Reiserücktritt wegen eines Elementarereignisses

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In der Aufzählung der Ereignisse, welche mit einer Reiserücktrittsversicherung versichert werden können, gibt es den Begriff des Elementarereignisses. Was darunter zu verstehen ist und welche Ereignisse darunter zu verstehen sind, ist im Folgenden zu klären.

Der Begriff des Elementarereignisses

Der Begriff des Elementarereignisses lässt sich nicht wirklich abstrakt umschreiben, da viele Ereignisse Elementarereignisse sein können. Zunächst kann man festhalten, dass Elementarereignisse durch Naturgewalten ausgelöst werden. Dazu zählen beispielsweise Überschwemmungen, Erdrutsche, Erdbeben, Lawinen oder Blitzschläge. In der Regel werden die Ereignisse in den allgemeinen Versicherungsbedingungen der Reiseversicherer einzeln aufgezählt. Welche Ereignisse genau versichert sind, kann den vereinbarten Bedingungswerken entnommen werden.

Was fällt unter den Begriff?

Behördliche Verfügungen stellen grundsätzlich keine Elementarereignisse dar. Jedoch kann die unerwartete Einberufung zum Wehrdienst ausdrücklich als versichertes Ereignis aufgeführt sein. Diese Information ist für deutsche Staatsbürger jedoch eher sekundär, da es in Deutschland keine Wehrpflicht mehr gibt.

Auch Straftaten gegen das Eigentum können ein Elementarereignis darstellen. Das ist beispielsweise bei einem Diebstahl oder einer vorsätzlichen Sachbeschädigung der Fall. Bei einem Betrug handelt es sich um ein versichertes Ereignis, wenn daraus ein Schaden am Eigentum resultiert. Ein bloßer Vermögensschaden reicht allerdings nicht aus. Die Straftaten müssen zudem vorsätzlich begangen worden sein. Eine fahrlässig begangene Straftat eines Dritten reicht demnach nicht aus. Der durch die Straftat eingetretene Schaden am Eigentum muss schließlich auch erheblich gewesen sein. Dabei ist nicht das Verhältnis zur Vermögenslage der geschädigten versicherten Person maßgeblich, sondern lediglich die Feststellung einer generellen Erheblichkeit.

Der häufigste Fall eines Elementarereignisses sind jedoch Naturkatastrophen. Diese sind in der Regel leicht zu belegen bzw. müssen nicht belegt werden, da sie faktisch stattgefunden haben.

Voraussetzungen für den Versicherungsschutz

Damit der Versicherungsschutz begründet wird, muss der Reiseantritt der versicherten Person unzumutbar sein. Das wird in der Regel bei Krankheiten, welche sich am Reiseort verbreiten, abgelehnt. Auch politische Situationen am Reisort begründen keine Unzumutbarkeit, da diese in der Regel schon bei Reisebuchung so bestehen. Bezüglich der Unzumutbarkeit ist jedoch immer der Einzelfall zu betrachten. Ändert sich beispielsweise die politische Lage in Richtung Diktatur nach der Reisebuchung, kann darin ein Elementarereignis gesehen werden. Sich in eine Diktatur zu begeben, die so bei Reisebuchung noch nicht bestand, kann dem Versicherten dann nicht zugemutet werden. Würde diese allerdings schon bei Reisebuchung bestehen, dann wäre der Reiseantritt zumutbar.

Schließlich darf das Ereignis nicht in den Bereich des allgemeinen Lebensrisikos fallen. Dieses muss jedermann selbst tragen und kann nicht versichert werden.


Rechtsprechung

Gericht   Aktenzeichen   Was folgt aus dem Urteil?
BGH X ZR 2/12
  • Eine Ehepaar musste einen Flug wegen einem Flugverbot stornieren, welches aufgrund eines Vulkanausbruches verhängt wurde.
  • Der BGH gab dem Ehepaar Recht. Die Beeinträchtigung einer Reise wegen höherer Gewalt falle nicht in den Risikobereich des Reisenden oder des Reiseveranstalters.
AG München 231 C 9637/15
  • Ein Ehepaar buchte eine Reise nach Marokko und stornierte fünf Monate vor geplantem Reiseantritt wegen der dortigen politischen Lage.
  • Das AG sprach den Klägern keinen Anspruch zu, da die politische Lage bei Reisebuchung bereits dieselbe gewesen sei.
AG München 262 C 20636/06
  • Die Angst vor einem exotischen Erreger am Reiseort begründet keinen Reiserücktritt. Die Verbreitung eines exotischen Erregers sei in diesem Fall zudem kein Elementarereignis.
AG München 222 C 20175/06
  • Die Defintion von höherer Gewalt ist ein von außen erheblich kommendes unabwendbares und unverschuldetes Ereignis. Das Befürchten, sich an einer dort ausgebrochenen Erkrankung anzustecken, sei kein Fall höherer Gewalt.
AG Melsungen, Urteil vom 09.10.2003 4 C 45/03
  • Terroristische Ereignisse, auch die vom 11.09.2001 gehören zu einer besonders tragischen Realisierung des Lebensrisikos, welches jedermann selbst tragen muss. Es kann daher nicht im Rahmen einer Reiserücktrittsversicherung versichert werden.
AG Dresden, Urteil vom 12.07.2002 115 C 1158/02
  • Ängste, die auf den Terroranschlägen des 11.09.2001 beruhen, können nicht Grund für eine Stornierung sein. Die Versicherung trifft in einem solchen Fall keine Eintrittspflicht.
AG München, Urteil vom 15.09.2000 111 C 19971/00
  • Ein Elementarereignis liegt nur bei einer Einwirkung von Naturgewalten vor und nicht schon dann, wenn unvorhergesehen, nicht erklärbar ein Vorgang einen Schaden auslöst.
AG Bonn, Urteil vom 18.05.1998 18 C 47/98
  • Terroristische Anschläge in einem Reiseland reichen grundsätzlich nicht aus, um höhere Gewalt anzunehmen.