Gerichtsstand bei Pauschalreisen

Aus PASSAGIERRECHTE
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Pauschalreisen sind solche, bei denen der Veranstalter mindestens zwei Leistungen, die gleichwertig bedeutsam sind - beispielsweise Flug und Übernachtung - zum Pauschalpreis anbietet. Der Gerichtsstand (Ort des zuständigen Gerichts) bestimmt sich in der Regel nach dem Erfüllungsort oder Ort der Hauptleistung, vgl. EuGH Urteil vom 09.07.2009 - C-204/08. Grundsätzlich liege dieser sowohl am Abflugs- als auch am Ankunftsort.

Bei Pauschalreisen jedoch begründet sich kein Erfüllungsorts-Gerichtsstand am Ort des Abflugs, vgl. LG Frankfurt/Main, 06.03.2015 - Az: 2 24 O 209/13 ("Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.").

Betrifft die Klage einen inländischen Reiseveranstalter, so ist dieser grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln (gem. §17 ZPO) am Ort seines (Verwaltungs-)Sitzes zu verklagen - auch wenn die Reise selbst ins Ausland erfolgte.

Art. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 findet nur auf Personen mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat Anwendung. Gemäß Art. 60 Abs. 1 dieser Verordnung hat eine Gesellschaft ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Folglich ist Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 anzuwenden, wonach sich die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats nach dessen eigenen Gesetzen bestimmt, wenn der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat. Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen ist, dass er auf einen Beklagten mit (Wohn-)Sitz in einem Drittstaat wie die keine Anwendung findet.

Einheitlicher Gerichtsstand

Art. 7 Nr. 1 Buchst. b EuGVVO begründet einen einheitlichen Gerichtsstand am Ort der vertragscharakteristischen Leistung für sämtliche Klagen, die auf dem streitgegenständlichen Kauf- bzw. Dienstleistungsvertrag beruhen, selbst wenn die im Klageverfahren streitgegenständliche Verpflichtung an diesem Ort nicht erbracht wurde.(Rn.39) Die Fluggastrechteverordnung ist auf jeden Flug einzeln anwendbar. Der Erfüllungsort bei der Erbringung von Dienstleistungen ist der Ort, an dem die Dienstleistungen nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen, Art. 7 Nr. 1 b) zweiter Halbs. EuGVVO. Darunter fällt auch ein Beförderungsvertrag. Für die Erbringung von Dienstleistungen und deren Gegenleistungen besteht ein einheitlicher Erfüllungsort am Ort der vertragscharakteristischen Leistung, d.h. am vertraglich bestimmten Ort der Erbringung der Dienstleistung. Ist die Dienstleistung in mehreren Mitgliedstaaten zu erbringen, ist Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit für alle den Vertrag betreffenden Klagen der Ort, an dem der Schwerpunkt der Tätigkeit des Dienstleistenden, der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung, liegt. Die Orte, die eine unmittelbare Verbindung zu den Dienstleistungen eines Luftbeförderungsvertrages aufweisen, sind der vereinbarte Ort des Abflugs und der vereinbarte Ort der Ankunft des Flugzeugs. Die Dienstleistungen werden untrennbar und einheitlich vom Ort des Abflugs bis zum Ort der Ankunft erbracht. Unter diesen Umständen sind sowohl der Ort des Abflugs als auch der Ort der Ankunft des Flugzeugs gleichermaßen als die Orte anzusehen, an denen die Dienstleistungen, die Gegenstand eines Beförderungsvertrages im Luftverkehr sind, hauptsächlich erbracht werden Wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag streitgegenständlich sind, soll an dem Ort, an dem die Verpflichtung zu erfüllen war, geklagt werden können. Erforderlich ist nicht, dass im Falle mehrerer Verpflichtungen nur an dem Ort geklagt werden kann, an dem diejenigen Verpflichtung zu erfüllen war, deren Schlechterfüllung im Streit steht. Für sämtliche Klagen auf Grundlage des Vertrags ist der Erfüllungsort am Ort der Erbringung der vertragscharakteristischen Leistung (und nicht wie bei Art. 7 Nr. 1 a) EuGVVO am Ort der streitigen Leistung) zu lokalisieren und gilt für sämtliche Verpflichtungen aus diesem Vertrag.

„Durch die autonome Bestimmung des Ortes, an dem die den Vertrag kennzeichnende Verpflichtung zu erfüllen ist, als „Erfüllungsort“ wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber die gerichtliche Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten über sämtliche Vertragspflichtenam Erfüllungsort konzentrieren und eine einheitliche gerichtliche Zuständigkeit für alle Klagen aus dem Vertrag begründen“ EuGH vom vom 3.5.2007 (Az. C-386/05, NJW 07, 1799)

Siehe auch

Anspruch auf Ausgleichszahlung - gerichtliche Verfolgung

Quellen

Urteilsdatenbank