Blitzschlag: Unterschied zwischen den Versionen

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=Blitzschlag als außergewöhnlicher Umstand=
Siehe: [[Schlechte Wetterbedingungen#Gewitter und Blitzschlag|Schlechte Wetterbedingungen - Gewitter und Blitzschlag]].
Wird durch einen Blitzschlag eine Beschädigung am [[Flugzeug]] hervorgerufen, so kommt es zu einem Ausschluss von Ausgleichsansprüchen gemäß Art. 5 Abs. 3 VO. Denn bei einem Blitzschlag handelt es sich um ein ungewöhnliches, von außen kommendes Ereignis, das aufgrund seiner Natur nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens ist und von ihm tatsächlich nicht beherrscht werden kann (LG Darmstadt, Urt. v. 01.08.07, Az.: 21 S 263/06; AG Hannover, Urt. v. 07.03.12, Az.: 436 C 11054/11; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.08.14, Az.: 322 C 1652/14 (84); AG Frankfurt a.M., Urt. v. 04.03.15, Az.: 29 C 3128/14 (21); AG Köln, Urt. v. 07.12.15, Az.: 142 C 119/15).
Zwar handelt es sich bei einem Blitzschlag grundsätzlich um ein bekanntes Problem für den [[Luftverkehr]], aber dennoch um ein ungewöhnliches Problem, welches nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens sein kann. Blitzschläge kommen mit einer gewissen Häufigkeit vor und Flugzeughersteller wie [[Luftfahrtunternehmen]] nehmen auf diese Rücksicht und versuchen diese durch Gegenmaßnahmen zu vermeiden, aber dennoch kann einem Blitzschlag dadurch nicht die Qualität des Außergewöhnlichen genommen werden.
Zu beachten ist weiterhin, dass ein Blitzschlag neben mit der Durchführung nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen und deren Folgen nach dem Wortlaut des Erwägungsgrundes 14 der Verordnung ausdrücklich als außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO eingeordnet wird. Bei diesen haftungsausschließenden außergewöhnlichen Umständen hatte der Verordnungsgeber vor allem solche im Blick, die außerhalb der Sphäre des Luftfahrtunternehmens liegen und von diesem nicht beherrscht werden können.
Würde man einen Blitzschlag also aufgrund von seiner Relevanz als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens ansehen, so würde man dadurch den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 3 VO vollkommen aushöhlen. Es ist kaum ein anderer Umstand denkbar außer vielleicht Terroranschläge oder Flugzeugentführungen, die wohl kaum als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens angesehen werden können, welche nicht schon vorgekommen sind und durch regelmäßige Gegenmaßnahmen von Flughafenbetreibern bekämpft werden. Alle in Erwägungsgrund 14 explizit als [[außergewöhnliche Umstände]] benannten Vorkommnisse, bilden eine gewisse, bekannte, berücksichtigende und gegenwärtige Gefahr und können deshalb nicht als ein Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens qualifiziert werden.
 
Allerdings ist zu beachten, dass es in der Rechtssprechung auch Gerichtsentscheidungen gibt, welche den Blitzschlag als außergewöhnlichen Umstand verneinen. Zum einen wird ein außergewöhnlicher Umstand dann verneint, wenn nicht der Blitzschlag selbst für die Annullierung bzw. Verspätung eines Fluges verantwortlich ist, sondern eine auf einen Blitzschlag folgende betriebswirtschaftliche Entscheidung des ausführenden Luftfahrtunternehmens; vgl. AG Frankfurt, Urt. v. 4.3.2015, Az. 29 C 3128/14 (21). Auch wird im Fall eines Blitzschlages dann kein außergewöhnlicher Umstand angenommen, wenn der Blitzschlag nicht auf dem unmittelbaren Vorflug eingetreten ist, sondern auf einem noch früheren Flug. Wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen nämlich ein Fluggerät auf mehreren Flugstrecken hintereinander in einem engen Zeitplan fliegen lässt, so liegt eine mögliche Verspätung oder gar Annullierung allein im Risikobereich des Luftfahrtunternehmens, da auch hier die Annullierung oder Verspätung nicht auf dem Blitzschlag selbst, sondern auf der Organisationsentscheidung der Airline, ein und dasselbe Flugzeug für mehrere Strecken hintereinander einzusetzen, beruhen würde; vgl. AG Hamburg, Urt. v. 8.1.2015, Az. 20a C 219/14.
 
=Vermeidbarkeit=
Ein Ausgleichsanspruch entfällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs immer dann nach Art. 5 Abs. 3 VO, wenn das [[Luftfahrtunternehmen]] nachweisen kann, dass die große [[Verspätung]] auf [[außergewöhnliche Umstände]] zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn das [[Luftfahrtunternehmen]] alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätte. Die maßgeblichen Umstände müssen nicht nur ungewöhnlich sein, sondern auch außerhalb des Rahmens der normalen Betriebstätigkeit des Luftverkehrsunternehmens liegen und dürfen nicht von diesem beherrschbar sein (BGH, X ZR 146/11).
Dem Erwägungsgrund 15 der Verordnung kann entnommen werden, dass ein außergewöhnlicher Umstand dann angenommen werden kann, wenn eine Entscheidung des Flugverkehrsmanagements vorliegt, welche eine [[Verspätung]] oder [[Annullierung]] bei einem oder mehreren Flügen des betreffenden Flugzeugs zur Folge hat. Außergewöhnliche Umstände müssen teilweise nicht nur für die Flüge berücksichtigt werden, auf denen sie eingetreten sind, sondern auch für die Folgeflüge. Der Art. 5 Abs. 3 VO bezieht das Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen grundsätzlich nur auf den Fall der [[Annullierung]]. Eine [[Annullierung]] wird in Art. 2 lit. 1) VO wie die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges definiert. Daraus folgt, dass der Verordnungsgeber ursprünglich davon ausgegangen ist, dass der Eintritt eines außergewöhnlichen Umstands dem Beginn des vom betroffenen Fluggast gebuchten Fluges zwingend zeitlich vorausgehen muss und somit bereits bei den Flugvorbereitungen oder den Vorflügen eingetreten sein muss und es folglich nicht nur auf außergewöhnliche Umstände ankommen kann, welche erst nach dem Beginn eines Fluges eintreten (vgl. Wahl, RRa 2013, 262; BGH NJW 2014, 3303). Doch aus Erwägungsgrund 15 VO folgt auch eine zeitliche Begrenzung der Fortwirkung außergewöhnlicher Umstände, indem darauf verwiesen wird, dass ein der außergewöhnliche Umstand an einem bestimmten Tag stattgefunden haben muss und die [[Verspätung]] bis zum nächsten Tag anhält. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass ein außergewöhnlicher Umstand auch auf den darauffolgenden Tag fortwirken kann. Aus der Formulierung des Art. 5 Abs. 1 lit. b, 9 Abs. 1 lit. b VO geht hervor, dass der Verordnungsgeber sich bei dem Erlass der Verordnung bewusst war, dass Verspätungen und Annullierungen durchaus auf den nachfolgenden Tag fortwirken können aber zeitlich über die in Erwägungsgrund 15 gewählte Formulierung nicht hinaus zu begrenzen sind.
=AG Rüsselheim, Urt. v. 18.01.17, Az.: 3 C 751/16
Im vorliegenden Fall buchten die Reisenden eine [[Pauschalreise]]. Teil dieser [[Pauschalreise]] waren Flüge von [[Condor Flugdienst]] von Punta Cana nach Frankfurt a.M.. Nachdem die Reisenden wussten, dass der [[Flug]] nicht rechtzeitig starten wird, buchten sie eine eigene Rückreise. Dennoch erreichten sie Frankfurt mit einer [[Verspätung]]. Ursache für die [[Verspätung]] war ein Blitzschlag, welcher die Maschine traf die die Reisenden befördern sollte. Der Blitzschlag verursachte Schäden am [[Flugzeug]], welche behoben werden mussten und die Maschine musste danach einer Kontrolle unterzogen werden. Aus diesem Grund war eine pünktliche Durchführung dieses Fluges nicht möglich. Da es sich bei einem Blitz um einen außergewöhnlichen Umstand handelt, welcher weder vorhersehbar nocch vermeidbar ist, steht den Reisenden kein Anspruch auf Ausgleichszahlungen zu.
=Urteile=
* LG Darmstadt, Urt. v. 01.08.07, Az.: 21 S 263/06
* AG Hannover, Urt. v. 07.03.12, Az.: 436 C 11054/11
* AG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.08.14, Az.: 322 C 1652/14 (84)
* AG Frankfurt a.M., Urt. v. 04.03.15, Az.: 29 C 3128/14 (21)
* AG Köln, Urt. v. 07.12.15, Az.: 142 C 119/15
* AG Rüsselheim, Urt. v. 18.01.17, Az.: 3 C 751/16
* BGH, Az.: X ZR 146/11
 
=Ähnliche Beiträge=
* [[Annullierung]]
* [[Verspätung]]
* [[außergewöhnliche Umstände]]
* [[Wettergefahren]]
* [[Schlechte Wetterbedingungen]]

Aktuelle Version vom 29. Januar 2019, 12:57 Uhr