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Rechte bei Gepäckverspätung


Der Urlaub geht los und die Vorfreude ist schon am Unermesslichen und dann das….man steht ohne Gepäck am Urlaubsort. Was nun? Vorliegend wird beleuchtet welche Ansprüche im Falle von verspätet zugestelltem Reisegepäck am Urlaubsort dem Reisenden zustehen.

Montrealer Übereinkommen

Bei verspätet zugestelltem (oder auch bei beschädigtem oder gar nicht angekommenem) Reisegepäck, hat der Reisende Anspruch auf angemessenem Schadensersatz. Dieser Anspruch steht ihm nach dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) nach Art.19 gegenüber dem Luftfrachtführer zu. Zu beachten ist jedoch das der Montrealer Übereinkommen (vom 28.Mai.1999) nur innerhalb bzw. zwischen den Staaten die es unterzeichnet haben gilt. Darunter zählen unter anderem die EU, USA, Australien und auch Japan. In Art. 19 MÜ müssen vier Voraussetzungen vorliegen damit der betroffene Passagier Ansprüche bei Gepäckverspätung geltend machen kann. Diese Voraussetzungen lauten zum einen das eine Verspätung des Gepäcks tatsächlich stattgefunden haben muss, der jeweilige Luftfrachtführer die Schuld dafür zu verantworten hat, weiterhin muss der betroffene Passagier einen Schaden erlitten haben und schließlich muss eine Schadensazeige gemacht worden sein.

Voraussetzungen für einen Anspruch aus dem Montrealer Übereinkommen Zuerst ist zu klären wann tatsächlich von einer Gepäckverspätung zu sprechen ist, denn nicht jede Verzögerung von der vorgegebenen und ursprünglich geplanten Ankunftszeit ist ein Grund für ein Schadensersatzanspruch, vielmehr muss eine Abweichung der geplanten Ankunftszeit zusammen mit der Überschreitung einer angemessenen Duldungszeit. Dabei gibt es keine pauschale Zeitangabe bezüglich der Duldungszeitgrenze, denn dies hängt von mehreren Faktoren ab wie die Flugstrecke und gewisse besondere Einzelfallabhängige Faktoren. Nach ADAC zum Thema „Ihr Recht auf Reisen“ besteht ein Schadensersatzanspruch schon bei 3 h Gepäckverspätung. Dahingegen fiel das Urteil vom AG Frankfurt, Urteil 13.06.2013 – 29 C 2518/12 (19), nicht so großzügig aus, folglich ist anzumerken, dass eine Gepäckverspätungszeit nicht pauschal bestimmt werden kann, wann die Toleranzgrenze überschritten wird.

Ansprüche bei Gepäckverspätung

Wurde das Gepäckstück, schuldhaft durch den Luftfachführer zugestellt, muss der Luftfachführer alle dadurch entstandenen Kausalen Schäden befriedigen. Somit kann in einem angemessenen Rahmen der betreffende Reisende Schadensersatz für Grundausstattungen wie Kleidung, Hygiene Artikel und Drogerieware verlangen. Das bedeutet jedoch nicht, dass er auf Kosten der Fluggesellschaft sich Luxusartikel beschaffen darf, allerdings darf er, wenn sein Urlaub eine Teilnahme an einem Empfang beinhaltet z.B auch ein Anzug oder ein Abendkleid ersetzt bekommen, bei einem Badeurlaub hingegen Badesachen. Die Höchstgrenze, die von der Fluggesellschaft zu zahlen ist beträgt, genauso im Falle des Abhandenkommen des Gepäcks, pro Passagier 1300 Euro. Gegen Aufpreis, kann man in vielen Fluggesellschaften die Haftungsgrenze allerdings erhöhen. Zu den weiteren Ersatzkosten der Fluggesellschaft zählt die Übernahme der Lieferkosten der Gepäckstücke entweder an den jeweiligen Urlaubsort oder nach Hause das hängt von der jeweiligen Fluggesellschaft hab, dem Reisepassagier kommt lediglich die Aufgabe zu, seine gewünschte Adresse und Kontaktdaten zu hinterlassen. Stellt die Fluggesellschaft die Gepäckstücke nicht zu, muss sie die Fahrkosten zum Flughafen um die Gepäckstücke persönlich abzuholen übernehmen. Begeht der Passagier zu all dem Rechtsverfolgungskosten insbesondere Rechtsanwaltskosten, zählen diese Kosten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenfalls zu den Erstattungskosten, die die jeweilige Fluggesellschaft übernehmen muss. Wichtig und immer mit zu berücksichtigen sind die Fluggesellschaftsbedingungen, es können bei der Erstattung dadurch Abweichungen geben, manche Fluggesellschaften können beispielsweise für die ersten Woche einen Tagessatz von jeweils 50 Euro übernehmen und andere Fluggesellschaften hingegen nicht. Auch unterscheiden sich die Fluggesellschaften hinsichtlich der Zahlungsausführung, manche gewähren unabhängig von den zusätzlich gekauften Sachen einen Vorschuss meist zwischen 20 bis 200 Euro, manche hingegen reichen die Zahlung erst später nach und bis dahin muss der Passagier die Kosten vorstrecken. Folglich haftet ein Luftfrachtunternehmen nach dem genannten Montrealer Übereinkommen i.V.m der Verordnung (EG) Nr. 2027/97, VO (EG) Nr.889/2002, dem Luftfahrgesetz, BGB und HGB für alle kausal verursachten Aufwendungen und Schäden, die der Passagier erlitten zu ersetzen. Z.b bei Paulschalreisen stehen dem Passagier neben dem Anspruch aus Art.19 Montrealer Übereinkommen auch alternativ ein Anspruch aus § 651 c III BGb auf Erstattung der Koste einer Selbsthilfe zu. Allerdings richtet sich dieser Anspruch auf die gleichen Kosten wir in Art. 19 MÜ, aus diesem Grund kann der Passagier seine erlittenen Schäden lediglich einmal verlangen und dies entweder aus Art. 19 MÜ oder § 651 C III BGB.

Anspruch bei Gepäckverlust

Bleibt es jedoch nicht nur bei einer Verspätung des Gepäckstückes sondern kommt das Gepäckstück abhanden, steht dem betroffen nach dem Montrealer Übereinkommen, eine Kostenanspruch ebenfalls in Höhe von 1.300€ pro Fluggast zu. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, Nennwertes, persönliches und wichtige Dokumente im Handgepäck bei sich zuführen. Denn dem Passagier trifft eine gewisse Sorgfaltspflicht, d.h wenn es dem Passagier möglich war Wertgegenstände als Handgepäck bei sich zu führen, muss dies auch tun, ansonsten hat er keinen Anspruch auf Schadensersatz. Hinsichtlich der Ersatzkosten ist es wichtig, vorsorglich eine Liste mit der von Ihnen im Gepäck mitgeführten Sachen zu erstellen. Solch eine Inhaltsliste kann auch als PDF-Datei heruntergeladen werden. Dies ist auch für die Beweisführung wichtig, zwar entscheidet in einem Streitfall das Gericht in freier Überzeugung (§§ 286 f. ZPO), für die Ermittlungen sind jedoch Hinweise von Vorteil.Es empfiehlt sich zudem Kaufbelege zu bewahren, jedoch wird nicht der voll Neupreis ersetzt, vielmehr wird der aktuelle Wert der genannten Sache berechnet.

Fristen

Gem. Art. 31 I MÜ begründet der Passagier bei vorbehaltloser Entgegennahme des Gepäckstückes, dass es ordnungsgemäß zugestellt wurde. Ist das Gepäckstück beschädigt muss der Passagier gem. Art.31 II MÜ binnen sieben Tage nach der Annahme des Gepäckstückes dem Luftunternehmen melden, handelt es sich um Güter, beträgt die Frist 14 Tage. Liegt hingegen eine Verspätung des Gepäckstückes vor, muss die Anzeige innerhalb von einundzwanzig Tagen nach Gepäck/Güter Zustellung erfolgen. Die Klage auf Schadensersatz kann innerhalb einer Ausschlussfrist von 2 Jahren gemäß Art.35 I MÜ erfolgen, die Frist beginnt dabei ab dem Tag, an dem das Luftunternehmen am Bestimmungsort entweder angekommen ist, hätte ankommen müssen oder abgebrochen hat. Gem. Art.35 II MÜ berechnet sich dir Frist nach dem jeweiligen Recht des Angerufen Gerichts.

Anspruchsgegner

Die jeweiligen Ansprüche sind gegen die Airline zu richten und nicht gegenüber dem Reisebüro oder dem Reiseveranstalter. Es empfiehlt sich jedoch das Reisebüro um Hilfe zu bitten. Wenn der Flug zu einer Pauschalreise dazu gehört, stehen ihnen zusätzlich Minderungsansprüche gegen die jeweiligen Reiseveranstalter zu.



Wichtige Urteile zu diesem Thema:

AG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.05.2001, Az. 29 C 2166/00-46

AG Rüsselsheim, Urteil vom 27.11.2003, 3 C 981/03 (32)

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.06.2007 – Az. 2-24 S 44-06

AG Bremen, Abt. 4, Urteil vom 08.05.2007, 4 C 7/07

BGH, Urteil vom 03.06.2008, XI ZR 319/06

LG Frankfurt a.M., Urteil vom 10. September 2009, Az. 2-24 S 15/09

AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84

OLG Frankfurt a.M. - Beschluss vom 29.06.2012, Az. 16 U 66/12

AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az. 29 C 2518/12(19)