmen dem Fluggast eine Ausgleichszahlung zahlen; siehe AG Hannover, Urteil vom 14.3.2017, Az.: 523 C 12833/16.
Pushback-Fahrzeug ist nicht rechtzeitig da - keine rechtzeitige Starterlaubnis
Einer außergewöhnlicher Umstand liegt auch dann vor, wenn am Startflughafen das Pushback-Fahrzeug nicht rechtzeitig bereitsteht (ein Pushback- Fahrzeug ist ein Fahrzeug, das Flugzeuge auf dem Rollfeld in die richtige Position bringen kann), woraufhin die Starterlaubnis nicht rechtzeitig erteilt werden kann. Laut dem Gericht liegt es nämlich nicht im Einflussbereich der Fluggesellschaft, ob ihr, trotz das sie alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hat, tatsächlich der Abflug zur vorgesehenen Zeit gestattet wird, AG Erding, Urteil vom 15.4.2016, Az.: 7 C 1934/15.
Übersicht
Die folgende tabellarische Übersicht soll darstellen, welche Ereignisse als außergewöhnliche Umstände eingestuft werden können und welche nicht. Bei manchen Ereignissen ist die Zuordnung nicht eindeutig, weshalb eine Einzelfallbetrachtung notwendig ist.
Ereignis | Außergewöhnlicher Umstand? |
---|---|
Technischer Defekt | Grundsätzlich nicht, aber im Einzelfall möglich. |
Technischer Defekt wegen Vogelschlag | Nach neuerer Rechtsprechung des BGH: Ja! |
Außergewöhnlicher Umstand auf Hinbringerflug | Laut neuerer Rechtsprechung des BGH: Ja! |
Streik |
|
Wetterbedingungen |
|
Entscheidungen des Luftverkehrsmanagements | Einzelfallbeurteilung notwendig! |
Handlungen Dritter | Einzelfallbeurteilung notwendig! |
Siehe auch
Rechtsprechung
Urteile
Urteile, Datum | Aktenzeichen | Zusammenfassung (reise-recht-wiki) |
---|---|---|
LG Darmstadt, Urteil vom 1.8.2007 | 21 S 263/06 | Technische Defekte des Fluggeräts, die Flugsicherheitsmängel verursachen, fallen nur dann in den Anwendungsbereich des Artikel 5 III der EU-Fluggastrechteverordnung, wenn sie auf äußere Einflüsse zurückzuführen sind, z.B. witterungsbedingte Defekte (Blitzschlag). |
AG Hannover, Urt. v. 07.03.12 | 436 C 11054/11 | Ist ein durch Vogelschlag verursachter Turbinenschaden die Ursache für eine erhebliche Verspätung/Annullierung eines Fluges, so liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor. |
AG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.08.14 | 322 C 1652/14 (84) | |
AG Frankfurt a.M., Urt. v. 04.03.15 | 29 C 3128/14 (21) | Schlägt in ein anderes Flugzeug ein und kommt es durch eine betriebswirtschaftliche Entscheidung der Airline zur Annullierung eines anderen Fluges, so liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor. |
AG Köln, Urt. v. 07.12.15 | 142 C 119/15 | Die Notwendigkeit aus Sicherheitserwägungen heraus eine Überprüfung der im Anflugsektor gefundenen Metallstange durchzuführen, stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar. |
AG Rüsselheim, Urt. v. 18.01.17 | 3 C 751/16 | Hat in das Flugzeug des unmittelbaren Vorflugs ein Blitz eingeschlagen und sind daraufhin umfangreiche Reparaturen notwendig, so kann der Fluggast gegen das Luftfahrtunternehmen keinen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung geltend machen. |
BGH, Urteil vom 21.8.2012 | X ZR 146/11 | Ein Streik des eigenen Personals stellt einen haftungsbefreienden außergewöhnlichen Umstand dar. |
AG Hamburg, Urt. v. 8.1.2015 | 20a C 219/14 | Trifft der Blitz nicht den unmittelbaren Vorflug, sondern irgendeinen vorhergehenden Flug, so liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor, da es eine organisatorische Entscheidung der Airline ist, ein und dasselbe Flugzeug für mehrere kurzzeitig aufeinanderfolgende Strecken einzusetzen. |
AG Erding, Urteil vom 15.4.2016 | 7 C 1934/15 | Ist das Pushback-Fahrzeug nicht rechtzeitig da und kann daher die Starterlaubnis nicht rechtzeitig erteilt werden, wodurch es zu einer Verspätung kommt, liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor. |
Gericht, Datum | Aktenzeichen | Zusammenfassung/Kernaussagen (siehe Reiserecht-Wiki) |
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EuGH, Urteil vom 17.09.2015 | C-257/14 |
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EuGH, Urteil vom 14.11.2014 | C-394/14 |
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EuGH, Urteil vom 31.01.2013 | C-12/11 |
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EuGH, Urteil vom 23.10.2012 | C-581/10 und C-629/10 |
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EuGH, Urteil vom 12.05.2011 | C-294/10 |
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EuGH, Urteil vom 22.12.2008 | C-549/07 |
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BGH, Urteil vom 13.11.2013 | X ZR 115/12 |
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BGH, Urteil vom 25.09.2013 | X ZR 129/12 |
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BGH, Urteil vom 24.09.2013 | X ZR 160/12 |
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BGH, Urteil vom 21.08.2012 | X ZR 146/11 |
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BGH, Urteil vom 14.10.2010 | Xa ZR 15/10 |
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BGH, Urteil vom 12.11.2009 | Xa ZR 76/07 |
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LG Berlin, Urteil vom 23.04.2015 | 57 S 18/14 |
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LG Darmstadt, Urteil vom 01.12.2012 | 7 S 66/10 |
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LG Darmstadt, Urteil vom 23.05.2012 | 7 S 250/11 |
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LG Stuttgart, Urteil vom 20.04.2011 | 13 S 227/10 |
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LG Darmstadt, Urteil vom 16.06.2010 | 7 S 200/08 |
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LG Düsseldorf, Urteil vom 07.05.2009 | 22 S 215/08 |
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LG Berlin, Urteil vom 07.02.2008 | 57 S 26/07 |
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LG Berlin, Urteil vom 13.12.2007 | 57 S 44/07 |
|
LG Darmstadt, Urteil vom 01.08.2007 | 21 S 263/06 |
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AG Charlottenburg, Urteil vom 30.03.2017 | 205 C 85/16 |
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AG Geldern, Urteil vom 07.10.2016 | 17 C 55/16 |
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AG Frankfurt, Urteil vom 08.06.2016 | 31 C 397/16 |
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AG Frankfurt, Urteil vom 04.03.2015 | 29 C 3128/14 (21) |
|
AG Hamburg, Urteil vom 09.05.2014 | 36a 462/13 |
|
AG München, Urteil vom 10.01.2014 | 212 C 11471/13 |
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AG Rüsselsheim, Urteil vom 27.11.2013 | 3 C 305/13 |
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AG Rüsselsheim, Urteil vom 24.07.2013 | 3 C 2159/12 (36) |
|
AG Baden-Baden, Urteil vom 28.06.2013 | 1 S 47/12 |
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AG Frankfurt, Urteil vom 13.03.2013 | 29 C 811/11 (21) |
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AG Frankfurt, Urteil vom 08.02.2013 | 30 C 2290/12 |
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AG Frankfurt, Urteil vom 02.08.2012 | 29 C 1297/12 |
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AG Erding, Urteil vom 23.07.2012 | 3 C 719/12 |
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AG Rüsselsheim, Urteil vom 11.01.2011 | 3 C 1698/10 |
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AG Wedding, Urteil vom 28.10.2010 | 2 C 115/10 |
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AG Frankfurt, Urteil vom 28.09.2010 | 30 C 1048/10 |
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AG Rüsselsheim, Urteil vom 19.07.2010 | 3 C 257/10 |
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AG Rüsselsheim, Urteil vom 11.06.2010 | 3 C 387/10 (35) |
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AG Köln, Urteil vom 09.04.2010 | 124 C 407/09 |
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AG Geldern, Urteil vom 28.11.2007 | 14 C 273/07 |
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AG Bremen, Urteil vom 03.07.2007 | 4 C 393/06 |
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AG Frankfurt, Urteil vom 16.02.2007 | 30 C 1701/06 |
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AG Hamburg, Urteil vom 10.01.2006 | 18B C 329/05 |
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Urteil vom 28.09.2010 | 30 C 1048/10 (32) |
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AG Frankfurt, Urteil vom 16.02.2007 | 30 C 1701/06 |
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LG Darmstadt, Urteil vom 18.12.2013 | 7 S 90/13 | Im Rahmen eines Nachtflugverbots kann auch dann ein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden, wenn die Spanne zwischen der Verzögerung bei der Abfertigung eines Flugzeugs und der Bitte um Starterlaubnis nur wenige Minuten beträgt. Die Verzögerung bei der Abfertigung des Flugzeugs muss die Fluggesellschaft zu vertreten haben. |
AG Frankfurt, Urteil vom 6.2.2017 | 31 C 3832/15 (83) | Begründet eine Fluggesellschaft eine ihrer Entscheidungen, die zu einer Verspätung oder Annullierung geführt hat, mit einem außergewöhnlichen Umstand, so trägt sie die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Vorliegens des außergewöhnlichen Umstands. |
BGH, Urteil vom 20.12.2016 | X ZR 77/15 | Kollidiert ein Gepäckwagen mit einem in Parkposition stehenden Flugzeug und entsteht dadurch eine Annullierung oder Verspätung, liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor. |
AG Hannover, Urteil vom 14.3.2017 | 523 C 12833/16 | Verpasst ein Fluggast wegen eigenem Verschulden und trotz planmäßiger Landung des Zubringerfluges seinen Anschlussflug, so liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor. |
AG Frankfurt, Urteil vom 20.06.2018 | 31 C 269/18 (17) | Ein angekündigter Streik ist nur dann ein außergewöhnlicher Umstand, wenn dieser kausal für das schädigende Ereignis ist. |
LG Köln, Urteil vom 16.05.2017 | 11 S 107/16 | Maßnahmen der Flugsicherung können einen außergewöhnlichen Umstand begründen (konkret: Mehrfache Verschiebung des zugewiesenen Slots, Zusammenfall des Slots mit Flughafensperrung) |
LG Stuttgart, Urteil vom 7.12.2017 | 5 S 103/17 | Die Beschädigung eines Flugzeugreifens durch einen Fremdkörper auf der Start- und Landebahn stellt kein Vorkommnis dar, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sei. Ein außergewöhnlicher Umstand liegt somit nicht vor. |