Nichtbeförderung: Unterschied zwischen den Versionen

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Was das Luftfahrtunternehmen anbietet, ist daher weitestgehend dem Unternehmen überlassen. Dem Fluggast ist daraufhin überlassen, ob er diese Leistung annimmt oder ob er sich für eine Beförderungsverweigerung und damit verbunden für eine Ausgleichszahlung entscheidet.
Was das Luftfahrtunternehmen anbietet, ist daher weitestgehend dem Unternehmen überlassen. Dem Fluggast ist daraufhin überlassen, ob er diese Leistung annimmt oder ob er sich für eine Beförderungsverweigerung und damit verbunden für eine Ausgleichszahlung entscheidet.


=== Wahl zwischen Erstattung der Flugkosten oder anderer Beförderung ===
==== Wahl zwischen Erstattung der Flugkosten oder anderer Beförderung ====
Passagiere, die auf Nachfrage des Luftfahrtunternehmens auf ihren Flug verzichtet haben, können zwischen verschiedenen Ansprüchen wählen. Sie haben zunächst die Möglichkeit, die Flugkosten zurück zu verlangen und gegebenenfalls kostenfrei zum ersten Abflugort transportiert zu werden. Alternativ können sie auch verlangen, zum gewollten Endziel transportiert zu werden. Sie können hierbei sowohl darauf bestehen, so früh wie möglich unter vergleichbaren Bedingungen zu ihrem Ziel transportiert zu werden, als auch zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt.  
Passagiere, die auf Nachfrage des Luftfahrtunternehmens auf ihren Flug verzichtet haben, können zwischen verschiedenen Ansprüchen wählen. Sie haben zunächst die Möglichkeit, die Flugkosten zurück zu verlangen und gegebenenfalls kostenfrei zum ersten Abflugort transportiert zu werden. Alternativ können sie auch verlangen, zum gewollten Endziel transportiert zu werden. Sie können hierbei sowohl darauf bestehen, so früh wie möglich unter vergleichbaren Bedingungen zu ihrem Ziel transportiert zu werden, als auch zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt.  



Version vom 5. November 2014, 23:05 Uhr

Beförderungsverweigerung

Eine Beförderungsverweigerung liegt dann vor, wenn einem Fluggast – aus unterschiedlichen Gründen – verweigert wird, einen von ihm gebuchten Flug auch anzutreten. Diese Nichtbeförderung kann ungerechtfertigt erfolgen, in diesem Fall hat der Passagier Ansprüche auf eine Ausgleichsleistung nach der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004. Bei einer berechtigten Nichtbeförderung liegen solche Ansprüche jedoch nicht vor. Das Ziel der Verordnung soll nach Erwägungsgrund 9 unter anderem darin bestehen, die Anzahl der gegen ihren Willen nicht beförderten Fluggäste zu verringern, indem das Unternehmen dazu verpflichtet wird, den nicht beförderten Fluggästen eine Ausgleichsleistung zu erbringen.

Definition

Nach Artikel 2 j.) der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 liegt eine Nichtbeförderung dann vor, wenn einem Fluggast die Beförderung verweigert wird, obwohl dieser sich unter den in der Verordnung genannten Bedingungen am Flugsteig eingetroffen hat, sofern keine vertretbaren Gründe für eine Nichtbeförderung gegeben sind. Eine Verweigerung liegt weiterhin nur dann vor, wenn die Verweigerung ausdrücklich erklärt worden ist, d.h. wenn das Unternehmen zu verstehen gegeben hat, dass es einen Fluggast nicht befördern wird. Startet dagegen ein Flug ohne einen Passagier, weil dieser – unabhängig davon, aus welchem Grund – nicht rechtzeitig im Flugzeug war, liegt auch keine Beförderungsverweigerung vor (BGH Karlsruhe, Beschluss vom 16.04.2013, Az. X ZR 83/12).

Maßnahmen des Luftfahrtunternehmens bei möglicher Nichtbeförderung

Artikel 4 der EU-Fluggastrechteverordnung regelt die Maßnahmen, die ein Luftfahrtunternehmen treffen muss, wenn abzusehen ist, dass einem oder mehreren Passagieren der Flug verweigert werden muss (beispielsweise im Fall einer Überbuchung). Zunächst muss ein Luftfahrtunternehmen versuchen, jeden einzelnen Passagier freiwillig und unter Angebot einer Gegenleistung zur Aufgabe seines gebuchten Flugs zu bewegen. Die Bedingungen, unter denen der Passagier seine Flugabsicht aufgibt, werden hierbei zwischen jedem Passagier und dem Luftfahrtunternehmen ausgehandelt – hierbei kann es sich beispielsweise um die alternative, unentgeltliche Beförderung mit einem anderen Flugzeug zum gleichen Ziel handeln. Erst wenn sich nicht genügend Freiwillige finden, die ihre ursprüngliche Flugabsicht aufgeben wollen, kann das Luftfahrtunternehmen Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigern.

Folgen einer Nichtbeförderung

Fluggäste, die gegen ihren Willen nicht befördert wurden, haben ein Recht auf Leistung einer Ausgleichszahlung durch das Unternehmen. Ebenso müssen Fluggästen, die weitere Unannehmlichkeiten durch die Beförderungsverweigerung zu erwarten haben, Unterstützungsleistungen gewährt werden.

Unterschiedliche Fälle der Nichtbeförderung

Überbuchung

Der gängigste Fall der Nichtbeförderung ist die Nichtbeförderung wegen Überbuchung, d.h. die Nichtbeförderung aus dem Grund, weil mehr Plätze im Flugzeug gebucht wurden als faktisch zur Verfügung stehen. Fluggesellschaften bieten regelmäßig mehr Plätze an, als sie letztendlich zur Verfügung haben. Dies ist zwar legal, allerdings müssen sie dann auch für Fälle haften, in denen Fluggäste deswegen nicht befördert werden.

Umbuchung durch den Reiseveranstalter

Daneben kommt es gelegentlich vor, dass ein Reiseveranstalter einen Flug, der Teil der Reise werden sollte, ohne Wissen des Passagiers umbucht und diesem daher die Teilnahme am ursprünglichen Flug verweigert wird (so etwa in LG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2007, Az. 22 S 435/06). Geschieht dies gegen den Willen des Passagiers, so liegt auch dann eine Nichtbeförderung ohne rechtfertigenden Grund nach Artikel 2 j.) vor (vergleichbar auch AG Düsseldorf, Urteil vom 10.10.2013, Az. 23 C 6252/13).

Sonstige Fälle

Weitere Szenarien, in denen eine nicht gerechtfertigte Beförderungsverweigerung vorliegt, sind denkbar – etwa bei einer völlig willkürlichen oder diskriminierenden Entscheidung, eine bestimmte Person nicht zum Flug zuzulassen. Generell kann man davon ausgehen, dass es sich um eine nicht gerechtfertigte Beförderungsverweigerung handelt, wenn ein in Artikel 2 j.) der EU-Fluggastrechteverordnung genannter Grund (oder ein ähnlicher Grund, siehe unten) nicht gegeben ist.

Gerechtfertigte Nichtbeförderung

Von der ungerechtfertigten Nichtbeförderung ist der Fall der gerechtfertigten Nichtbeförderung zu unterscheiden. Diese liegt dann vor, wenn vertretbare Gründe dafür sprechen, dass ein Fluggast nicht befördert werden kann. Artikel 2 j.) der EU-Fluggastrechteverordnung nennt hierbei beispielhaft die Gesundheit der Reisenden, die allgemeine oder betriebliche Sicherheit und fehlende Reiseunterlagen, lässt jedoch auch weitere vertretbare Gründe zu.

Nichtbeförderung aus gesundheitlichen Gründen

Eine Person kann dann nicht befördert werden, wenn zu befürchten ist, dass ihr Gesundheitszustand eine Gefahr für sich oder für andere Personen auf dem Flug darstellt. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn für die Person ein stark erhöhtes Thromboserisiko besteht, was den Flug potentiell lebensgefährlich werden lässt (AG Bad Homburg, Urteil vom 29.10.2002, Az. 2 C 331/02 (19)). Weiterhin kann eine Person auch dann zu Recht nicht befördert werden, wenn sie dem Anschein nach eine ansteckende Krankheit hat, um andere Passagiere nicht zu gefährden (AG Duisburg, Urteil vom 29.10.2009, Az. 49 C 3398/09). Es kann hierbei dazu kommen, dass der Pilot die Beförderung eines Passagiers verweigert, obwohl sich nachträglich herausstellt, dass hierzu kein objektiver Grund bestand. Das kann dem Piloten bzw. dem ihn beschäftigenden Luftfahrtunternehmen jedoch nicht zum Vorwurf gemacht werden. Denn entscheidend ist lediglich, wie die Situation im Moment der Entscheidung auf den Piloten gewirkt hatte, da er nur daran seine Ermessensentscheidung treffen kann. Ist seine Entscheidung jedoch ganz offensichtlich verfehlt (etwa wenn ein augenscheinlich völlig gesunder Passagier nicht mitgenommen wird, weil der Pilot eine Erkrankung „ahnt“), so ist die Nichtbeförderung ungerechtfertigt.

Nichtbeförderung aus Sicherheitsgründen

Aus Sicherheitsgründen kann einer Person ebenfalls der Zutritt zu einem Flug verwehrt werden. In diesem Fall muss nicht zwangsläufig eine Ausgleichszahlung geleistet werden, insbesondere dann nicht, wenn die Person selbst dafür verantwortlich ist, dass sie den Flug nicht antreten kann. Dies kann unter anderem dann der Fall sein, wenn die Person am Flughafen bereits auffällig wurde (deutliche Alkoholisierung, Gewaltausbrüche etc.). Der Pilot als Verantwortlicher für das Flugzeug während des Fluges hat hierbei einen Ermessensspielraum, d.h. er muss die Situation abschätzen und danach entscheiden, ob der das Risiko der Mitnahme auf sich nimmt (so beispielhaft AG Rostock, Urteil vom 09.04.2010, Az. 48 C 292/09) Es gelten hierbei die gleichen Maßstäbe für das Ermessen des Piloten wie bei der Nichtbeförderung aus gesundheitlichen Gründen.

Ansprüche von Fluggästen

Bei Nichtbeförderung

Die ungerechtfertigte Nichtbeförderung führt dazu, dass das Unternehmen eine Ausgleichsleistung zu erbringen hat. Diese bemisst sich nach Artikel 7 der EU-Fluggastrechteverordnung. Sie beträgt:

→ 250€ bei Flügen über eine Distanz von 1500 km oder weniger → 400€ bei allen Flügen innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung über eine Distanz von mehr als 1500 km → 400€ bei allen übrigen Flügen über eine Distanz zwischen 1500 km und 3500 km → 600€ bei allen übrigen Flügen über eine Distanz von mehr als 3500 km.

Bei anderweitiger Beförderung nach der Nichtbeförderung

Wird einem Fluggast eine anderweitige Beförderung zu ihrem Endziel angeboten, so können die oben genannten Ansprüche um 50% gekürzt werden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn:

→ bei Flügen über eine Distanz von 1500 km oder weniger die neue Ankunftszeit nicht mehr als zwei Stunden nach der ursprünglichen Ankunftszeit liegt → bei allen Flügen innerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung über eine Distanz von mehr als 1500 km die neue Ankunftszeit nicht mehr als drei Stunden nach der ursprünglichen Ankunftszeit liegt → bei allen übrigen Flügen über eine Distanz zwischen 1500 km und 3500 km die neue Ankunftszeit nicht mehr als drei Stunden nach der ursprünglichen Ankunftszeit liegt → bei allen übrigen Flügen über eine Distanz von mehr als 3500 km die neue Ankunftszeit nicht mehr als vier Stunden nach der ursprünglichen Ankunftszeit liegt.

Andernfalls bleibt weiterhin ein Anspruch über die volle Ausgleichszahlung bestehen.

Im Unterschied zu den Ausgleichsleistungen, die bei Annullierung oder großer Verspätung eines Fluges gewährt werden, kann sich ein Unternehmen niemals auf außergewöhnliche Umstände berufen, wenn es einem Passagier die Beförderung verweigert. Liegt eine Beförderungsverweigerung nach der EU-Fluggastrechteverordnung vor, muss auch eine Ausgleichszahlung geleistet werden.

Ansprüche von freiwillig zurückgetretenen Passagieren

Flugpassagiere, die sich freiwillig zur Umbuchung eines Fluges bewegen lassen, haben keinen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung wegen Nichtbeförderung. Denn eine Nichtbeförderung liegt gerade nicht vor, weswegen auch keine Ansprüche aus jeweiligem Landesrecht wegen einer Nichtbeförderung geltend gemacht werden können.

Gegenleistung

Ein Passagier, der sich freiwillig für einen anderen Flug entscheidet, hat zunächst Anspruch auf eine Gegenleistung. Diese wird durch die Verordnung nicht näher definiert, sie muss jedoch in einem angemessenen Verhältnis zu dem stehen, was er als Ausgleichsleistung erhielte, wenn ihm ein Flug verweigert würde. Die Art der Gegenleistung ist ebenfalls nicht definiert, es kann beispielsweise Geld gezahlt oder ein Fluggutschein ausgestellt werden. Was das Luftfahrtunternehmen anbietet, ist daher weitestgehend dem Unternehmen überlassen. Dem Fluggast ist daraufhin überlassen, ob er diese Leistung annimmt oder ob er sich für eine Beförderungsverweigerung und damit verbunden für eine Ausgleichszahlung entscheidet.

Wahl zwischen Erstattung der Flugkosten oder anderer Beförderung

Passagiere, die auf Nachfrage des Luftfahrtunternehmens auf ihren Flug verzichtet haben, können zwischen verschiedenen Ansprüchen wählen. Sie haben zunächst die Möglichkeit, die Flugkosten zurück zu verlangen und gegebenenfalls kostenfrei zum ersten Abflugort transportiert zu werden. Alternativ können sie auch verlangen, zum gewollten Endziel transportiert zu werden. Sie können hierbei sowohl darauf bestehen, so früh wie möglich unter vergleichbaren Bedingungen zu ihrem Ziel transportiert zu werden, als auch zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt.

Betreuungsleistungen

Bei einer Nichtbeförderung haben Passagiere weiterhin Ansprüche auf Betreuungsleistungen nach Artikel 9 der EU-Fluggastrechteverordnung. Dies bedeutet, dass ihnen Mahlzeiten und Erfrischungen im Verhältnis zur Wartezeit auf den späteren Flug unentgeltlich angeboten werden müssen. Weiterhin haben sie Anspruch auf ein Hotelzimmer, wenn ein ungeplanter Aufenthalt über Nacht wegen der Nichtbeförderung notwendig ist. Ebenso haben sie einen Anspruch darauf, unentgeltlich zum Ort der Übernachtung befördert zu werden. Zudem dürfen Passagiere unentgeltlich jeweils zwei Telefongespräche führen, Telexe, Telefaxe oder E-Mails verschicken.