Technischer Defekt: Unterschied zwischen den Versionen

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Sabotage- oder Terrorakte, die ein Flugzeug beschädigen, gelten ebenfalls regelmäßig als außergewöhnlicher Umstand, da diese nicht von der Fluggesellschaft zu verantworten sind. Die Art des Defektes ist dabei nicht von Bedeutung, es kommt hier nur auf die Ursache an.
Sabotage- oder Terrorakte, die ein Flugzeug beschädigen, gelten ebenfalls regelmäßig als außergewöhnlicher Umstand, da diese nicht von der Fluggesellschaft zu verantworten sind. Die Art des Defektes ist dabei nicht von Bedeutung, es kommt hier nur auf die Ursache an.


Die Tatsache, dass einer der oben genannten Umstände vorliegt, kann jedoch nicht ausreichen, um einen außergewöhnlichen Umstand zu rechtfertigen. Es muss auch erwiesen werden, dass der Umstand Auslöser für eine Verspätung oder Annullierung war, die auch dann nicht hätte vermieden werden können, wenn das Luftfahrtunternehmen alle ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hätte.
=== Aus Vogelschlag resultierender technischer Defekt ===
Nach höchster Rechtsprechung handelt es sich bei einem Vogelschlag um einen außergewöhnlichen Umstand, welcher das Luftfahrtunternehmen von ihrer Zahlungspflicht entbindet (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.2013, X ZR 160/12). Ein solches Ereignis liege außerhalb des technischen und organisatorischen Verantwortungsbereichs der Fluggesellschaft. Die Flugrouten der Vögel könnten weder beherrscht noch beeinflusst werden und somit sei ist für die Airline unmöglich, einen Vogelschlag abzuwenden. Damit zählt ein solches Vorkommnis zu den Einwirkungen von außen auf die Fluggesellschaft, die sie nicht lenken kann. Zwar sind die Unternehmen zu einer regelmäßigen Wartung ihrer Flugzeuge verpflichtet, doch kann auch diese Wartung einem Vogelschlag nicht vorbeugen. Folglich sind die entstandenen Schäden nicht auf eine fehlende oder mangelhafte Wartung des Flugzeuges zurückzuführen.
=== Fehlermeldung aufgrund einer Biene im Staurohr ===


Die Tatsache, dass einer der oben genannten Umstände vorliegt, kann jedoch nicht ausreichen, um einen außergewöhnlichen Umstand zu rechtfertigen. Es muss auch erwiesen werden, dass der Umstand Auslöser für eine Verspätung oder Annullierung war, die auch dann nicht hätte vermieden werden können, wenn das Luftfahrtunternehmen alle ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hätte.
Das Eindringen einer Biene in das Staurohr eines Flugzeugs mit der Folge, dass ein technisch erhebliches Bordgerät eine Fehlermeldung anzeigt, stellt einen außergewöhnlichen Umstand (i. S. d. [http://reisegesetze.reise-recht-wiki.de/Fluggastverordnung.html Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004]) dar (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 24.07.2013, 3 C 2159/12 (36); AG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2013, 36 C 6837/13). Ein solcher Vorfall sei auch bei einer regelmäßigen Wartung und der Durchführung aller Checks vor dem Abflug nicht zu verhindern. Das Geschehen sei daher nicht als technischer Defekt zu beurteilen. Hinsichtlich des außergewöhnlichen Umstandes sei nicht auf die Fehlermeldung des Bordgeräts, sondern vielmehr auf dessen Ursache abzustellen. Zwar äußerte sich das durch das Insekt verstopfte Staurohr letztlich in Form eines technischen Defekts und wurde erst im Rahmen der Fehlersuche im technischen Bereich entdeckt, ausschlaggebend muss jedoch sein, ob auch die Ursache des Fehlers dem technischen Bereich zuzuordnen ist. Die Biene stellt ein von außen kommendes Ereignis dar, auf das die Luftfahrtgesellschaft keinen Einfluss hat. Die Prüfung, ob ein technisches Problem auf ein Vorkommnis zurückzuführen ist, das nicht Teil der normalen Ausführung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist, obliegt dem nationalen Richter.
 
===Triebwerkschaden===
Liegt ein Triebwerkschaden vor und muss ein Flugzeug nach dem Start wieder umkehren, so liegt laut AG Frankfurt am Main ein technischer Defekt vor (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.10.2013, 30 C 1848/12 (47)). Nach der Rechtsprechung des BGH können technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gelegentlich auftreten können, für sich gesehen grundsätzlich keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von [http://reisegesetze.reise-recht-wiki.de/Fluggastverordnung.html Art. 5 Abs. 3] begründen. Dies gelte auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat. Indem für die Befreiung von der Ausgleichspflicht außergewöhnliche Umstände verlangt werden, lasse der Gesetzgeber gerade nicht jedes unvermeidbare Ereignis genügen, sondern weist auch unvermeidbare Hindernisse für die planmäßige Durchführung eines Fluges der Risikosphäre des Luftfahrtunternehmens zu, sofern sie nicht als außergewöhnlich aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen. Ein technischer Defekt, wie er beim Betrieb eines Flugzeugs typischerweise auftreten kann – und dazu gehören auch Triebwerksdefekte –, stellt damit grundsätzlich keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von [http://reisegesetze.reise-recht-wiki.de/Fluggastverordnung.html Art. 5 Abs. 3] dar (vgl. BGH, Urt. v. 21.08.2012, X ZR 146/11; EuGH, Urt. v. 22.12.2008, C-549/07). Das Gleiche gilt, wenn ein Defekt am hydraulischen Antrieb der verstellbaren Luftschaufeln des Triebwerks vorliegt ([http://reise-recht-wiki.de/?s=22+S+215%2F08 LG Düsseldorf, Urt. v. 07.05.2009, 22 S 215/08]). In den meisten Fällen liegt bei einem technischen Defekt kein außergewöhnlicher Umstand vor, der die Luftgesellschaft von ihrer Zahlungspflicht entbinden würde. Erforderlich für die Würdigung des Defekts als außergewöhnlichen Umstand ist ein Zeitrahmen, in dem sich der Defekt äußern muss. Dieser Zeitrahmen beträgt wenige Stunden, auf jeden Fall weniger als zwei Tage. Ergibt sich der Defekt durch Einwirkungen von außen und sind diese für das Luftfahrtunternehmen nicht beherrschbar, so liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor und das Unternehmen wird von seiner Ausgleichszahlungspflicht gegenüber dem Fluggast befreit. Bei von außen kommenden Ereignissen, welche sich dann in technischen Defekten äußern, liegt i. d. R. kein technischer Defekt vor, sondern ein außergewöhnlicher Umstand. In diesem Fall muss der Tatrichter über die Haftung entscheiden. Abschließend lässt sich sagen, dass ein technischer Defekt regelmäßig nicht als außergewöhnlicher Umstand gewertet wird. Dennoch gibt es Ausnahmen, die zu einer Beurteilung des technischen Defekts als einen außergewöhnlichen Umstand führen können.
 
===Generator des Flugzeugs===
 
Ist an Bord eines Flugzeuges keine ausreichende Stromversorgung gegeben und ist der Stromausfall auf einen defekten Generator zurückzuführen, so handelt es sich hierbei um einen außergewöhnlichen Umstand i. S. d. [http://reisegesetze.reise-recht-wiki.de/Fluggastverordnung.html Art. 5 Abs. 2 EG (VO) 261/2006]. Dieser technische Defekt ist ein außergewöhnlicher unvermeidbarer Umstand, wenn die mit dem Luftfahrtbundesamt abgestimmten Wartungsarbeiten planmäßig durchgeführt worden sind, einschließlich des für das Generatorgetriebe nach 500 Landungen vorgesehenen Checks und der zusätzlichen wöchentlichen Checks. Wurden die Vorgaben eingehalten und es kommt trotzdem zu einem Defekt, so ist das Luftfahrtunternehmen von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreit (vgl. AG Frankfurt a.M., Beschluss v. 2. 3. 2007, 31 C 3337/06).
 
===Sensor für Fahrwerk===
 
Ist ein Sensor für das Einfahren des Fahrwerks defekt, so handelt es sich dabei um einen außergewöhnlichen Umstand (vgl. [http://reise-recht-wiki.de/?s=57+S+26%2F07 LG Berlin, Urt. v. 07.02.2008, 57 S 26/07]). Die Richter führten aus, dass ein technischer Defekt auch trotz regelmäßiger Wartung vorkommen kann. Schließlich sei das Material stark beansprucht und ein Defekt kann jeder Zeit, also auch zwischen den Wartungsterminen auftreten. Allerdings muss es sich um einen “unerwarteten Flugsicherheitsmangel” handeln, der zudem auch durch Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätte verhindert werden können. Dieses sahen die Richter bei einem Defekt am Sensor für das Einfahren des Fahrwerks als gegeben an.
 
===Radarausfall===
Fällt das Radar in einem bestimmten Gebiet aus und werden Flugzeuge dadurch an ihrem Abflug gehindert, so handelt es sich um einen Umstand, der technischer Natur ist, aber nicht im Bereich des Beherrschbaren einer Luftgesellschaft liegt. Somit ist in diesem Falle die Airline von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreit und kann sich auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen (vgl. AG Erding, Urt. v. 18.04.2011, 2 C 1053/11).


==Umstrittene Defekte==
==Umstrittene Defekte==

Version vom 11. November 2014, 20:56 Uhr

Technische Defekte an einem Flugzeug sind rechtlich dann von Bedeutung, wenn sie dafür sorgen, dass ein Flug nur verspätet oder sogar überhaupt nicht starten kann. Ein Luftfahrtunternehmen wird sich möglicherweise auf einen technischen Defekt am betroffenen Flugzeug berufen, wenn eine Ausgleichszahlung von ihm gefordert wird. In den meisten Fällen ist ein technisches Problem jedoch keine Begründung dafür, keine Ausgleichszahlung leisten zu müssen.


Hintergrund

Die EU-Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 regelt in Art. 5 die Rechte eines Passagiers bei Flugausfall. Er hat in den meisten Fällen dann einen Anspruch auf eine finanzielle Ausgleichsleistung gegen das verantwortliche Luftfahrtunternehmen. Gemäß Art. 5 Abs. 3 der Verordnung entfällt dieser Anspruch jedoch, wenn Ereignisse für die Verspätung erforderlich sind, die einen „außergewöhnlichen Umstand“ darstellen. In Erwägungsgrund 14 der Verordnung werden technische Defekte am Flugzeug zwar nicht ausdrücklich als außergewöhnliche Umstände genannt, die dortige Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Dies wird im nachfolgenden Erwägungsgrund deutlich: Nach Erwägungsgrund 15 der Verordnung sollen dann außergewöhnliche Umstände angenommen werden, wenn ein Flug verspätet oder annulliert wird, „obgleich vom betreffenden Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verspätungen oder Annullierungen zu verhindern“. Daher können auch technische Defekte einen solchen Umstand herbeiführen.


Keine ausschlussbegründenden Defekte

Der EuGH hat in einem Urteil klargestellt, dass technische Defekte in den meisten Fällen in den Verantwortungsbereich des Luftfahrtunternehmens fallen. Selbst wenn dieses mit technischen Defekten im Einzelfall nicht rechnen konnte, kann es sich dennoch nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen, da das Unternehmen es in diesem Fall versäumt hatte, ein voll funktionsfähiges Flugzeug bereitzustellen (EuGH Luxemburg, Urteil vom 22.12.2008, Az. C-549/07). Der EuGH führte in diesem Urteil weiterhin aus, dass sich das Flugunternehmen nicht damit entschuldigen kann, die vorgeschriebenen Wartungs- und Reparaturarbeiten immer ordnungsgemäß durchgeführt zu haben. Zwar hat es damit alles getan, was ihm von Gesetz wegen vorgeschrieben ist, allerdings fallen Fehler, die zwischen solchen Arbeiten entstehen, in den Risikobereich des Flugunternehmens, welches daher hierfür die Verantwortung zu tragen hat (so auch der BGH, Urteil vom 12.11.2009, Az. Xa ZR 76/07).

Meistens ist es ebenso wenig von Bedeutung, wenn ein sehr ungewöhnlicher und seltener Defekt auftritt. Zwar kann eine Fluggesellschaft hiermit nicht rechnen, allerdings ändert dies nichts daran, dass sie die Verantwortung für funktionstüchtige Flugzeuge trägt (LG Darmstadt, Urteil vom 16.06.2010, Az. 7 S 200/08).

Wird Kerosin von minderer Qualität (von einem Dritten) geliefert, welches das Flugzeug beschädigt, so ist dies ebenfalls kein außergewöhnlicher Umstand. Ein Luftfahrtunternehmen ist auch für die Qualität des von anderen gelieferten Treibstoffes (und anderer verbrauchbarer Stoffe) verantwortlich und hat dafür einzustehen, dass dieser einwandfrei benutzbar ist (AG Rüsselsheim, Urteil vom 18.04.2013, Az. 3 C 2265/12 (39))

Unerheblich ist, welcher Teil des Flugzeuges einen technischen Defekt hat. Beispielhaft sind im folgenden Fälle aufgeführt, in denen ein außergewöhnlicher Umstand nicht vorlag:

→ Defekt am Generator der Hilfsturbine (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 21.03.2013, Az. 2-24 S 213/12

→ Triebwerkprobleme (AG Rüsselsheim, Urteil vom 07.11.2006, Az. 3 C 717/06 (32))

→ Defekt am Funkgerät (AG Rüsselsheim, Urteil vom 17.04.2013, Az. 3 C 3319/12 (36))

→ Nicht schließender Fahrwerkschacht (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 06.02.2012, Az. 2-24 O 219/11)

Ausschlussbegründende Defekte

Grundsätzlich gilt, dass ein technischer Defekt an einem Flugzeug dann als außergewöhnlicher Umstand gilt, wenn die Ursache des Defektes nicht im Einflussbereich des Flugunternehmens liegt. Dies kann dann der Fall sein, wenn ein bestimmter Flugzeugtyp bereits „serienmäßig“ fehlerhaft produziert wurde, der Fehler also bereits bei Auslieferung des fertigen Flugzeuges vorlag. Es reicht jedoch nicht aus, wenn lediglich ein Flugzeug aus der Baureihe fehlerhaft geliefert wird, weil dies ein Risiko ist, das vom Flugunternehmen getragen werden muss (LG Baden-Baden, Urteil vom 28.06.2013, Az. 1 S 47/12). Wird ein technischer Defekt durch einen anderen außergewöhnlichen Umstand hervorgerufen, so gilt das gesamte Ereignis als außergewöhnlicher Umstand. Beispielhaft hierzu ist ein Fall, in dem eine Biene in das Staurohr eines Geschwindigkeitsmessers geriet und diesen außer Betrieb setzte (AG Rüsselsheim, Urteil vom 24.07.2013, Az 3 C 2159/12 (36)). Zwar ist dies auch ein technischer Defekt, die Ursache hierfür ist jedoch dermaßen ungewöhnlich und vom Flugunternehmen nicht vorhersehbar, dass das ganze Ereignis als außergewöhnlich galt.

Sabotage- oder Terrorakte, die ein Flugzeug beschädigen, gelten ebenfalls regelmäßig als außergewöhnlicher Umstand, da diese nicht von der Fluggesellschaft zu verantworten sind. Die Art des Defektes ist dabei nicht von Bedeutung, es kommt hier nur auf die Ursache an.

Die Tatsache, dass einer der oben genannten Umstände vorliegt, kann jedoch nicht ausreichen, um einen außergewöhnlichen Umstand zu rechtfertigen. Es muss auch erwiesen werden, dass der Umstand Auslöser für eine Verspätung oder Annullierung war, die auch dann nicht hätte vermieden werden können, wenn das Luftfahrtunternehmen alle ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hätte.

Aus Vogelschlag resultierender technischer Defekt

Nach höchster Rechtsprechung handelt es sich bei einem Vogelschlag um einen außergewöhnlichen Umstand, welcher das Luftfahrtunternehmen von ihrer Zahlungspflicht entbindet (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.2013, X ZR 160/12). Ein solches Ereignis liege außerhalb des technischen und organisatorischen Verantwortungsbereichs der Fluggesellschaft. Die Flugrouten der Vögel könnten weder beherrscht noch beeinflusst werden und somit sei ist für die Airline unmöglich, einen Vogelschlag abzuwenden. Damit zählt ein solches Vorkommnis zu den Einwirkungen von außen auf die Fluggesellschaft, die sie nicht lenken kann. Zwar sind die Unternehmen zu einer regelmäßigen Wartung ihrer Flugzeuge verpflichtet, doch kann auch diese Wartung einem Vogelschlag nicht vorbeugen. Folglich sind die entstandenen Schäden nicht auf eine fehlende oder mangelhafte Wartung des Flugzeuges zurückzuführen.

Fehlermeldung aufgrund einer Biene im Staurohr

Das Eindringen einer Biene in das Staurohr eines Flugzeugs mit der Folge, dass ein technisch erhebliches Bordgerät eine Fehlermeldung anzeigt, stellt einen außergewöhnlichen Umstand (i. S. d. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004) dar (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 24.07.2013, 3 C 2159/12 (36); AG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2013, 36 C 6837/13). Ein solcher Vorfall sei auch bei einer regelmäßigen Wartung und der Durchführung aller Checks vor dem Abflug nicht zu verhindern. Das Geschehen sei daher nicht als technischer Defekt zu beurteilen. Hinsichtlich des außergewöhnlichen Umstandes sei nicht auf die Fehlermeldung des Bordgeräts, sondern vielmehr auf dessen Ursache abzustellen. Zwar äußerte sich das durch das Insekt verstopfte Staurohr letztlich in Form eines technischen Defekts und wurde erst im Rahmen der Fehlersuche im technischen Bereich entdeckt, ausschlaggebend muss jedoch sein, ob auch die Ursache des Fehlers dem technischen Bereich zuzuordnen ist. Die Biene stellt ein von außen kommendes Ereignis dar, auf das die Luftfahrtgesellschaft keinen Einfluss hat. Die Prüfung, ob ein technisches Problem auf ein Vorkommnis zurückzuführen ist, das nicht Teil der normalen Ausführung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist, obliegt dem nationalen Richter.

Triebwerkschaden

Liegt ein Triebwerkschaden vor und muss ein Flugzeug nach dem Start wieder umkehren, so liegt laut AG Frankfurt am Main ein technischer Defekt vor (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.10.2013, 30 C 1848/12 (47)). Nach der Rechtsprechung des BGH können technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gelegentlich auftreten können, für sich gesehen grundsätzlich keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von Art. 5 Abs. 3 begründen. Dies gelte auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat. Indem für die Befreiung von der Ausgleichspflicht außergewöhnliche Umstände verlangt werden, lasse der Gesetzgeber gerade nicht jedes unvermeidbare Ereignis genügen, sondern weist auch unvermeidbare Hindernisse für die planmäßige Durchführung eines Fluges der Risikosphäre des Luftfahrtunternehmens zu, sofern sie nicht als außergewöhnlich aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen. Ein technischer Defekt, wie er beim Betrieb eines Flugzeugs typischerweise auftreten kann – und dazu gehören auch Triebwerksdefekte –, stellt damit grundsätzlich keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 dar (vgl. BGH, Urt. v. 21.08.2012, X ZR 146/11; EuGH, Urt. v. 22.12.2008, C-549/07). Das Gleiche gilt, wenn ein Defekt am hydraulischen Antrieb der verstellbaren Luftschaufeln des Triebwerks vorliegt (LG Düsseldorf, Urt. v. 07.05.2009, 22 S 215/08). In den meisten Fällen liegt bei einem technischen Defekt kein außergewöhnlicher Umstand vor, der die Luftgesellschaft von ihrer Zahlungspflicht entbinden würde. Erforderlich für die Würdigung des Defekts als außergewöhnlichen Umstand ist ein Zeitrahmen, in dem sich der Defekt äußern muss. Dieser Zeitrahmen beträgt wenige Stunden, auf jeden Fall weniger als zwei Tage. Ergibt sich der Defekt durch Einwirkungen von außen und sind diese für das Luftfahrtunternehmen nicht beherrschbar, so liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor und das Unternehmen wird von seiner Ausgleichszahlungspflicht gegenüber dem Fluggast befreit. Bei von außen kommenden Ereignissen, welche sich dann in technischen Defekten äußern, liegt i. d. R. kein technischer Defekt vor, sondern ein außergewöhnlicher Umstand. In diesem Fall muss der Tatrichter über die Haftung entscheiden. Abschließend lässt sich sagen, dass ein technischer Defekt regelmäßig nicht als außergewöhnlicher Umstand gewertet wird. Dennoch gibt es Ausnahmen, die zu einer Beurteilung des technischen Defekts als einen außergewöhnlichen Umstand führen können.

Generator des Flugzeugs

Ist an Bord eines Flugzeuges keine ausreichende Stromversorgung gegeben und ist der Stromausfall auf einen defekten Generator zurückzuführen, so handelt es sich hierbei um einen außergewöhnlichen Umstand i. S. d. Art. 5 Abs. 2 EG (VO) 261/2006. Dieser technische Defekt ist ein außergewöhnlicher unvermeidbarer Umstand, wenn die mit dem Luftfahrtbundesamt abgestimmten Wartungsarbeiten planmäßig durchgeführt worden sind, einschließlich des für das Generatorgetriebe nach 500 Landungen vorgesehenen Checks und der zusätzlichen wöchentlichen Checks. Wurden die Vorgaben eingehalten und es kommt trotzdem zu einem Defekt, so ist das Luftfahrtunternehmen von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreit (vgl. AG Frankfurt a.M., Beschluss v. 2. 3. 2007, 31 C 3337/06).

Sensor für Fahrwerk

Ist ein Sensor für das Einfahren des Fahrwerks defekt, so handelt es sich dabei um einen außergewöhnlichen Umstand (vgl. LG Berlin, Urt. v. 07.02.2008, 57 S 26/07). Die Richter führten aus, dass ein technischer Defekt auch trotz regelmäßiger Wartung vorkommen kann. Schließlich sei das Material stark beansprucht und ein Defekt kann jeder Zeit, also auch zwischen den Wartungsterminen auftreten. Allerdings muss es sich um einen “unerwarteten Flugsicherheitsmangel” handeln, der zudem auch durch Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätte verhindert werden können. Dieses sahen die Richter bei einem Defekt am Sensor für das Einfahren des Fahrwerks als gegeben an.

Radarausfall

Fällt das Radar in einem bestimmten Gebiet aus und werden Flugzeuge dadurch an ihrem Abflug gehindert, so handelt es sich um einen Umstand, der technischer Natur ist, aber nicht im Bereich des Beherrschbaren einer Luftgesellschaft liegt. Somit ist in diesem Falle die Airline von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreit und kann sich auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen (vgl. AG Erding, Urt. v. 18.04.2011, 2 C 1053/11).

Umstrittene Defekte

Beschädigen Mitarbeiter eines Flughafens das Flugzeug während des Betriebes am Flughafen und rufen dadurch einen technischen Defekt hervor, so kann auch dies als außergewöhnlicher Umstand gelten. Denn für den Bodenbetrieb eines Flughafens ist der Flughafenbetreiber zuständig, der Flugunternehmer hat hierauf keinen Einfluss. Nicht jedes Gericht folgt jedoch dieser Auffassung, andere sehen die Mitarbeiter in diesem Fall als Erfüllungsgehilfen der Airline, die damit auch für deren Fehlverhalten verantwortlich ist und keinen außergewöhnlichen Umstand geltend machen kann (etwa AG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.04.2014, Az. 30 C 3491/13(25)).

In seltenen Fällen wurde von Gerichten auch angenommen, dass ein technischer Defekt dann einen außergewöhnlichen Umstand darstellt, wenn er besonders ungewöhnlich ist (so etwa für den Fall eines defekten Sensors zum Einfahren des Fahrwerks: LG Berlin, Urteil vom 07.02.2008, Az. 57 S 26/07). Dies ist jedoch umstritten, andere Gerichte schlossen explizit aus, dass dies für einen technischen Defekt ausreichen soll.


Beweislast

Da das Luftfahrtunternehmen sich auf einen außergewöhnlichen Umstand bei technischen Defekten beruft, trägt es auch die Beweislast für diesen Umstand. Der Passagier muss daher nicht darlegen, dass gerade kein außergewöhnlicher Umstand vorgelegen hat. Hierzu gehört zum einen der Beleg, dass ein technischer Defekt selbst vorlag, zum anderen, dass dieser außergewöhnlich gewesen sein soll.