Rechtliche Besonderheiten bei Buchung einer Reise im Internet

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Allgemeines

Das Internet ist scheinbar grenzenlos, aber dennoch kein rechtsfreier Raum. Besonders das Fehlen von Nationsgrenzen im Internet, kann bei der Untersuchung von Fällen des elektronischen Geschäftsverkehrs, wie Online-Buchung von Reisen, Fragen aufwerfen.

Welches Recht anzuwenden ist oder welche Gerichte international zuständig sind, muss je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. In den jeweiligen Mitgliedsstaaten, findet die Brüssel I-VO Anwendung. Bis auf Ausnahmen lässt diese allerdings gemäß Art. 71 Brüssel I-VO dem Warschauer Abkommen und dem Montrealer Übereinkommen, den spezielleren Regelungen, den Vortritt.

Gerichtsstand

Wie bereits angesprochen, ist der Gerichtsstand bei Klagen auf Ausgleichszahlung aus Verträgen durch Online-Buchungen fraglich. Hier steht besonders die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in Frage. Grundsätzlich legt die ZPO im § 21 den Gerichtsstand auf den Sitz des Beklagten fest. Das betreffende Luftfahrtunternehmen ist dort zu verklagen, wo es auch ansässig ist. Die deutsche ZPO kann allerdings Fragen, die inernationale Gerichtsbarkeit betreffend, nicht herangezogen werden. International regelt die Gerichtsstandsfrage die Brüssel I-VO. Im Art. 5 Nr. 1 Brüssel I-VO wird im Interesse der Erschaffung eines einheitlichen Gerichtsstandes, ein sogenannter Erfüllungsgerichtsstand festgelegt und definiert. Hier beläuft sich der Ort des zuständigen Gerichts auf den Ort der Erfüllung des Vertrages, der Verbraucher kann den Unternehmer also in jedem Mitgliedstaat verklagen, in welchem die Leistung zu erbringen war.

Bucht beispielsweise ein Kunde in Deutschland bei einem in Irland ansässigen Unternehmen die Luftbeförderung von Deutschland nach Italien und wieder zurück nach Deutschland, so ist der Erfüllungsort sowohl der ursprüngliche Abflugsort als auch der finale Ankunftsort, also immer Deutschland. Ein deutsches Gericht wäre also zuständig.

Teilweise werden in den Reiseverträgen Regelungen bezüglich des Gerichtsstandes festgelegt. In Art. 23 Brüssel I-VO werden dazu grundlegende Vorgaben getroffen. Es ist davon auszugehen, dass der Verbraucher durch vorformulierte Klauseln, welche die Regelung betreffen, dass der Unternehmer jeweils an seinem Firmensitz verklagt werden muss, unangemessen benachteiligt wird, vgl. EuGH Océano-Urteil Rs.C-240/98 bis C-244/98.

Die Art. 15-17 Brüssel I-VO ermöglichen dem Verbraucher die Verfolgung seiner Rechte in seinem Heimatland am Gericht seines Wohnsitzes.

Zugang

Eine Erklärung geht nach § 130 Abs. 1 S. 1 BGB zu, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Dabei hat der Erklärende die freie Wahl der Kommunikationsmittel, sofern diese geeignet ist, vom Empfänger auch tatsächlich empfangen zu werden. Wenn ein Reiseanbieter auf seiner Internetseite eine Emailadresse angibt, ist anzunehmen, dass diese Adresse für die Nutzung im Rechts- und Geschäftsverkehr bestimmt wurde. Grundsätzlich handelte es sich also um eine taugliche Empfangseinrichtung für Willenserklärungen zwischen Abwesenden im Sinne des § 130 Abs. 1 S. 1 BGB.

Auch wenn das Reiseunternehmen nicht den Sitz im gleichen Land hat wie der Reisende, und daher auch eine andere Sprache spricht, kann der Veranstalter sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Reisende eine Benachrichtigung in seiner muttersprache schickt. Zwar ist eine Erklärung in deutscher Sprache dann für eine Willenserklärung ungeeignet, wenn entweder niemand das Gesprochene verstehen kann oder wenn der Erklärende weiß, dass er von dem konkreten Empfänger nicht verstanden wird.. Etwas anderes gilt aber, wenn der Veranstalter auch eine Seite in deutscher Sprache hat. Dann kann der Gast erwarten, dass seine Nachricht auf empfangen und verstanden hat. Allein aus der Verwendung einer ausländischen E-Mail-Adresse kann nicht geschlossen werden, dass diese ausschließlich im Ausland abgerufen wird, zumal E-Mails unabhängig von ihrer Top-Level-Domain an jedem Ort abgerufen werden können. Sofern der Empfänger für die Übermittlung von Nachrichten E-Mails zulässt, indem er unaufgefordert eine E-Mail-Adresse angibt, hat er eine (zusätzliche) Empfangseinrichtung auch für den Empfang von Willenserklärungen im Rechts- und Geschäftsverkehr bestimmt. Im Übrigen widerspräche es dem Sinn und Zweck einer fortschreitenden und vom Gesetzgeber geförderten Digitalisierung des Rechtsverkehrs, wenn man E-Mails nur nachrangig zulassen wollte, wie es augenscheinlich die Beklagte vor Augen hat.

Zwar besteht die Möglichkeit, dass entweder der technische Vorgang oder die Aufzeichnung durch die beweisbelastete Partei manipuliert wird, allerdings ist diese Möglichkeit jeder Datenerhebung inhärent und reicht alleine nicht aus, einen Anschein zu zerstören. Ein Anscheinsbeweis verlangt nur Typizität des Geschehensablaufs, aber nicht den Ausschluss jedes Restrisikos Insbesondere ist der Verweis darauf, dass das Programm der Klägerin nicht hinreichend benannt wurde, nicht ausreichend – angesichts der heutigen Menge an Computerprogrammen im Zusammenhang mit der elektronischen Kommunikation, kann aus der Unkenntnis des Programms nicht automatisch ein Zweifel an der Echtheit und Funktionsfähigkeit des Programms geschlossen werden. Im Gegenteil ist die E-Mail-Kommunikation anerkanntermaßen unabhängig von den verwendeten Programmen äußert zuverlässig.

Besondere Vertragsformen und ihre Besonderheiten

Bezüglich Pauschalreiseverträgen ist geregelt, dass Reiseveranstalter mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der Brüssel I-VO, welche über einen Internetauftritt im Heimatstaat des Klägers verfügen, auch in diesem verklagt werden dürfen. Wird eine solche Pauschalreise ins Ausland eigens im Internet gebucht, muss der jeweilige Leistungsanbieter vor Ort durch den Buchenden selbst in die Pflicht genommen werden.

Es ist empfehlsam, Acht zu geben, ob man bei der Buchung im Internet wirklich eine Pauschalreise bucht oder nur über ein einziges Portal Einzelverträge mit mehreren Vertragspartnern abschließt.

Anders ist es bei reinen Vermittlungsverträgen gehandhabt, welche mit einem Internet-Reisebüro geschlossen werden. Hier sind die verschiedenen Rechtsverhältnisse strikt zu trennen. Mit dem Vermittler wird ein separater Reisevermittlungsvertrag geschlossen, wonach der Vermittler grundsätzlich nur bei der Auswahl der Reise beraterische Tätigkeit schuldet. Die Durchführung der Reise liegt dann in der Hand des Veranstalters. Somit endet das rechtliche Verhältnis zwischen dem Kunden und dem Vermittler mit der Entscheidung des Kunden für eine Reise. Der Hauptvertrag über die Ausführung der Reise ist davon losgelöst zu betrachten. Es ist zu beachten, dass man regelmäßig bei Buchung von verschiedenen Reiseelementen (beispielsweise Flug-Hotel-Mietwagen) auch verschiedene Vertragspartner mit unterschiedlichen Geschäftsbedingungen hat.

Bei der Online-Buchung von Reisen verhält es sich meist mit dem Widerrufsrecht schwierig. Im Zweifel muss man offiziell vom Vertrag zurücktreten, was einen - je nach Veranstalter - zusätzlich eine Stornogebühr kosten kann.


anzuwendendes Recht

Es ist üblich, dass Verträge dem individuellen Sachrecht des Veranstalters unterliegen. Die Wirkung dessen kann jedoch unter gewissen Voraussetzungen beschränkbar sein. Das Recht wird einer Günstigkeitsprüfung unterzogen, wenn es ein für den Verbraucher ausländische Rechtsordnung zur Anwendug vorschreibt. Hier ist es ebenfalls geboten, die konkreten Einzelfallsumstände zu beachten. Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Verbraucherschutzregeln aus Art. 5 EVÜ.