Gerichtsstand Ausgleichsansprüche

Aus PASSAGIERRECHTE
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.

Siehe: Anspruch auf Ausgleichszahlung - gerichtliche Verfolgung.

Gemäß der Entscheidung des EuGH vom 09.07.2009 ist Artikel 5 Nr. 1, lit. B 2. - der Verordnung EG Nr. 444/2001 dahin auszulegen, dass im Fall einer Beförderung von Personen im Luftverkehr von einem Mitgliedsstaat in einen anderen Mitgliedsstaat auf der Grundlage eines mit einer einzigen Luftfahrtgesellschaft, dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, geschlossenen Vertrages für eine auf diesen Beförderungsvertrag und die Verordnung Nr. 261/2004 gestützte Klage auf Ausgleichszahlungen nach Wahl des Klägers das Gericht des Ortes des Abflugs oder das des Ortes der Ankunft des Flugzeuges entsprechend der Vereinbarung dieser Orte in dem Vertrag zuständig ist. In Anwendung dieser Grundsätze hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18.01.2011 (Az.: X ZR 71/10) entschieden, dass für den Fall, dass ein Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union gegen ein Luftverkehrsunternehmen geltend gemacht werden soll, mit dem der Fluggast den Beförderungsvertrag geschlossen hat, unabhängig vom Vertragsstatut Erfüllungsort im Sinne des § 29 ZPO sowohl der Ort des vertragsgemäßen Abflugs als auch der Ort der vertragsgemäßen Ankunft des Flugzeuges ist. Zwar richteten sich die dem Fluggast eingeräumten Ansprüche gegen das ausführende Flugunternehmen, mit dem vertragliche Beziehungen nicht notwendigerweise bestehen müssten. Dennoch handle es sich um einen Anspruch auf vertraglicher Grundlage, denn Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung sei gemäß der Artikel 3 Abs. 2 a, dass die Fluggäste über eine bestätigte Buchung verfügten, was regelmäßig das Bestehen eines Beförderungsvertrages voraussetze - sei es mit dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, sei es mit einem anderen Unternehmen, so dass jenes die Beförderungsleistung erbringe.

Gerichtsstand für Ausgleichsansprüche aus Flugverspätung

Zumindest für die Frage der örtlichen Zuständigkeit ist es unbeachtlich, dass der Ausgleichsanspruch ausschließlich auf eine Verspätung des Anschlussfluges gestützt wird, während der erste Flug (Zubringerflug) planmäßig verlief, wenn das sog. vertragliche Luftfahrtunternehmen auch die Beförderung auf dem ersten Flug im Rahmen der einheitlichen Buchung beider Flüge schuldete. Die für die Bestimmung des Erfüllungsorts maßgebliche Verpflichtung muss nicht die streitige Verpflichtung sein.

Einheitlicher Gerichtsstand

Art. 7 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO begründet einen einheitlichen Gerichtsstand am Ort der vertragscharakteristischen Leistung für sämtliche Klagen, die auf dem streitgegenständlichen Kauf- bzw. Dienstleistungsvertrag beruhen, selbst wenn die im Klageverfahren streitgegenständliche Verpflichtung an diesem Ort nicht erbracht wurde.(Rn.39) Die Fluggastrechteverordnung ist auf jeden Flug einzeln anwendbar. Der Erfüllungsort bei der Erbringung von Dienstleistungen ist der Ort, an dem die Dienstleistungen nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen, Art. 7 Nr. 1 b) zweiter Halbs. EuGVVO. Darunter fällt auch ein Beförderungsvertrag. Für die Erbringung von Dienstleistungen und deren Gegenleistungen besteht ein einheitlicher Erfüllungsort am Ort der vertragscharakteristischen Leistung, d.h. am vertraglich bestimmten Ort der Erbringung der Dienstleistung. Ist die Dienstleistung in mehreren Mitgliedstaaten zu erbringen, ist Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit für alle den Vertrag betreffenden Klagen der Ort, an dem der Schwerpunkt der Tätigkeit des Dienstleistenden, der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung, liegt. Die Orte, die eine unmittelbare Verbindung zu den Dienstleistungen eines Luftbeförderungsvertrages aufweisen, sind der vereinbarte Ort des Abflugs und der vereinbarte Ort der Ankunft des Flugzeugs. Die Dienstleistungen werden untrennbar und einheitlich vom Ort des Abflugs bis zum Ort der Ankunft erbracht. Unter diesen Umständen sind sowohl der Ort des Abflugs als auch der Ort der Ankunft des Flugzeugs gleichermaßen als die Orte anzusehen, an denen die Dienstleistungen, die Gegenstand eines Beförderungsvertrages im Luftverkehr sind, hauptsächlich erbracht werden Wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag streitgegenständlich sind, soll an dem Ort, an dem die Verpflichtung zu erfüllen war, geklagt werden können. Erforderlich ist nicht, dass im Falle mehrerer Verpflichtungen nur an dem Ort geklagt werden kann, an dem diejenigen Verpflichtung zu erfüllen war, deren Schlechterfüllung im Streit steht. Für sämtliche Klagen auf Grundlage des Vertrags ist der Erfüllungsort am Ort der Erbringung der vertragscharakteristischen Leistung (und nicht wie bei Art. 7 Nr. 1 a) EuGVVO am Ort der streitigen Leistung) zu lokalisieren und gilt für sämtliche Verpflichtungen aus diesem Vertrag.

„Durch die autonome Bestimmung des Ortes, an dem die den Vertrag kennzeichnende Verpflichtung zu erfüllen ist, als „Erfüllungsort“ wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber die gerichtliche Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten über sämtliche Vertragspflichtenam Erfüllungsort konzentrieren und eine einheitliche gerichtliche Zuständigkeit für alle Klagen aus dem Vertrag begründen“ EuGH vom vom 3.5.2007 (Az. C-386/05, NJW 07, 1799)

Im Übrigen wäre es streng genommen auch unmöglich, in einem Fall wie dem vorliegenden an eine „streitgegenständliche“ Verpflichtung anzuknüpfen. Der Ausgleichsanspruch aus Art. 7 der VO richtet sich gegen das einen Flug tatsächlich ausführende Luftfahrtunternehmen. Nach ständiger Rspr. des BGH (vgl. zuletzt EuGH-Vorlage vom 14.6.2016, Az. X ZR 80/15, NJW 16, 2912) handelt es sich bei dem Ausgleichsanspruch aus Art. 7 der VO um einen gesetzlichen Anspruch auf vertraglicher Grundlage. Der Anspruch folgt nicht aus dem mit einem Luftfahrtunternehmen abgeschlossenen Beförderungsvertrag, setzt einen solchen jedoch mittelbar voraus. Nachdem eine vertragliche Pflichtverletzung nicht Anspruchsvoraussetzung ist, kann eine solche streng genommen auch nicht „streitgegenständlich“ sein. Damit ist es auch nur konsequent, zunächst unabhängig von der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage abstrakt generell den bzw. die Erfüllungsorte zu bestimmen, und sodann sämtliche Ansprüche, die auf diesem Vertrag beruhen, an diesen bzw. diese Erfüllungsorte anzuknüpfen.

Zusammengefasst begründet 7 Nr. 1 b) EuGVVO einen einheitlichen Gerichtsstand am Ort der vertragscharakteristischen Leistung für sämtliche Klagen, die auf dem streitgegenständlichen Kauf- bzw. Dienstleistungsvertrag beruhen, selbst wenn die im Klageverfahren streitgegenständliche Verpflichtung an diesem Ort nicht erbracht wurde.