Luftfahrtunternehmen

Aus PASSAGIERRECHTE
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Dem Passagier gegenüber tritt das Luftfahrtunternehmen als zweiter Vertragspartner auf. Dabei wird unterschieden zwischen dem vertraglichen Luftfahrtunternehmen und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen. Diese Unterscheidung ist gerade bei der Bestimmung der Person des Passivlegitimierten (siehe Passivlegitimation) ausschlaggebend. Abhängig von der geltenden Rechtsgrundlage haftet das vertragliche oder das ausführende Luftfahrtunternehmen.


Definition

Ein Luftfahrtunternehmen ist ein Lufttransportunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung.


Der EuGH hat entschieden, Unternehmen welche eine Betriebsgenehmigung beantragt haben, die sie zu dem für die Durchführung der geplanten Flüge vorgesehenen Zeitpunkt jedoch noch nicht erteilt worden war, nicht unter diese Verordnung fallen kann, so dass die betroffenen Fluggäste keinen Anspruch nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung auf Ausgleichsleistungen haben.

Reiseveranstalter kommen schon aufgrund der fehlenden Betriebsgenehmigung nicht in Betracht.


Vertragliches Luftfahrtunternehmen

Das vertragliche Luftfahrtunternehmen ist die Fluggesellschaft, welche die Beförderung als eigene Leistung verspricht und den Flugschein ausstellt. Bei einer Pauschalreise tritt der Reiseveranstalter als vertragliches Luftfahrtunternehmen auf. Schadensersatz- oder Minderungsansprüche nach den §§ 651 a-m BGB sind grundsätzlich gegen den Reiseveranstalter als Vertragspartner zu richten. Gleichzeitig bestimmt § 48b LuftVG, dass neben dem Reiseveranstalter als vertragliches Luftfahrtunternehmen auch das ausführende Luftfahrtunternehmen haften kann. Man spricht in diesem Fall von einer Gesamtschuldnerschaft: Die Wiedergutmachung des entstandenen Schadens kann von beiden Beteiligten gefordert werden. Dabei erlischt der Anspruch, sobald dieser beglichen ist, egal welches Unternehmen den Anspruch beglichen hat. Der Schaden soll in keinem Fall überkompensiert werden.

Ausführendes Luftfahrtunternehmen

Ausführendes Luftfahrtunternehmen ist, wer den Flug tatsächlich ausführt. Dabei kann es sich bei einer Pauschalreise um die vom Reiseveranstalter beauftragte Fluggesellschaft, oder auch um einen Code-Sharing -Partner handeln. Das ausführende Luftfahrtunternehmen haftet bei Ansprüchen aus internationalen rechtlichen Regelungen wie dem Montrealer Übereinkommen oder der VO (EG) Nr. 261/2004 für Fluggastrechte bei Nichtbeförderung, Annullierung und Verspätung von Flügen.

Haftung nach der Fluggastrechteverordnung

Nach den Regelungen der VO-EG 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) ist "ausführendes Luftfahrtunternehmen" und damit Anspruchsgegner von Ausgleichsansprüchen das Unternehmen, dass die operationelle Verantwortung für den Flug trägt (EuGH, Urt. v. 04.07.2018, Rs. C-532/17).

Siehe dazu: Ausführendes Luftfahrtunternehmen – richtiger Anspruchsgegner.

Sonstige Haftung

Nach Art. 39 MÜ und Art. II ZAG i. V. m. § 48b LuftVG haftet das ausführende Unternehmen in einer Gesamtschuldnerschaft neben dem vertraglichen Luftfahrtunternehmen. Eine solche Regelung ist auch sinnvoll, da es gerade das ausführende Luftfahrtunternehmen ist, welches meist die nächste Ansprechmöglichkeit für den Passagier bietet und vor Ort auch schneller und effektiver Maßnahmen ergreifen kann.

Fazit: Fallen vertragliches und ausführendes Luftfahrtunternehmen auseinander, stellen beide Unternehmen zwei gesamtschuldnerisch haftenden Anspruchsgegner dar.

Beweislast

Nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung Nr. 261/2004 trägt das ausführende Luftfahrtunternehmen die Beweislast dafür, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des betreffenden Fluges unterrichtet wurde. Das ausführende Luftfahrtunternehmen zur Zahlung des darin vorgesehenen Ausgleichs verpflichtet ist, wenn es nicht beweisen kann, dass der betroffene Fluggast über die Annullierung seines Fluges mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist. Dies gilt auch, und vor allem dann, wenn der Reisevertrag oder Beförderungsvertrag mittels einem Dritten, etwa einem Online-Reisevermittler geschlossen wurde. Wie sich nämlich sowohl aus Art. 3 Abs. 5 als auch aus den Erwägungsgründen 7 und 12 der Verordnung Nr. 261/2004 ergibt, wird der Fluggästen zu leistende Ausgleich für Verstöße gegen die sich aus der Verordnung ergebenden Verpflichtungen, zu denen u. a. die Unterrichtungspflicht des Art. 5 Abs. 1 Buchst. c gehört, allein vom ausführenden Luftfahrtunternehmen, das einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt, geschuldet. Gleichwohl ist festzustellen, dass die Erfüllung der Verpflichtungen gemäß der Verordnung Nr. 261/2004 durch das ausführende Luftfahrtunternehmen dessen Recht unbeschadet lässt, nach geltendem Recht bei anderen Personen, von denen der Verstoß des Luftfahrtunternehmens gegen seine Verpflichtungen ausgeht, auch Dritten, Regress zu nehmen, wie es Art. 13 dieser Verordnung vorsieht

Nach alledem ist auf die Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 der Verordnung Nr. 261/2004 dahin auszulegen sind, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Ausgleich im Fall einer Flugannullierung, über die der Fluggast nicht mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, auch dann zu zahlen hat, wenn das Luftfahrtunternehmen den Reisevermittler, über den der Beförderungsvertrag mit dem betroffenen Fluggast geschlossen wurde, mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung unterrichtet hat und der Fluggast vom Reisevermittler nicht innerhalb dieser Frist informiert worden ist

Aufeinanderfolgende Luftfrachtführer

Es kann auch vorkommen, dass der Flug von mehreren Unternehmen auf mehreren Teilstrecken durchgeführt wird. Man spricht hier von einer aufeinanderfolgenden Beförderung. Die sukzessiv durchgeführten Beförderungen werden jedoch zu einer, juristisch betrachtet, einheitlichen Flugbeförderung zusammengezogen, vorausgesetzt es liegt eine einheitliche Gesamtbeförderung infolge eines einzigen Beförderungsvertrages vor. Jedes beteiligte Unternehmen gilt als Vertragspartei für den Beförderungsabschnitt, den es selbst ausführt. So haftet immer das Luftfahrtunternehmen, während dessen Beförderung der Mangel auftrat bzw. der Schaden entstand.

Haftung von Luftfahrtunternehmen

Grundsätzlich ist der Luftfrachtführer bei Gepäckschäden zum Ersatz verpflichtet, welcher dem Absender dem Vertrag zufolge die Beförderung schuldet. Ein Luftfahrtunternehmen, dass Lager- oder Zollabfertigungsdienste für ein anderes übernimmt, tritt nicht an die Stelle vom Luftfrachtführer (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.11.93 – 18 U 102/03).

Eine Fluggesellschaft muss dem Passagier keine Entschädigung zahlen, wenn sie die in der Verordnung genannte Frist einhält: So können Fluggäste gemäß Art. 5 der Verordnung einen Anspruch wegen einer Annullierung haben, es sei denn,

  • sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet, oder
  • sie werden über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder
  • sie werden über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhalten ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihnen ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.

Jetzt hängt es auch davon ab, von wem der Reisende informiert wurde. Nach dem Urteil des EuGH vom 11.05.2017 In der Rechtssache C 302/16 hat die Fluggesellschaft auch die Informationsfrist von 14 Tagen einzuhalten, wenn der Passagier über eine Flugvermittlungsseite oder eine andere Dritte Internetseite einen Flug bei der betroffenen Gesellschaft gebucht hat. Die gilt auch für den Fall, dass das Flugunternehmen den Drittanbieter zwar mehr als zwei Wochen im Voraus informierte, der Drittanbieter den Passagier aber nicht rechtzeitig innerhalb der 14 tage Frist informierte. Denn gemäß Art.5 Abs. 4 der Verordnung hat das ausführende Luftfahrunternehmen die Beweislast dafür zu tragen, ob und wann der Fluggast über die Annullierung des betreffendes Fluges unterrichtet wurde. Dies gilt auch dann, wenn der Beförderungsvertrag über einen Dritten wie , z.B. einen Online-Reisevermittler geschlossen wurde. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 der Verordnung sind dahin auszulegen, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Ausgleich im Fall einer Flugannullierung, über die der Fluggast nicht mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, auch dann zu zahlen hat, wenn das Luftfahrtunternehmen den Reisevermittler, über den der Beförderungsvertrag mit dem betroffenen Fluggast geschlossen wurde, mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung unterrichtet hat und der Fluggast vom Reisevermittler nicht innerhalb dieser Frist informiert worden ist.

Das Beschränken der Haftung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nur bis zu einem bestimmten Grad zulässig.

Urteile und Texte zum Thema

Urteile, Datum Aktenzeichen Zusammenfassung
BGH, Urteil vom 26.11.2009 Xa ZR 132/08 Festsetzung des ausführenden Luftfahrtunternehmens (in diesem Fall ein Code-Sharing Partner) als Anspruchsgegner bei Ansprüche auf Ausgleichszahlung aus der VO (EG) Nr. 261/2004
BGH, Urteil vom 28.5.2009 Xa ZR 113/08 Ausführender Luftfrachtführer ist, wer den Flug tatsächlich durchführt und nicht das Unternehmen, mit welchem der Flugreisevertrag geschlossen wurde


Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES (vom 14. Dezember 2005) über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Artikels 9 der Richtlinie 2004/36/EG [1] - Definition vom „ausführenden Luftfahrtunternehmen“ als Unternehmen, welches infolge eines Vertrages mit dem Fluggast (oder im Namen einer anderen Person, welche wiederum einen Beförderungsvertrag mit dem Fluggast geschlossen hat) einen Flug tatsächlich durchführt/ die Flugdurchführung beabsichtigt.