Gepäckverspätung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus PASSAGIERRECHTE
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== Allgemeines ==
Stellt der Passagier bei der Gepäckausgabe am Flughafen fest, dass sein Gepäck nicht auf dem Band erscheint, sollte er unbedingt sofort Maßnahmen ergreifen. Im Zweifelsfall stehen ihm Ansprüche gegen die [[Fluggesellschaft]] oder den [[Reiseveranstalter]] zu.


'''Siehe dazu:'''


Die wegen einer '''Gepäckverspätung entstehenden Kosten''' hat der Betroffene natürlich nicht selbst zu tragen. Er hat unter gewissen Voraussetzungen '''Anspruch auf Entschädigung bzw. Ersatz'''. Diese Ansprüche, die ein [[Fluggast | Reisender]] bei einer Gepäckverspätung hat, stimmen überwiegend mit den Ansprüchen bei einer [[Gepäckbeschädigung]] überein. Gleichzeitig sind die Anzeigefristen bei einer Gepäckverspätung weiter gefasst, da davon ausgegangen wird, dass der Reiseveranstalter bzw. der Luftfrachtführer über den Verbleib des Gepäcks in jedem Falle informiert ist, und eine Gepäckverspätung selbst bemerkt. Parallel dazu ist der Reisende nicht fähig zu beurteilen, ob sich das Gepäck verspätet oder verloren gegangen ist. Eine korrekte Anzeige ist damit unmöglich.
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Da Zeit wiederum nichts Greifbares ist, ist auch die Abgrenzung zwischen Verspätung und länger dauernder Auslieferung schwer. Wie viel Wartezeit der Reisende hinnehmen muss ist abhängig von der Länge der Flugstrecke, dem Zielflughafen, oder ob verschiedene Zwischenlandungen mit eingeplant waren. In der Regel wird für die Zeit, die der Luftfrachtführer für das Ausladen, Umladen und Abliefern des Gepäcks benötigt, von einer Stunde ausgegangen.
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|Bei Feststellung eines Verlustes, einer Zerstörung oder '''Verspätung des Gepäcks''' am Zielflughafen:
'''Eine Verspätung ist dann anzunehmen, wenn das Gepäck über eine nach den einzelnen Umständen angemessene Wartezeit hinaus dem Reisenden am Bestimmungsort nicht übergeben werden kann.'''
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| '''→ [[Gepäckverlust]]'''  
Kommen Gepäck und Passagier gleichzeitig am Bestimmungsort an, auch wenn die Ankunft nach der geplanten Landezeit liegt, so kann der Reisende zwar eine Flugverspätung, jedoch keine Gepäckverspätung beklagen.
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|Bei Beschädigung des Gepäcks während des Fluges:
Wie immer sind die konkreten Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung, die der Betroffene bei einer Gepäckverspätung ergreifen kann, abhängig davon, ob es sich bei der Flugbeförderung um die Teilleistung einer gebuchten [[Pauschalreise]], oder um einen einfachen [[Luftbeförderungsvertrag]] im Zuge einer [[Individualreise]] handelt.
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| '''[[Gepäckbeschädigung]]'''
 
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|Rechtsgrundlage etwaiger Ansprüche ist im Wesentlichen das
 
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== Ansprüche von Pauschalreisenden ==
| '''[[Montrealer Übereinkommen]]'''
 
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Die [http://reise-recht-wiki.de/bgb.html#point651a §§ 651 a-m BGB] regeln das deutsche Pauschalreiserecht und setzen verschiedene Ansprüche für solche Fälle fest, in denen die versprochene Reiseleistung nicht wie vertraglich vereinbart erbracht wird. Das BGB spricht dabei immer nur von "Mängeln". Als '''Mangel''' ist neben der '''Gepäckbeschädigung''' auch die '''Gepäckverspätung''' oder der '''Gepäckverlust''' zu qualifizieren. Dadurch ergeben sich bei einer Gepäckverspätung für den Reisenden die gleichen Ansprüche wie bei einer Gepäckbeschädigung. Die Durchsetzung dieser Ansprüche ist unter Beachtung der jeweiligen gegebenen Umstände mehr oder weniger sinnvoll und bedarf immer der '''form- und fristgerechten Anzeige''' durch den Reisenden.
| Begriff des Gepäcks:
 
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Zum Ersten besteht nach [http://reise-recht-wiki.de/bgb.html#point651c § 651 c BGB] ein Anspruch auf Abhilfe. Abhilfe zu verlangen ist den Umständen nach nicht wirklich zielführend, da, wie bereits erörtert, der Luftfrachtführer von der Gepäckverspätung selbst Kenntnis nimmt, und auf eine solche nicht erneut hingewiesen werden muss. Dadurch wird gleichzeitig die sofortige Selbsthilfe durch den Passagier gerechtfertigt. Alle notwendigen Ausgaben für Ersatzgegenstände darf der Reisende vom Reiseveranstalter als Schadensersatz nach [http://reise-recht-wiki.de/bgb.html#point651f § 651 f BGB] anschließend zurückverlangen. Zu beachten ist, dass ein Abhilfeverlangen nicht einer Anzeige gleichsteht oder mit dieser einhergeht. Auch wenn auf das Abhilfeverlangen nach [http://reise-recht-wiki.de/bgb.html#point651c § 651 c III BGB] verzichtet werden kann, so muss der Mangel dennoch schnellstmöglich angezeigt werden. '''Ohne eine fristgerechte Anzeige verliert der Reisende möglicherweise andere Ansprüche.'''  
| '''→ [[Gepäck]]
 
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Darüber hinaus stellt auch die Gepäckverspätung einen Reisemangel dar, der eine Minderung vom Reisepreis nach [http://reise-recht-wiki.de/bgb.html#point651d § 651 d BGB] rechtfertigt, wenn z. B. durch den Mangel an passender Garderobe die Teilnahme an verschiedene Urlaubsaktivitäten nicht möglich war (vgl. AG Frankfurt Az 32 C 1201-97). In der Regel liegt die '''Minderungshöhe zwischen 25 % und 30 % des tagesanteiligen Reisepreises''', multipliziert mit der Anzahl der Tage, in denen das Gepäck nicht zur Verfügung stand (vgl. LG Frankfurt Az 2-24 S 44-06).
|Gerichtliche Verfolgung von Ansprüchen
 
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Eine '''Verspätung des Reisegepäcks um 6 Tage''' stellt nach der Rechtsprechung eine erhebliche Beeinträchtigung dar und '''berechtigt''' den Betroffenen '''zur Kündigung der Reise''' nach [http://reise-recht-wiki.de/bgb.html#point651e § 651 e BGB] '''und''' zur Geltendmachung von '''Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit''' nach [http://reise-recht-wiki.de/bgb.html#point651f § 651 f II BGB]. Gerade bei diesen Ansprüchen ist darauf zu achten, ob die Gepäckverspätung die Urlaubsfreude tatsächlich derart stark beeinträchtigte. Das Gesetz bietet hier keine klare Regelung, sodass zwar Präzedenzfälle bestehen, die Gerichte an solche jedoch nicht gebunden sind und sich immer an den gegebenen Umständen orientieren. Ist das Gepäck beispielsweise vor Ort ausreichend durch Noteinkäufe ersetzt worden, so kann eine erhebliche Beeinträchtigung auch ausgeschlossen sein.
| '''→ [[Gerichtsstand bei Gepäckschäden]]'''
 
|}
== Ansprüche von Fluggästen ==
</div>
 
Für Passagiere, die individuell reisen und mit der Fluggesellschaft einen Luftbeförderungsvertrag geschlossen haben, sind überwiegend die Regelungen vom [[Montrealer Übereinkommen]] relevant.
Dieses setzt in [http://reise-recht-wiki.de/montabk.html#point19 Art. 19 MÜ] fest, dass der Luftfrachtführer für '''alle Schäden aufkommt, die der Passagier durch die Gepäckverspätung erleidet''', sofern kein Fall eines Haftungsausschlusses vorliegt. Die Beweislast für diese Schäden trägt der Reisende. Er muss darlegen, dass eine erhebliche Gepäckverspätung bestand und ihm durch diese auch Zusatzkosten entstanden. Die Beweislast wiederum für das Vorliegen Haftungsausschließender Gründe wie Wetterlage und Personenstreik trägt der Luftfrachtführer.
 
Bei einer Gepäckverspätung wird die Haftung des Luftfrachtführers gemäß [http://reise-recht-wiki.de/montabk.html#point22  Art. 22 Abs. 2 MÜ] auf 1.000 Sonderziehungsrechte beschränkt, sofern diese Beschränkung nicht etwa durch eine Interessendeklaration oder anderweitig ausgeschlossen ist. In jedem Fall von der Haftung erfasst sind die Ersatzbeschaffungskosten, sofern diese nicht außer Verhältnis zum Wert des verspäteten Gepäcks stehen. Nach dem Montrealer Übereinkommen können hingegen '''keine immateriellen Schäden''' wie entgangene Urlaubsfreude geltend gemacht werden. Das Montrealer Übereinkommen ist nach [http://reise-recht-wiki.de/montabk.html#point29 Art. 29 MÜ] strikt auf den Ausgleich materieller Schäden gerichtet. Ebenso wenig sieht das Montrealer Übereinkommen eine Minderung der Vergütung vor, wie es etwa im deutschen Recht vorgesehen ist.

Aktuelle Version vom 26. November 2018, 13:07 Uhr

Stellt der Passagier bei der Gepäckausgabe am Flughafen fest, dass sein Gepäck nicht auf dem Band erscheint, sollte er unbedingt sofort Maßnahmen ergreifen. Im Zweifelsfall stehen ihm Ansprüche gegen die Fluggesellschaft oder den Reiseveranstalter zu.

Siehe dazu:

Bei Feststellung eines Verlustes, einer Zerstörung oder Verspätung des Gepäcks am Zielflughafen: Gepäckverlust
Bei Beschädigung des Gepäcks während des Fluges: Gepäckbeschädigung
Rechtsgrundlage etwaiger Ansprüche ist im Wesentlichen das Montrealer Übereinkommen
Begriff des Gepäcks: Gepäck
Gerichtliche Verfolgung von Ansprüchen Gerichtsstand bei Gepäckschäden