Abhilfe und Selbstabhilfe

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Vorgaben und Umsetzung des Unionsrechts

Artikel 13 der Pauschalreiserichtlinie sieht vor, dass der Reisende die Vertragswidrigkeit der Reise dem Veranstalter, sofern dies möglich und zumutbar ist, anzeigt, um ihm Gelegenheit zur Abhilfe zu verschaffen. Hilft er nicht ab, darf der Reisende Selbstabhilfe vornehmen, wobei er die Kosten vom Veranstalter ersetzt verlangen kann. Damit soll schlicht vorgesehen werden, dass der Veranstalter dem vertragswidrigen Zustand abhilft. Dies ist nicht nur ein Recht des Kunden, sondern auch ein Recht und eine Pflicht des Veranstalters. Die neue Abhilferegelung hat einen detaillierten Regelungsplan, und kodifiziert die von der früheren Rechtsprechung gebildeten Unterfallgruppen. In Deutschland wurden besonders die Anforderungen, welche der Unternehmer im Rahmen der Abhilfe erfüllen muss, schon von der Rechtsprechung erarbeitet. Nun geht auch die Pauschalreiserichtlinie davon aus, dass der Veranstalter ausschließlich mit gleichwertigen oder höherwertigen Leistungen Nacherfüllen kann.

Systematik der Abhilfe

In § 651 k BGB kommt die starke Orientierung des Reiserechts am Nacherfüllungsgrundsatz und am Gebrauchswert der Reise deutlich zum Ausdruck. Zwischen der Abhilfe durch Beseitigung des Mangels nach Absatz 1 Satz 1 und der Abhilfe durch Ersatzleistungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht nun in einem ausdrücklich kodifizierten Rangverhältnis, welches weder dem Kauf- noch dem Werkvertragsrecht bekannt ist.

Eine der Nachlieferung entsprechende Ersatzleistung nach Absatz 3 Satz 1 ist nur unter den engen Voraussetzungen des Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 möglich. Mangelbeseitigung und Ersatzleistung stehen folglich im Verhältnis zueinander wie primäre und sekundäre Abhilfe. Vorrangig soll der Reiseveranstalter Abhilfe durch Beseitigung des Reisemangels leisten. So kann sich der Reiseveranstalter auch nur von seiner Pflicht zur Beseitigung des Reisemangels durch Anbieten von Ersatzleistungen befreien, wenn der Reisemangel einen erheblichen Teil der Reiseleistungen betrifft. Die erweiterte Abhilfe ist mehr als nur eine Modifikation der ursprünglichen Leistungspflicht, sie ist eine Veränderung des Leistungsinhaltes und daher Angebot und Annahme angenähert. Der Reiseveranstalter bekommt mit Absatz 3 Satz 1 nicht nur die Gelegenheit, sondern auch die Pflicht zum Angebot von Ersatzleistungen gleichwertiger Beschaffenheit. Bei anderen Reisemängeln, welche die Reiseleistung nur unerheblich beeinträchtigen, bleibt es bei der regulären Abhilfe durch Beseitigung des Reisemangels nach Absatz 1 einschließlich seiner Verweisungsgründe in Satz 2 Nr. 1 und 2.


Verschuldensunabhängige Einstandspflicht

(1) Innerhalb der Vorschriften des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts der §§ 651i I ff. BGB gilt der § 651i I als zentralste Vorschrift. Voraussetzung und Haftungsgrundlage all dieser Normen ist das Vorliegen eines Reisemangels. Im ersten Absatz des § 651i BGB findet man eine nähere Beschreibung des Reisemangels, welcher sich am § 633 a. F. BGB orientiert. Im Absatz 2 des § 651i BGB ist das Abhilferecht bei einem Reisemangel beschrieben. Im dritten Absatz des § 651i BGB ist das Selbstabhilferecht des Reisenden geregelt, nachdem eine angemessene Frist um ist.

(2) Nach der Schuldrechtsreform wird bei einem Kauf (§ 434) und einem Werkvertrag (§ 633) nicht mehr zwischen einem Fehler und einer zugesicherten Eigenschaft unterschieden. Es kommt eher darauf an, ob die Leistung über die vereinbarte Beschaffenheit verfügt oder nicht. Zwar ist der Mangelbegriff des § 651i BGB gleich geblieben. Jedoch verfügt das Vertragsrecht nicht über einen einheitlichen Mangelbegriff, der auf das ganze Vertragsrecht angewendet werden kann. Weiterhin erfolgte keine Anpassung des Mangelbegriffs einer Reise an den Kauf-bzw. Werkvertrag.

(3) Für eine richtige Auslegung des reisevertraglichen Mangelbegriffes sollte man die gesetzgeberische Wertung des Kauf- und Werkvertragsrechts nicht außer Acht lassen. In Anlehnung an die Gewährleistung im Werkvertragsrecht trifft auch den Reiseveranstalter eine umfassende verschuldensunabhängige Einstandspflicht für jegliche Mängel der Reise. Den Reiseveranstalter trifft die Pflicht gegenüber dem Reisenden das Leistungsprogramm der Reise als Gesamtheit so zu leisten, dass die Reise über die zugesicherten Eigenschaften verfügt und keine Fehler aufweist, welche zu einer Minderung oder Aufhebung des Wertes oder der Tauglichkeit der Reise zu dem gewöhnlichen oder den durch den Vertrag zugesagten Nutzen führen könnten (§ 651i I BGB). Folglich kommt es zu einer verschuldensunabhängigen Haftung des Reiseveranstalters im Hinblick auf den geschuldeten Erfolg der Reise. Für ihn besteht die Gefahr des Misslingens der Reise, soweit das Misslingen von Leistungen abhängig ist, die der Reiseveranstalter zu erbringen hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.03.1986, Az.: VII ZR 187/8; BGHZ 85,50,58; BGHZ 97,255) Der BGH sieht die Reise nicht als eine Aneinanderreihung von eigenständigen Leistungsteilen an, sondern eher als eine vertragstypische Einheit von nach- und nebeneinander zu leistenden Reiseleistungen. Unter einer Reiseveranstaltung ist nicht ausschließlich eine Beförderung, eine Unterkunft oder andere Teilleistungen zu verstehen, sondern auch die Reise selbst. Durch den Reiseveranstalter wird eine bestimmte Gestaltung der Reise zugesagt und er haftet somit auch für das Eintreten oder Nichteintreten des zugesprochenen Erfolges. Jedoch nur falls der Erfolg von den durch ihn zu erbringenden Leistungen abhängig ist (BGH, NJW 1995,2629; BGH, NJW 2000, 1188). Ein Haftung durch den Reiseveranstalter erfolgt nur für die vereinbarte Beschaffenheit. Bei der Mangelfreiheit der kompletten Reise handelt es sich somit um den Mittelpunkt der Erfüllungspflicht des Reiseveranstalters. Auf eine Verschuldung, die Vorhersehbarkeit des Reisemangels während der Reise oder ob eine Behebung eines solchen Mangels möglich ist, kommt es bei der Bewertung der Haftung des Reiseveranstalters nicht an. In die Haftung sind auch Beeinträchtigungen der Reise durch Dritte eingeschlossen. Dabei kann es sich z.B. um Mängel handeln, welcher durch höhere Gewalt eintritt oder Bau- und Verkehrslärm. Es kommt zu einer Erfolgshaftung des Reiseveranstalters für die Gesamtheit aller Leistungen die im Zusammenhang mit der Reise zu erbringen sind.

(4) Weiterhin muss jedoch erläutert werden, wie weitreichend der Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters ist. Der § 651 i BGB enthält keine Auflistung aller Pflichten die einen Reiseveranstalter treffen, sondern gibt nur Auskunft über die Rechtsfolgen die bei einer Pflichtverletzung eintreten. Für welchen Risikobereich der Reiseveranstalter die Verantwortung trägt, wurde vom Gesetzgeber offen gelassen und der Entwicklung des Reisevertragsrechts unterstellt.

Der § 651 i BGB im System des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts

Liegt ein Reisemangel vor, so stehen dem Reisenden im Zusammenhang mit den Gewährleistungsrechten der §§ 651 ff. BGB die folgenden Rechte zu:

Abhilfe und Selbstabhilfe

Liegt ein Reisemangel vor, dann sieht der § 651 i II BGB vor, dass der Reisende vom Reiseveranstalter Abhilfe verlangen kann. Kommt es zu einem ergebnislosen Ablauf dieser Frist, dann steht dem Reisenden das Recht zu den Mangel eigenständig zu beseitigen. Dies erfolgt auf Kosten des Veranstalters (§ 651 i III BGB).

Abhilfe gemäß § 651k Absatz 1 Satz 1 BGB

Die Abhilfe regelt die reiserechtliche Nacherfüllung und entspricht dem § 635 Absatz 1 BGB des Werkvertragsrechts. Abhilfe verpflichtet den Veranstalter zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands. Der Anspruch des Reisenden ist ein Erfüllungsanspruch, der die Hauptleistungspflicht des Reiseveranstalters modifiziert.

Ein Abhilfeverlangen des Reisenden, das auf die Beseitigung des Mangels gerichtet ist, verlangt § 651k Absatz 1 Satz 1 BGB. Das Abhilfeverlangen unter Fristsetzung wird für eine spätere Selbstabhilfe vorausgesetzt und ist von der Mängelanzeige nach § 651 o Absatz 1 und 2 BGB streng zu trennen. Der Reiseveranstalter wird von seiner Pflicht zur Abhilfeleistung nur bei Unmöglichkeit oder bei unverhältnismäßigen Kosten der Mangelbeseitigung befreit. Wann ein solch unverhältnismäßiger Aufwand vorliegt, ist unter Berücksichtigung des Ausmaßes des Reisemangels und des Wertes der betroffenen Reiseleitung zu bestimmen. Dennoch bleibt der Reiseveranstalter weiterhin zur Abhilfe verpflichtet, und zwar in Gestalt des Anbietens von Ersatzleistungen, wenn es sich um einen Reisemangel handelt, der einen erheblichen Teil der Reiseleistung betrifft.

Selbstabhilfe und Aufwendungsersatz § 651k Absatz 2 Satz 1 BGB

Soweit der Reiseveranstalter die Frist zur Mangelbeseitigung erfolglos verstreichen lässt und von seiner Pflicht nicht befreit ist, kann der Reisende den Mangel selbst beheben. Dabei wird der Reisende von seiner Obliegenheit zur Fristsetzung gemäß Absatz 2 Satz 2 entlastet, wenn die Abhilfe vom Reiseveranstalter verweigert wird oder wenn sofortige Abhilfe notwendig ist.

Ein Beispiel für die Entbehrlichkeit hat das AG Stuttgart festgelegt: Wenn einem Reisenden statt eines Direktfluges zum gebuchten Zielflughafen die Landung auf einem anderen Flughafen mit mehrstündigem Bustransfer zum gebuchten Flughafen zugemutet wird, liegt ein Reisemangel vor, der zur Minderung des Reisepreises in Höhe von 5% berechtigt. Der Reiseveranstalter kann dem Minderungsanspruch nicht entgegenhalten, der Reisende habe den Mangel nicht angezeigt, denn in einem solchen Fall ist eine Mängelrüge mit Abhilfeverlangen entbehrlich. Der Reisende ist berechtigt, sofort einen Anschlussflug zu buchen. AG Stuttgart 5 C 8423/94.

Liegen die Voraussetzungen der Selbstabhilfe vor, und schafft der Reisende tatsächlich Abhilfe, wird ihm nach Satz 1 Alternative 2 ein entsprechender Aufwendungsersatzanspruch gegen den Reiseveranstalter gewährt.

Abhilfe durch angemessene Ersatzleistungen § 651k Absatz 3 BGB

Gesetzlich fixiert ist nun auch das Abhilferecht durch angemessene Ersatzleistungen. Voraussetzungen für das Recht und die Pflicht des Veranstalters, Abhilfe durch Ersatz anzubieten, ist, dass ein Reisemangel vorliegt, der einen erheblichen Teil der Reiseleistungen beeinträchtigt. Eine erhebliche Beeinträchtigung richtet sich nach der Bedeutung des Mangels im Verhältnis zur Pauschalreise. Dabei sind der Reisezweck und –charakter, sowie die Intensität, die Dauer und der Umfang des Mangels unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entscheidend. Der Reisepreis ist zwar mit einzubeziehen, aber kein alleiniges, ausschlaggebendes Kriterium. Der Reiseveranstalter muss dem Kunden eine angemessene Ersatzleistung anbieten.

Angemessen ist die Ersatzleistung, wenn sie eine Beschaffenheit aufweist, die im Verhältnis zu der ursprünglichen, vertragsgemäßen Reiseleistung zumindest gleichwertig ist. Entspricht sie nicht der Quantität oder Qualität der vertraglich vereinbarten Reiseleistung, so muss der Veranstalter dem Kunden zur Kompensation eine angemessene Herabsetzung des Reisepreises gewähren.

Anbieten bedeutet, dass der Reiseveranstalter, auch vertreten durch die Reiseleistung, dem Reisenden oder einem Empfangszuständigen die Ersatzleistung so anträgt, dass die Ausführung der modifizierten Leistungspflicht nur noch vom Einverständnis des anderen Teils ohne Änderung und Zusätze abhängt.

Das Angebot der Ersatzleistung muss zudem bestimmt oder bestimmbar sein. Es entfaltet Bindungswirkung. Der Reiseveranstalter ist mit Zugang des Angebots an die unterbreitete Ersatzleistung unwiderruflich gebunden und kann im Nachhinein die alternative Reiseleistung nicht mehr einseitig verändern oder zurücknehmen. Stellt sich heraus, dass die Reisepreisminderung nicht angemessen oder die angebotene Ersatzleistung nicht mit der vertraglich geschuldeten Reiseleistung vergleichbar ist, steht dem Reisenden eine Ablehnungsbefugnis nach Absatz 3 Satz 3 zu. Die Ablehnungsfähigkeit des Angebots hängt davon ab, ob die Ersatzleistung nicht mit in dem Vertrag vereinbarten Leistungen vergleichbar ist. Unter Berücksichtigung der Aufrechterhaltung des Vertrages kann diese Formulierung nur so verstanden werden, dass der Reisende lediglich eine in ihrem Wesen von der vertraglich geschuldeten Reiseleistung verschiedenen Ersatzleistung ablehnen darf. Die angebotene Ersatzleistung muss eine nicht nur unerhebliche Veränderung des vereinbarten Leistungsprogramms bei Vertragsschluss zur Folge haben. Eine Ersatzleistung, die zwar keine gleichwertige Beschaffenheit mit der verabredeten Reiseleistung aufweist, aber in ihren Wesenszügen mit dieser übereinstimmt, ist vom Reisenden unter Reisepreisminderung folglich anzunehmen. In welchen Fällen eine nur minderungsrelevante oder eine ablehnungsfähige Ersatzleistung vorliegt, bestimmt sich im Einzelfall unter Berücksichtigung des konkreten Pauschalreisevertrags. Je konkreter die Reiseleistungen im Vertrag festgelegt und/ oder je detaillierter der Nutzen und der Zweck der Reise von den Parteien definiert wurden, desto eher wird dem Reisenden eine Ablehnungsbefugnis nach Satz 3 dem Angebot von Ersatzleistungen zuzustehen sein. Stets ablehnen kann der Reisende, wenn die Ersatzleistung den Gesamtcharakter der gebuchten Reise verändern würden. Kann oder will der Reiseveranstalter keine Ersatzleistung anbieten oder lehnt der Reisende die Ersatzleistung berechtigterweise ab, steht dem Reisenden ein Kündigungsrecht nach § 651l Absatz 2 und 3 BGB zu, wobei die Erklärung der Kündigung entbehrlich ist.

Kostentragung bei Unmöglichkeit der Rückbeförderung § 651k Absatz 4 und 5 BGB

§ 651k BGB regelt mit Absatz 4 und 5 auch die Übernahme von Beherbergungskosten des Reiseveranstalters in Höhe von drei Nächten, wenn die vertraglich geschuldete Rückbeförderung aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände zumindest vorübergehend unmöglich ist. Geschuldet ist die Rückreise entweder an den Abreiseort oder an einem vertraglich anderen vereinbarten Ort. Die Beschränkung der Übernahme der Kosten auf maximal 3 Nächte entfällt, wenn ein Ausnahmetatbestand des Absatz 5 vorliegt. Diese sind:

1. der Leistungserbringer hat nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union dem Reisenden die Beherbergung für einen 
längeren Zeitraum anzubieten oder die Kosten hierfür zu tragen,
2.der Reisende gehört zu einem der folgenden Personenkreise und der Reiseveranstalter wurde mindestens 48 Stunden vor Reisebeginn von den 
besonderen Bedürfnissen des Reisenden in Kenntnis gesetzt:
a) Personen mit eingeschränkter Mobilität im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 des Europäischen 
Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität 
(ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 1; L 26 vom 26.1.2013, S. 34) und deren Begleitpersonen,
b) Schwangere,
c) unbegleitete Minderjährige,
d) Personen, die besondere medizinische Betreuung benötigen.

Ebenfalls schuldet der Reiseveranstalter nicht zwingend eine Beherbergung, die der vertraglich festgelegten Reiseunterkunft gleichwertig ist. Er soll vielmehr nur „möglichst“ die Kosten für eine gleichwertige Unterkunft übernehmen, sonst muss der Reisende auch eine qualitativ minderwertige Unterkunft akzeptieren. Fraglich ist dabei, was unter „möglichst“ zu verstehen ist, und ob sich der Reisende seine Unterkunft auch selbst aussuchen, oder die vom Veranstalter vorgeschlagene Unterkunft zurückweisen kann. Stellt der Veranstalter keine Unterkunft zur Verfügung, spricht nichts dagegen, dass sich der Reisende ein gleichwertiges Hotel selbst aussucht. Hat der Veranstalter dagegen eine Unterkunft gefunden, scheint es interessengerechter, eine Analogie zu § 651k Absatz 3 Satz 3 BGB anzunehmen, und dem Reisenden eine Ablehnungsbefugnis zuzugestehen, wenn er beispielsweise während der Reise in einem Luxusresort untergebracht ist, und nun auf der Rückreise in einem Hostel untergebracht wird, obwohl noch genügend Zimmer anderer Hotels in unmittelbarer Nähe frei sind. Die Kostentragungspflicht gibt dem Reisenden einen Anspruch auf nachträgliche Erstattung seiner Aufwendungen, für die Beherbergungskosten für drei Nächte. Dem Reisenden ist es aber auch möglich, einen sofortigen Anspruch auf Vorschuss nach § 699 BGB analog geltend zu machen.

Minderung

Weiterhin kann das Vorliegen eines Reisemangels zu einer Reisepreisminderung durch den Reisenden nach § 651 d BGB führen. Die Reisepreisminderung gilt dann für die Zeit der Beeinträchtigung und muss durch den Reisenden unbedingt angezeigt werden. Der Minderungsanspruch kann solange zur Anwendung kommen neben dem Abhilferecht bis von dem Abhilferecht Gebrauch gemacht wurde.

Kündigung wegen eines Mangels

Schließlich besteht bei einem Reisemangel noch nach § 651 e das Recht des Reisenden vor und während einer Reise zu kündigen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es wegen dem Reisemangel zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise selbst gekommen ist. Weiterhin kann es für den Reisenden unzumutbar sein eine Reise fortzusetzen. Ist dem so und liegt dafür ein wichtiger und dem Reiseveranstalter erkennbarer Grund vor, dann kann der Reisende die Reise kündigen. Als formale Voraussetzung für eine solche Kündigung wäre der ergebnislose Fristablauf zu nennen.

Schadensersatz

Der Schadensersatz bei einem Reisemangel ist in § 651 f Abs. 1 und 2 BGB geregelt. Nach Abs. 1 ist dem Reisenden der materielle Folge- und Begleitschaden zu erstatten. Zusätzlich muss nach Abs. 2 der immaterielle Schaden ersetzt werden, welcher dadurch zustande gekommen ist, dass Urlaubszeit nutzlos aufgewendet wurde. Der entstandene Schaden ist dem Reisenden in Geld zu ersetzen. Ein solcher Schadensersatz ist jedoch nur dann zu leisten, wenn er auf einen Umstand zurückgeführt werden kann, den der Reiseveranstalter zu vertreten hat. Dieser Anspruch kann durch den Reisenden zusätzlich zum Anspruch auf Minderung und Kündigung geltend gemacht werden.

Ausschluss- und Verjährungsfrist

Die Gewährleistungsansprüche der §§ 651 i ff. BGB die dem Reisenden bei dem Vorliegen eines Reisemangels zustehen, sind von diesem nach § 651 I g BGB geltend zu machen innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat. Die Frist beginnt nach dem vertraglichen Reiseende und muss gegenüber dem Reiseveranstalter gewahrt werden. Im Regelfall kommt es zu einer Verjährung eines solchen Anspruchs nach zwei Jahren nach §§ 651 g II BGB. Die Verjährungsfrist kann in den AGB auf ein Jahr verkürzt werden.

Verhältnis zum Recht der Leistungsstörungen

Problematik und Bedeutung

(1) Betrachtet man das Verhältnis in dem die reisevertraglichen Gewährleistungsrechte mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht der §§ 275, 280 ff., 323 ff. BGB, so genießen die reiserechtlichen Spezialvorschriften der §§ 651 i ff. BGB Vorrang. Ausgenommen sind Pflichtverletzungen, welche nicht von den §§ 651 i-f BGB erfasst sind. Diese werden dann wiederum durch die Regelungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts erfasst.

(2) Anfänglich wollte der Gesetzgeber einen einheitlichen Begriff für Leistungsstörungen in dem geplanten Sondergesetz für den Reiseveranstaltervertrag festlegen. Leitbild dafür sollte das einheitliche Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen sein vom 17.07.1973 sein. Oftmals wird bei der Gesetzesbegründung kritisiert, dass der Begriff der Unmöglichkeit nicht flexibel genug ist, so dass dieser bei Problemen, die im Zusammenhang mit der Veranstaltung einer Reise auftreten, nicht dazu dienen kann eine angemessene Lösung für das jeweilige Problem zu finden (BGHZ 60,14). Die Absicht des Gesetzgebers war es bei Gesetzesentwürfen für das Leistungsstörungsrecht von der Dogmatik des BGB Abstand zu nehmen und durch den Begriff der Leistungsstörungen nicht nur die Mängel einer Reise zu erfassen sondern auch den Fall der teilweisen oder kompletten Nichterbringung der Leistung, welche im allgemeinen Schuldrecht dem Begriff der Unmöglichkeit zu zuordnen ist. Von einem solchen Leistungsstörungsbegriff sollte auch der Verzug und die positive Vertragsverletzung umfasst sein. Die Ziele eines solchen Leistungsstörungsbegriffes sind einerseits der Schutzzweck des Reisevertragsrechts und andererseits die Schaffung eines Vertragsrechts und die Abwandlung, Ergänzung oder teilweise Ausschließung der Rechtsinstitute des bürgerlichen Rechts.

(3) Wäre dieser Gesetzesentwurf in Kraft getreten, so wäre es nicht zu einem Kollisionsproblem gekommen. Der Gesetzgeber wollte jedoch keine Schaffung von Sondergesetzen, sondern zog die Einfügung einer gekürzten Fassung in die §§ 651 i ff. BGB vor. Es blieben sowohl die systematischen, als auch die terminologischen Unterschiede des ursprünglichen Entwurfs bestehen. Aufgrund von fehlender systematischer Abgrenzung kommt es bei der Rechtsanwendung zu schwierigen Strukturproblemen. Es kommt vor allem zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung einer Teilunmöglichkeit und einem Reisemangel.

(4) Bei der Abgrenzung der reiserechtlichen Gewährleistungsansprüche (§§ 651 i ff. BGB) zu dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht (vor allem der §§ 280 ff. BGB) kommt es heute nicht mehr auf die praktische Relevanz an, sondern eher auf die dogmatische Bedeutung. In den meisten Fällen wird die Ansicht vertreten, dass das allgemeine Leistungsstörungsrecht dem Gewährleistungsrecht der §§ 651 ff. den Vorzug lassen muss, sobald ein Reisevertrag vorliegt. Daran hat sich auch durch die Schuldrechtsreform nichts geändert.

Lösungsvorschläge

(1) Im Schriftentum wird viel über das Verhältnis der §§ 651 i ff. BGB zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht diskutiert. Aus diesem Grund gibt es auch eine Vielzahl von Lösungsvorschlägen. Es gibt unter anderem die Ansicht, dass das allgemeine Leistungsstörungsrecht anwendbar ist, wenn es nach dem Vertragsabschluss, zu einem Unterbleiben der gesamten Pauschalreise oder zu dem Unterbleiben eines wesentlichen Teils der versprochenen Reiseleistung kommt. Es wird sogar davon ausgegangen, dass man eine Teilunmöglichkeit einer vollständigen Unmöglichkeit gleichstellen kann, wenn Hauptleistungen, wie die Beförderung oder Unterkunft in einem großen Umfang betroffen sind. Um die Unmöglichkeit von dem Vorliegen eines Reisemangels abzugrenzen, muss zunächst ermittelt werden, in welchem Umfang eine vertragsmäßige Reiseleistung nicht erfüllt wurde und welche Bedeutung dieser Reiseleistung anhand des Interesses des Reisenden zukommt. Umso größer der Umfang der Fehler ist, umso wahrscheinlicher ist die Annahme des Vorliegens einer Unmöglichkeit. Nimmt man als Beispiel eine Kreuzfahrt und werden bei dieser Kreuzfahrt wichtige Reiseziele nicht angesteuert, so könnt man in einem solchen Fall von einer Teilunmöglichkeit ausgehen. Löwe möchte dem Reisenden ein Wahlrecht zusprechen, wenn für diesen Ansprüche aus dem Gewährleistungsrecht ausreichend sind.

(2) Tempel zu Folge sollten die Vorschriften über die Nichterfüllung nach den §§ 323 ff. a.F. nur zur Anwendung kommen, wenn die Reise in ihrer Gesamtheit gestört ist durch die Fehler der einzelnen Reiseleistungen. Danach folgte Tempel jedoch der Einheitslösung.

(3) Lorenz wollte die Störungen von einzelnen nebeneinander zu erbringenden Teilleistungen nach §§ 651 c ff. BGB regeln und das selbst dann, wenn es zu einem kompletten Ausfall der Reiseleistung kommen sollte. Kommt es jedoch zu einem kompletten Ausfall der Reise oder zu einem vorzeitigen Abbruch der Reise, dann kommen die §§ 323 ff. a.F. zur Anwendung. Handelt es sich also um eine Schiffsreise und das Schiff erleidet einen Maschinenschaden, welcher nicht vor dem Antritt der Reise in Ordnung gebracht werden kann, dann führt dies zu der Annahme einer nachträglichen Unmöglichkeit. Zur Anwendung würden dann die §§ 323 oder § 325 BGB zur Anwendung kommen, abhängig davon, ob es sich um einen Maschinenschaden handelt, den der Veranstalter zu vertreten hat oder nicht zu vertreten hat. Von einer Teilunmöglichkeit wäre auszugehen, wenn der Maschinenschaden erst unterwegs aufgetreten wäre und dies den Abbruch der bereits begonnen Reise zur Konsequenz hätte.

(4) Kommt es zu einer kompletten Zweckverfehlung der Reise oder kommt es zu der Leistung von nur wenigen Teilstücken der Reise, dann müssen laut Teichmann die §§ 323 ff. a.F. angewendet werden.

(5) Heinz zu Folge soll es bei einem Reisevertrag zunächst zu einer Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenpflichten kommen. Kommt es dann zu einer nicht ordnungsgemäß erbrachten Hauptleistung, dann soll es teilweise zur Nichterfüllung und folglich zur Unmöglichkeit kommen und in allen anderen Fällen zum Mängelrecht nach §§ 651 c ff. BGB.

(6) Es gibt jedoch auch Stimmen, die sich an einer zeitlichen Abgrenzung orientieren und somit ab dem Reisebeginn nur noch die §§ 651 i ff. BGB zur Anwendung bringen möchten. Damit werden die Vorschriften der §§ 323 ff. a.F. BGB nur zur Anwendung gebracht, wenn es zu einer Unmöglichkeit der Reise nach Vertragsschluss aber vor ihrem Beginn kommt. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn es zu einer Überbuchung des Flugzeuges (LG Berlin, NJW 1982, 243) kommt oder aufgrund des nicht rechtzeitigen Eintreffens des Reisevisa vor dem Antritt der Pauschalreise (LG Frankfurt a.M., NJW 1980, 1286). Folgt man Schmitt, so kann nur der Zeitpunkt der Übergabe der Reiseunterlagen als zeitliche Grenze für die Anwendung der allgemeinen Vorschriften gelten. Mayer schlägt vor, dass die §§ 651 c ff. BGB zur Anwendung kommen, wenn es zu einer Nichterbringung einer einzelnen Hauptleistung kommt, zu einer früheren Beendigung der Reise oder wenn der komplette Zweck der Reise verfehlt wird. Zu einer Anwendung dieser Vorschriften soll es jedoch dann nicht kommen, wenn ein Aliud bei der Erbringung anderer Einzelleistungen erbracht werden soll, wie z.B. bei einem Totalausfall der Reise oder der Erbringung einer komplett anderen Reise. In einem solchen Fall sollte es zu der Anwendung von den §§ 306 ff., 323 ff. a.F. BGB kommen.

(7) Um einen Weg für die Überschneidungen zwischen dem allgemeinen Unmöglichkeitsrecht und den speziellen reiserechtlichen Regelungen zu finden, schlägt H.-W. Eckert vor ausschließlich die Gewährleistungsvorschriften anzuwenden, wenn es zu einer Leistungsstörung kommt. Jedoch schlägt er vor, dass die Gewährleistungsvorschriften auch dann anzuwenden sind, wenn begrifflich gesehen eine Unmöglichkeit vorliegt.

(8) Wolter hingegen vertritt die Ansicht, dass die Regeln bezüglich einer nachträglichen Unmöglichkeit ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages keine Anwendung mehr finden (NJW 1985, 1750; NJW 1988, 396). Kommt es zu einem Mangel einer Teilleistung, wie z.B. zu einem Mangel bei der Beförderung, Unterbringung, Verpflegung oder Betreuung, dann ist darin eine Nichterfüllung der Verpflichtungen des Veranstalters zu sehen. Schließlich trifft ihn die Pflicht die Reise mangelfrei zu erbringen. Macht man also Gebrauch von einem weiten Verständnis des Begriffs der Fehlerhaftigkeit der Reise, dann sind automatisch die Fälle der Teilunmöglichkeit inbegriffen. Das hat wiederrum zur Konsequenz, dass die allgemeinen Regeln zur Teilunmöglichkeit durch die reiserechtlichen Gewährleistungsregeln verdrängt werden. Kommt es zu einer Schlechtleistung oder gar zu einer Nichterbringung einer Teilleistung, dann ist darin ein Mangel der Reise selbst zu verstehen. Viele andere Stimmen in der Literatur teilen die Auffassung, dass die §§ 651 i ff. BGB die allgemeinen Vorschriften verdrängen ab Vertragsschluss des Reisevertrages.

(9) Die Rechtssprechung hingegen folgt der Ansicht, dass die allgemeinen Regelungen über Leistungsstörungen durchaus anwendbar sind, wenn es zur Nichterbringung der gesamten Pauschalreise oder zur Nichterbringung eines wesentlichen Reiseteils kommen sollte (vgl. Urt. v. 20.03.1986 – Az.: VII ZR 187/85; LG Frankfurt a.M., NJW 1982, 1538; OLG Hamburg NJW 1982, 1537; AG Hamburg, NJW-RR 1989, 564). Durch den BGH ist es in seiner Entscheidung BGHZ 85, 301 (gegen OLG Celle) jedoch nicht zu einer Beantwortung dieser Frage gekommen (NJW 1983, 488). Jedoch hat der BGH entschieden, dass eine vertragliche Unterbrechung des Hinfluges bei einer Pauschalreise als ein Fehler der Gesamtreise anzusehen ist und dadurch die §§ 651 i ff. BGB zur Anwendung kommen. Jedoch hat der BGH in seiner Entscheidung weiterhin offen gelassen, ob der komplette Ausfall von einzelnen Reiseleistungen auch einen Fehler darstellt und ob Schadensersatzansprüche, welche durch Unmöglichkeit entstehen, der Ausschluss- und Verjährungsfrist des § 651 g BGB unterliegen.

(10) Der BGH widmete sich jedoch der Beantwortung der anfänglich offen gelassenen Frage bezüglich des unberechtigten Abbruchs einer Flugreise zum Urlaubsort in seinem Urteil vom 20.03.1986 Urt. v. 20.03.1986 – Az.: VII ZR 187/85; AG Stuttgart, RRa 1999, 204; LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1986, 852; AG Hamburg, RRa 1999,192; AG Hamburg Altona, RRa 2001, 56). In diesem Urteil kam der BGH zu dem Entschluss, dass der Reiseveranstalter immer dann nach den §§ 651 i ff. BGB dem Reisenden gegenüber haftet, wenn es zu einer teilweisen oder ganzen Nichterbringung einer nach dem Vertrag geschuldeten Leistung kommt und die Gründe für diesen Reisefehler nicht alleine in der Person des Reisenden liegen (AG Münster, Urt. v. 22.07.2013, Az.: 5 C 2841/11; LG Kempten, RRa 2009, 279). Das gilt sogar dann, wenn es bereits zu einem Ausfall der ersten Reiseleistung kommt, wie z.B. der Beförderung zum Zielort wegen Überbuchung der Zubringermaschine und es dadurch zur Vereitlung der kompletten Reise kommt. Damit kommt auch zu dem Ergebnis, dass die allgemeinen Leistungsstörungsregeln ab dem Abschluss des Reisevertrages durch die Vorschriften des reiserechtlichen Gewährleistunsgrechts verdrängt werden. Folglich schließt sich der BGH hier der von Wolter entwickelten Auffassung an.

Einheitslösung

Unmöglichkeit

(1) Die Ansicht in der vertreten wird, dass die §§ 651 i ff. BGB die allgemeinen Regelungen über Leistungsstörungen verdrängen ist Vorrang zu gewähren. Das Ziel ist es den Schutzzweck, den diese Gewährleistungsvorschriften verfolgen für den Reisenden gänzlich umzusetzen. Es kann nach dem Vertragsschluss folglich nicht mehr zu der Anwendung der §§ 275, 280, 283 ff., 311 a, 326 BGB kommen. Durch die Anwendung der §§ 651 i ff. BGB kommt es zu einem Ausschluss der allgemeinen Vorschriften des Unmöglichkeitsrechts. Voraussetzung dafür ist alleine, dass die Störung des Reisevertrages der Risikosphäre des Veranstalters zugerechnet werden kann. Als maßgebliches Kriterium dient die Theorie der Abgrenzung nach zurechenbaren Risikosphären.

(2) Die vom BGH vertretene Auffassung, dass es sich bei den Störungen um solche handeln muss, die nicht alleine in der Person des Reisenden liegen, ist zu eng gefasst. Denn nicht nur alle Fälle der nachträglichen Unmöglichkeit sind so zu regeln, also die Fälle in denen es zu einer Absage der Reise kommt, sondern auch alle Fälle der anfänglichen Unmöglichkeit, wenn der Fehler dem Risikobereich des Reiseveranstalters unterfällt. Eine solche Gleichbehandlung von anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit entspricht der Neureglung des Unmöglichkeitsrechts, welche durch die Schuldrechtsreform der §§ 275 I, 311 a BGB in Kraft getreten ist. Für das Mietrecht hat der BGH entschieden, dass die §§ 536 ff. BGB unabhängig davon wie schwer der Mangel ist, anwendbar sind. Das gilt auch für den Fall, dass der Mangel bereits vor dem Vertragsschluss vorlag (BGH, NJW 1980, 777; BGHZ 93, 142). Da das Mietrecht dem Reiserecht ähnelt und es eine solche Regelung im Mietrecht gibt, darf im Reiserecht nicht dem Zufall überlassen werden, ob der Mangel vor oder erst nach dem Vertragsabschluss entstanden ist.

(3) Die Einheitslösung passt weiterhin am besten zu der dogmatischen und rechtspolitischen Stellung des Reisevertrages als eigenständiger Vertragstyp. Da sich der BGH (vgl. [https://reise-recht-wiki.de/7324-bgh-11-01-2005-x-zr-11803.html BGH, Urt. v. 11.01.2005, Az.: X ZR 118/03; BGH, NJW 1986, 1749) in seiner Auffassung Wolter anschließt, möchte der BGH nochmals hervorheben, dass die §§ 651 i ff. BGB sogar mehr als im allgemeinen Werkvertragsrecht die Regeln des allgemeinen Leistungsstörungsrechts ausschließen. Alle Störungen die vorkommen, haben einen Einfluss auf die durch den Reiseveranstalter geschuldete Leistung der kompletten Reise, selbst dann wenn diese erst nach dem Abschluss des Vertrages auftreten und die Reise unmöglich machen. Begründet wird dies damit, dass eine Reise nicht nur als Summe bzw. Gesamtheit von Reiseleistungen zu verstehen ist, sondern eine Reise als Abfolge von Einzelheiten gesehen werden muss, welche über die gesamte Reisezeit zu betrachten sind. Der Reiseveranstalter muss für den Erfolg bereits nach dem Abschluss des Reisevertrages sorgen und nicht erst ab dem Antritt der Reise. Aus diesem Grund trägt der Reiseveranstalter auch von Anfang an die Gefahr für das Nichtgelingen einer Reise (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2005, Az.: X ZR 118/03; BGH, NJW 1986, 1749; [https://www.jurion.de/urteile/bgh/1990-07-12/vii-zr-362_89/ BGH, Urt. v. 12.07.1990, Az.: VII ZR 362/89; BGH, NJW 2000, 1188, 1189). Da der Reiseveranstalter schon bei Vertragsschluss die Verantwortung für den Erfolg übernimmt, können einige der Gewährleistungsvorschriften bereits vor dem Reisebeginn angewendet werden (§§ 651 c II, 651 c I 2, 651 f, 651 j BGB). Damit soll sichergestellt werden, dass das Gewährleistungsrecht bereits dann gilt, wenn der Reisende noch vor Reiseantritt Kenntnis von Umständen erlangt, die eine Teilnahme an der Reise unzumutbar machen (BGHZ 97, 255, 261; 100, 157, 180; 109, 224, 226; BGHZ 130, 128). Der Erfolg kann nicht erst am Ende der Reise beurteilt werden, sondern bereits während der ganzen Reise. Da es sich bei dem Reisevertrag um einen sehr eigenen Vertrag handelt, bei dem es bei einem Reiseabbruch zu einer Risikoverteilung kommen soll (§ 651 e IV BGB), kann es nicht zu einer Differenzierung zwischen dem allgemeinen Leistungsrecht (§§ 275 ff., 323 BGB) und den reisevertraglichen Gewährleistungsvorschriften oder einer Differenzierung zwischen Teilunmöglichkeit und Reisemangel kommen.

(4) Die Verdrängung der allgemeinen Vorschriften der Leistungsstörungen stimmt mit der rechtspolitischen Stellung des Reisevertragsrechts überein. Bei dem Reisevertragsrecht handelt es sich um ein Verbraucherschutzrecht, welches vom Gesetzgeber entworfen wurde. Aus diesem Grund sollte es auch zu einer verbraucherschützenden und kundenfreundlichen Anwendung kommen. Damit eine solche Einfachheit und Praktikabilität erreicht werden kann und der Wille des Gesetzgebers befolgt wird, muss der einheitlichen Lösung der Störungen über die Gewährleistungsvorschriften der §§ 651 i ff. BGB und über die analoge Anwendung der anderen Vorschriften der §§ 651 a ff. BGB gefolgt werden. Es soll nicht zu schwierigen Abgrenzungsproblemen kommen. Sowohl für den Reisenden als auch für den Veranstalter sollte es umfassende und klare Regelungen im Reisevertrag geben.

(5) Der Wunsch des Bundesrates das Reiseveranstaltungsgesetz in das BGB einzufügen zielt darauf ab, das Reisevertragsrecht unter gleichzeitiger Einfügung in das BGB so umfassend wie möglich zu regeln.

(6) Die Einheitslösung stimmt mit den allgemeinen Leistungsstörungen und dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz überein. Voraussetzung ist die objektive Verletzung einer Pflicht. Als Pflichtverletzung kommt in Frage die Unmöglichkeit, eine mangelhafte Leistung, eine Verzögerung, die Verletzung von Schutz- und Obhutspflichten, die Verletzung von Schutzpflichten aus vorvertraglichem Schuldverhältnis (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2005, Az.: X ZR 118/03; BGHZ 97, 255; BGHZ 130, 128). Durch die Schuldrechtsreform ist es nicht zu einem Vorrang des Gewährleistungsrechts der §§ 651 i ff. BGB vor dem allgemeinen Leistungsrecht in den §§ 275 ff. BGB gekommen.

(7) Die Einheitslösung ist nun die herrschende Meinung, sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung. Anderen Ansichten ist nicht zu folgen

Verzug

(1) Es ist durchaus gerechtfertigt den Schuldnerverzug des Reiseveranstalters unter den Mangelbegriff des Gewährleistungsrechts einzustufen. Ein Mangel, welcher zu einer Beeinträchtigung der Reise führt, kann also auch dann vorliegen, wenn es zu einer verzögerten Teilleistung kommt, wie z.B. zu einer Verspätung des Abflugs oder einer verspäteten Aushändigung des Reisegepäcks. Der Veranstalter muss dann innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe schaffen, was heißt das er Maßnahmen ergreifen muss, welche dazu geeignet sind den Mangel zu beseitigen. Kommt es nicht zu einer Abhilfe durch den Veranstalter, dann kann der Reisende die Mängelansprüche der §§ 651 i ff. BGB geltend machen. Kann der Reisevertrag auch dem vereinbarten Zeitpunkt nicht mehr durchgeführt werden, so ist darin ein Mangel zu sehen, denn bei einem Reisevertrag handelt es sich um ein relatives Fixgeschäft (vgl. BGH, Urt. v. 26.06.1980, Az.: VII ZR 257/79; BGHZ 77, 310, 318; BGHZ 77, 320, 323; BGHZ 85, 301, 304; LG Frankfurt a.M., RRa 2001, 202). Kommt es zu einer Überschreitung der Leistungszeit, dann kommt es zu einem Schuldnerverzug mit einem Schadensersatzanspruch. Dieser zieht nach § 323 II Nr. 2 BGB ein Rücktrittsrecht ohne Fristsetzung nach sich. Beide Ansprüche werden durch das Reisevertragsrecht durch die § 651 i BGB verdrängt.

(2) Staudinger vertritt die Ansicht, dass der Zeitpunkt der Reisebeeinträchtigung berücksichtigt werden muss. Außerdem soll eine Unterscheidung zwischen der Hin- und Rückreise erfolgen. Bei einer Verzögerung des Hinfluges, sollte es zur Anwendung der der §§ 651 i ff. kommen, wenn es zu einer Beeinträchtigung des Nutzen der Reise dadurch kommen könnte. Bei einem verzögerten Rückflug kommt es laut Staudinger nicht zu einer Beeinträchtigung der Qualität. Diese Auffassung ist jedoch nicht zu vertreten, da die Sperrwirkung des reisevertraglichen Gewährleistungsrechts erst mit dem Ende der vertraglich durch den Veranstalter geschuldeten Reiseleistungen eintritt. Jedoch sollte es trotzdem dazu kommen, dass an einem Schuldnerverzug festgehalten wird, alleine schon im Interesse der Rechtsklarheit und um ein sachgerechtes Ergebnis zu erreichen. Ist eine pünktliche und unfallfreie Rückreise Teil der Reise, dann muss der Veranstalter dies auch gewährleisten. Richtigerweise hat der BGH in seinem Urteil zum Beinahe Absturzfall das Gewährleistungsrecht angewendet, als es zu einer enormen Verzögerung des Rückfluges aufgrund von einem Maschinenschaden kam (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.2008, Az.: X ZR 93/07).

(3) Bezahlt der Reisende nicht zu dem fälligen Zeitpunkt den Reisepreis, dann kommt es zu der Anwendung der Verzugsregeln nach §§ 280 II, 286 BGB. Durch den § 326 BGB kommt es jedoch zu Fristsetzungen und Ablehnungsandrohungen, wenn der Veranstalter den Rücktritt vom Reisevertrag fordert oder ein Verlangen nach Schadensersatz wegen Nichterfüllung hat.

Schutz- und Obhutspflichten

(1) Zum größten Teil kommt es zu einer weitgehenden Verdrängung der allgemeinen Vorschriften der §§ 280 I, 282, 324 i.v.m. 241 II BGB über die Verletzung von Schutz- und Obhutspflichten. Zusätzlich kommt es bei der Anwendbarkeit dieser Vorschriften zu einer weiteren Einschränkung bei der Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten durch § 651 f I. BGB nach ganz herrschender Meinung geht es bei dieser Vorschrift um Mangelfolgeschäden (NJW 1985, 132, 177; BGHZ 97, 255, 260; BGH, NJW 1987, 1931, 1937; OLG München, RRa 1999, 174).

(2) Damit es zu einem Schadensersatz aufgrund von einer nicht leistungsbezogenen Nebenpflicht kommt, muss eine Pflichtverletzung im Bereich der Schutz- und Obhutspflichten als vertragliche Nebenpflicht des Schuldners. Kommt es zu einem Verstoß des Reiseveranstalters gegen vertragliche Pflichten der Fürsorge und Obhut, der Information oder Organisation, dann kommt es zu den Rechtsfolgen der §§ 651 i ff. BGB, wenn es zu einer Abweichung der versprochenen Reise von der tatsächlichen Reise kommt und sich die Pflichtverletzung somit auf den Nutzen einer Reise auswirkt ( BGHZ 100, 157, 181; BGH, NJW 2000, 1188, 1191; OLG Celle, NJW RR 2001, 1558; NJW RR, 2003, 197, 199, OLG Düsseldorf, RRa 2003, 14; OLG Karlsruhe, RRa 2004, 162; OLG Celle 2004, 156; LG Frankfurt a.M., NJW RR 2008, 1638; LG Frankfurt a.M., RRa 2012, 10). Dies lässt sich an dem folgenden Beispiel gut verbildlichen. Nach der Buchung einer Reise unterläuft ein Fehler bei der Bestellung eines Visums aufgrund einer Verletzung der Informationspflicht bezüglich der Einreisebestimmungen gemäß § 5 BGB-InfoV und aufgrund dessen dem Reisenden die Einreise verweigert wird. Dann ist darin ein Reisemangel zu sehen, welcher zur Folge hat, dass der Veranstalter bei Verschulden Schadensersatz nach § 651 f BGB leisten muss, wenn es für den Veranstalter erkennbar gewesen ist, dass der Reisende seine ausländische Staatsangehörigkeit bei Vertragsschluss kundgetan hat (BGH RRa 2006, 170; BGH, NJW 1985, 1165; LG Frankfurt a.M., RRa 2009, 75; LG Hamburg, RRa 2007, 227; LG Freiburg, RRa 2006, 126; AG Stuttgart; NJW RR 1986, 142; AG Bonn, RRa 1998; AG Bad Homburg, RRa 2000; LG München, RRa 2004).

(3) Vergisst der Reiseveranstalter eine Information an den Reisenden weiterzuleiten oder fehlt diese Information dann aus einem anderen Grund und wirkt sich diese Information jedoch nicht auf den Nutzen der Reise aus und kommt es deshalb nicht zu einem Reisemangel, dann kann es dennoch zu einem Schadensersatzanspruch des Reisenden nach §§ 280 I, 242 II BGB kommen. Macht der Reiseveranstalter also z.B. nicht auf die speziellen Risiken im Urlaubsland aufgrund von Terrorgefahr aufmerksam und es kommt zu einem Schaden des Reisenden, dann ist der Schaden zwar auf höhere Gewalt zurückzuführen aber dennoch ist es auf die fehlende Aufklärung über die Risiken der Reise durch den Reiseveranstalter zurückzuführen (BGH, NJW 1985, 1165; OLG München RRa 1999,174; OLG Celle, NJW-RR 2001, 1558).

(4) Das Konstrukt des sogenannten Doppelmangels, bei dem der Reisende bei der Verletzung von Informationspflichten weiterhin noch einen zusätzlichen Anspruch auf Minderung des Reisepreises hat, ist umstritten. Liegt jedoch eine vorsätzliche Informationspflichtverletzung vor, dann ist in einem solchen Fall darin ein kündigungsrelevanter Reisemangel zu sehen.

(5) Es liegt auch dann eine Pflichtwidrigkeit nach §§ 280 I, 241 II BGB vor, wenn eine schuldhafte Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten durch den Reisenden erfolgt und es dadurch zu einem Schaden für den Reiseveranstalter kommt. Ein solcher Fall ist nicht in den §§ 651 a ff. BGB geregelt.

Culpa in contrahendo

Aufgrund dessen, dass die Gewährleistungsvorschriften des Reisevertragsrechts Vorrang haben gegenüber den allgemeinen Regeln der Leistungsstörungen, nachdem der Vertrag abgeschlossen wurde, muss es für eine schuldhafte Pflichtverletzung im Rahmen des vorvertraglichen Schuldverhältnisses (§§ 280 I, 2411 II, 311 II BGB) zu einer Beeinträchtigung der Reise mit einem Reisemangel kommen. Eine sorgfältige Aufklärung durch den Reiseveranstalter bei der Buchung stellt nach § 5 BGB-InfoV eine elementare Pflicht des Reiseveranstalters dar. Falsche Prospektangaben nach § 4 BGB InfoV sind keine vorvertragliche Pflichtverletzung. In einem solchen Fall ausschließlich die reisevertraglichen Gewährleistungsrechte anzuwenden, wenn die vorvertragliche Pflichtverletzung eine Auswirkung auf den Nutzen der Reise hat. Dann kann es zu einem Anspruch auf Reisepreisminderung (§ 651 d I BGB), Kündigung des Reisevertrags (§ 651 i BGB), Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§§ 651 f I, 276, 278 BGB) bei Verschulden kommen. Das ist die herrschende Meinung (BGH, NJW 2006, 2321; BGHZ 100, 157, 180).

Wegfall der Geschäftsgrundlage

Im Reisevertragsrecht gibt es keinen Anwendungsbereich für die Vorschriften des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB. Es herrscht eine Sonderregelung in § 651 j BGB für die Kündigung, wenn es zu einer erheblichen Beeinträchtigung aufgrund von höherer Gewalt kommt. Durch diese Sonderreglung steht es sowohl dem Reiseveranstalter, als auch dem Reisenden frei zu kündigen (vgl. BGH Urt. v. 18.12.2012, Az.: X ZR 2/12; BGH, Urt. v. 23.11.1989, Az.: VII ZR 60/89; BGH, Urt. v. 12.07.90, Az.: VII ZR 362/89). Auch durch das Umsetzungsgesetz der EG- Pauschalreiserichtlinie wird klargestellt, dass bei einer Beeinträchtigung durch höhere Gewalt, kein Kündigungsrecht nach § 651 e BGB besteht, sondern nur nach § 651 j BGB. Der Vorrang des § 651j BGB zeigt die eigenständige Risikoverteilung bei einem Reisevertrag.

Verhältnis zu sonstigen Rechten

Anfechtung wegen Irrtums

(1) Kommt es zu dem Fall, dass der Reisende bei Vertragsschluss einen Unterschied zwischen der Reisebestätigung und der Reiseanmeldung nicht sieht, dann besteht für den Reisenden nach wie vor die Möglichkeit, seine konkludente durch die weitere Vertragsabwicklung anzunehmende Annahmeerklärung nach §§ 119 I 1.Alt BGB aufgrund von einem Inhaltsirrtum anzufechten, wenn es durch diesen zu einem Irrtum über die Abweichung gekommen ist.

(2) Bei einem Eigenschaftsirrtum bezüglich einer verkehrswesentlichen Eigenschaft und dessen Anfechtungsrecht nach § 119 II BGB wird durch das Gewährleistungsrecht der §§ 651 i ff. BGB verdrängt. Dies ist auch dann anzuwenden, wenn der Reisende von dem Mangel erst nach dem Vertragsschluss Kenntnis erlangt.

Gastwirtshaftung

(1) Bei der Frage, ob es zu einer Haftung des Reiseveranstalters wie bei einem Gastwirt für eingebrachte Sachen des Reisenden gilt, insbesondere bei dem Hoteldiebstahlnach §§ 701 ff., nach §§ 651 i ff. BGB kommt, ist umstritten. Teilweise wird eine solche Ansicht bejaht und teilweise wird sie abgelehnt (LG Berlin, NJW 1985, 2425; LG Frankfurt a.M., NJW 1983, 2263; AG Nordenham, RRa 1994, 17; AG Bamberg, RRA 1994, 135; LG München, RRA 1994, 68). Eine solche Ansicht wird jedoch wohl abzulehnen sein (LG Berlin, NJW 1985, 144; AG Bad Homburg, RRa 1994, 1477; AG Hamburg, RRA 1995, 72; AG Kleve, RRa 1996, 102; LG Düsseldorf, RRa 2005, 227; AG-Berlin Mitte, RRa 2006). In einer früheren Entscheidung durch das LG Frankfurt am Main kam es zu einer solchen Haftungserweiterung indem die verschuldensunabhängige Gastwirtshaftung einbezogen wurde. Begründet wird dies damit, dass es im Großen und Ganzen um die bessere Rechtsstellung des Reisenden vor der Geltung der §§ 651 a ff. BGB geht. Diese Begründung überzeugt jedoch nicht, da die Vorschriften der §§ 651 i ff. BGB als abschließende Sonderregelung zu betrachten sind. Durch diese kommt es bei Gepäckverlust oder der Beschädigung von Sachen des Reisenden zu einem verschuldensunabhängigen Minderungs- und Kündigungsanspruch und bei dem Vorliegen von Verschulden zu einem Schadensersatzanspruch nach § 651 f BGB (NJW 1983, 2263; LG Berlin, NJW 1985, 2425; LG Bamberg, NJW 1994, 1137).

(2) Es kann nicht zu einer Haftungserweiterung kommen, weil dadurch der Normzweck verfehlt wird. Aus diesem Grund kann es nicht zu einer analogen Anwendung von den §§ 701 ff. BGB auf den Pauschalreisevertrag kommen. Wäre die Ausdehnung der Gastwirtshaftung nach § 701 BGB auf den Reisevertrag von dem Gesetzgeber so gewollt, dann wäre eine solche Vorschrift entstanden oder eine analoge Anwendung wäre zugelassen wurden. Da eine solche jedoch nicht erfolgt ist, ist sie wohl nicht erwünscht. Weiterhin kann es nicht zu einer Haftung des Veranstalters für die Betriebsgefahr des Hotels in analoger Anwendung des § 701 BGB kommen, da es der Haftungszurechnungsnorm des § 278 BGB widerspricht. Denn diese Vorschrift sieht nur dann eine Haftung für den Erfüllungsgehilfen Hotelier vor, wenn diesen am Schadenseintritt ein Verschulden trifft. Weiterhin ist in der Gastwirtshaftung für eingebrachte Sachen nach § 701 BGB eine verschuldensunabhängige Erfolgshaftung zu sehen, weil der Hotelier gesetzlich für die Betriebsgefahr seines Hotels verantwortlich ist. Es herrschen verschärfte Anforderungen bezüglich der Kontrolle der erforderlichen Sicherheitsschutzmaßnahmen im Hotel durch den Reiseveranstalter und weiterhin auch bei den Aufklärungspflichten in überfallgefährdeten Bereichen. Die Umkehr der Beweislast für das Verschulden nach § 651 f BGB (OLG Düsseldorf, NJW RR 2003, 776; LG Düsseldorf, RRA 2005, 227; OLG München, RRA 1999, 174; LG Berlin, NJW 1985, 144) führt nicht zu einem erheblichen Rechtsnachteil des Reisenden. Aus diesem Grund gibt es keine Anhaltspunkte für eine Analogie.

(3) Das LG Frankfurt a.M. vertritt dieselbe Ansicht, dass keine Haftung durch den Reiseveranstalter erfolgt durch die vom Reisenden eingebrachten Sachen. In den meisten Fällen beherbergt der Reiseveranstalter die Reisenden am Zielort nicht und hat damit keine Möglichkeit unmittelbar auf die Gebäude und das Personal Einfluss zu haben, um einen Diebstahl zu verhindern. Die Beschränkung der Haftung (§ 702 BGB) wird von der Höhe des Beherbergungspreises bestimmt. Ein solcher existiert bei der Pauschalreise nicht (LG Berlin, NJW 1985, 144, 145). Die Pflicht aus § 702 II BGB, eingebrachte Wertsachen aufzubewahren und bei einer Ablehnung der Aufbewahrung Schadenersatz zu zahlen, kann nicht auf den Reiseveranstalter angewendet werden. Die Verpflichtung beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, vor allem im Zusammenhang mit der Größe und dem Rang des Hotels. Eine solche Beurteilung muss erfolgen, obwohl der Reiseveranstalter das Hotel nicht führt.

(4) Kommt es jedoch zu einer schuldhaften Pflichtverletzung des Hotels als Erfüllungsgehilfe, dann kann eine solche dem Reiseveranstalter im Zusammenhang mit seiner reisvertraglichen Haftung über § 651 f BGB über § 278 BGB zugerechnet. Ein Veranstalter muss dafür haften, wenn er einen Zimmerschlüssel nicht ordnungsgemäß aufbewahrt oder die Türschlösser defekt sind (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 776). Weiterhin sind die Gerichte der Meinung, dass Diebstähle in einem Hotel zu dem allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden fallen.

Deliktsrecht

(1) Die Ansprüche eines Reisenden aus dem Deliktsrecht bleiben neben den reisevertraglichen Ansprüchen der §§ 651 i ff. bestehen (BGHZ 103, 298; BGH, NJW 1988, 1380; BGH, NJW 2000, 1188; LG Frankfurt a.M., NJW 1985, 2424; NJW 1990, 520; Hannover NJW RR 1986, 1055). Für die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche eines Reisenden nach §§ 823 ff. BGB muss es zu der Verletzung von eigenen Verkehrssicherungspflichten des Reiseveranstalters kommen oder zu einer rechtswidrigen Schädigung durch einen Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB) (BGHZ 103, 298; BGH, NJW 1988, 1380; LG Frankurt a.M., NJW 1985,2424; LG Hannover, NJW RR 1986, 1055; BGH, NJW 2000, 1188; OLG Düsseldorf, RRA 2003, 14; OLG Karlsruhe, RRa 2004, 162). Handelt es sich um die Deliktshaftung so kann das Verschulden eines selbstständigen Leistungsträgers, wie z.B. eines Hoteliers nicht dem Reiseveranstalter angerechnet werden. Genauso wenig kann ein Verschulden des Reisevermittlers bzw. der örtlichen Repräsentanz über den § 278 BGB angerechnet werden. Begründet wird dies damit, dass es sich bei den Gehilfen zwar durchaus um Erfüllungsgehilfen für reiseverträgliche Ansprüche handelt, jedoch nicht um Verrichtungsgehilfen bei Deliktsansprüchen (BGH, NJW 2007, 2549).

(2) Kommt es zu einer Verletzung der Kontrollpflicht für verkehrsgefährdende Anlagen (BGHZ 103, 298; BGH, NJW 2006, 3268; BGH, NJW 2007, 2549; LG Frankfurt a.M.; NJW 1985, 2424) oder fehlt das Einschreiten in Kenntnis von Gefahrenlagen (LG Frankfurt a.M., NJW RR 1989, 310), dann kommt es zu einer deliktischen Haftung des Reiseveranstalters. Zu beachten ist jedoch, dass dem Vertragshotel nicht zu viele Kontrollpflichten zukommen dürfen.

(3) Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Verjährung. Bei der Deliktshaftung kommt nur die Regelverjährung von drei Jahren in Betracht nach §§ 195, 199 BGB (BGHZ 103,298). Die Verjährung richtet sich nicht nach § 651 g II BGB. Kommt es zu einem Personenschaden und der Reisende macht Ansprüche gegen den Reiseveranstalter geltend, so stellt das Deliktsrecht in einem solchen Fall manchmal den letzten Ausweg dar, weil die Ausschlussfrist des § 651 g I BGB nicht auf deliktische Ansprüche anzuwenden ist (BGH, NJW 2004, 2949). Es kommt im Bereich der Haftungsbeschränkungen nach § 651 h BGB zu keinen Unterschieden zwischen Personenschäden wie bei unerlaubter Handlung. Bei Personenschäden gibt es keine Begrenzung bei der Höhe der Haftung (BGHZ 100, 157; OLG Celle, NJW RR 2000, 1438). Seit der Reform des Schadensersatzrechts von 2002 gibt es auch im Vertragsrecht einen immateriellen Schadensersatz nach § 253 BGB. Für den Reisenden ist nur der Unterschied beim Nachweis des Verschuldens ausschlaggebend. Kann der Reisemangel nachgewiesen werden, dann wird das Verschulden nach § 651 f I BGB vermutet. Bei § 823 I BGB kommt es jedoch nicht zu einer solchen Beweislastumkehr.

(4) Bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflichten kommt ebenfalls ein Reisemangel aus Verletzung der reisevertraglichen Obhuts- und Fürsorgepflichte des Reiseveranstalters in Betracht (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 31.05.2012, Az.: 16 U 169/11; BGH, NJW 2007, 2549; OLG Bamberg, Urt. v. 15.01.13, Az.: 5 U 36/12; OLG Düsseldorf, RRa 2003, OLG Celle, NJW RR 2000, 1438). Der Veranstalter ist dazu verpflichtet Abwehrmaßnahmen bereitzustellen, die alle Gefahren abwehren können, welche im Zusammenhang mit den Reiseleistungen entstehen können. Damit sind vor allem gefahren gemeint, mit denen der Reisende nicht rechnet und aus diesem Grund solche auch nicht willentlich in Kauf nimmt. Aus diesem Grund sind Beeinträchtigungen, welche aufgrund von Sicherheitsdefiziten im Verantwortungsbereich des Veranstalters entstehen, auch ein Teil des Mangelbegriffs. Betrachtet man die vertragliche Schadensersatzhaftung nach § 651 f BGB näher, dann ist der Leistungsträger als Erfüllungsgehilfe nach § 278 BGB anzusehen und sein Handeln ist dem Veranstalter zuzurechnen. Bei der Deliktshaftung hingegen verhält sich dies anders, da in dem Leistungsträger keine Verrichtungsgehilfe nach § 831 BGB zu sehen ist (BGH, NJW 2007, 2549).

Verhältnis zur Haftung bei einzelnen Reiseleistungen

Haftung bei Luftbeförderung

Reiseveranstalter als vertraglicher Luftfrachtführer

Handelt es sich um eine internationale Flugpauschalreise, dann richtet sich die Gewährleistung eines Reiseveranstalters nicht nur nach § 651 i ff. BGB für den Flug sondern auch nach dem Montrealer Übereinkommen und nach dem EU-Luftfahrtrecht der VO (EG) Nr. 2027/97. Dieses sorgt für die Ausweitung des Montrealer Übereinkommen auf alle Luftfahrtunternehmen der Union. Zunächst gab es das Warschauer Abkommen, welches der Vereinheitlichung des Luftprivatrechts vom 12.10.1929 diente, in der Fassung des Haager Protokolls vom 28.09.1955 und noch des Zusatzabkommens von Guadalajara vom 18.9.196 (vgl. EuGH, Urt. v. 06.05.2010, Az.: Rs. C-63/09). Das Montrealer Übereinkommen hat als völkerrechtliches Abkommen das Warschauer Abkommen am 27.06.2004 abgelöst, welches von nun an die Personen-, Reisegepäck- und Verspätungsschäden regelte. Der Unterschied zum Warschauer Abkommen liegt darin, dass es im Montrealer Übereinkommen nicht nur zu höheren Haftungsbeträgen gekommen ist, sondern auch dazu, dass das Zusatzabkommen von Guadalajara wortgleich darin wiederzufinden ist.

Schadensersatzersatzrecht des Montrealer Übereinkommens

Das Schadensersatzrecht des Montrealer Übereinkommens erstreckt sich auf internationale Luftbeförderungen zwischen Vertragsstaaten des Montrealer Übereinkommens, auf Hin- und Rückflüge aus einem Vertragsstaat (Art. 1 MÜ) (AG Düsseldorf, RRa 2004, 188) und auf inländische oder internationale Luftbeförderungen durch ein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft (Art. 3 VO (EG) Nr. 2027/97). Voraussetzung für die Anwendung des Schadensersatzrechts ist jedoch, dass es zu einem Personen-, Gepäck- und Verspätungsschaden kommt. Damit findet das Montrealer Übereinkommen nicht nur zwischen den Vertragsstaaten Anwendung, sondern auch bei den nationalen und internationalen Luftbeförderungen, welche durch Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft durchgeführt werden.

(1) Im Art. 39 ff. MÜ ist die Gesamtschuld (Art. 40 MÜ) (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 30.07.2012, Az.: 11 AR 142/12; BGH, NJW 1985, 1457; BGHZ, 100, 157) des vertraglichen Luftfrachtführers und des ausführenden Luftfrachtführers geregelt, welches das Luftfahrtunternehmen ist, dass den Flug ausführt. Aus diesem Grund spielt das Montrealer Übereinkommen eine große Rolle im Reisevertragsrecht. Unter dem vertraglichen Luftfahrtunternehmen ist das Luftfahrtunternehmen zu verstehen, welches den Vertrag mit dem Reisenden geschlossen hat. Unter dem ausführenden Luftfrachtführer hingegen, ist das Luftfahrtunternehmen zu verstehen, welches die Beförderung tatsächlich durchführt, auf Grund der mit dem vertraglichen Luftfahrtunternehmen getroffenen Vereinbarung (Art. 39 MÜ). Dazu gesagt werden muss, dass es durchaus möglich ist, dass beide Luftfahrtunternehmen identisch sind. Sie müssen jedoch nicht identisch sein. Durch die Art. 39 ff. MÜ kommt es größtenteils zu einer Gleichstellung des vertraglichen Flugreiseveranstalters und des ausführenden Luftfahrtunternehmens (Luftfrachtführers). Damit kommt es zu einem Wahlrecht für den Reisenden.

(2) Das Montrealer Übereinkommen kommt jedoch nicht zur Anwendung im Verhältnis zwischen Reiseveranstalter und ausführendem Luftfahrtunternehmen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.11.2011, Az.: 16 U 39/11; OLG Frankfurt, Urt. v. 23.08.2007, Az.: 3 U 207/06. In den meisten Fällen wird dieses Verhältnis durch den Chartervertrag geregelt. Der Chartervertrag ist als Werkvertrag einzustufen.

(3) Dem Reisenden stehen Schadensersatzansprüche nach dem Montrealer Übereinkommen gegenüber dem ausführenden Luftfrachtführer auch zu, ohne das ein Vertrag zwischen beiden geschlossen werden muss. Jedoch müssen die im Montrealer Übereinkommen geregelten Einschränkungen beachtet werden [BGH, NJW 1974, 1619; LG Düsseldorf, RRa 1997, 184). Der Reiseveranstalter hingegen übernimmt die Haftung gegenüber dem Reisenden nach den jeweiligen Vorschriften des Montrealer Übereinkommens aus seiner eigenen Verantwortlichkeit für Schadensersatzansprüche. Diese gelten für Personen-, Gepäck- und Abflugverspätungsschäden und müssen auch unabhängig davon geleistet werden, ob die Beförderung mit einer eigenen Maschine erfolgt oder ob veranstalterunabhängige, fremde Charterflug- oder Linienfluggesellschaften für die Beförderung eingesetzt werden. Aus diesem Grund kann sich ein Reiseveranstalter nach Art. 41 Montrealer Übereinkommen nicht seiner Haftung entziehen, wenn er sich auf das Verschulden der Fluggesellschaft beruft.

(4) Der nationale Luftverkehr ist seit dem 06.04.2004 in den §§ 44 ff. LuftVG geregelt. Im nationalen Luftverkehr kommt es zu einer Gleichbehandlung des vertraglichen und ausführenden Luftfrachtführers über § 48b LuftVG. Dabei kommt inländischen Flügen bei Pauschalflugreisen keine praktische Bedeutung zu.

Abschließende Sonderreglung im Anwendungsbereich

(1) In Art. 29 Montrealer Übereinkommen ist geregelt, dass es nur zu einem Schadensersatzanspruch durch den Reisenden gegen den Luftfrachtführer kommen kann, wenn dafür ein Rechtsgrund existiert und nur wenn alle Voraussetzungen die durch das Montrealer Übereinkommen festgelegt werden, erfüllt sind. Für den Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens muss jedoch eine Differenzierung erfolgen. Durch das völkerrechtliche Montrealer Übereinkommen und seine korrespondierenden Vorschriften werden ausschließlich nationale reisevertragliche und deliktische Schadensersatzansprüche auf Grund von einem Personenschaden und Gepäckschaden. Bei dem Montrealer Übereinkommen und dem Unionsrecht, welches von dem Montrealer Übereinkommen durch die VO (EG) Nr. 2027/97 als Unionsrecht eingeschlossen wird, wird von einer Vollharmonisierung bei Personen- und Gepäckschäden für den Luftverkehr ausgegangen. Hier kommt es jedoch auf eine Differenzierung im Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens an.

(2) Durch das Montrealer Übereinkommen kommt es zu einer Verdrängung der nationalen reisevertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüche aufgrund des Ersatzes von Vermögens- und Nichtvermögensschäden. Seit der bindenden einen Entscheidung des EuGH vom 06.05.2010 (vgl. EuGH, Urt. v. 06.05.2010, Az.: Rs. C-63/09) wird auch das Schmerzensgeld als ein Nichtvermögensschaden erfasst. Der EuGH hebt in seiner Entscheidung hervor, wie wichtig es ist einen gerechten Interessenausgleich zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen herzustellen. Aus diesem Grund müssen vom Haftungshöchstbetrag des Art. 22 II MÜ sowohl immaterielle als auch materielle Schäden umfassen. Selbst wenn vorher in den Vorauflagen eine andere Auffassung herrschte, nämlich das keine Regelung zum Umfang des Schadens im Montrealer Übereinkommen enthalten ist und die Ausfüllung des Schadensbegriffs dem nationalen Recht überlassen wird, so kann diese Ansicht spätestens nach dieser bindenden Entscheidung des EuGH nicht mehr vertreten werden.

(3) Laut dem EuGH kommt es bei Art. 29 Montrealer Übereinkommen nur allgemein auf Schadensansprüche an. Hingegen soll der Schadensbegriff des Montrealer Übereinkommens nach den generellen Regeln des Völkerrechts auszulegen sein. An diese Auslegung ist selbst die Union gebunden (vgl. EuGH, Urt. v. 06.05.2010, Az.: Rs. C-63/09). Der EuGH ist innerhalb der Union für die Auslegung des Montrealer Übereinkommens verantwortlich. Begründet wird dies damit, dass durch die Umsetzung des Montrealer Übereinkommens durch die VO (EG) Nr. 2027/97 über die Haftung bei Unfällen dieses völkerrechtlichen Übereinkommens zu einem integralen Bestandteil des Unionsrechts geworden ist. Beide Begriffe können als Synonyme benutzt werden und beinhalten sowohl materielle als auch immaterielle Schäden. Dem Reisenden steht sowohl ein Schadensersatzanspruch für materielle als auch immaterielle Schäden zu, wie z.B. Schmerzensgeld. Diese Ansprüche sind gegen den vertraglichen oder ausführenden Luftfrachtführer geltend zu machen. Ein solcher Schadensersatzanspruch kann dem Reisenden in den folgenden Fällen entstehen: Personenschäden (Tod, Körperverletzung), Reisegepäckschäden (Zerstörung, Verlust, Beschädigung) (EuGH, Urt. 22.11.12, Az.: C 440/11) und Abflugverspätungsschäden (des Reisenden, seinem Reisegepäck). Jedoch gibt es einen Höchstbetrag für die Schäden, welcher im Art. 21 I,II des Montrealer Übereinkommen geregelt ist. Dieser beläuft sich auf 113.100 SRZ bei Personenschäden und 1.131 SZR bei Reisegepäck. Die Haftung für den Schaden ist verschuldensunabhängig zu leisten und für vermutetes Verschulden unbegrenzt. Es gilt also eine sogenannte Sperrwirkung des Art. 29 Montrealer Übereinkommens. Auf diese Sperrwirkung kann sich der Reiseveranstalter nach § 651h II beziehen. Wurden die Höchstbeträge bereits verbraucht für materielle Schäden, dann können immaterielle Schäden nicht mehr kompensiert werden. Dies ist nur möglich, wenn der Reisende einen Nachweis nach § 21 II bzw. § 22 V MÜ erbringen kann.

(4) Ist der Reiseveranstalter einer Flugpauschalreise auch gleichzeitig der vertragliche Luftfrachtführer, dann kommen zunächst die Anspruchsgrundlagen der Art. 17 I, 20-22 Montrealer Übereinkommen und bei Tötung und Körperverletzung zunächst die Art. 17 II, 22 II (Zerstörung, Verlust, Beschädigung von Reisegepäck) Montrealer Übereinkommen, bei Verspätungsschäden des Reisenden und seinem Reisegepäck der Art. 19, 22 Montrealer Übereinkommen zur Geltung. Es handelt sich hier jedoch ausschließlich um die Ankunftsverspätung, da nur diese im Montrealer Übereinkommen geregelt ist.

Typische Ursache der Luftbeförderung

Eine Sonderreglung die im Montrealer Übereinkommen verankert ist, kann nur dann greifen, wenn ein Personen-, Reisegepäck- und Abflugverspätungsschaden aufgetreten ist und der Grund für diesen Schaden in einer typischen Ursache der Luftbeförderung liegt (OLG Frankfurt a.M., RRa 1993, 13; OLG Düsseldorf, NJW RR 1998, 921; LG Hannover, NJW 1985, 2903; AG Hannover, RRa 1996, 90; LG Frankfurt a.M., NJW RR 1986, 216; AG Bad Homburg, RRa 2001, 82; AG Düsseldorf, RRa 1998, 239). Unter flugbetriebsbedingten Schäden sind Absturz, technische Defekte (OLG Frankfurt a.M., NJW RR 2005, 65, 66; LG Frankfurt a.M., Urt. v. 06.02.12; Az.: 2 24 O 218/11), Druckabfall, Herabfallen von Bordgepäck aus dem Stauraum sowie Verletzungen bei einem plötzlichen Sinkflug zu verstehen. Das Montrealer Übereinkommen kann nicht angewendet werden bei Unfällen, welche sich im Flughafengebäude ereignen bzw. bei anderen nicht luftfahrttypischen Schadensfällen (OLG München, Urt. v. 11.2.09, Az.: 20 U 3687/08; LG Düsseldorf, RRa 2003, 172). Die passende Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche des Reisenden ist der § 651 f.

Immaterielle Schäden

Es ist davon auszugehen, dass nicht nur Vermögensschäden, sondern auch Nichtvermögensschäden von der Sperrwirkung umfasst sind (EuGH, Urt. v. 06.05.2010, Az.: Rs. C-63/09). Aus diesem Grund fallen unter die Schadensersatzreglungen des Montrealer Übereinkommens auch immaterielle Schmerzensgeldansprüche eines verletzen Reisenden auf Grund eines Personenschadens (§ 253 II BGB).

Reisevertragliche Gewährleistung

(1) Von der Sperrwirkung des Art. 29 Montrealer Übereinkommen sind nur die materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche des Reisenden erfasst. Verschuldensunabhängige Gewährleistungsansprüche wie die Selbstabhilfe (§ 651 i III), Minderung (§ 651 d) und Kündigungsansprüche (§ 651 e) sind nicht von der Sperrwirkung betroffen. Diesbezüglich sind sich sowohl das Schrifttum als auch die Rechtsprechung (OLG Celle, RRa 1995, 163; LG Frankfurt a.M., NJW RR 1986, 216; LG Hannover, NJW 1985, 2903; LG Düsseldorf, RRa 1997, 184; AG Düsseldorf, RRa 1997, 227, AG Baden Baden, RRa 1999, 151; AG Frankfurt a.M., RRa 2002, 22, 23; AG Hannover, RRa 2002, 80) einig.

(2) Voraussetzung für die Mängelansprüche nach §§ 651 i BGB ist eine verschuldensunabhängige Gewährleistung des Flugveranstalters. Dies dient der Wiederherstellung des reisevertraglichen Synallagma. Im Gegensatz dazu geht es im Montrealer Übereinkommen beim Schadensersatz um eine widerlegbare Verschuldenshaftung. Bei der Mängelgewährleistung wird dadurch jedoch das Äquivalenzinteresse des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung betroffen. Der Schadensersatz des Montrealer Übereinkommens stellt eine Beeinträchtigung des Integritätsinteresses durch einen individuellen Schaden dar (vgl. EuGH, Urt. v. 23.10.2012, Az.: C-581/10). Der EuGH bestätigt diese Auffassung, indem er den Zeitverlust nicht als Schaden einstuft sondern als Unannehmlichkeit. Aus diesem Grund ist dieser nicht in Art. 29 Montrealer Übereinkommen geregelt vgl. EuGH, Urt. v. 23.10.2012, Az.: C-581/10).

(3) Im Verhältnis zum Reisevertragsrechts herrscht im Zusammenhang mit dem Konkurrenzverhältnis eine Mindestharmonisierung. Das bedeutet, dass im Hinblick auf Art. 8 der Pauschalreise-Richtlinie 90/314 EWG die Möglichkeit besteht, strengere nationale Vorschriften zu erlassen oder aufrechtzuerhalten. Das soll zum Schutz des Verbrauchers geschehen. Da es sich bei den reisevertraglichen verschuldensabhängigen nationalen Gewährleistungsvorschriften nach §§ 651 i BGB nicht um einen Schadensersatz nach dem Montrealer Übereinkommen handelt, können diese von der Sperrwirkung des Art. 29 Montrealer Übereinkommen ausgeschlossen werden.

(4) Der Reisende mit Reisegepäck, welcher eine Abflugverspätung erleidet ist jedoch davon ausgenommen. Begründet wird dies damit, dass von der Sperrwirkung des Art. 29 Montrealer Übereinkommen nur der Anwendungsbereich der Ankunftsverspätung erfasst ist. Somit ist auch der Minderungsanspruch ausschließlich bei einer Ankunftsverspätung nicht möglich. Durch das Montrealer Übereinkommen wird nur die Ankunftsverspätung als Überschreiten der Beförderungsfrist abschließend geklärt, jedoch nicht die Abflugverspätung. Bei einer Abflugverspätung kann der Art. 19 des Montrealer Übereinkommens nicht angewendet werden, da dass nicht rechtzeitige Eintreffen des Flugzeugs am Bestimmungsort nicht unter den Begriff des Überschreitens der Beförderungsfrist fällt (OLG Frankfurt a.M., NJW RR 1993, 809). Dadurch wird dem Reisenden die Möglichkeit gegeben bei einer Abflugverspätung die Gewährleistungsrechte und damit vor allem den Minderungsanspruch gegen den Reiseveranstalter als vertraglichen Luftfrachtführer geltend zu machen. Schließlich ist das nationale Gewährleistungsrecht nicht durch die Präklusionswirkung des Art. 29 iVm. Art. 19 Montrealer Übereinkommen erfasst. Diese Entscheidungen bleiben jedoch so lange zweifelhaft bis von der Rechtsprechung keine Differenzierung von Abflug- und Ankunftsverspätung erfolgt (OLG Celle, RRa 1995, 163; LG Frankfurt a.M., NJW RR 1986, 216; LG Hannover, NJW 1985, 2903; AG Baden-Baden, RRA 1999, 151; AG Frankfurt a.M., RRA 2002, 22, 23; AG Hannover, RRA 2002, 80).

Fluggastrechte nach der VO (EG) Nr. 261/2004

(1) Tritt der Reisende eine Flugpauschalreise an, so stehen diesem unabhängig von den individuellen, konkreten Schadensersatzansprüchen nach dem Montrealer Übereinkommen und den Gewährleistungsrechten nach §§ 651 i ff. BGB auch noch die gesetzlichen Mindestrechte nach der VO (EG) Nr. 261/2004 (vgl. BGH, Urt. v. 11.03.2008, Az.: X ZR 49/07; BGH, Urt. v. 07.10.2008, Az.: 187/08; AG Oberhausen, RRA 2007, 91; LG Duisburg, VuR 2007, 233) gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen zu.

(2) Die Ansprüche des Reisenden können sich jedoch nicht gegen den Reiseveranstalter der Flugpauschalreise richten. Dem Erwägungsgrund 7 der VO (EG) Nr. 262/2004 zufolge sollen die Verpflichtungen der Verordnung zufolge nur das ausführende Luftfahrtunternehmen betreffen. In der Verordnung selbst findet sich ebenfalls eine Unterscheidung zwischen dem ausführenden Luftfahrtunternehmen (Art. 2 lit. b) und dem Reiseunternehmen (Art. 2 lit. d) und trotzdem wird nur das ausführende Luftfahrtunternehmen verpflichtet. Das Ziel der Verordnung ist es eher den Anwendungsbereich gegenüber der ehemaligen Überbuchungsverordnung VO (EWG) Nr. 295/91 zu vergrößern, nicht jedoch den Anspruchsgegner. Ein Reiseveranstalter kann weiterhin nicht als Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft eingestuft werden im Sinne der europäischen Fluggastrechteverordnung, da dieser schon gar nicht über eine EG Betriebsgenehmigung nach der EG VO Nr. 2407/92 verfügt. Folglich sind für die Verordnung weder der Luftbeförderungsvertrag eines Linien- bzw. Charterfluges (Nur-Flug) von Bedeutung, noch der Reisevertrag einer Flugpauschalreise. Durch die Verordnung werden dem betroffenen Fluggast außervertragliche gesetzliche Ansprüche gewährt.

(3) Eine analoge Anwendung auf den Reiseveranstalter ist ausgeschlossen, da keine unbeabsichtigte Regelungslücke gegeben ist (AG Düsseldorf, RRa 2008, 142).

(4) Dem Reisenden steht abgesehen von den Rechten der Verordnung auch die vertraglichen Gewährleistungsansprüche gegen den Reiseveranstalter der Flugpauschalreise nach den §§ 651 i ff. BGB aufgrund eines Reisemangels zu, wie Nichtbeförderung, Annullierung des Fluges oder Flugverspätung. Laut Art. 3 VI der Verordnung bleiben die auf der Richtlinie 90/314/EWG beruhenden Rechte unberührt. Die Fluggesellschaft des Reiseveranstalters ist auch dann als Erfüllungsgehilfe anzusehen, wenn die Umstände für die Nichtbeförderung, Annullierung und Verspätung nicht der Risikosphäre des Luftfahrtunternehmens unterliegen.

(5) Jedoch kann es nicht zu einer Kumulierung der Anspruchssysteme kommen, weil für die Ausgleichszahlungen nach Art. 12 I 2 der europäischen Fluggastrechteverordnung eine Anrechnung auf weitergehende Schadensersatzansprüche erfolgt (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.2014, Az.: X ZR 126/13). Die Wahl liegt dabei bei dem Reisenden, ob er einen Anspruch aus der europäischen Fluggastrechteverordnung gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen geltend machen möchte oder ob er einen Anspruch nach den §§ 651 i ff. BGB gegen den Reiseveranstalter geltend machen möchte. Der Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden nicht darauf bestehen, zuerst seine Ansprüche aus der Verordnung geltend zu machen, bevor er ihm gegenüber Ansprüche geltend macht.

(6) Die Verordnung ist laut Art. 3 VI der europäischen Fluggastrechteverordnung nicht auf Fälle anwendbar, in denen eine Flugpauschalreise aus anderen Gründen nicht stattfindet, außer aufgrund der Annullierung des Fluges. Ist die Nichtbeförderung, Annullierung oder eine große Verspätung im Gegensatz zur Gesamtheit aller anderen Reiseleistungen der Pauschalflugreise so gravierend, dass ein Kündigungsgrund aufgrund von einem Reisemangel gemäß § 651 e oder § 651 j BGB vorliegt, dann kann der Reisende nach Art. 8 I der europäischen Fluggastrechteverordnung kein Rücktrittsrecht mit der Erstattung des Preises geltend machen, wenn ein vorrangiger Erstattungsanspruch aus der Pauschalreiserichtlinie vorliegt. Die Ansicht von Tonner, dass Art. 4 bis Art. 6 der europäischen Fluggastrechteverordnung immer als erheblicher Reisemangel im Rahmen des § 651 i I BGB zu sehen sind, kann nicht gefolgt werden. So sah es auch der BGH und hat dieser Ansicht in seiner Entscheidung vom 07.10.08 (BGH, NJW 2009, 287; AG München, Urt. v. 5.7.07, Az.: 275 C 10632/07; LG München, Urt. v. 22.01.08, Az.: 13 S 15198/07) diese Ansicht verworfen. Jedoch hat der BGH bestätigt, dass in der Verordnung Ansprüche gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen geregelt sind, jedoch keine gegen den Reiseveranstalter. Die Erstattungsreglung für den Fall eines Rücktritts, der bei einer Verspätung ab fünf Stunden eintritt, gilt nur für Luftbeförderungsverträge. Begründet wird dies damit, dass Pauschalflugreisen häufig aus komplexen Leistungen des Reiseveranstalters bestehen und somit eine Flugverspätung nicht denselben Wert hat für diese Reise. Um ermitteln zu können, ob der reisende das Recht hat sich aus dem gesamten Reisevertrag nach § 651 e BGB zu lösen, kann nur anhand dessen beurteilt werden, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise gegeben ist und ob eine Kündigung somit gerechtfertigt wäre. Eine solche Beurteilung erfolgt nach einer Gesamtwürdigung aller Reiseleistungen.

Haftung bei Seebeförderung

Athener Übereinkommen 2002

(1) Die Haftungsregelungen bei einer Seebeförderung sind nicht einfach, weil internationales Völkerrecht, Unionsrecht und nationale Gesetzgebung nebeneinander stehen. Wenn eine Schiffsbeförderung als Kreuzfahrt erfolgt, dann findet das Reisevertragsrecht Anwendung, weil die Schiffsbeförderung mit weiteren Reiseleistungen im Zusammenhang steht. Der Reiseveranstalter kann sich aufgrund von § 651 h II BGB auf Haftungsbeschränkungen internationaler Übereinkommen beziehen bei einem überschreitenden Seeverkehr. Diese haben in ihrem Anwendungsbereich Vortritt (vgl. EuGH, Urt. v. 07.12.2010, Az.: C-585/08; BGH Urt. v. 18.12.2012, Az.: X ZR 2/12; AG Flensburg, NJW RR 2001, 1180; LG Leipzig, NJW RR, 2005, 995).

(2) Die Europäische Union ist dem Athener Übereinkommen 2002 (AÜ 2002) beigetreten mit dem Beschluss des Rates vom 12.12.2011 und hat die hat Athener Übereinkommen 2002 in das Unionsrecht aufgenommen und zur selben Zeit eine Erhöhung der Haftungssummen des Übereinkommens vorgenommen. Das Athener Übereinkommen 2002 ist am 29.05.2009 nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft getreten. Das Athener Übereinkommen sollte spätestens ab dem 31.12.2012 in Kraft treten und die Anlage zu dem § 664 HGB sollte keine Anwendung mehr finden.

(3) Jedoch wollte der Unionsgesetzgeber nicht bis zu der Ratifizierung durch die Mitgliedsstaaten warten und aus diesem Grund erklärte der Unionsgesetzgeber das Übereinkommen vom 01.01.2013 als verbindlich. Nachdem das Athener Übereinkommen dann am 23.04.2014 in Kraft getreten ist, musste die Übergangsverordnung nicht mehr angewendet werden. Die Verordnung gilt sowohl für den grenzüberschreitenden Seeverkehr, als auch für inländische Seebeförderungen. So findet es z.B. auch für die Strecke zwischen Hamburg und Helgoland Anwendung. (4) Der deutsche Gesetzgeber hat die Anlage zu § 664 HGB mit dem Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts aufgehoben und in die §§ 536 ff. HGB mit dem Athener Übereinkommen fast die gleichen Haftungsregeln eingeführt. Die Haftungstatbestände sind jedoch ausschließlich für den Binnenschiffsverkehr anwendbar.

Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr

Die Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 über Fahrgäste im See- und Binnenschiffsverkehr ist am 18.12.2012 in Kraft getreten. Dadurch kamen den Fahrgästen im See- und Binnenschiffsverkehr nun ähnliche Mindestrechte wie Fluggästen bei der Verspätung und Annullierung zu. Die Regelungen der Verordnung gelten laut Art. 2 I lit.c auch für Fahrgäste, die Teilnehmer einer Kreuzfahrt sind und bei der der Einschiffungshafen sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates befindet. Jedoch gelten die Art. 16 II, 18, 19,20 I und IV nicht für die Fahrgäste. Ansprüche aus der Pauschalreiserichtlinie 90/314/EWG bleiben unberührt laut Art. 21 der Verordnung.

Binnenschiffsverkehr

Das Binnenschifffahrtsgesetz kommt zu Anwendung bei inländischen Flusskreuzfahrten. Dazu gehören Fahrten auf dem Main, der Donau, oder der Elbe. Es kommt weiterhin bei Ausflugsfahrten auf Binnengewässern zum Einsatz. Damit eine Übereinstimmung bei der Haftung für den Seeverkehr herrscht, wird sich in den §§ 77 I Binnenschifffahrtsgesetz auf die §§ 536 ff. HGB berufen.

Haftung bei Eisenbahnbeförderung

Innerstaatliche Bahnbeförderung

(1) Bietet die Bahn über die Bahn Touristik Pauschalreisen an, wie Ausflüge oder Städtereisen, dann gelten ausschließlich die §§ 651 a ff. BGB. Nicht außer Acht gelassen werden darf, jedoch die Unzulässigkeit der Vermittlerklausel nach §§ 651 a II BGB nicht außer acht gelassen werden.

(2) Weiterhin sind die §§ 17, 25 ff. der Eisenbahnverkehrsordnung und die Vorschriften des Haftpflichtgesetzes bei Personen- und Sachschäden in ihrem nationalen Anwendungsbereich zu beachten. Durch diese Normen kommt es nur zu einer Sperrwirkung für die §§ 651 i ff. BGB in ihrem Anwendungsbereich.

Grenzüberschreitende Bahnbeförderung

(1) Für die Bahnbeförderung als Teil der Pauschalreise im grenzüberschreitenden Personenverkehr findet das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr und die im Anhang A geregelten Rechtsvorschriften als Sondervorschriften Anwendung. Die nationalen Regelungen der Eisenbahnverkehrsordnung und das Haftpflichtgesetz hingegen finden keine Anwendung. Die Haftungsbeschränkungen gelten jedoch nicht, wenn dem Eisenbahnunternehmen Absicht oder Leichtfertigkeit nachgewiesen werden kann.

(2) Durch die Schadensnormen der Art. 27,28 die Vorschrift des § 651 f BGB und aus diesem Grund kann es nicht zu einer Entschädigung nach § 651 f II BGB kommen. Die Gewährleistungsvorschriften der §§ 651 i BGB sind jedoch außerhalb der jeweiligen Schadensersatznormen anwendbar.

Fahrgastrechte der VO (EG) Nr. 1371/2007

(1) Im Jahr 2007 wurde von der Gemeinschaft das dritte Eisenbahnpaket erlassen, damit bei allen Verkehrsträgern einheitliche Fahrgastrechte gelten. Teil dieses Pakets war die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007, welche die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr regeln sollte. Diese Vorschriften waren ab dem 03.12.2009 für alle Mitgliedstaaten gültig. Als Vorbild diente die europäische Fluggastrechteverordnung über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung. Sie sollte als Verstärkung der Fahrgastrechte dienen. Denn der Fahrgast wird stets als schwächere Partei eines Beförderungsvertrages angesehen und muss daher in seinen Rechten besonders geschützt werden. Innerstaatlich wurde das Unionsrecht bereits ab dem 29.07.2009 angewendet. Bei der Verordnung handelt es sich um zwingendes Recht, welches bei allen nationalen und internationalen Beförderungen angewendet werden muss. Vertraglich darf davon nur zugunsten des Fahrgastes abgewichen werden. Durch sie werden die §§ 651 i ff. verdrängt.

(2) Der Inhalt der Verordnung sind die Informationspflichten des Eisenbahnunternehmers bei dem Abschluss des Beförderungsvertrages, bei der Ausgabe von Fahrkarten, bei Computerreservierungssystemen, zur Haftung und Versicherungspflicht gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck, den Pflichten bei Verspätungen und Betreuungsleistungen gegenüber Fahrgästen und deren Gepäck, bei Verspätungen und Betreuungsleistungen im Verhältnis zu den Fahrgästen.

(3) Der Anwendungsbereich des Art. 2 der Verordnung ist kompliziert, zeitlich und inhaltlich gestaffelt. Die Basisrechte gelten unionsweit für alle Schienenpersonenverkehrsdienste laut Abs. 3. Zu den Basisrechten gehören Art. 9, 11, 12, 19, 20 und 26 der Verordnung.

Busbeförderung

(1) Für Buspauschalreisen gelten die §§ 651 i ff. BGB. Es kann nicht zu einer Verdrängung dieser Vorschriften durch spezialgesetzliche Haftungsvorschriften kommen.

(2) Der Busbeförderungsvertrag bei Fernbusfahrten ist als Werkvertrag nach den §§ 631 ff. einzustufen.

(3) Die Verordnung (EU) Nr. 181/2011 über die Fahrgastrechte im kraftomnibusverkehr ist am 01.03.2013 in Kraft getreten. Während am 27.07.2013 das nationale Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 in Kraft getreten ist.

(4) Kommt es nach dieser Fahrgastrechte-VO zu einer Verspätung von mehr als zwei Stunden, zu einer Überbuchung und Annullierung, dann kann der Fahrgast wählen, ob er eine Ersatzbeförderung wünscht oder die Erstattung des kompletten Fahrpreises. Anwendbar ist dieses Regelung jedoch nur bei Linienverkehrsdiensten und bei Fahrten mit einer Entfernung von mehr als 250 km. Wenn keine Ersatzfahrt von dem Busunternehmen angeboten werden kann, dann muss eine Entschädigung in Höhe von 50 % des Fahrpreises erfolgen. Das Unternehmen hat Imbisse, Mahlzeiten oder Erfrischungen anzubieten, sowie eine Unterbringung, wenn diese benötigt wird, wenn es zu einer Verzögerung der Abfahrt um 90 Minuten bei einer Fahrt von über drei Stunden kommt. Kommt es zu einem Personen- und Gepäckschaden dann finden die nationalen Rechtsvorschriften laut Art. 6 und 7 der VO Anwendung, obwohl es nicht zu einer Unterschreitung der Haftungshöchstgrenzen in Abs. 2 kommen darf.

(5) Ist der Reiseveranstalter gleichzeitig auch der Halter des Transportmittels, dann kann es bei Busreisen auch zu einer straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung des Halters nach § 7 StVG kommen. Dieser Haftungsgrund kann selbstständig neben der reisevertraglichen Gewährleistung stehen.

Urteile und Rechtsprechung

Urteile, Datum Aktenzeichen Zusammenfassung
BGH, Urt. v. 20.03.1986 VII ZR 187/8 Eine Reisekostenrückertsattung kann nur innerhalb der Einspruchsfest geltend gemacht werden. Ansonsten kann eine Verjährung in Kraft treten, sobald diese Frist nicht eingehalten wird.
Urt. v. 20.03.1986 VII ZR 187/85 Wird bei einer Pauschalreise eine nach dem Vertrag geschuldete Leistung aus Gründen, die nicht allein in der Person des Reisenden liegen, ganz oder teilweise nicht erbracht, handelt es sich grundsätzlich um einen Reisefehler, für den der Reiseveranstalter nach §§ 651c ff. haftet. Das gilt auch, wenn bereits die erste Reiseleistung ausfällt und damit die gesamte Reise vereitelt wird.
BGH, Urt. v. 11.01.2005 X ZR 118/03 Es gibt für Reisende keinen Entschädigungsanspruch wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit, wenn sie die Reise nicht antreten.
BGH, Urt. v. 12.07.1990 VII ZR 362/89 Nach Auffassung des Berufungsgerichts können die Kläger den bisher noch nicht zurückgezahlten Teil des Reisepreises gemäß § 651 e BGB zurückverlangen. Es liege hier ein Reisemangel i.S.v. § 651 c Abs. 1 BGB vor, für den die Beklagte einzustehen habe, selbst wenn die Mängel der Leistung allein die Folgen höherer Gewalt gewesen seien.
BGH, Urt. v. 26.06.1980 VII ZR 257/79 Wird eine nach dem Reisevertrag geschuldete Kreuzfahrt teilweise unmöglich, weil ein bestimmter Hafen wegen schlechten Wetters nicht angelaufen werden kann, so trägt insoweit der Reiseveranstalter die Vergütungsgefahr.
BGH, Urt. v. 15.07.2008 X ZR 93/07 Bei besonderer Schwere kann ein Ereignis, das zu einem Mangel führt, eine Minderung rechtfertigen welche nicht auf den anteiligen Reisepreis für die Dauer des Ereignisses beschränkt ist.
BGH Urt. v. 18.12.2012, Az.: X ZR 2/12 X ZR 2/12 Ein Vertrag über die Teilnahme an einer Kreuzfahrt ist als Reisevertrag im Sinne des § 651a Abs. 1 BGB anzusehen.

b) Ist dem Reisenden die Anreise zum Ausgangsort der Kreuzfahrt infolge höherer Gewalt unmöglich oder ist seine Anreise erheblich erschwert, kann er den Vertrag über die Teilnahme an der Kreuzfahrt auch dann kündigen, wenn die Anreise nicht Bestandteil des Reisevertrags ist.

BGH,Urt. v. 23.11.1989 VII ZR 60/89 1. Der Reaktorunfall in Tschernobyl vom 25/26. 4. 1986 ist nicht vorhersehbare höhere Gewalt i. S. des § 651j I BGB, die zur Kündigung einer vom 4. bis 9. 5. 1986 für eine Schulklasse gebuchten Reise nach Prag berechtigt.

2. Zum Anspruch des Reiseveranstalters auf Ersatz von Hotel-Stornokosten, wenn der Reisende den Reisevertrag vor Reisebeginn wegen nicht vorhersehbarer höherer Gewalt kündigt.

OLG Frankfurt, Urt. v. 31.05.2012 16 U 169/11 Ein Reiseveranstalter haftet auch für Körperschäden, die ein Reisender nach einem „Upgrade“ vor Ort in einer im Reiseprospekt nicht angebotenen Unterkunft erleidet.
EuGH, Urt. v. 06.05.2010 C-63/09 Der Begriff "Schaden", der Art. 22 Abs. 2 des am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossenen Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr zugrunde liegt, mit dem der von Luftfahrtunternehmen für Schäden, die insbesondere durch den Verlust von Reisegepäck eintreten, zu zahlende Haftungshöchstbetrag festgelegt wird, ist dahin auszulegen, dass er sowohl materielle als auch immaterielle Schäden umfasst.
OLG Frankfurt, Urt. v. 30.07.2012 11 AR 142/12 Der Gerichtsstand ist am Abflugsort festgelegt, wenn das Luftfahrtunternehmen und der Reiseveranstalter gemeinsam in Anspruch genommen werden.
OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.11.2011 16 U 39/11 Im Verhältnis zwischen Reiseveranstalter und Fluglinie findet das Montrealer Übereinkommen keine Anwendung.2. Zum Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nach Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 261/2004
OLG Frankfurt, Urt. v. 23.08.2007 3 U 207/06 Das Montrealer Übereinkommen vom 28.5.1999 findet auf Gruppenbeförderungsverträge keine Anwendung.
EuGH, Urt. v. 23.10.2012 C-581/10 1. Die Art. 5 bis 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 sind dahin auszulegen, dass den Fluggästen verspäteter Flüge ein Ausgleichsanspruch nach dieser Verordnung zusteht, wenn sie aufgrund dieser Flüge einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, d. h., wenn sie ihr Endziel nicht früher als drei Stunden nach der vom Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen. Eine solche Verspätung begründet jedoch dann keinen Ausgleichsanspruch der Fluggäste, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, also auf Umstände, die von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind.

2. Die Prüfung der Vorlagefragen hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Art. 5 bis 7 der Verordnung Nr. 261/2004 berühren könnte.

BGH, Urt. v. 07.10.2008 187/08 Bei einer Pauschalreise stellt die Verspätung eines Zubringerfluges um mindes-tens fünf Stunden nicht schon für sich eine erhebliche Beeinträchtigung dar, die eine Kündigung des Reisevertrages ermöglicht. Ob bei einer solchen Verspä-tung ein Kündigungsgrund gegeben ist, ist vielmehr aufgrund einer an Zweck und konkreter Ausgestaltung der Reise sowie der Art und Dauer der Beein-trächtigung orientierten Gesamtwürdigung zu beurteilen.
BGH, Urt. v. 30.09.2014 X ZR 126/13 a) Bei einem Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen Minderung aufgrund großer Verspätung des Rückfluges nach § 651d BGB handelt es sich um einen weitergehenden Schadensersatzanspruch nach Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO.

b) Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind nach der Fluggast-rechteverordnung allein wegen großer Verspätung gewährte Ausgleichsleis-tungen auf den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen Minderung nach § 651d BGB aufgrund derselben großen Verspätung anzurechnen.

EuGH, Urt. v. 07.12.2010 C-585/08 Ein Vertrag über eine Frachtschiffsreise wie der im Ausgangsverfahren der Rechtssache C-585/08 fragliche stellt einen Reisevertrag, der für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsieht, im Sinne von Art. 15 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen dar.
BGH Urt. v. 18.12.2012, Az.: X ZR 2/12 X ZR 2/12 a) Ein Vertrag über die Teilnahme an einer Kreuzfahrt ist als Reisevertrag im Sinne des § 651a Abs. 1 BGB anzusehen.

b) Ist dem Reisenden die Anreise zum Ausgangsort der Kreuzfahrt infolge höherer Gewalt unmöglich oder ist seine Anreise erheblich erschwert, kann er den Vertrag über die Teilnahme an der Kreuzfahrt auch dann kündigen, wenn die Anreise nicht Bestandteil des Reisevertrags ist.