Flugzeugnotfallsysteme
Flugzeugnotfallsysteme sind Vorrichtungen, die in einer Gefahrensituation verschiedene Funktionen tragen. Sie können helfen, eine gefährliche Situation zu erkennen und abzuwenden, Absturz- oder Verletzungsrisiko zu minimieren, wenn ein Notfall bereits eingetreten ist oder ein abgestürztes Flugzeug zu lokalisieren. Je nach Zweck können die Systeme sich im Cockpit, in der Passagierkabine oder in anderen Flugzeugteilen befinden. Darüber hinaus unterscheiden sich Notfallsysteme nach Flugzeugtyp.
Absturzpositionsmelder
Ein Absturzpositionsmelder (englisch: Crash Position Indicator, CPI) ist ein Funkfeuer, das vor dem Absturz aus dem Flugzeug abgeworfen wird. Dies hilft dabei, die Position der abgestürzten Maschine zu ermitteln, auch wenn sie über einem Gewässer abstürzt oder auf dem Boden in Brand aufgeht. Der Indikator kann dann Positionssignale an Such- und Rettungsluftfahrzeuge senden.
Absturzpositionsmelder wurden zuerst in Militärflugzeugen eingesetzt und oft mit einem Flugschreiber kombiniert. Heute übernehmen Notfunkbaken diese Funktion. Der Begriff „Absturzpositionsmelder“ bezieht sich nicht mehr auf ein konkretes Gerät, sondern auf alle Ortungsgeräte.
Geschichte
Der CPI wurde von Harry Stevinson entwickelt, der bereits vor dem Zweiten Weltkrieg mit der Entwicklung des Konzepts begonnen hat. Nach dem Krieg wurde er Mitglied in der nationalen kanadischen Forschungsbehörde und der Luftfahrtbehörde und untersuchte die Leistung von Segelflugzeugen. Während dieser Tests ereignete sich ein Absturz eines Düsenjets. Das abgestürzte Flugzeug hatte kein Funkfeuer, sodass das Rettungsflugzeug sehr tief über Waldflächen fliegen musste, um das Wrack zu finden. Dies führte dazu, dass das Rettungsflugzeug selbst abstürzte. Mit einem Funkfeuer an Bord beider Maschinen hätte das Rettungsflugzeug auf einer höheren und viel sichereren Flughöhe bleiben können. Daraufhin beschloss Stevinson, dass die Entwicklung eines Ortungsgerätes viel wichtiger sei, als die Tests der Segelflugzeuge und konnte auch die Behörden von der Notwendigkeit überzeugen. Zwar wurden bereits andere Funkrettungssysteme erfunden und eingesetzt, aber Stevinson fand sie ineffizient. Wenn ein Absturz über Wasser passierte, sanken die Geräte zusammen mit dem Luftfahrzeug, selbst wenn die Crew sich retten konnte. Über Land würde das Flugzeug selbst die Signale blockieren, wenn der CPI unter den Rumpfteilen begraben wird.
Es existierte ein moderneres, überlebensfähiges Ortungssystem. Es verwendete einen kleinen Mörser, um das Funkfeuer vom Flugzeug abzufeuern und landete es dann mit einem kleinen Fallschirm. Ein Stoßdämpfer sorgte für weniger Aufprall mit dem Boden.
Stevinson gefiel die Idee, aber nicht die Umsetzung. Er zog eine aerodynamische Entriegelung, welche den Mörser ablösen würde und ein robustes Funksystem mit einem Rundstrahler, die das ganze System weniger kompliziert machen würde. Überlebensfähigkeit sowohl über Land als auch über Wasser konnte mit leichten Schaumstoffen erreicht werden.
Wichtiger war es, ein aerodynamisches System zu entwickeln, das das Gerät schnell vom Flugzeug abwerfen und dann aber sofort verlangsamen würde. Im Zuge seiner Forschungen kam Stevinson auf die Idee, eine Frisbee-ähnliche Verpackung zu benutzen. Die ersten Praxistests mit Modellen aus Papier und Aluminium lieferten positive Ergebnisse. Das Team begann dann die Arbeit an einem Prototyp aus glasfaserverstärktem Kunststoff, das zur Übertragung von Funksignalen geeignet wäre.
Die Entwicklungsphase wurde 1959 abgeschlossen, die Produktion startete einige Jahre später. Der CPI wurde schnell obligatorisch für die kanadische Luftwaffe, die im Norden des Landes arbeitete. In mehreren Fällen konnten mittels CPI Flugzeuge geortet und verletzte Menschen gerettet werden, wo kein Sichtflug möglich war.
Notfunkbake
Eine Notfunkbake (englisch: Distress radio beacon) sind kleine Mobilfunkstellen, mit der Flugzeuge in einem Notfall geortet werden können, indem sie mit dem internationalen Such- und Rettungssystem COSPAS-SARSAT in Verbindung tritt. Sie können manuell oder automatisch aktiviert werden. Das Gerät sendet Notrufsignale aus, die durch Satelliten weltweit überwacht, entdeckt und lokalisiert werden können. Das Ziel ist es, Überlebende nach dem Notfall in den ersten 24 Stunden zu finden – die Zeit, in der die Mehrheit der Verletzten gerettet werden kann.
Die meisten Notfunkbaken werden auffällig gefärbt und sind wasserfest. Je nachdem, ob sie zur individuellen Benutzung oder in einem Flugzeug vorgesehen sind, unterscheiden sie sich nach Größe.
Funktionsweise
Der Prozess der Übertragung läuft vereinfacht in folgenden Schritten ab:
- 1. Die Notfunkbake wird entweder automatisch nach einem Absturz oder manuell durch einen Überlebenden aktiviert.
- 2. Mindestens ein Satellit empfängt die Signale.
- 3. Die Satelliten übertragen die Signale an die jeweilige Bodenkontrollstelle.
- 4. Die Kontrollstelle verarbeitet die Signale und leitet die Daten einschließlich ungefähren Standort an die zuständige nationale Behörde weiter.
- 5. Die Behörde leitet die Informationen an einen Rettungsdienst weiter.
- 6. Der Rettungsdienst verwendet danach eigene Empfangsgeräte, um die Notfunkbake zu lokalisieren und mit den Rettungsarbeiten zu beginnen.
Sobald ein Satellit das Signal entdeckt hat, dauert es weniger als eine Minute, um die Daten an die zuständigen Stellen des jeweiligen Staates zu übermitteln.
Es existieren verschiedene Systeme mit unterschiedlichen Varianten der Notfunkbake, verschiedenen Satellitentypen und variierender Leistung. Selbst wenn man ein Gerät mit dem ältesten System benutzt, trägt dies enorm zur Steigerung der Sicherheit bei, verglichen mit dem Sicherheitsgrad ohne eine Notfunkbake.
Empfänger sind Hilfssysteme, die auf verschiedenen Arten von Satelliten montiert werden. Dies reduziert wesentlich die Kosten des Programms. SARSAT-Empfänger werden oft von polumlaufenden Wettersatelliten getragen. Die längste Zeit, in der ein Satellit außerhalb der Empfangsweite der Notfunkbaken bleiben darf, beträgt zwei Stunden.
Einige geostationäre Satelliten haben Baken-Empfänger. Seit 2003 gibt es vier solcher Satelliten (GEOSAR), welche mehr 80% der Erdoberfläche abdecken. Wie alle geostationären Satelliten befinden sie sich über dem Äquator. Die GEOSAR-Satelliten decken nicht die Polkappen ab.
Aktivierte Notrufbaken, die auf einer Frequenz von 406 MHz arbeiten, senden einzigartige, 15-, 22- oder 30-stellige Nummern aus. Wenn eine Notfunkbake gekauft wird, muss diese Nummer registriert werden. Die Anmeldung stellt für Rettungsdienste folgende Informationen bereit:
- Eine Rufnummer.
- Eine Beschreibung des Schiffes, Luftfahrzeuges, Wagens oder der Person.
- Der Heimathafen des Schiffes oder des Luftfahrzeuges.
- Alle zusätzlichen Informationen, die nützlich sein können.
Registrierungsinformationen ermöglichen es, viel schneller mit den Rettungsarbeiten zu beginnen. Zum Beispiel, wenn eine eingetragene Bordtelefonnummer nicht erreichbar ist, kann davon ausgegangen werden, dass das Schiff tatsächlich in der Not ist. Umgekehrt können so auch Fehlalarme überprüft und beseitigt werden.
Baken, die auf niedrigeren Frequenzen senden, übertragen einfach einen anonymen Sirenenton und übermitteln somit keine detaillierten Informationen an Such- und Rettungsdienste. Solche Notfunkbaken verlassen sich allein auf die Land- und Luftraumüberwachung der Frequenz. Rettungsdienste haben keine Möglichkeit zu erfahren, ob es sich bei dem Signal um einen Notfall handelt oder nicht, bis sie vor Ort eintreffen.
Notausstieg über den Tragflächen
Notausstiege befinden sich in Flugzeugen über den Tragflächen und stellen ein Mittel zur Evakuierung der Passagiere dar. Ausstiege über den Tragflächen sind kleiner und schmaler, als andere Türen im Flugzeug, und haben somit eine reduzierte Evakuierungskapazität. Sie werden typischerweise dann in ein Flugzeug eingebaut, wenn die anderen Ausstiege eine Evakuierung aller Fluggäste innerhalb von 90 Sekunden nicht ermöglichen können, ein komplettes Set vollständiger Türen aber auch nicht notwendig ist, um dieses Ziel zu erreichen. Die Türen der Notausstiege werden so konstruiert, dass Passagiere, die direkt neben dem Ausstieg sitzen, die Gefahr beurteilen und die Tür sofort öffnen können.
Das größte Bedenken stellen bei der Nutzung der Notausstiege die Passagiere dar, die nicht auf eine Anweisung warten, sondern die Türen aus Eigeninitiative öffnen. Während viele Fluggäste, insbesondere Vielflieger, glauben, dass sie erwachsen und gebildet genug sind, um die Situation zu erkennen, bei der sie sofort die Maschine verlassen müssen, sind sie jedoch nicht auf spezifische Gefahrensituationen vorbereitet und kennen die Abfolge der Ereignisse nicht, welche eintreten müssen, damit eine vollumfängliche Evakuierung durchgeführt wird. Oft erkennen die Passagiere es nicht, dass es sicherer ist, in der Kabine zu bleiben, als auszusteigen. So geschah dies bei einer Maschine der Ryanair, dessen Triebwerke auf dem Flughafen London Stansted im Jahr 2002 in Flammen aufgegangen sind. Die Passagiere sind auf eine brennende Tragfläche ausgestiegen, obwohl das Personal der Flughafenfeuer die Anweisungen gegeben hat, ins Flugzeug zurückzukehren und sich über einen anderen Ausstieg zu evakuieren. Typischerweise entstehen solche Probleme bei übrigen Notausstiegen im Flugzeug nicht, da in diesem Fall die Türen durch geschulte Flugbegleiter geöffnet werden.
Andere
Unterbrechungsfreier Autopilot
Der Boeing Honeywell Uninterruptible Autopilot (BHUAP) stellt eine Reihe von Unterprogrammen, welche die Abwehr von Flugzeugentführungen zum Ziel haben. Dies wird dadurch erreicht, dass im Cockpit der Strom abgestellt und die Flugzeugführung an einen Autopiloten und einen Navigationscomputer übergeben wird, welche die Maschine automatisch auf einem sicheren Flugplatz landen.
Im Jahr 2005 wurde darüber berichtet, dass der Hersteller der Luftfahrtelektronik Honeywell sowohl mit Boeing als auch mit Airbus Gespräche über die Implementierung eines Gerätes führen, dass eine Wiederholung der Ereignisse des 11. Septembers 2001 verhindern soll. Im April 2003 hat Honeywell ein Verfahren und ein System zum Patent angemeldet, welche einen unautorisierten Flugversuch an einem Flugzeug blockieren sollen. Airbus und BAE Systems arbeiteten an dem Projekt gemeinsam mit Honeywell. Die Entwicklungen intensivierten sich nach den Anschlägen vom 11. September.
→ Siehe Hauptartikel Autopilot
Notrutsche
Eine aufblasbare Notrutsche ist auf allen kommerziellen Passagierflugzeugen vorgeschrieben, wo die Türen sich viel zu hoch befinden, um einen sicheren Ausstieg zu ermöglichen. Manche Notrutschen sind auch zur Verwendung als Rettungsinseln im Falle einer Wasserlandung vorgesehen.
Alle großen Verkehrsflugzeuge haben Notrutschen in die Türen der Hauptausstiege eingebaut, aber einige haben keine Rutschen an den Tragflächen, denn wenn die Klappen vollständig heruntergelassen werden, können Fluggäste auch ohne Rutsche verletzungsfrei auf den Boden gelangen. Typischerweise sind Notrutschen über den Tragflächen nicht für den Einsatz bei Notwasserungen ausgelegt, da sie nicht abgetrennt werden können, und funktionieren nicht, wenn das ganze System beim Eindringen des Wassers zum Erliegen kommt.
Die erste Flugzeugnotrutsche wurde von Air Cruisers entwickelt und produziert. Das Unternehmen wurde von James F. Boyle, dem Erfinder der „Mae West“ Schwimmwesten im Zweiten Weltkrieg, gegründet. Der Mechanismus der aufblasbaren Notrutsche wurde von Boyle im Jahr 1954 und das Design im Jahr 1956 zum Patent angemeldet. Heute beträgt der Marktanteil von Air Cruisers über 65%. Vor der Erfindung der aufblasbaren Notrutsche wurden Rutschen aus Segeltuch verwendet, welche von der Crew umfangreichen Takelagearbeiten erforderten. Heute findet man Segeltuchrutschen immer noch auf einigen russischen Flugzeugen vor.
Sauerstoffversorgung
Sauerstoffsysteme dienen in erster Linie dazu, die Flugzeuginsassen im Falle des Druckverlustes im Flugzeug mit Sauerstoff zu versorgen. Das System besteht aus individuellen Sauerstoffmasken, die sich über jedem Sitzplatz und in den Bereichen wie Bordküchen und Toiletten befinden, und einer Sauerstoffquelle.
Die meisten Verkehrsflugzeuge werden ab einer Höhe von circa 7.000 Meter, wo es noch möglich ist, ohne eine Sauerstoffmaske zu atmen, unter Druck gesetzt. Wenn der Druckverlust in einer Höhe von etwa 10.000 Meter passiert, fallen die Sauerstoffmasken automatisch aus der Ablage über dem Sitz. In der Regel gibt es mindestens eine Zusatzmaske für den Fall, dass ein Fluggast ein Kind auf dem Schoß hat oder jemand befindet sich im Gang zwischen den Sitzreihen.
Passagiersauerstoffmasken können nicht genug Sauerstoff liefern, damit das Flugzeug längere Zeit auf großen Flughöhen bleiben kann. Deshalb müssen die Piloten das Flugzeug in einen kontrollierten Notsinkflug versetzen, um auf eine Höhe zu kommen, wo die Atmung ohne Sauerstoffmasken wieder möglich ist. Wenn es an Bord des Flugzeuges ein Feuer gibt, werden die Masken nicht genutzt, weil die Sauerstoffproduktion das Feuer weiter schüren kann.
→ Siehe Hauptartikel Kabinendruck