Flugschreiber

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Ein Flugschreiber, umgangssprachlich auch als Blackbox bekannt, ist ein elektronisches Aufnahme- und Aufzeichnungsgerät, das an Bord eines Luftfahrtgerätes mitgeführt wird und dem Zweck der Auswertung und Untersuchung von Flugunfällen und Störungen dient.

Jedes Flugzeug in jeder Flugphase kann in Hinblick auf seine Eingangs- sowie Ausgangsparameter unabhängig von den internen Abläufen beobachtet werden. Ein Flugdatenschreiber (FDR) ist ein unabhängiges Gerät, das die Daten über den aktuellen Verlauf des Fluges speichert, indem es die mehrmals pro Sekunde gesammelten Parameter aufzeichnet. Der Stimmenrekorder Cockpit Voice (CDR) zeichnet das Geschehen im Cockpit im Audioformat auf. Die beiden Geräte stellen ein System dar, das den Verlauf des Fluges akkurat und objektiv für die eventuellen Ermittlungen festhält.
FDR und CDR können zu einer Einheit kombiniert werden. Nach den internationalen Regelungen müssen die beiden Aufzeichnungsgeräte in der Lage sein, schwere Flugzeugunglücke zerstörungsfrei zu überstehen.

Terminologie

Der Ursprung der umgangssprachlichen Bezeichnung „Blackbox“ ist ungewiss. Im Kontext des Systems Engineering hat dies folgende Bedeutung:
„Das Flugzeug ist wie eine Blackbox modelliert und seine Funktionsweise kann durch seine aufgezeichneten Inputparameter (z. B. Anweisungen des Piloten) und Outputparameter (z.B. Flughöhe) verstanden werden.“
Die Bezeichnung „Flugschreiber“ ist präziser. Das beliebte Synonym „Blackbox“ wird nur informell verwendet und kommt so gut wie nie in der Flugsicherheit und Luftfahrt vor. Die Rekorder dürfen nicht schwarz, sondern leuchtend orange gefärbt sein, damit sie nach dem Unfall gut entdeckt und geborgen werden können. Der Begriff „Blackbox“ ist eine grundsätzlich falsche, von den Medien popularisierte Bezeichnung. Nach den Vorfällen in den Jahren 2014 und 2015 gibt es jedoch eine Tendenz zur genaueren Terminologie.
Eine Erklärung für die Popularisierung des Terms kommt von den ersten, filmbasierten Prototypen, welche im Inneren schwarz sein mussten, um den Film vor Licht zu schützen.
Eine andere Erklärung könnte aus dem Jargon der Royal Air Force aus dem Zweiten Weltkrieg stammen. In der Zeit von 1940 bis 1945 wurden regelmäßig neue Innovationen wie Navigationsgeräte „Oboe“, „Gee“ und „H2S“ in Flugzeuge (insbesondere Bombenflieger) eingebaut. Die Prototypen wurden in handgefertigten Metallboxen platziert und schwarz lackiert, um Spiegelungen zu vermeiden. Nach einiger Zeit wurde jede neue Elektronik als „Blackbox“ bezeichnet.

Geschichte

Die ersten Versuche, ein Aufzeichnungsgerät dieser Art zu entwickeln, wurden von François Hussenot und Paul Beaudouin im Jahr 1939 im Flugerprobungszentrum im französischen Marignane gemacht. Der Prototyp „type HB“ basierte im Wesentlichen auf der Technologie der Fotografie, weil die Aufnahme auf einem 8 Meter langen und 88 Millimeter breiten fotografischen Film gemacht wurde. Die Vorserie des „HB“ wurde 1941 bestellt. 1947 gründete Hussenot zusammen mit Beaudouin die „Société Française des Instruments de Mesure“ (deutsch: französische Gesellschaft für Messinstrumente), um seine Erfindung zu vermarkten, die auch als „Hussenograph“ bekannt wurde. Das Unternehmen entwickelte sich zum größten Anbieter für Datenschreiber, welche nicht nur an Bord von Flugzeugen eingesetzt wurden, sondern auch in Zügen und anderen Fahrzeugen. Heute gehört die Gesellschaft zu „Safran Group“ und ist nach wie vor auf dem Markt für Flugschreiber präsent. Der Vorteil der Filmtechnologie besteht darin, dass der Film im Nachhinein sehr einfach entwickelt werden konnte und ein dauerhaftes, visuelles Beweismittel von dem darstellte, ohne dass man ein Abspielgerät benötigte. Im Gegensatz zu Magnetbändern oder späteren digitalen Aufnahme- und Speichermedien kann ein fotografischer Film, jedoch, nicht gelöscht oder zurückgesetzt werden, sodass er periodisch ersetzt werden muss. Der Film konnte also als solches nur einmal eingesetzt werden, insbesondere während geplanter Testflüge und kam nicht an Bord von routinemäßigen kommerziellen Flügen eingesetzt. Darüber hinaus konnte man damit die Gespräche im Cockpit nicht aufzeichnen.

Eine andere Form der Flugdatenschreiber während des Zweiten Weltkrieges von Len Harrison und Vic Husband in Großbritannien entwickelt. Das Gerät konnte einem Absturz und einem Feuer widerstehen, ohne die Flugdaten zu verlieren. Dieses Gerät verwendete Kupferfolie als Aufnahmemedium mit verschiedenen Stiften, welche verschiedene Instrumente identifizierten. Es wurde im englischen Farnborough im Ministerium für Flugzeugprodukte entwickelt. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges hat das Ministerium Harrison und Husband dazu gebracht, ihm ihre Erfindung zu überschreiben und meldete das Gerät zum Patent an. Diese Anlage war der Vorreiter von modernen Flugschreibern.

Der erste moderne Flugschreiber wurde vom finnischen Luftfahrtingenieur Veijo Hietala 1942 entworfen und trug den Namen „Mata Hari“. Die schwarze mechanische Box war in der Lage, alle relevanten Flugdaten während der Testflüge finnischer Kampfflugzeuge im Zweiten Weltkrieg aufzuzeichnen.

In den Jahren 1953 und 1954 ereignete sich eine Reihe von fatalen Flugunfällen, darunter auch die Unfälle des ersten serienmäßig produzierten Düsenverkehrsflugzeuges der Welt de Havilland DH 106 Comet. Es wurde ein professionelles Ermittlungsteam zusammengestellt. Da es keine Überlebende gegeben hat, schlug der australische Chemiker David Warren vor, eine Verfahrensweise zu entwickeln, mit welcher nicht nur die Daten der Instrumente, sondern auch die Gespräche im Cockpit aufgezeichnet werden könnten.
Der erste Prototyp zum Einsatz auf Verkehrsflugzeugen, der FDR und CVR kombinierte, wurde 1958 gebaut. Allerdings waren Luftfahrtbehörden auf der ganzen Welt weitgehend desinteressiert. Dies änderte sich mit dem Besuch des Sekretärs der ehemaligen Luftfahrtbehörde Großbritanniens „British Air Registration Board“ bei dem australischen Luftfahrtforschungslabor, bei dem er auch Warren kennenlernte.
Das Labor stellte ein Ingenieurenteam zusammen, um Warren bei der Arbeit zu assistieren. Das Team entwickelte einen funktionstüchtigen Entwurf, der dem Sturz und dem Feuer widerstehen konnte und ein zuverlässiges System zur Kodierung und Aufzeichnung von Flugdaten und Gesprächen im Cockpit.
Der CVR befand sich zunächst in der Flugzeugkabine und der FDR im hinteren Teil des Rumpfes. Da bei einem Absturz die Kabine typischerweise mehr Schaden erleidet, hat man irgendwann auch den Stimmenrekorder zusammen mit dem Flugdatenschreiber im hinteren Teil des Flugzeugrumpfes platziert.

Die heutige Version der Flugschreiber wurde in den USA von James J. Ryan, einem Professor für Maschinenbau an der Univercity of Minnesota, erfunden und patentiert. 1948 begann Ryan, der auch den einziehbaren Sicherheitsgurt erfunden hat, die Arbeit an der Idee eines Flugdatenschreibers. Das erste Gerät wurde 1948 fertiggestellt. Das Original war als „General Mills Flight Recorder“ bekannt. Ryans Flugschreiber ermöglichte eine kontinuierliche Aufzeichnung von solchen Flugzeugdaten wie Triebwerkabgase, Temperatur, Treibstofffluss, Geschwindigkeit, Flughöhe oder Sinkgeschwindigkeit.

Der Stimmenrekorder „Cockpit Sound Recorder“ (CSR) wurde 1961 als separates Gerät von Edmund A. Boniface, Jr., einem Luftfahrtingenieur bei „Lockheed Aircraft Corporation“, erfunden. Einige sahen darin eine Verletzung der Privatsphäre. 1963 wurde zum Gerät eine Option hinzugefügt, mit der der Pilot nach der erfolgten Landung die Aufzeichnung selbst löschen konnte.

Komponenten

Flugdatenschreiber

Ein Flugdatenschreiber speichert alle Eingaben und Befehle, welche an jegliche elektronischen Systeme des Flugzeuges gesendet wurden, und zeichnet spezifische Leistungsparameter während des Fluges auf. Die auf diese Weise gesicherten Daten werden bei der Unfalluntersuchung zur Klärung der Unfallursache und zur Analyse von Problemen der Flugsicherheit, Materialermüdung und Triebwerkleistung herangezogen. Im Gegensatz zu der vor allem in den Medien beliebten Bezeichnung „Blackbox“, sind die Geräte mit einer feuerbeständigen orangenen Farbe gefärbt, damit sie auch in den Trümmern gut sichtbar sind. Die Sicherstellung der Flugschreiber nach einem Unfall hat eine sehr hohe Priorität für Flugunfalluntersuchungsbehörden, da die Auswertung der aufgezeichneten Parameter oft die Ursachen und die Umstände des Unfalls identifizieren kann.
Moderne Flugdatenschreiber erhalten Inputs über spezifische Datenframes von sogenannten Flugdatenerfassungseinheiten (englisch: flight data acquition units, FDAU). Diese zeichnen signifikante Flugparameter auf, einschließlich der Steuer- und Stellantriebposition, Triebwerkinformationen und Tageszeit. Das System zeichnet je nach Zweck und Gesetzgebung der jeweiligen Region bis zu 100 Flugparameter auf. Grundsätzlich wird jeder Parameter mehrmals pro Sekunde aufgezeichnet, aber einige Geräte sind in der Lage, mit viel höherer Frequenz aufzunehmen, wenn diese sich sehr schnell ändern. Die meisten FDR’s zeichnen circa 17 bis 25 Stunden in Endlosschleife auf. Internationale Regelungen erfordern es, dass FDR’s jährlich überprüft und verifiziert werden, um sicherzustellen, dass mindestens die Pflichtparameter aufgezeichnet werden.
Die Erfindung der Flugdatenschreiber gab auch Anlass zur Entwicklung von Auswertung- und Analysesystemen, welche Flüge bezüglich des optimalen Treibstoffverbrauches und gefährlichen Angewohnheiten der Cockpit-Crew analysieren. Die Daten von einem FDR werden auf ein externes Aufzeichnungsgerät überspielt und dann periodisch mit der gleichen Technologie ausgewertet, welche auch bei anderen Unfällen zur Anwendung kommt. In anderen Fällen werden die Daten von einem Schnellzugriffsrekorder (englisch: quick access recorder, QAR) heruntergeladen.
FDR’s befinden sich im hinteren Teil des Flugzeuges, typischerweise im Flugzeugheck. Da bei einem Absturz der vordere Teil des Flugzeuges in der Regel mehr Schäden erleidet, wirkt er wie eine Knautschzone und absorbiert die Aufprallenergie, damit der Flugschreiber unbeschadet den Absturz übersteht und die Daten erhalten bleiben. Darüber hinaus haben die meisten modernen Flugdatenschreiber eine Doppelbeschichtung aus korrosionsbeständigem Edelstahl oder Titan.

Stimmenrekorder

Mittels eines Stimmenrekorders werden Geräusche, Stimmen und Konversationen im Cockpit aufgezeichnet. Es wird auch die Kommunikation mit der Flugsicherung mit Hilfe von CVR aufgezeichnet, es sei denn, diese Kommunikation wird auf einem anderen Wege aufgenommen. Es werden mindestens die letzten 20 Minuten bis zu 2 Stunden des Fluges aufgezeichnet.
Ein Standard-CVR ist in der Lage, Audiodaten für eine Dauer von 2 Stunden auf 4 Kanälen aufzuzeichnen. Zuerst wurde nur 30 Minuten lang aufgezeichnet, aber dies stellte sich in vielen Fällen als ungenügend heraus, da wesentliche Kommunikation auch früher, als die letzten 30 Minuten vor dem Unfall, stattgefunden hat.
Ältere Modelle nutzten zur Aufnahme analoge Drahttongeräte, welche später durch analoge Magnetbandgeräte ersetzt wurden. Einige Modelle hatten zwei Bandspulen, andere nutzten nur eine Bandspule mit dem Band verbunden so, dass eine Aufnahme in Endlosschleife möglich war. Das Band zirkulierte und alte Audioaufnahmen wurden alle 30 Minuten überschrieben. Die Wiederherstellung des Tons von einem Magnetband erwies sich in den Situationen als schwierig, wenn der Rekorder aus dem Wasser geborgen werden musste und sein Gehäuse beschädigt wurde. Die neusten Modelle verwenden Festkörperspeicher und digitale Aufnahmetechnik, sodass sie wesentlich widerstandsfähiger gegen Stöße, Vibrationen und Feuchtigkeit sind. Heute werden auch Batterien in die Geräte integriert, sodass die Aufnahme fortläuft, auch wenn das Bordnetz ausfällt.

Mit dem Aufkommen von Digitalrekorder können FDR und CVR nun in ein feuer-, stoß- und wasserfestes einheitliches Gerät kombiniert werden.

Zusätzliche Ausstattung

Seit den 70’er Jahren sind die meisten großen Verkehrsflugzeuge zusätzlich mit „Schnellzugriffsrekordern“ ausgestattet. Das Gerät nimmt Daten auf einem Wechselspeichermedium auf. Der Zugang zu den Daten auf FDR und CVR erfordert spezielle Ausrüstung. Das Speichermedium eines QAR ist leicht entfernbar und die Daten können mit einem einfachen Computer gelesen werden. Mit einem QAR kann die Gesamtleistung nach Ereignissen überprüft werden, welche eine wesentliche Abweichung von normalen Betriebsparametern darstellen, bevor es zu einem Unfall oder Zwischenfall kommt.

Siehe auch