Beförderung über mehrere Teilstrecken

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Problematisch kann ein Rücktritt oder die Geltendmachung von Schadensersatz werden, wenn es sich um eine Beförderung über mehrere Teilstrecken handelt. Dahingehend ist zu differenzieren zwischen einer Beförderung im Rahmen unterschiedlicher Beförderungsverträge und einer Beförderung im Rahmen eines Beförderungsvertrages.

Beförderung über mehrere Teilstrecken im Rahmen des Rücktritts

Fraglich ist, wie mit einer Beförderung über mehrere Teilstrecken bei der Ausübung des Rücktrittsrecht umgegangen wird.

Beförderung im Rahmen unterschiedlicher Beförderungsverträge

Wenn die Beförderung im Rahmen unterschiedlicher Luftbeförderungsverträge erfolgt, dann ist jeder Vertrag für sich zu begutachten. Ein Rücktritt wäre dann nur bezüglich des Vertrages möglich, welcher eine Leistungsstörung aufweist. Entstehen dem Fluggast etwaige Schäden, so sind seine Schadensersatzansprüche gegen denjenigen Luftfrachtführer zu richten, welcher den Schaden zu vertreten hat. Insofern ist auch hier jedes Schuldverhältnis im Einzelnen zu betrachten.

Beförderung im Rahmen eines Beförderungsvertrages

Bei der Beförderung, welche auf einem Vertrag beruht, ist hingegen die Möglichkeit § 323 Abs. 5 S. 1 BGB anzuwenden gegeben. Zu klären ist dabei, ob der Fluggast lediglich bezüglich des gestörten Teils vom Vertrag zurücktritt oder ob der Rücktritt auch die künftigen Teilstrecken umfasst. Ein Rücktritt vom gesamten Vertrag könnte ebenfalls in Betracht kommen. Die Sonderregelung der quantitativen Teilleistung in § 323 Abs.5 S.1 BGB regelt, dass der Fluggast lediglich von den noch ausstehenden Teilleistungen zurücktreten kann. Ein Rücktritt vom gesamten Luftbeförderungsvertrag ist nur dann möglich, wenn der Gläubiger glaubhaft darlegen kann, dass er an einer Teilleistung kein Interesse hat. Die Norm ist vor allem dann anzuwenden, wenn von einer vertraglich vereinbarten Gesamtleistung, lediglich eine Teilleistung erbracht wird. Im Rahmen dieser Rücktrittsregelung sind jedoch besondere Voraussetzungen zu beachten. Dabei sind bei einem „Ratenwerkvertrag“ die gleichen Besonderheiten anzulegen, wie bei einem Werklieferungsvertrag, bei dem die Gesamtmenge in Teilmengen geliefert wird. Dabei bilden die Flüge die einzelnen Raten (Teilleistungen). Die Besonderheit stellt vor allem die Tatsache dar, dass der Fluggast nur bezüglich der gestörten Teilstrecke zurücktreten kann. Es ist mithin nur ein Teilrücktritt möglich. Weiterhin ist die obligatorische Nachfristsetzung erforderlich. Der Vertrag wird getrennt und die dazugehörige Gegenleistung erlischt, was voraussetzt, dass Leistung und Gegenleistung überhaupt trennbar sind. Dies dürfte bei einem Luftbeförderungsvertrag unproblematisch der Fall sein. Ein Flug, welcher eine Teilleistung darstellt, hat auch ein anteiligen Preis am Gesamtpreis. Dieser anteilige Preis kann rechnerisch ohne Probleme von den Gesamtkosten abgezogen werden. Insofern ist die Voraussetzung der Teilbarkeit erfüllt. Beispielhaft ist hierbei auch die Erstattungsregelung der Lufthansa in Art. 10.2.1.2. ABB Flugpassage der Lufthansa. Für einen Totalrücktritt, wie in § 323 Abs. 5 S. 1 BGB gewährt, müsste das Leistungsinteresse des Gläubigers an dem bereits erbrachten und an den noch zu erbringenden Teilleistungen entfallen sein. Ein Totalrücktritt soll nach allgemeiner Auffassung auch schon dann möglich sein, wenn bereits die erste Teilleistung nicht erbracht wird. Von einem Entfallen des Leistungsinteresses kann immer dann nicht ausgegangen werden, wenn sich der Fluggast bereits auf dem Rückflug befindet und die Teilleistungen des Hinfluges ihren Sinn bereits erfüllt haben. Folglich ist ein Rücktritt vom gesamten Vertrag nur innerhalb der Teilflüge des gesamten Hinfluges möglich. Sollte der Fluggast sein Interesse an einer weiteren Beförderung verlieren, da es auf einer Teilstrecke zu einer Abflugverspätung kommt, könnte es für den Fluggast günstiger sein, einen neuen Luftbeförderungsvertrag abzuschließen. In diesem Fall kommt ein Teilrücktritt für die Zukunft in Betracht, welcher sich nach § 323 Abs. 4 BGB richtet. Im Speziellen ist also erforderlich, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die Rücktrittsvoraussetzungen bei den künftigen Teilleistungen vorliegen werden. Die Voraussetzungen des § 323 Abs. 4 BGB müssen aber in bestimmten Fällen nicht erfüllt sein. Daraus ergibt sich, dass die Norm weit auszulegen ist.

Beförderung über mehrere Teilstrecken im Rahmen der Geltendmachung von Schadensersatz

Auch bei der Geltendmachung von Schadensersatz muss zwischen der Beförderung über mehrere Teilstrecken im Rahmen eines einheitlichen Luftbeförderungsvertrages und mehrerer einzelner Beförderungsverträge differenziert werden.

Beförderung im Rahmen unterschiedlicher Beförderungsverträge

Beruhen die einzelnen Teilflüge auf eigenständigen Beförderungsverträgen, so ist ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung grundsätzlich nur bezüglich des durch die Verspätung betroffenen Vertrages möglich. Fraglich ist, ob der Fluggast Ansprüche bezüglich folgender Beförderungsverträge oder schon erbachter Beförderungen geltend machen kann. Dies muss allerdings bei der Bestimmung des Umfangs des Schadensersatzanspruches berücksichtigt werden. Auf jeden Fall hat der Fluggast einen Anspruch auf die Kosten eines Rückfluges, wenn dieser sinnlos geworden ist. Das ist vor allem immer dann der Fall, wenn ein Zubringerflug in Anspruch genommen wurde und der Anschlussflug dann das Vertragsverhältnis darstellt, welches gestört ist. Der Fluggast hat dann die Möglichkeit zurück zum Anfangsort zu fliegen. Dies stellt eine notwendige Schadensbeseitigung dar, welche über § 249 Abs. 1 BGB zu ersetzen ist. Es besteht jedoch immer eine Schadensminderungspflicht beim Gast. Daraus folgt vor allem, dass der Luftfrachtführer die Möglichkeit hat, selbst die Beförderung zum Abflugort anzubieten, damit er kein anderes Luftfahrtunternehmen für die Beförderung bezahlen muss.

Beförderung im Rahmen eins einheitlichen Luftbeförderungsvertrages

Bei Verspätungen auf einer Teilstrecke in einem einheitlichen Luftbeförderungsvertrag, ist darüber nachzudenken, ob dem Fluggast eventuell Rechte aus § 281 Abs. 1 S. 2 BGB zustehen. Danach kann der Fluggast nur Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangen, wenn er an einer Teilleistung kein Interesse mehr hat. Es verhält sich also ähnlich wie bei der Gestaltung des Rücktritts. Die Luftbeförderung über mehrere Teilstrecken ist als Ratenleistung anzusehen. Kommt es bei einzelnen Raten zu Störungen, müssen Besonderheiten für die Begründung eines Schadensersatzanspruchs gelten. Solche Besonderheiten werden im Hinblick auf echte Sukzessivlieferungsverträge verlangt. Der Gläubiger hat insofern die Wahl zwischen vier Möglichkeiten.

• Er kann die Erfüllung des Vertrages verlangen und daneben einen etwaigen Verzögerungsschaden geltend machen.

• Es besteht zudem die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung im Hinblick auf die gestörte Teilleistung mit einer Fristsetzung, sofern sie nicht entbehrlich ist.

• Er kann gemäß § 281 Abs. 1 BGB analog Schadensersatz statt der Leistung verlangen, allerdings bei Fristsetzung nur nacht Abmahnung nach § 281 Abs. 3 BGB, bezüglich des ganzen noch nicht erfüllten Vertrages und noch nicht fälliger Raten.

• Schließlich kann er auch die Rückabwicklung des gesamt Vertrages, einschließlich der bereits erbrachten Leistungen, verlangen, wenn die Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 S. 2 BGB gegeben sind.


Beruht die Abflugverspätung auf einer Ankunftsverspätung des Zubringerfluges findet für die Geltendmachung des Schadensersatzes gemäß Art. 29 MÜ der Art. 19 MÜ Anwendung. Eine Geltendmachung nach nationalem Recht ist bei internationalen Flügen im Sinne des Montrealer Übereinkommens nicht möglich. Die Anwendung des nationalen Rechts ist auch dann nicht möglich, wenn die HaftungsVO oder das LuftVG Anwendung finden können.

Genutzte Rechtsprechung

Gericht, Datum Aktenzeichen Amtliche Leitsätze/ Inhalt
EuGH, Urteil vom 26.02.2013 C-11/11
  • Verspätet sich ein Zubringerflug, sodass die Fluggäste den Anschlussflug verpassen und somit den Zielflughafen mit einer Verspätung von mehr als drei Stunden erreichen, steht diesen eine Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu.
  • Wird ein Flug annulliert und keine anderweitige Beförderung angeboten, steht den Fluggästen eine Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu.
BGH, Urteil vom 09.12.2010 Xa ZR 80/10
  • Es besteht ein Anspruch auf Entschäddigung bei Verspätung des Zubringerfluges.
AG Düsseldorf, Urteil vom 05.07.2012 51 C 14016/11
  • Schlechte Sichtverhältnisse begründen keinen außergewöhnlichen Umstand.