Europäische Fluggastrechte bei Verspätung des Fluges

Aus PASSAGIERRECHTE
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Bei der Verspätung eines Fluges ergeben sich für Passagiere verschiedene Ansprüche. In den meisten Fällen – sofern ein Luftbeförderungsvertrag abgeschlossen wurde - lassen sich diese aus der EG-Verordnung 261/2004 (im folgenden EU-Fluggastrechteverordnung) sowie Urteilen des EuGH ableiten und gelten in jedem Mitgliedsstaat einheitlich.


Flugvertrag

Große Verspätung

Ursprünglich war eine Entschädigung in Geld bei einer Verspätung nicht von der EU-Fluggastrechteverordnung vorgesehen, diese sollte nur bei der Annullierung eines Fluges oder bei unbegründeter Nichtbeförderung von Fluggästen gezahlt werden können. Dies änderte sich mit dem „Sturgeon“-Urteil des EUGH (EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az C-402/07): Danach war eine Verspätung zwar nach wie vor nicht exakt als Annullierung eines Fluges anzusehen, jedoch sind Airlines seit diesem Urteil auch bei einer großen Verspätung dazu verpflichtet, die gleichen Leistungen wie bei einer Annullierung zu erbringen. Die Verspätung muss hierbei mindestens drei Stunden am Zielort betragen. Der EuGH begründete dies damit, dass bei einer derartigen Verspätung sich für einen Fluggast ähnliche negative Konsequenzen ergeben können wie bei einer Annullierung, weswegen in beiden Fällen die Airline auch eine vergleichbare Entschädigung zu erbringen hat. Entscheidend für die Dauer der Verspätung ist der Zeitpunkt, an dem das gelandete Flugzeug seine Türen öffnet, nicht schon der Zeitpunkt, zu dem das Flugzeug auf der Rollbahn aufsetzt (EuGH, Urteil vom 14.09.2014, Az C-452/13).

Anwendbarkeit der VO

Die Verordnung – und damit die Anspruchsgrundlage für die Rechte bei einer Verspätung – ist gemäß Art. 3 der VO immer dann anwendbar, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen ein Unternehmen der Gemeinschaft ist, für die die VO gilt. Das Luftfahrtunternehmen muss also eine Zulassung aus einem Mitgliedsstaat erhalten haben. Weiterhin gilt die VO für alle Flüge – also auch für Flüge von Nicht-EU-Airlines -, die aus dem Gebiet eines Mitgliedsstaates der VO starten. Nach weit überwiegender Ansicht sind Hin- und Rückflug hierbei zwei unterschiedliche Flüge – es kann also vorkommen, dass die Fluggastrechteverordnung etwa für den Hinflug anwendbar ist, für den Rückflug hingegen nicht (BGH, Urteil vom 13.11.2012, Az X ZR 12/12). Die Fluggastrechteverordnung ist darüber hinaus auch auf Flüge in und aus der Schweiz anwendbar (BGH, Beschluss vom 09.04.2013, Az X ZR 105/12) Fluggäste, die kostenlos oder zu einem nicht öffentlich zugänglichen Tarif reisen, werden von der Verordnung nicht erfasst. Dies gilt bspw. auch dann, wenn Kleinkinder aufgrund eines bestimmten Tarifs kostenlos fliegen durften.

Rechte aus der VO

Ausgleichsleistung

Wie bei einer Annullierung oder einer Nichtbeförderung sind einem Fluggast bei einer großen Verspätung Ausgleichszahlungen zu erbringen. Diese richten sich nach der Entfernung, die der Flug zurückgelegt hatte, wie folgt:

250€ - bei einer Flugdistanz von unter 1.500 km

400€ - bei einer Flugdistanz von 1.500 km bis unter 3.500 km bei Flügen, die den Geltungsbereich der Fluggastrechteverordnung verlassen

400€ - bei einer Flugdistanz ab 1.500 km bei Flügen, die im Geltungsbereich der Fluggastrechteverordnung bleiben

600€ - bei allen übrigen Flügen

Die Kilometerdistanz wird hierbei nach der Großkreisentfernung ermittelt, es wird also die Luftlinie zwischen Start- und Zielflughafen ermittelt. Eventuelle Zwischenhalte an Drittflughäfen werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.

Bietet das Luftfahrtunternehmen dem Passagier einen alternativen Flug zu seinem Endziel an, so kann es die fällige Ausgleichszahlung halbieren. Dies gilt jedoch nur, wenn der Ersatzflug innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens sein Ziel erreicht. Dieser bemisst sich nach der dabei zurückgelegten Flugstrecke:

- bei einem Flug über 1.500 km oder weniger: Der Ersatzflug darf nicht mehr als zwei Stunden später im Vergleich zum ursprünglichen Flug sein Ziel erreichen

- bei einem innergemeinschaftlichen Flug über eine Distanz von mehr als 1.500 km: Der Ersatzflug darf nicht mehr als drei Stunden später im Vergleich zum ursprünglichen Flug sein Ziel erreichen

- bei allen anderen Flügen: Der Ersatzflug darf nicht mehr als vier Stunden später im Vergleich zum ursprünglichen Flug sein Ziel erreichen


Außergewöhnliche Umstände

Gemäß Art. 5 III analog der EU-Fluggastrechteverordnung muss die Ausgleichsleistung dann nicht gezahlt werden, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die Verspätung auf außergewöhnlichen Umständen beruht und sich die Verspätung auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Beweispflichtig ist also das Luftfahrtunternehmen, der Passagier selbst muss nicht beweisen, dass gerade kein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen hat. Grundsätzlich kann man eher von außergewöhnlichen Umständen ausgehen, wenn das Ereignis in der betrieblichen Sphäre des Luftfahrtunternehmens lag, da es in diesen Fällen großen Einfluss auf die Umstände haben musste. Liegt das Ereignis, welches zur Verspätung führte, außerhalb des Unternehmenseinflusses, so ist nicht selten von einem außergewöhnlichen Umstand auszugehen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Umstand als außergewöhnlich wahrgenommen wird, ist dann größer, wenn er vom Luftfahrtunternehmen weder zu beeinflussen noch zu verantworten war. So können ungünstige Wetterbedingungen am Start- oder Zielflughafen einen außergewöhnlichen Umstand darstellen (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.01.2008, Az 29 C 1113/07-11). Auch Streiks von Personen, die nicht beim Luftfahrtunternehmen angestellt sind (z.B. Fluglotsen), werden als außergewöhnliche Umstände angesehen (AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 19.01.2011, Az 9 C 461/10). Fast immer sind betriebliche Entscheidungen des Flughafens als außergewöhnlicher Umstand einzustufen (bspw. Schließung einer Start- oder Landebahn), da die Airline hierauf keinen Einfluss nehmen können (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.12.2013, Az. 31 C 1588/13(17)). Noch strittig ist, inwieweit ein Schaden durch einen Vogelschlag als außergewöhnlicher Umstand angesehen wird. Nach überwiegender Auffassung soll es sich dabei jedoch um einen außergewöhnlichen Umstand handeln (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.11.2012, Az 2-24 S 111/12). Vereinzelt können auch technische Defekte einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, wenn sie durch Sabotage verursacht wurden. Verhindert das Verhalten einzelner Flugpassagiere, dass ein pünktlicher Start stattfinden kann, so kann dies ebenso als außergewöhnlicher Umstand gelten (AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 15.06.2011, Az 4 C 572/10).

Keine außergewöhnlichen Umstände

In den allermeisten Fällen scheiden technische Defekte am Flugzeug als außergewöhnliche Umstände aus, da es Aufgabe der Luftfahrtunternehmen ist, ein technisch einwandfreies Flugzeug zur Verfügung zu stellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Fehler besonders selten auftritt und daher im allgemeinen Sprachgebrauch „außergewöhnlich“ ist (LG Darmstadt, Urteil vom 16.06.2010, Az 7 S 200/08). Auch wenn ein technischer Defekt auf dem Vorflug eines Fluges auftritt und sich dieser nachfolgende Flug verspätet, ändert sich nichts daran, dass er kein außergewöhnlicher Umstand sein wird. Wird ein technischer Defekt festgestellt, so wird im Zweifel angenommen, dass dieser Defekt erst mit der Zeit entstanden ist und nicht schon von Anfang an vorhanden war. Will eine Airline sich hingegen auf einen Herstellerfehler berufen, so muss sie dies beweisen LG (Darmstadt, Urteil vom 16.04.2014, Az 7 S 161/13). Beispielhaft seien als nicht außergewöhnliche Umstände hier genannt:

- Defektes Fahrwerk (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.09.2010, Az 30 C 1048/10 (32))

- Probleme an der Hydraulik

- Defekt am Luftdrucksystem (LG Darmstadt, Urteil vom 16.06.2010, Az 7 S 200/08)

- Beschädigungen des Flugzeuges jeder Art, die beim Be- und Entladen des Flugzeuges entstehen (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.04.2011, Az 29 C 2034/10 (21))

- Auslaufendes Öl (LG Stuttgart, Urteil vom 20.04.2011, Az 13 S 227/10)

- Geplatzter Reifen (AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 31.05.2011, Az 20 C 84/11)


Die Erkrankung von Piloten oder anderen Crewmitarbeitern einer Airline gilt ebenfalls nicht als außergewöhnlicher Umstand, da dies zum betrieblichen Risiko eines Unternehmens gehört (LG Damrstadt, Urteil vom 06.04.2011, Az 7 S 122/10). Insbesondere muss ein Luftfahrtunternehmen darlegen können, warum es keine Ersatzcrew bereitstellen konnte, falls die ursprünglich vorgesehene Besetzung ausfällt.


Ein Nachtflugverbot kann selbst als außergewöhnlicher Umstand gelten, dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn eine Airline ihre Flüge zu eng plant, um bei geringer Verspätung noch das Nachtflugverbot zu vermeiden. Denn kleinere Verspätungen sind im Flugverkehr häufig nicht zu vermeiden, daher muss eine Airline sich darauf einstellen können (AG Frankfurt a.M., Urteil vom 08.02.2013, Az. 30 C 2290/12(47)). Generell gilt: Sorgt ein außergewöhnlicher Umstand dafür, dass ein Flug in das Nachtflugverbot „hineinverlegt“ wird, so muss das Luftfahrtunternehmen keine Ausgleichsleistung erbringen. Ist der Grund hierfür jedoch kein außergewöhnlicher Umstand, so muss eine Ausgleichsleistung erbracht werden.


Auch wegen eines Streiks kann ein Flug eine große Verspätung erleiden. Hierbei muss differenziert werden, welche Mitarbeiter am Streik beteiligt waren. Streiken Mitarbeiter des Luftfahrtunternehmens, so liegt kein außergewöhnlicher Umstand vor. Ein Streik externer Mitarbeiter, auf die das Luftfahrtunternehmen keinen Einfluss ausüben kann, gilt hingegen als außergewöhnlicher Umstand.

Betreuungsleistungen

Über die Ausgleichsleistung hinaus sind dem Passagier auch Betreuungsleistungen gemäß Art. 9 VO zu erbringen. Diese gilt unabhängig davon, ob eine Ausgleichsleistung nach Art. 7 der VO zu erbringen ist, das heißt, ein Passagier kann auch dann Betreuungsleistungen verlangen, wenn der Flug wegen eines außergewöhnlichen Umstandes verspätet ist (OLG Koblenz, Urteil vom 11.01.2008, Az 10 U 385/07).

Ob Betreuungsleistungen verlangt werden können, hängt sowohl von der zurückgelegten Flugstrecke als auch von der voraussichtlichen Verspätung des Fluges ab. Die Betreuungsleistungen bei einer Verspätung können gemäß Art. 6 der VO in folgenden Fällen verlangt werden:

- bei einem Flug über 1.500 km oder weniger und einer Verspätung von zwei Stunden oder mehr

- bei einem innergemeinschaftlichen Flug über eine Distanz von mehr als 1.500 km und einer Verspätung von drei Stunden oder mehr

- bei allen anderen Flügen ab einer Verspätung von vier Stunden oder mehr.

Die Betreuungsleistungen umfassen:

- Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit

- Unterbringung in einem Hotel, falls notwendig

- Beförderung zwischen Flughafen und dem Ort der Unterbringung (z.b. oben genanntem Hotel)

- die Möglichkeit, unentgeltlich zwei Telexe, Telefaxe oder E-Mails zu verschicken oder zwei Telefongespräche zu führen.

Bei der Auswahl der Betreuungsleistungen soll das Luftfahrtunternehmen „nicht kleinlich“ sein. Es muss als beispielsweise kein großer Umweg in Kauf genommen werden, um den Passagier im günstigsten Hotel unterzubringen. Gemäß Art. 9 Abs. 3 VO muss das Luftfahrtunternehmen hier besonders auf Personen mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleiter sowie auf unbegleitete Kinder Rücksicht nehmen.

Werden diese Leistungen nur teilweise oder gar nicht erbracht und muss der Passagier daher selbst dafür aufkommen, so hat das Luftfahrtunternehmen den Schaden, der ihm daraus entsteht, zu ersetzen, sofern der Passagier nachweisen kann, selbst Geld hierfür ausgegeben zu haben. Wenn ein Passagier eigentlich Anspruch auf eine Hotelübernachtung wegen nächtlicher Wartezeit hätte, diesen aber nicht nutzt und lieber die Nacht am Flughafen verbringt, kann er keinen Schadensersatz für eine „hypothetische Übernachtung“ verlangen (AG Erding, Urteil vom 15.11.2006, Az 4 C 661/06).

Unterstützungsleistungen

Darüber hinaus können dem Passagier Rechte auf eine Unterstützungsleistung gemäß Art. 8 Absatz 1 Buchst. a.) der VO zustehen. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Flug mindestens fünf Stunden verspätet sein wird.

Hiernach darf der Passagier verlangen, dass die Fluggesellschaft ihm binnen sieben Tagen die Kosten für den Flugschein ersetzt. Es können auch die Kosten für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte ersetzt werden, wenn die Flugreise insgesamt für den Passagier und dessen ursprünglichen Reisezweck wertlos geworden ist. Wenn nötig, kann der Passagier zusätzlich verlangen, zum frühestmöglichen Zeitpunkt zum ersten Abflugort zurückgeflogen zu werden (falls bereits ein Vorflug stattgefunden hat).

Gemäß Art. 7 Absatz 3 der VO hat die Erstattung des Flugpreises grundsätzlich in Geld zu erfolgen (bar, per Überweisung oder Scheck). Das Luftfahrtunternehmen kann anbieten, dem Passagier stattdessen einen Fluggutschein o.ä. in der gleichen Höhe auszuhändigen, er kann dies jedoch ablehnen und auf Zahlung des Flugpreises beharren. Das Einverständnis des Passagiers zu einem Ersatz per Fluggutschein muss schriftlich geschehen.

Weitere Rechte

Über die oben genannten Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung können dem Passagier weitere Rechte auf Schadensersatz nach dem Montrealer Übereinkommen zustehen. Art. 19 des MÜ regelt hierbei, dass der verantwortliche Luftfrachtführer (regelmäßig die Airline) u.a. für alle Schäden aufkommt, die aus einer Verspätung entstehen. Hierbei ist – analog zur EU-Fluggastrechteverordnung – von einer Verspätung ab zwei Stunden auszugehen, da auch in der Fluggastrechteverordnung Ansprüche erst ab zweistündiger Verspätung entstehen.

Der Unterschied zu den Ansprüchen aus der EU-Fluggastrechteverordnung besteht darin, dass hier ein Schaden nachgewiesen werden muss, der durch die Verspätung entstanden ist. Das bloße Vorliegen einer Verspätung reicht also nicht aus. Zudem muss die Verspätung durch das Luftfahrtunternehmen verschuldet worden sein. Zwar wird im Zweifel vermutet, dass das Luftfahrtunternehmen die Verspätung verschuldet hatte, es ist jedoch einfacher für das Unternehmen, sich von der Zahlungspflicht zu befreien. Dieser Anspruch kann immer dann in Frage kommen, wenn Start- und Zielflughafen in einem Staat liegen, welcher das Montrealer Übereinkommen unterzeichnet hat. Dies betrifft viele Staaten, die nicht von der EU-Fluggastrechteverordnung erfasst sind. Staaten, die nicht Unterzeichner des Montrealer Übereinkommens sind, haben häufig das ältere Warschauer Abkommen unterzeichnet, woraus sich ebenfalls ein solcher Schadensersatzanspruch bei einer Flugverspätung herleiten lässt.

Der Schadensersatz der Luftfahrtunternehmen nach dem Montrealer Übereinkommen ist gemäß Art. 22 des MÜ auf 4.694 Sonderziehungsrechte begrenzt (umgerechnet etwa 5.300 €).

Bei einem Flug innerhalb Deutschlands kann weiterhin Schadensersatz nach § 280 BGB geltend gemacht werden. Hierbei gilt jedoch ebenfalls, dass erstens ein Schaden vorhanden und zweitens dieser vom Luftfahrtunternehmen zu verantworten gewesen sein muss.

Gemäß Art. 12 der EU-Fluggastrechteverordnung kann eine Ausgleichszahlung auf oben genannte Schadensersatzansprüche angerechnet werden.


Geltendmachung und Durchsetzung der Rechte

Anspruchsgegner

Anspruchsgegner im Fall einer Flugverspätung ist immer die Airline, die den Flug tatsächlich durchgeführt hat. Im Fall eines „Code-Sharing“-Verfahrens müssen bei der Airline die Ansprüche geltend gemacht werden, die den betroffenen Flugabschnitt tatsächlich durchgeführt hatte. Ist für den Passagier nicht ersichtlich, welches Unternehmen dies gewesen sein soll, so wird vermutet, dass das Unternehmen, welches in den Buchungsunterlagen angegeben ist, den Flugabschnitt durchgeführt hat (so der BGH, Urteil vom 26.09.2011, Az Xa ZR 132/08). Wenn ein Luftfahrtunternehmen ein anderes Luftfahrtunternehmen damit beauftragt hatte, den Flug für es durchzuführen, so ist das beauftragende Unternehmen der Anspruchsgegner, da es sich die Handlungen des beauftragten Unternehmens zurechnen lassen muss. Der Anspruch muss gegenüber der Airline geltend gemacht werden, der Passagier muss also bspw. eine Ausgleichszahlung dort einfordern.

Siehe hierzu: Ausführendes Luftfahrtunternehmen – richtiger Anspruchsgegner.

Gerichtsstand

Hauptartikel: Gerichtsstand bei Ausgleichszahlung

Zu ersetzende Anwaltskosten

Für den Fall, dass ein Passagier einen Anwalt hinzuzieht, um seine Rechte durchzusetzen, können die Kosten hierfür unter Umständen ersetzt werden. Dies geht ab dem Punkt, ab dem es notwendig war, anwaltliche Hilfe zu suchen. In der Regel ist dies dann der Fall, wenn die Airline endgültig eine Zahlung verweigert (so etwa LG Berlin, Urteil vom 23.04.2013, Az 22 O 197/12).

Geringere Verspätung

Verspätungen, die unter die oben genannten Grenzen fallen, ermöglichen keine Ansprüche auf Ausgleichszahlungen. Sie werden auch in Bezug auf etwaige Schadensersatzansprüche regelmäßig als bloße Unannehmlichkeit gesehen (etwa AG Frankfurt a.M., Urteil vom 16.06.2010, Az 31 C 745/10-16). Wenn jedoch aus einer geringeren Verspätung eine größere Verspätung entsteht, weil beispielsweise dadurch ein Anschlussflug verpasst wird, so sind oben gelistete Ansprüche möglich.

Reisevertrag

Anwendbarkeit der FLuggastrechteverordnung

Von Ansprüchen aus einem Luftbeförderungsvertrag sind Ansprüche zu unterscheiden, die sich aus einem Reisevertrag ergeben. Insbesondere kann die EU-Fluggastrechteverordnung keine Ansprüche gegen Reiseveranstalter begründen, da sie nur im Verhältnis zu Luftfahrtunternehmen gilt (LG Duisburg, Urteil vom 29.11.2007, Az 12 S 57/07). Gegen die Airline können diese Ansprüche jedoch weiterhin bestehen.

Sonstige Rechte

Generell gilt, dass eine Verspätung von bis zu vier Stunden als bloße Unannehmlichkeit der Reise hinzunehmen ist. Jede weitere Stunde berechtigt den Reisenden dazu, den Tagesreisepreis um 5% zu mindern (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.05.2007, Az 2-24 S 181/06). Fällt durch die Verspätung ein kompletter Urlaubstag weg, so kann zusätzlich Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude verlangt werden.

Siehe auch

Annullierung

Außergewöhnliche Umstände

EG-Verordnung 261/2004