Abgrenzung Verspätung und Annullierung

Aus PASSAGIERRECHTE
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Allgemeines

Nicht maßgeblich für die Abgrenzung ist die Anzeige einer "Verspätung" oder einer "Annullierung" auf der Anzeigetafel des Flughafens oder entsprechende Angaben des Personals des Luftfahrtunternehmens, Wiederaushändigungen des Gepäcks, neue Bordkarten. Auch ist die Durchführung des Fluges durch ein anderes Luftfahrtunternehmen keine Annullierung. Abgrenzung zwischen einer Annullierung und einer Verspätung hat danach zu erfolgen, ob der Flug noch durchgeführt wird oder eine endgültige Nichtbeförderung durch eine Aufgabe der Flugplanung vorliegt.

Definition Annullierung

Gemäß Artikel 2 lit. l) der Europäischen Fluggastrechteverordnung ist die Annullierung, eine Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war.

Definition Verspätung

Bei einer Verspätung wird zwischen einer Abflug- und einer Ankunftsverspätung unterschieden.

Eine Abflugverspätung liegt vor, wenn der Fluggast seinen Abgangsort erst nach der im Flugplan vorgesehen Zeit verlässt. Der Zeitpunkt des tatsächlichen Verlassen entspricht dem im Beförderungsvertrag vereinbarten.

Eine Ankunftsverspätung dagegen liegt vor, wenn der Fluggast seinen Zielort erst nach der im Beförderungsvertrag vereinbarten Zeit erreicht. Der Zeitpunkt des tatsächlichen Eintreffens ist mit dem im Beförderungsvertrag vereinbarten gleich zu setzen.

Verhältnis zwischen Abflug- und Ankunftsverspätung

Bei der Beurteilung, ob ein Fluggast einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen geltend machen kann, wird immer lediglich auf die Ankunftsverspätung geschaut. Dies liegt daran, dass eine Abflugverspätung unter Umständen auch wieder behoben werden kann.

Kleines Beispiel:

Der Non-Stop-Flug von Fluggast A hat eine Abflugverspätung von 15 Minuten. Aufgrund von starkem Rückenwind und auch sonst günstigen Wetterbedingungen ist der Pilot jedoch dazu in der Lage die ursprüngliche Abflugverspätung wieder aufzuholen, sodass der Flug von Fluggast A trotzdem wie im Flugplan angegeben um 14:00 Uhr landet.

Um als Fluggast einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung geltend machen zu können, muss der Fluggast als mit einer Ankunftsverspätung von mindestens 3 Stunden an seinem Endziel ankommen.

Art. 7 der Fluggastrechte VO

Obwohl sowohl Fluggäste eines annullierten als auch Fluggäste eines verspäteten Fluges einen Anspruch auf Ausgleichszahlung geltend machen können, gilt es bei einer Verspätung, ein paar Besonderheiten zu beachten.

Während für den Fluggast eines annullierten Fluges gemäß Art. 5 Absatz 1lit. c) sofort ein Ausgleichsanspruch entsteht, entsteht für den Fluggast eines verspäteten Fluges erst dann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7, wenn das Endziel durch die Verspätung nicht früher als 3 Stunden nach der vom Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht wird (vgl. EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az.: C-402/07).

Bei einer Flugverspätung muss beachtet werden, dass eine hypothetische Ankunftsverspätung nicht zu einem Ausgleichsanspruch gemäß Artikel 7 VO führt.

In beiden Fällen kann jedoch die Ausgleichszahlung um 50% verkürzt werden, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Des Weiteren ist in beiden Fällen ein möglicher Ausgleichsanspruch gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung dann ausgeschlossen, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen außergewöhnliche Umstände geltend machen kann. Außergewöhnliche Umstände sind Ereignisse, die vom Luftfahrtunternehmen weder beeinflusst, noch beherrscht werden können.

Artikel 8 der VO

Bei einer Annullierung entsteht der Anspruch auf eine anderweitige Beförderung gemäß Artikel 5 Absatz lit. a) wieder sofort.

Fluggäste, die Opfer einer Verspätung geworden sind, können dann Ansprüche aus Artikel 8 geltend machen, wenn die Verspätung mindestens 5 Stunden beträgt.

Artikel 9 der VO

Auch hier entsteht der Anspruch im Fall einer Annullierung wieder sofort.

Bei einer Verspätung können Fluggäste Ansprüche aus Artikel 9 ab einer Verspätung von 2 Stunden (bei einer Entfernung von 1500km oder weniger), 3 Stunden (bei einer Entfernung zwischen 1500km und 3500km) und 4 Stunden (bei einer Entfernung von mehr als 3500km). Allerdings entsteht der Anspruch unter anderem schon dann, wenn nach vernünftigem Ermessen die Verspätung absehbar wird.

Rechtsprechung

Urteile, Datum Aktenzeichen Zusammenfassung
EuGH, Urteil vom 19.11.2009 C-402/07 Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung entsteht bei einer Flugverspätung dann, wenn der Fluggast sein Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der vom Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht.