Soziale Reisenetzwerke
Definition des Begriffs
Soziale Reisenetzwerke sind internetbasierte Plattformen zur An- und Vermietung von Privatunterkünften jeder Art oder Angeboten und Suche anderer, auch unentgeltlichen Gastgeberdiensten. Sie existieren in verschieden Formen und haben teils unterschiedliche Zwecke. Während einige ausschließlich Inserate zur Anmietung von privaten Unterkünften anbieten, so kann man bei anderen sich mit Gastgebern aus verschiedenen Ländern auf unentgeltlicher Basis in Verbindung setzen.
Allgemeines
Die Idee dieser Netzwerke ist noch ziemlich neu. Der Hintergrundgedanke dabei ist es, nicht nur etwas dazu zu verdienen oder den Urlaub kostengünstig zu gestalten, sondern auch Menschen aus verschiedenen Ländern die Möglichkeit geben, die Kultur und die Mentalität durch direkten Kontakt kennenzulernen. Die Systeme basieren auf gegenseitigem Vertrauen und wahrheitsgemäßen Angaben der Anbieter über ihre angebotenen Unterkünfte und Leistungen.
Private Unterkünfte
Es gibt Netzwerke, die Anzeigen von Privatpersonen einstellen, die ihre Räume an Reisende günstig vermieten wollen. Eines der bekanntesten Netzwerke ist Airbnb, das 2008 in San Francisco gegründet wurde. Reisende und Vermieter können auf der Seite ein Profil mit Foto bzw. Fotos des Zimmers und Telefonnummer anlegen. Über die Suchfunktion können Unterkünfte nach spezifischen Anforderungen gefiltert werden. Gastgeber sind nicht verpflichtet, jede Buchung zu akzeptieren. Airbnb übernimmt gegen Entgelt die Rolle des Vermittlers und wickelt die Bezahlung ab. Da die Plattform ohne gegenseitiges Vertrauen und Ehrlichkeit nicht funktionieren kann, erhalten Nutzerprofile Bewertungen, Kritiken und Empfehlungen. Zusätzlich können interne Nachrichten verschickt werden. Seit Juni 2012 gibt es für Mieter die Möglichkeit, eine Wunschliste mit den Orten zu erstellen, die sie gern besuchen würden. Diese Listen können mit anderen Nutzern geteilt werden. Seit diese Option eingeführt wurde, stieg die Buchungsrate der Seite um 30% an. Seit November 2012 kann auch die eventuelle Nachbarschaft nach Wünschen ausgesucht werden. Die Option ist so weit für folgende Städte freigeschaltet: New York, San Francisco, Berlin, London, Paris, Washington D. C., und Rio de Janeiro. Die Beschreibungen umfassen detaillierte Bewertungen, Karten, Fotos, Informationen über die Verkehrslage und öffentliche Verkehrsmittel. Neben Airbnb gibt es mittlerweile zahlreiche andere Anbieter.
Gastgebernetzwerke
Eine andere Art des Reisens bieten sogenannte Gastgebernetzwerke, bei denen Menschen ihre Wohnräume und eventuell andere Gastgeberdienste wie Unterhaltung, Stadtrundführung usw. für Reisende kostenlos anbieten. Im Vordergrund stehen Erfahrungsaustausch, neue Erlebnisse, Eindrücke und Kontakte. Prinzipiell werden keine Mieten oder andere Entgelte verlangt, lediglich Beteiligung an variablen Kosten, wie zum Beispiel Verpflegung oder Eintrittspreise für ein Museum u.ä. Auf diese Art und Weise können Reisende nicht nur das Land und die Menschen hautnah erleben, sondern auch erheblich sparen.
Die ersten Gastfreundschaftsnetzwerke stammen aus Mitte des XX Jahrhunderts. Die erste internetbasierte Gastgeberbörse wurde im Jahr 1992 unter dem Namen Hospex, heute als Hospitality club aktiv, in Polen gegründet. 2012 ging Hospitality Club eine Partnerschaft mit Airbnb ein, weshalb die Gründer der Community stark wegen Kommerzialisierung der Plattform kritisiert wurden.
Eine weitere sehr populäre Netzressource ist Couchsurfing. Der Name geht auf den Grundgedanken der Seite zurück – man stellt seine Schlafcouch anderen Menschen zur Übernachtung zur Verfügung. Zur Nutzung der Seite ist eine Registrierung erforderlich. Es gibt ebenfalls Nutzerprofile mit detaillierten Informationen zu der entsprechenden Person. Der entscheidende Unterschied zu Airbnb und ähnlichen Anbietern besteht darin, dass Netzwerke wie Couchsurfing für alle Nutzer vollkommen kostenlos sind und es sogar untersagen, Geld für Übernachtungen zu verlangen oder zu geben.
Arbeit gegen Unterkunft
Eine andere Möglichkeit sehr kostengünstig einen Urlaub zu machen, ist das sogenannte Arbeiten im Urlaub. Das wird meistens von Farmen und Bauernhöfen angeboten, die für wenige Stunden Arbeit am Tag eine Unterkunft samt Verpflegung anbieten. Besonders während der Erntezeit werden viele helfende Hände benötigt. Je nach Kondition und Aufenthaltsdauer kann die Arbeit auch bezahlt werden. Es gibt eine Reihe von Anbietern bzw. Vereinen, die sich auf Ferien- und Bauernhöfe spezialisiert haben, oder Unterstützung bei verschiedenen Sozialprojekten im Ausland benötigen.
Kritik
Viele bekannte und sehr aktive Reisenetzwerke werden zunehmend kommerzialisiert, d.h. machen einen Teil ihrer Dienstleistungen kostenpflichtig oder gehen kommerzielle Partnerschaften ein, wodurch der ursprüngliche Gedanke der offenen und herzlichen Gastfreundschaft verloren geht. Oft wird auch über den Missbrauch der Netzwerke als Dating-Börse beschwert. Betreiber der Seiten versuchen dagegen vorzugehen, indem sie entsprechende Nachrichten als Spam melden lassen.
Couchsurfing behält sich in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, Daten einschließlich Ton- und Videoaufnahmen seiner Nutzer nach eigenem Ermessen zu verwenden, weiterzugeben oder zu verändern. Die zuständige US-Behörde für Datenschutz wurde bereits über die Unzulässigkeit der AGB informiert.
Bei völlig fremden Menschen zu übernachten oder diese bei sich übernachten zu lassen bringt auch viele Gefahren mit sich. So sind Fälle bekannt, wo Gäste ihre angemieteten Räumlichkeiten stark beschädigt und die Gastgeber bestohlen haben. Nach mehreren derartigen Vorfällen hat Airbnb beispielsweise eine Versicherung abgeschlossen, die Sachschäden bis zu einer Million Dollar ohne Beteiligung des Gastgebers deckt. Ferner sorgte ein Fall aus dem Jahr 2009 für Aufsehen. Ein Mann aus der englischen Stadt Leeds vergewaltigte eine bei ihm übernachtete Frau, die sich über Couchsurfing mit ihm in Kontakt getreten war. Nach zwei Tagen gelang der Frau die Flucht. Der Mann wurde zu 10 Jahren Haft verurteilt. Solche Vorfälle können leider nicht vollständig vermieden werden. Die einzige Maßnahme, die aber auch keine 100%ige Sicherheit gewährleistet, sind umfangreiche gegenseitige Nutzerbewertungen und Empfehlungen.
Links
couchsurfing.org
airbnb.de
staydu.com – Netzwerk für kostenpflichtige und kostenlose Unterkünfte und Arbeit gegen Urlaub
wwoof.de – Anbieter für Aufenthalte auf Bauernhöfen in Deutschland