Ausführendes Luftfahrtunternehmen – richtiger Anspruchsgegner

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Aus der europäischen Fluggastrechteverordnung VO (EG) Nr. 261/2004 erwachsen einem Flugreisenden Ansprüche, wenn eine Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung vorliegt. Damit diese Ansprüche erfolgreich durchgesetzt werden können, müssen diese geltend gemacht werden. Dazu bedarf es einem richtigen Anspruchsgegner gegenüber welchem die Ansprüche durchgesetzt werden. Grundsätzlich wird in der Verordnung zwischen drei Luftfahrtunternehmen unterschieden. Dem Luftfahrtunternehmen, welches in Verordnung als ein Lufttransportunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung legaldefiniert wird. Außerdem erwähnt die Verordnung das Luftfahrtunternhemen der Gemeinschaft, bei welchem es sich um ein Luftfahrtunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung handelt, die von einem Mitgliedstaat gemäß der VO 2407/92/EWG erteilt wird. Es ist wichtig dabei von Luftfahrtunternehmen aus Drittstaaten abzugrenzen, da die Unternehmen des Binnenmarktes durch die Verordnung weitreichende Pflichten treffen. Schließlich ist das ausführende Luftfahrtunternehjen Teil der Verordnung.


Rechtsgrundlage und Definitionen

Die rechtliche Grundlage für Ausgleichsansprüche bei Flugreisen findet sich in der europäischen Fluggastrechteverordnung VO (EG) Nr. 261/2004. Damit die entstandenen Ansprüche durchgesetzt werden können, ist der Anspruchsgegner benannt, und zwar das sog. ausführende Luftfahrtunternehmen. Das ausführende Luftfahrtunternehmen ist in der Verordnung definiert und mehrfach genannt.

Europäische Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004

Legaldefinition

In Art. 2 lit. b VO (EG) Nr. 261/2004 findet sich eine Legaldefinition zu dem Begriff des „ausführenden Luftfahrtunternehmens“: Danach ist das „ausführende Luftfahrtunternehmen“, „ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrages mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt“.

Erwägungsgründe

Auch schon in den Erwägungsgründen zu der Verordnung wird auf den Begriff des „ausführenden Luftfahrtunternehmens“ Bezug genommen. So heißt es in Erwägungsgrund 7: „Damit diese Verordnung wirksam angewandt wird, sollten die durch sie geschaffenen Verpflichtungen dem ausführenden Luftfahrtunternehmen obliegen, das einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem mit oder ohne Besatzung gemieteten Luftfahrzeug oder in sonstiger Form durchgeführt wird.“

Danach wird zwischen dem Vertragspartner des Fluggastes und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen unterschieden. Es ist demnach nicht auf die vertragliche Beziehung abzustellen sondern auf die tatsächliche oder geplante Durchführung des Fluges. Damit kann nur das Luftfahrtunternehmen als ausführendes bezeichnet werden welches den die Beförderungsleistung dann auch tatsächlich erbringt (Urteil des BGH, Az.: Xa ZR 113/08, Urteil vom 28.05.09; BGH, Az.: Xa ZR 132/08, Urteil vom 26.11.09).


Im Vergleich: Montrealer Abkommen

Eine Differenzierung zwischen dem Vertragspartner und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen ist bereits aus dem Montrealer Übereinkommen (Übereinkommen vom 28. Mai 1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr) bekannt, das in seinem Art. 39 den vertraglichen und den ausführenden Luftfrachtführer voneinander abgrenzt. Da dem EG-Verordnungsgeber kaum unterstellt werden kann, er habe die im Montrealer Übereinkommen verwendeten Begrifflichkeiten nicht gekannt, ist davon auszugehen, dass er bewusst dem ausführenden und nicht (auch) dem vertraglichen Luftfrachtführer bzw. Luftfahrtunternehmen die verschiedenen in der Verordnung geregelten Verpflichtungen auferlegt hat. Der Wortlaut der Verordnung ist als klar und eindeutig anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 26.11.2009, Xa ZR 132/08; AG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.06.2007, 31 C 739/07-23).

Ausführendes Luftfahrtunternehmen

Trotz der Legaldefinition des Begriffs in der Verordnung und der Beschreibung des „ausführenden Luftfahrtunternehmens“ in den Erwägungsgründen, gibt es einen Klärungsbedarf, wann eine Fluggesellschaft als „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ betrachtet wird und gegen sie Ansprüche geltend gemacht werden können. Hierzu haben bereits diverse Gerichte in Deutschland geurteilt und damit konkretisiert, wann es sich um ein ausführendes Luftfahrtunternehmen handelt.

Für die Einordnung eines Luftfahrtunternehmens als „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ kommt im Sinne der europäischen Luftfahrtverordnung maßgeblich auf den Auftritt vor Ort an. Damit ist insbesondere das Auftreten nach außen gegenüber dem Kunden gemeint (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 30.07.2014, 3 C 5696/13 (33)). Die Richter führen ihre Begründung auf die Legaldefinition aus Art. 2 lit. b VO (EG) Nr. 261/2004 und auf den Erwägungsgrund 7 der VO zurück.

Zur Bestimmung der ausführenden Fluggesellschaften können aber auch Kriterien herangezogen werden wie, wer tatsächlich die Flugplanung und -durchführung übernommen hat, wer die Slotzeiten beantragt hat, den Flug bei öffentlichen Stellen angemeldet und den Passagieren gegenüber die Verantwortung für den Flug übernommen hat und wer die Crew zur Verfügung stellt

Von entscheidender Bedeutung ist auch, ob das Luftfahrtunternehmen tatsächlich die Möglichkeit hat, die von der VO (EG) Nr. 261/2004 vorgesehenen Betreuungs- und Unterstützungsleistungen zu erbringen und auch Einfluss auf die organisatorischen Abläufe nehmen kann, um Stornierungen oder Verspätungen abzuwenden. Daran fehlt es beispielsweise im Falle eines Flugvermittlungsvertrages, in dem der Vertragspartner eine Flugleistung entgeltlich vermittelt, den Flug jedoch selbst nicht durchführt und sich eines Dritten bedient, auf den er weder tatsächlich noch rechtlich diese Einflussmöglichkeiten hat. Allerdings hat eine Muttergesellschaft einen Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft z.B. im Bereich des Personals oder bei der technischen Wartung, so dass auch hier das Merkmal des „ausführenden Luftfahrtunternehmens“ anzunehmen ist (vgl. AG Bremen, Urt. v. 18.01.2013, 4 C 0516/11).

Im Erwägungsgrund 7 wird ausdrücklich der Unterschied zwischen der Durchführung des Fluges nach außen gegenüber dem Kunden und die Durchführungsabwicklung nach innen dargestellt. Es ist maßgeblich, wie die Airline gegenüber dem Kunden auftritt und was der Kunde erkennen kann. Durch diese Regelung wird der Verbraucherschutz der Verordnung deutlich und dem Kunden ist es möglich, sich an die ihm gegenüber auftretende Fluggesellschaft wenden (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 30.07.2014, 3 C 5696/13 (33)).

Flugnummer

Die Flugnummer gibt Aufschluss über das Luftfahrtunternehmen. Wird der Fluggast beim Check-in darauf hingewiesen, dass die Durchführung des Fluges durch ein anderes Unternehmen übernommen wird, so genügt diese Information für eine Airline nicht, um nicht als „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ zu gelten (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 30.07.2014, 3 C 5696/13 (33)).

Reiseunterlagen

Bereits in den Reiseunterlagen befinden sich Angaben zu dem Luftfahrtunternehmen, welches den Flug durchführen wird. Eine Flugnummer ist benannt. Nach Art. 11 VO (EG) Nr. 2111/2005 muss eine Unterrichtung des Kunden über das Luftfahrtunternehmen bei der Buchung erfolgen. Damit soll dem Kunden die Durchsetzung der Ansprüche gegenüber dem Luftfahrtunternehmen ermöglicht werden (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 30.07.2014, 3 C 5696/13 (33)).

Bestehen Zweifel über das „ausführende Luftfahrtunternehmen“, so ist das Luftfahrtunternehmen das Ausführende, welches in den Buchungsunterlagen angegeben ist (vgl. BGHS Wien, Urt. v. 23.04.2014, 11 C 413/13k).

Bei Annullierung des Fluges

Startet ein Flugzeug nicht, so stellt sich trotzdem die Frage nach dem richtigen Anspruchsgegner und damit die Frage nach dem „ausführenden Luftfahrtunternehmen“. Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist ein Luftfahrtunternehmen, dass im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen juristischen oder natürlichen Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. Damit kommt es bei einer Annullierung darauf an, welches Luftfahrtunternehmen den betreffenden Flug durchführen wollte (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 29.03.2012, 31 C 2809/12 (78)). Das Luftfahrtunternehmen muss ursprünglich geplant haben, den Flug durchzuführen (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 20.12.2013, 3 C 3247/13 (37)). Schließlich hat sich das Luftfahrtunternehmen vertraglich dazu verpflichtet, den Flug durchzuführen. Ihre Durchführungsabsicht zu bestreiten, entbindet ein Luftfahrtunternehmen nicht von seiner Haftung (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 14.02.2007, 16 U 216/06).

Teilstrecken und Subcharter

Wenn sich ein Luftfahrtunternehmen auf Teilstrecken eines anderen Unternehmens bedient, so bleibt es dennoch das „ausführende Luftfahrtunternehmen“ für den Kunden. Ein Unternehmen muss sich die Ausführung eines anderen Unternehmens zurechnen lassen, da die Intention der Regelung, das ausführende Luftfahrtunternehmen haftbar zu machen, gewesen ist, vor Ort ein hohes Schutzniveau der Fluggäste sicherzustellen. Dies wäre nicht gewährleistet, wenn durch undurchsichtige oder unvollständige Angaben auf den Buchungsunterlagen dem Reisenden der Anspruchsgegner vor Ort verborgen bliebe (vgl. AG Düsseldorf, Urt. v. 12.10.2006, 30 C 1726/06-75).

Für die Frage, welches Luftfahrtunternehmen als „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ anzusehen ist, kommt es nicht darauf an, ob ein Luftfahrtunternehmen im Rahmen des Subcharters Flugzeuge und Personal einer anderen Fluggesellschaft nutzt. Auch die Eigentumsverhältnisse am Fluggerät spielen keine Rolle. Bei einem Subcharter handelt es sich um für den Kunden nicht erkennbare Durchführungsabwicklungen, sodass dasjenige Luftfahrtunternehmen das Ausführende ist, welches den Flug auch tatsächlich durchführt (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 19.04.2013, 32 C 1916/12 (18)).

Andere Erkennungszeichen

Wer der Betreiber des eingesetzten Flugzeuges ist, ist für die Frage, wer den Flug als ausführendes Luftfahrtunternehmen durchführt, nicht erheblich. Dieses ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Flugnummer von einem anderen Unternehmen stammt, als das Flugzeug. Entscheidend ist, wer sich für die tatsächliche Durchführung des Fluges verantwortlich zeigt und im Ergebnis das operationelle Risiko trägt. Maßgeblicher Anhaltspunkt hierfür ist, unter wessen Flugnummer das Flugzeug fliegt. Dieses gilt auch, wenn außer der Maschine auch das Cockpit- und Kabinenpersonal angemietet wurden. Risiko trägt weiterhin anmietendes Flugunternehmen und ist somit das „ausführende Luftfahrtunternehmen“ (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 29.03.2012, 31 C 2809/12 (78)).

Die Erkennbarkeit des „ausführenden Luftfahrtunternehmens“ wird nach dem Durchschnittsverbraucher gemessen. Dazu zählen z.B. auch die Farbe, in der das Unternehmen auftritt, die Aufschrift am Flugzeug oder das Design des Flugzeuges (vgl. BGHS Wien, Urt. v. 23.04.2014, 11 C 413/13k).

Code-Sharing

Die Frage nach dem ausführenden Luftfahrtunternehmen stellt sich insbesondere auch beim sog. Code-Sharing. Das Code-Sharing bezeichnet eine bestimmte Form der Kooperation zwischen zwei Luftfahrtunternehmen. Dabei benutzt ein Unternehmen den Flugdienst des anderen mit, indem es Fluggäste oder Fracht unter seiner eigenen Flugnummer auf dem Flugdienst des anderen Unternehmens einbucht, welches die alleinige Verantwortung für die Durchführung des Fluges behält. Beim Code-Sharing teilen sich die an der Vereinbarung beteiligten Fluggesellschaften die Kapazitäten des betreffenden jeweils unter eigener Flugnummer geführten Linienfluges in der Weise, dass neben den Fluggästen des den Flug ausführenden Unternehmens, das die alleinige Verantwortung für die Durchführung des Fluges mit dem von ihm eingesetzten Flugzeug behält, auch Fluggäste des Code-Sharing-Vertriebspartners eingebucht und befördert werden (vgl. BGH, Urt. v. 26.11.2009, Xa ZR 132/08).

Bei einem Code-Sharing-Flug ist es für die Passivlegitimation hinsichtlich der Ausgleichszahlung nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 nicht entscheidend, welches Luftfahrtunternehmen den Luftbeförderungsvertrag mit dem Fluggast geschlossen hat, sondern welches Luftfahrtunternehmen den Flug durchgeführt hat oder hätte durchführen sollen. Auch beim Code sharing kann es nur ein ausführendes Luftfahrtunternehmen geben, da auch hier für jeden einzelnen Flug nur ein Flugzeug zur Verfügung steht (BGH, Urteil vom 26.11.09, Az.: Xa ZR 132/08). Auch beim Code sharing ist das ausführende Unternehmen das welches den Flug tatsächlich ausführt. Aus diesem Grund muss in den Buchungsunterlagen stets angegeben werden wer bei einem code sharing Flug den betreffenden Streckenabschnitt tatsächlich ausführt.


Für die Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunternehmens ist es ausschlaggebend, was der Fluggast erkennen konnte und wer ihm gegenüber als ausführendes Unternehmen aufgetreten ist. Die Möglichkeit, dass im Rahmen eines Code-Sharings ein anderes Luftfahrtunternehmen als der Vertragspartner des Fluggastes den Flug ausführt und deshalb ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Verordnung ist, war dem Verordnungsgeber offensichtlich auch bewusst, wie sich aus Art. 3 Abs. 5 der VO ergibt: „Erfüllt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung, so wird davon ausgegangen, dass es im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht“ (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.06.2007, 31 C 739/07-23).

Wird ein Flug nicht unter einer Doppelflugnummer, sondern ausschließlich unter einer Flugnummer geführt, so spricht das nicht dafür, dass jemand anderes als die angegebene Fluggesellschaft die Verantwortung für die Durchführung des Fluges i.S.d. Code-Sharings (vgl. AG Bremen, Urt. v. 18.01.2013, 4 C 0516/11).

Dem Fluggast muss bei der Buchung des Fluges klar sein, dass es sich um einen Code-Sharing-Flug handelt, wenn eine Strecke von einem Partnerunternehmen übernommen werden soll. Ansonsten weiß der Fluggast nicht, an wen er sich im Falle einer Annullierung oder Verspätung wenden kann (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 14.02.2007, 16 U 216/06).

Ausführendes Luftfahrtunternehmen im Rahmen einer Pauschalreise

Bucht ein Reisender eine Pauschalreise, so bucht er eine Bündelung von Reiseleistungen. Dabei bietet ein Reiseveranstalter meist ein Paket mit Flug und Unterkunft an. Gegenüber dem Reisenden tritt in erster Linie der Reiseveranstalter auf, der aber jedoch seine Verpflichtungen durch vertragliche Verpflichtungen mit Luftfahrtunternehmen bedient. So stellt sich im Rahmen einer Pauschalreise, wer das ausführende Luftfahrtunternehmen ist und gegen wen die Ausgleichsansprüche aus der europäischen Fluggastrechteverordnung geltend gemacht werden können. Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gewährt Ansprüche ausschließlich gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen. Der Reiseveranstalter ist kein ausführendes Luftfahrtunternehmen und infolgedessen für Ansprüche aus der Verordnung nicht passivlegitimiert. Flugunternehmen i. S. d. Art. 2 lit. b VO (EG) Nr. 261/2004; unmittelbare Ansprüche gegen Reiseunternehmen sieht die Verordnung nicht vor.

Dass nur das ausführende Luftfahrtunternehmen zur Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 VO verpflichtet ist, ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der Verordnung. Art. 4 Abs. 3 und Art. 5 Abs.1 lit. c VO bestimmen ausdrücklich, dass im Fall der Nichtbeförderung oder Annullierung eines Flugs das ausführende Luftfahrtunternehmen geben Unterstützungsleistungen auch Ausgleichsleistungen gemäß Art. 7 VO zu erbringen hat. Reiseunternehmen nennt die Verordnung in diesem Zusammenhang nicht. Nach der Legaldefinition des Art. 2 lit. b VO ist ausführendes Luftfahrtunternehmen ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrages mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen juristischen oder natürlichen Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. Demgegenüber bezeichnet die Verordnung gemäß Art. 2 lit. d mit Reiseunternehmen einen Veranstalter i.S.v. Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 90/314 /EWG des Rates vom 13.6.1990 über Pauschalreisen mit Ausnahme von Luftfahrtunternehmen. Nach der Legaldefinition der Verordnung sind mithin Pauschalreiseveranstalter gerade keine ausführenden Luftfahrtunternehmen; vielmehr unterscheidet die Verordnung in Art. 2 ausdrücklich zwischen ausführenden Luftfahrtunternehmen und Reiseunternehmen und legt im Folgenden nur den ausführenden Luftfahrtunternehmen die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen auf.

Außerdem ergibt sich aus dem Schutzzweck der Verordnung, dass nur das ausführende Luftfahrtunternehmen der Anspruchsgegner für den Reisenden in Betracht kommt. Der Kreis der möglichen Anspruchsgegner soll durch die Verordnung gerade nicht erweitert werden um ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicher zu stellen und den Erfordernissen des Verbraucherschutzes in vollem Umfang Rechnung getragen werden kann (vgl. BGH, Beschluss v. 11.03.2008, X ZR 49/07). Der Schutzzweck der Verordnung zeichnet sich auch dadurch aus, dass dem Fluggast bei einer Pauschalreise neben der ohnehin nach nationalem Recht schon bestehenden vertraglichen Haftung des Reiseunternehmens einen gesetzlichen Haftungstatbestand gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen als weiterem Schuldner gewährt. Diese Ansprüche bestehen nebeneinander und der Fluggast ist eben nicht auf seinen Vertragspartner beschränkt (vgl. AG Oberhausen, Urt. v. 11.12.2006, 35 C 2313/06).

Bei der Bestimmung des ausführenden Luftfahrtunternehmens im Rahmen einer Pauschalreise ist auch wieder die Legaldefinition aus der europäischen Fluggastrechteverordnung von entscheidender Bedeutung. Danach können bei einem Flug im Rahmen einer Pauschalreise die Ausgleichsansprüche aus der VO (EG) Nr. 261/2004 ausschließlich gegen das ausführenden Luftfahrtunternehmen geltend gemacht werden und nicht gegenüber dem Reiseveranstalter. Ein Luftfahrtunternehmen kann allerdings den Reiseveranstalter in Regress nehmen,

vgl. Art. 13 VO (EG) Nr. 261/2004 (vgl. LG Innsbruck, Urt. v. 06.12.2011, 1 R 158/11h).

Mutter-Tochter Gesellschaften

Dieselbe Fallkonstellation liegt bei Mutter Tochter Gesellschaften vor. Auch hier könnte man darauf abstellen, dass die Muttergesellschaft stets Anspruchsgegner ist, da diese faktisch einen ausreichenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausüben kann (AG Bremen, Urteil vom 10.11.11, Az.: 16 C 89/11). Diese Verbundenheit von Mutter und Tochterkonzern würde somit bezwecken , dass Vorfälle dem Mutterkonzern und damit als dem ausführenden Luftfahrtunternehmen zugerechnet werden würden (AG Erding, Urteil vom 19.12.12, Az.: 3 C 893/12). Diese Ansicht verdient jedoch nicht den Vorzug, da es wieder darauf ankommt wer aufgrund seiner Präsenz am Flughafen seine gegenüber den Passagieren bestehenden Verpflichtungen am besten erfüllen kann (AG Nürtingen, Urteil vom 25.01..13, Az.: 46 C 1399/12). Dies wäre das tatsächlich ausführende Luftfahrtunternehmen. Damit kommt auch die rechtliche Selbstständigkeit des Tochterunternehmens zum Vorschein (AG Nürtingen, Urteil vom 25.01.13, Az. 46 C 1399/12).