Ankunftsverspätung und Rechtsfolgen und Ansprüche

Aus PASSAGIERRECHTE
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Immer dann wenn es zu einer Ankunftsverspätung kommt, regeln sich die Ansprüche des Fluggastes im Wesentlichen nach dem Montrealer Übereinkommen (MÜ). Dabei ist es unerheblich ob die Ankunftsverspätung abflugbedingt ist oder während der Beförderung entstanden ist. Sollte das Montrealer Übereinkommen im Einzelfall nicht anwendbar sein, so gelten die Regelungen der HaftungsVO oder des LuftVG. Nur am Rande kann auf Ansprüche aus der FluggastrechteVO oder aus nationalem Schuldrecht zurückgegriffen werden. Beruht der Verzögerungsschaden jedoch ausschließlich auf der Abflugverspätung, dann ist dieser ausschließlich nach nationalem Recht zu ersetzen. Auch dann wenn die Abflugverspätung am Ende in eine Ankunftsverspätung übergeht.

Informationspflicht

Als eine Nebenpflicht aus dem Beförderungsvertrag ergibt sich die Informationspflicht des Fluggastes durch den Luftfrachtführer. Dieser muss den Fluggast über mögliche Verspätungen so früh und so präzise wie möglich in Kenntnis setzen. Dies wurde durch das LG Frankfurt am Main mit seinem Urteil vom 6.11.1989 Az.: 2-24 S 536/88 entschieden. Nur so ist es dem Fluggast überhaupt erst möglich notwendige Vorkehrungen zu treffen. Der Fluggast kann Angehörige, das Hotel oder die Mietwagenfirma rechtzeitig benachrichtigen bzw. eine Stornierung oder Umbuchung der bereits gebuchten Leistungen erwirken.

Kommt das Flugunternehmen dieser Informationspflicht nicht nach, so hat der Fluggast bei entsprechendem Verschulden des Luftfrachtführers einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Beförderungsleistung gemäß §280 I BGB. Gemäß §276 BGB hat das Luftfahrtunternehmen Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.

Schadensersatz

Bei einer Ankunftsverspätung hat der Fluggast gegen den Luftfrachtführer unter den Voraussetzungen des Art. 19 MÜ einen Anspruch auf Schadensersatz. Der Fluggast ist Anspruchsberechtigter obwohl dieser in Art. 19 MÜ nicht ausdrücklich als Anspruchsberechtigter aufgezählt wird.

Verspätung

Um einen Anspruch nach Art. 19 MÜ geltend machen zu können, bedarf es zunächst einer Ankunftsverspätung des Fluggastes an einem bestimmten Ort. Als ein solcher Ort kommt sowohl ein Zwischenlandeort in Frage, als auch der Zielort des Hinfluges oder der endgültige Zielort auf dem Rückflug. Die Beweislast diesbezüglich trägt der Fluggast. Wann genau eine Ankunftsverspätung gegeben ist kann nach der Parteivereinbarung ermittelt werden, nach der sich auch die Rechtzeitigkeit der Beförderung bestimmen lässt. Wurde eine bestimmte Ankunftszeit festgelegt, so muss diese auch eingehalten werden. Ausschlaggebend dafür ist das rechtzeitige Andocken des Flugzeugs an das Flughafengebäude oder das Erreichen der endgültigen Parkposition im Vorfeld. Denn dieser Zeitpunkt gilt als maßgebend für die Ankunftszeit. Der Luftfrachtführer ist auch trotz rechtzeitiger Ankunft dazu verpflichtet seinen Pflichten nachzugehen und den Fluggast nach der Ankunft in einer angemessenen Zeit weiter abzufertigen.

Geringfügige Verspätungen

Fraglich ist, ob auch bei geringfügigen Verspätungen eine Haftung durch den Luftfrachtführer erwartet werden kann. Grundsätzlich kann eine Haftung nur bei substanziellen Überschreitungen der Leistungszeit gefordert werden. Dazu muss ein objektiv angemessener Zeitraum für die Beförderung überschritten sein. Grundsätzlich hat der Luftfrachtführer den Entlastungsbeweis zu führen. Der Luftfrachtführer hat es jedoch in der Hand, durch großzügige Bestimmungen der Flugzeiten, eventuellen Verspätungen und einer diesbezüglichen Haftung aus dem Weg zu gehen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass ein vernünftiger Fluggast bei seiner Terminplanung generell etwaige Verspätungen einplanen sollte und somit vor allem geringe Verspätungen gerechtfertigt sein sollten. Abschließend ist festzuhalten, dass nur geringfügige Verspätungen unter 15 Minuten nicht berücksichtigt werden können. Das widerspricht bereits § 242 BGB. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es bei einer Verspätung unter 15 Minuten noch nicht zu einem Schaden für den Fluggast kommen wird.

Verschulden

Nach Art. 19 S. 2 MÜ muss der Luftfrachtführer nicht für einen Verspätungsschaden aufkommen, wenn dieser beweisen kann, dass er und seine Crew alles in ihrer Macht stehende getan haben, um den Schaden zu verhindern. Auch entschuldigt ist der Luftfrachtführer wenn er nachweisen kann, das ihm und seiner Crew nicht möglich war die nötigen Maßnahmen zu ergreifen. Da es sich hier um die Haftung für vermutetes verschulden handelt, muss der Luftfrachtführer die Entlastungsbeweise anführern. Der Luftfrachtführer hat sowohl eigenes als auch fremdes Verschulden zu vertreten.

Eigenes Verschulden

Kann sich der Luftfrachtführer also nicht nach Art. 19 S. 2 MÜ exkulpieren, so muss er für den Schaden haften. Es ist daher fraglich, wann genau sich der Luftfrachtführer entlasten kann. Grundsätzlich kommt es hier zur selben Situation wie bei einer Abflugverspätung, denn es gibt keine anderen Ursachen für eine Ankunftsverspätung als für eine Abflugverspätung. Es gibt keine wesentlichen Unterschiede zwischen Art. 19 S. 2 MÜ und dem Verschuldensbegriff des BGB. Auch bei Art. 19 S.2 MÜ gilt, dass sich der Luftfrachtführer bei vorsätzlichem Verhalten oder bei fahrlässigem Verhalten i.S.v. § 276 II BGB nicht exkulpieren kann. Nach Art. 19 S. 2 MÜ wird eine Vermeidbarkeit vorausgesetzt. Der Luftfrachtführer muss also darlegen können, dass es ihm nicht möglich war die nötigen Maßnahmen zu ergreifen um die Verspätung zu verhindern. Weiterhin wird eine Vorhersehbarkeit gefordert. Es war lange umstritten, was genau dadurch vom Luftfrachtführer zu fordern ist. Letztendlich kam man zu dem Entschluss, dass es bedeutet, dass der Luftfrachtführer darlegen muss, dass er unter den konkreten Umständen alle vernünftigerweise von einem sorgfältigen Unternehmer unter Hintenanstellung aller kaufmännischen Überlegungen zu veranlassenden Maßnahmen ergriffen hat. Auch beim vom Art. 20 WA geforderten Sorgfaltsmaßstab, muss dargelegt werden, dass der Luftfrachtführer alle Maßnahmen getroffen hat, die von einem sorgfältigen Luftfrachtführer zu treffen waren, um einen Schaden zu verhindern. Da der Wortlaut des Art. 19 S. 2 MÜ statt der vorherigen Formulierung „ alle erforderlichen Maßnahmen“ nun die Formulierung „alle zumutbaren Maßnahmen“ enthält, ist nun fraglich ob sich dadurch die Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab ändern. Man könnte davon ausgehen, dass dadurch eine weniger strenge Haftung besteht oder dies die Beweiserleichterun für den Luftfrachtführer führt. Man wird jedoch wohl eher davon ausgehen, dass durch die Änderung dieser Formulierung keine Änderung des Sorgfaltsmaßstabs verbunden ist. Nach wie vor müssen alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen unternommen werden. Das wird jetzt nochmals durch die neue Formulierung betont. Eine Änderung der Rechtslage geht mit der neuen Formulierung jedoch nicht einher.

Verschulden der Leute

Nach Art. 19 S. 2 MÜ muss der Luftfrachtführer auch für das Verschulden seiner Leute einzustehen. Daher ist es wichtig zu bestimmen, welche Personen und Unternehmen überhaupt erst zu den Leuten des Luftfrachtführers gezählt werden können. Hier könnte man eventuell auf den § 278 BGB zurückgreifen. Dann müssten sich jedoch die Begriffe der „ Leute“ in Art. 19 S. 2 mit dem Begriff des Erfüllungsgehilfen aus § 278 BGB decken. Diese beiden Begriffe können jedoch nicht automatisch gleichgesetzt werden. Was genau unter dem Begriff Leute zu verstehen ist, muss im Wege der rechtsvergleichend autonomen Auslegung ermittelt werden. Berücksichtigt man bei einer sollen Auslegung die Rechtsprechung und Literatur so kommt man zu dem Ergebnis, dass mit beiden Begriffen weitestgehend derselbe Personenkreis gemeint ist. Bei dem Begriff des Erfüllungsgehilfen kommt es darauf an, dass es sich um eine Person handelt, die nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als Hilfsperson tätig wird. Es kommt hier jedoch nicht darauf an, ob diese Hilfsperson dem Weisungsrecht des Schuldners untersteht oder ob es sich bei der Hilfsperson um ein Monopolunternehmen handelt. Auch ein selbständiger Unternehmen kann Erfüllungsgehilfe sein. Es kommt also nicht auf die Art der rechtlichen Beziehung an. Diese Grundsätze galten nicht schon immer für den Begriff der Leute. Zuvor waren damit nur Besatzungsmitglieder des Luftfrachtführers gemeint. Dies stellte jedoch eine sehr enge Auslegung dieses Begriffes dar und wurde damit schnell gegen eine weite Auslegung eingetauscht. Somit fallen auch unter den Begriff der Leute, nicht nur die Angestellten des Luftfrachtführers sondern auch alle anderen Personen, deren sich der Luftfrachtführer in irgendeiner Weise zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten aus dem Luftbeförderungsvertrag bedient. Damit kann für den Begriff der Leute nach Art. 19 die Definition des § 45 LuftVG übernommen werden, nach der Leute alle Personen sind, deren sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der Beförderung bedient, unabhängig davon ob es sich dabei um Angestellte oder Selbstständige handelt, sofern diese in Ausführung einer ihnen vom Luftfrachtführer übertragenen Verrichtung handeln. Auch der ausführende Luftfrachtführer kann zu den Leuten gezählt werden, da dieser auch in der Erfüllung der ihm obliegenden Verbindlichkeiten als Hilfsperson des Luftfrachtführers tätig wird. Folglich kann festgehalten werden, dass es keine großen Unterschiede zwischen Begriff der Leute in Art. 19 S. 2 MÜ und dem Begriff des Erfüllungsgehilfen in § 278 BGB gibt. Mit beiden begriffen sind nicht nur die Angestellten des Luftfrachtführers gemeint sondern der Begriff bezieht darüber hinaus auch andere Menschen mit ein und beide Begriffe verfolgen den Zweck der Zurechnung fremden Verschuldens in weitem Umfang. Der Luftfrachtführer haftet jedoch nur für Menschen die in Erfüllung einer Verbindlichkeit aus dem Luftbeförderungsvertrag handeln. Weiterhin müssen die Leute in Ausführung ihrer Verrichtung gehandelt haben.

Adäquat kausaler Schaden

In Art. 19 MÜ ist zwar geregelt, dass aufgrund von einer Ankunftsverspätung ein Schaden entstanden sein muss, jedoch nicht in welchem Umfang dieser zu ersetzen ist. Weiterhin ist es die Pflicht des Klägers den entstandenen Schaden zu beweisen. Um den Inhalt und den Umfang des Schadens also bestimmen zu können, muss nationales Recht herangezogen werden. Der Anspruch richtet sich dann somit nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist der Fluggast so zu stellen, wie er stünde wenn die Leistung rechtzeitig durch den Luftfrachtführer erbracht worden wäre. Es bedarf einer haftungsausfüllenden Kausalität. Die Ankunftsverspätung des Fluggastes muss also gerade für den geltend gemachten Schaden adäquat kausal sein. Der Fluggast kann über Art. 19 MÜ keinen Ersatz für Schäden die lediglich auf der Abflugverspätung beruhen geltend machen. Beispielhaft für einen solchen Schaden ist der Verpflegungsmehraufwand, welcher einem Fluggast in der Wartezeit auf den verspäteten Flug entsteht. Einem Fluggast sind jedoch zu ersetzen, die verspätungsbedingten Mehraufwendungen für den Transport zum Geschäftstermin, zum Hotel oder zur Wohnung, wenn der Fluggast es auf Grund zeitlicher Not nicht mehr rechtzeitig mit öffentlichen Verkehrsmitteln schaffen würde. Weiterhin werden dem Fluggast die Mehraufwendungen für die Übernachtung und Kommunikationsaufwendungen und auch für Aufwendungen für Ersatzanschlussflüge bzw. -beförderungen erstattet. Wenn der Fluggast durch die Ankunftsverspätung seinen Termin, seine Reise oder seine Anschlussbeförderung verpasst und ihm die erfolgte Beförderung sinnlos wird, dann kann dem Fluggast auch die Aufwendungen für einen vorzeitigen Rückflug bzw. eine vorzeitige Rückbeförderung als Schadensersatz zu ersetzen sein. Dabei ist die Schadensminderungspflicht des Fluggastes nach § 254 II 1 BGB zu berücksichtigen. Der Fluggast muss aufgrund des Grundsatzes der Schadensminderungspflicht stets den wirtschaftlichsten Weg zur Schadensbeseitigung wählen. Ein Mitverschulden nach § 254 II 1 BGB kann immer dann angenommen werden, wenn der Geschädigte solche Maßnahmen nicht unternimmt die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Minderung oder Abwendung des Schadens unternehmen würde. Dabei stellt der Grundsatz von Treu und Glauben den Abgrenzungsmaßstab dar. Die Beweislast hinsichtlich des Mitverschuldens trägt der Schädiger. Der Fluggast muss den Ersatzflug so buchen, das der dadurch entstehende Schaden möglichst gering gehalten wird. Er sollte also vorzugsweise einen nur geringfügig späteren Flug derselben Fluggesellschaft buchen anstatt einen Flug eines anderen Luftfrachtführers oder eine Umbuchung durch den vertraglichen Luftfrachtführer selbst akzeptieren. Dies gilt nur dann nicht, wenn bereits ein zu zerrüttetes Verhältnis zwischen dem Fluggast und dem Luftfrachtführer besteht bzw. der angebotene Ersatzflug einen größeren Schaden nicht verhindern können. Will der Fluggast einen Flug eines anderen Luftfrachtführers buchen, so muss er stets den preisgünstigsten Flug wählen in der Beförderungsklasse, welche in der ursprünglichen Buchung vorlag. In manchen Fällen ist es sinnvoller ein anderes Beförderungsmittel zu wählen oder doch ein höhere Beförderungsklasse zu buchen oder ein anderes schnelleres Flugzeug zu benutzen damit ein größerer Schaden verhindert werden kann. Der Fluggast muss Wartezeiten die mehr als einen Tag andauern nicht dulden. Die durch die Umbuchung entstandenen Kosten müssen nach dem Grundsatz von § 242 BGB in einer angemessenen Relation zu dem drohenden Schaden stehen. So kann z. B kein Privatjet für die Beförderung gebucht werden. Wenn der Fluggast die ihm obliegende Schadensminderungspflicht nicht beachtet, so kann der geltend gemachte Schaden quotenmäßig gekürzt werden. Weiterhin kann es auf Grund des Mitverschuldens des Fluggastes auch zu einem Wegfall der Ersatzpflicht oder zu einer vollen Haftung des Schädigers kommen.

Beförderungen über mehrere Teilstrecken

Problematisch ist die Situation, wenn der Fluggast auf Grund der Ankunftsverspätung seinen Anschlussflug verpasst. Der Umfang des Schadensersatzanspruches hängt davon ab, ob der Fluggast auf Grund der Ankunftsverspätung auf der Zubringerflugstrecke seinen Beförderungsanspruch auf der Anschlussstrecke verliert. Das könnte dann vorkommen, wenn die Beförderung auf mehreren Beförderungsverträgen basiert. Aus diesem Grund muss zunächst unterschieden werden, ob es sich um eine Beförderung handelt, die auf einem einheitlichen Beförderungsvertrag beruht oder um eine Beförderung die auf mehreren Beförderungsverträgen beruht. Setzt sich ein Flug aus mehreren Teilstrecke zusammen und liegt für jede Teilstrecke ein separater Beförderungsvertrag vor, dann kommt es auf das Verpassen der Meldeschlusszeit des Anschlussfluges an. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um die Meldeschlusszeit zum Check-in handelt oder um die Meldeschlusszeit zum Einsteigen am Gate. Denn verpasst der Fluggast die Meldeschlusszeit, so hat der Luftfrachtführer nach seinen ABB das Recht die Platzbuchung des Fluggastes aus diesem Flug zu stornieren. Ob der Fluggast damit auch gleich seinen Anspruch auf Beförderung auf der Anschlussstrecke verliert, ist in den Tarifbedingungen geregelt. Ist in den Tarifbedingungen geregelt, dass eine nachträgliche Umbuchung der Platzbuchung möglich ist, so behält der Fluggast seinen Beförderungsanspruch auf der Anschlussstrecke und kann nach der Umbuchung weiterhin Erfüllung verlangen. Damit gilt der Schadensersatzanspruch aus Art. 19 MÜ in einem solchen Fall nur für anfallende Umbuchungsgebühren, Mehrwertaufwendungen für Verpflegung, Übernachtung und Kommunikation. Weiterhin werden alle Schäden ersetzt die aus der verspäteten Ankunft am endgültigen Zielort resultieren. Der Luftfrachtführer des Zubringerfluges muss dem Fluggast Ersatz für am endgültigen Zielort entgangenen Gewinn und Ersatz für am Zielort entgangene geldwerte Leistungen erbringen.

Sonstiges

Auskunftsanspruch

Der Auskunftsanspruch kommt bei jeder Verspätung, Annullierung und bezüglich der außergewöhnlichen Umstände zum Tragen. Das Luftfahrtunternehmen muss eine Verspätung oder Annullierung zwar rechtfertigen, der Fluggast hat jedoch weder nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB einen detaillierten Auskunftsanspruch, noch aus höchstrichterlicher Rechtsprechung.

Schadensanzeige

Es bedarf keiner Schadensanzeige bei einem Ankunftsverspätungsschadens innerhalb einer bestimmten Frist, wenn es sich um eine Personenbeförderung handelt. Nur die verspätete Auslieferung von aufgegebenem Reisegepäck muss laut Art. 31 II 2 MÜ innerhalb einer Frist von 21 Tagen angezeigt werden.

Klagefrist

Der Geschädigte kann laut Art. 35 MÜ Schadensersatzansprüche nur binnen zwei Jahre gerichtlich einklagen. Dies gilt jedoch nur für Schadensersatzansprüche aus Art. 17 bis 19 MÜ. Mit Ablauf der zweijährigen Frist erlöschen diese Ansprüche materiellrechtlich. Die Berechnung der Frist hängt nach Art. 35 II MÜ von dem Recht des angerufenen Gerichts ab. Ausschlaggebend ist der Tag der Ankunft. Wann eine Klage als erhoben gilt, wird nach Art. 33 IV MÜ durch die lex fori beantwortet. Bei einer Anwendbarkeit des deutschen Rechts ist nach § 253 I die Zustellung der Klage auschlaggebend. Nach § 167 ZPO wirkt die Zustellung jedoch auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück, so lange diese demnächst erfolgt. Damit ist nach Art. 35 MÜ die rechtzeitige Einreichung der Klageschrift ausreichend zur Fristwahrung. Ob bereits die Zustellung eines Mahnbescheides ausreichend ist, bleibt fraglich. Wird die Klage vor einem Gericht erhoben, dass nicht zuständig ist, so ist die Frist des Art. 35 1 MÜ nicht gewahrt. Die möglichen Gerichtsstände für eine Klage auf Ersatz eines Ankunftsverspätungsschadens können Art. 33 I MÜ entnommen werden. Dabei kann der Kläger zwischen dem Gericht am Ort des Wohnsitzes, der Hauptniederlassung, einer Geschäftsstelle des Luftfrachtführers oder dem Gericht des Bestimmungsortes des Fluges, so lange dieser Ort sich auf dem Hoheitsgebiet einer der Vertragsstaaten befinden, wählen. Damit ist sowohl die örtliche als auch die internationale Zuständigkeit geregelt. Der Gerichtsstand am Hauptwohnsitz des reisenden steht dem Kläger nicht zu.

Vorschusspflicht, Art. 28 MÜ

Nach Art. 28 MÜ hat der Luftfrachtführer die Pflicht Vorauszahlungen zu leisten, wenn es durch Luftfahrzeugunfälle zum Tod oder zu Körperverletzungen von Reisenden kommt. Dies muss jedoch zunächst durch nationales Recht auferlegt werden. Für Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist eine solche Regelung bereits durch Art. 5 HaftungsVO getroffenen wurden. Für Ankunftsverspätungsschäden hingegen ist dort eine derartige Verpflichtung für Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft nicht vorgenommen wurden. Der Wortlaut des Art. 5 I HaftungsVO ist zwar uneindeutig aber wenn man ihn im Zusammenhang mit Art. 28 MÜ betrachtet, dann wird ersichtlich, dass die Vorschusspflicht nur für die in Art. 28 MÜ bezeichneten Fälle gilt.

Ergebnis

Bei einer Ankunftsverspätung kann der Fluggast nach Art. 19 MÜ den ihm entstanden Schaden geltend machen, soweit das MÜ anwendbar ist. Den Fluggast kann jedoch ein Mitverschulden an der Verspätung treffen, wenn er kein ausreichendes Zeitpuffer für mögliche Verspätungen einbaut. Wenn die Voraussetzungen des Art. 19 MÜ nicht vorliegen, so kann der Fluggast nicht auf andere Anspruchsgrundlagen zurückgreifen. Anspruchsgrundlagen aus vereinheitlichten nationalen Recht sind nach Art. 29 MÜ ausgeschlossen.

Nichtanwendbarkeit des MÜ

Bei der Nichtanwendbarkeit des MÜ kommt man zu keinem anderen Ergebnis bei der Haftung des Luftfrachtführers für Ankunftsverspätungen. Solange die HaftungsVO anwendbar ist, wird in Art. 3 HaftungsVO wieder auf die Bestimmungen des MÜ hingewiesen. Auch wenn nur das WA anwendbar sein sollte, so kommt es kaum zu Unterschieden bezüglich der Verspätungshaftung des Luftfrachtführers, denn die Verspätungshaftung wurde fast unverändert in das MÜ übernommen. Einen erheblichen Unterschied findet man nur bei den Haftungshöchstbeträgen für Verspätungsschäden. Auch wenn nur das LuftVG anwendbar ist, so haftet der vertragliche Luftfrachtführer fast genauso wie nach dem MÜ, da die Vorschriften des LuftVG an die des MÜ angepasst wurden.

Andere Anspruchsziele

Fraglich ist, ob der Fluggast bei einer Ankunftsverspätung auch weitere Ansprüche mit anderen Anspruchszielen geltend machen kann. Fraglich ist vor allem ob er Gewährleistungsansprüche aus nationalem Recht geltend machen kann.

Ansprüche nach der Fluggastrechte VO

Bei einer Ankunftsverspätung stehen dem Fluggast keine Ansprüche aus der Fluggastrechte VO zu, denn nach Art. 6 regelt die Flugastrechte VO nur den Fall der Abflugverspätung.

Minderung

Umstritten ist die Frage, ob der Fluggast bei einer Ankunftsverspätung den Flugpreis nach §§ 638 I 1, 634 Nr. 3, 633 II BGB mindern kann. Somit könnte der Fluggast in den Fällen in denen kein konkreter Ankunftsverspätungsschaden gegeben ist bzw. dieser nicht nachzuweisen ist oder den Luftfrachtführer kein Verschulden trifft, einen Teil des Flugpreises erstattet bekommen. Grundsätzlich wird die Möglichkeit auf einen Anspruch auf Minderung des Flugpreises bei einer Ankunftsverspätung von der überwiegenden Rechtsprechung und Teilen der Literatur bejaht. Erlaubt man einer Minderung so wird man mit zwei Problemen konfrontiert. Zum einen bedarf es dann des Vorliegens eines Sachmangels und zum anderen wird durch Art. 29 MÜ alle anderen Schadensersatzansprüche wegen einer Ankunftsverspätung neben Art. 19 MÜ ausgeschlossen. Dadurch kommt es immer wieder zu Stimmen die die Minderung bei Verspätungen ablehnen wollen. Unproblematisch anwendbar hingegen ist jedoch das Werkmangelgewährleistungsrecht. Denn nach der Ankunft des Fluges ist das Werk nach § 646 BGb vollendet

Anspruch auf Abtretung

Die Abtretung einesAnspruchs aus der Fluggast-VO ist grundsätzlich zulässig. auf Der Fluggast kann seinen Anspruch nach Maßgabe des Art. 14 II Rom I VO seinen Anspruch aus der Flugastrechte-VO gemäß Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Rom I- VO an ein Unternehmen abtreten, sofern sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kunden mit seinem Abgangs- oder Bestimmungsort deckt. Sollte dementsprechend ein Kunde mit Lebensmittelpunkt in Deutschland grenzüberschreitend mit Hilfe eines Luftbeförderers ein Ziel erreicht haben, gilt für das hypothetische Abtretungsverbot das deutsche Sachrecht und nicht das vom Vertragspartner gewählte ausländische Recht. Decken sich Abgangs- und Bestimmungsort nicht mit dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kunden greift kraft objektiver Anknüpfung aus Art. 5 Abs. 2 Satz 2 wiederum i.V.m. Art. 20 Rom I-VO das Recht des Landes, in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Rücktritt wegen verspäteter Ankunft

Ein Rücktritt bei Ankunftsverspätung scheint möglich zu sein. Ein solcher kann sich aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht aus § 323 BGB ergeben, weil der Luftfrachtführer seiner Pflicht der fälligen Beförderungsleistung bei einer Ankunftsverspätung nicht nachkommt. Da das allgemeine Leistungsstörungsrecht noch bis zur Vollendung der Beförderung anwendbar ist, muss der Fluggast noch vor der Ankunft den Rücktritt erklären. Dafür hat er nach § 323 IV BGB noch bis zum vereinbarten Ankunftszeitpunkt Zeit. In einem solchen Fall bleibt jedoch fraglich, ob die Setzung einer frist zur nacherfüllung überflüssig ist. Der Luftbeförderungsvertrag ist jedoch weder absolutes noch relatives Fixgeschäft. Es ist also davon auszugehen, dass eine automatisch laufende nahcfrist vorliegt und nach deren Ablauf der sofortige Rücktritt nach § 323 II Nr. 3 BGB erklärt werden kann. Fraglich ist jedoch ob das Rücktrittsrecht auch durch Art. 29 MÜ ausgeschlossen sein könnte. Da der Rücktritt des Fluggastes bei einer Ankunftsverspätung auf dasselbe hinauslaufen würde wie ein Minderungsanspruch oder ein Schadensersatzanspruch bzgl. Des Äquivalenzinteresses, ist auch der Rücktritt gemäß Art. 29 MÜ ausgeschlossen. Damit könne die Kosten eines nutzlosen Fluges nur über Art. 19 MÜ als nutzlose Aufwendung geltend gemacht werden.

Rücktritt bei Beförderung über mehrere Teilstrecken

Auch für die Beförderung über mehrere Teilstrecken gilt nichts anderes. Nach Art. 29 MÜ ist auch hier der Rücktritt vom Beförderungsvertrag wegen einer Ankunftsverspätung bei der Zwischenlandung oder der gestörten Zielstrecke und bereits abgeflogener Zielstrecken nicht möglich. Dies gilt weiterhin für den Rücktritt vom Beförderungsvertrag für bereits abgeflogene Teilstrecken aufgrund einer Abflugverspätung auf der Anschlussstrecke. Bei nicht abgeflogenen Teilstrecken kommt es jedoch nicht zu einem Konflikt mit Art. 29 MÜ. In diesem Fall ändert sich nichts an dem Rücktrittsrecht des Fluggastes nach nationalem Recht bezüglich der Abflugverspätung auf der Anschlussflugstrecke.

Haftungshöchstbeträge

Durch Art. 22 MÜ wird die Haftung des Luftfrachtführers bei Verspätung und bei Schäden an Reisegepäck und Gütern beschränkt. Dadurch werden Transportrisiken überschaubar, deren Versicherbarkeit kann gewährleistet werden und der Luftfrachtführer ist vor einer übermäßigen Haftung bewahrt. Gemäß Art. 25 MÜ kann vertraglich sowohl eine Erhöhung der Haftungshöchstbeträge vereinbart werden, also auch ein Verzicht auf die Haftungshöchstbeträge. Nur eine Reduzierung ist nach Art. 26 MÜ nichtig. Bei der Beförderung von Personen muss der Luftfrachtführer nach Art. 22 I MÜ bei Ankunftsverspätungsschäden i.S.v. Art. 19 MÜ bis zu einem Haftungshöchstbetrag von 4150 Sonderziehungsrechten je Reisenden haften. Bei Reisegepäck bis zu einem Haftungshöchstbetrag von 100 Sonderziehungsrechten je Reisenden. Eine Umrechnung von Sonderziehungsrechten in die jeweilige Währung in einem gerichtlichen Verfahren nach dem Wett des Sonderziehungsrechts in dieser Währung zum Zeitpunkt der Entscheidung. Für den Fall das kein gerichtliches Verfahren stattfindet, sieht das MÜ keine Regelung für die Umrechnung vor. Fraglich ist ob sich die Haftungshöchstbeträge bei einem Hin und Rückflug auf die gesamte Beförderung beziehen oder auf jede einzelne Teilstrecke. Hier muss man davon ausgehen, dass der Luftfrachtführer bei einer Ankunftsverspätung auf dem Hin und Rückflug jeweils bis zu der jeweiligen Haftungshöchstgrenze leisten muss. Davon gibt jedoch auch Ausnahmen. Der Luftfrachtführer muss für Verspätungsschäden bei der Beförderung von Personen und Reisegepäck in unbegrenzter Höhe haften wenn ihm vom geschädigten nachgewiesen kann, dass er oder seine Leute den Schaden absichtlich oder leichtfertig herbeigeführt haben. Weiterhin muss der Luftfrachtführer oder seine Leute das Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts haben.

Anspruch auf Ausgleichszahlung

Im Rahmen einer Ankunftsverspätung kann der Fluggast unter Umständen auch eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung geltend machen. Hat der Fluggast eine Ankunftsverspätung von mindestens 3 Stunden, so ist dieser Flug dem einer Annullierung gleichzusetzen, wodurch Wiederrum ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung besteht.

Allerdings kann auch hier der Ausgleichsanspruch aufgrund von außergewöhnlichen Umständen gemäß Artikel 5 Absatz 3 VO ausgeschlossen werden. Außergewöhnliche Umstände sind Ereignisse, die vom Luftfahrtunternehmen weder beherrschbar noch beeinflussbar sind.

Allerdings muss beachtet werden, dass eine hypothetische Ankunftsverspätung nicht zu einem Ausgleichsanspruch gemäß Artikel 7 führt.

Relevanz der Ankunftsverspätung

Die Frage nach der Relevanz der Ankunftsverspätung kommt auf, da die Ausgleichsansprüche auch aufgrund einer reinen Verspätung an sich resultieren können. Das Urteil vom Amtsgericht Frankfurt behandelt eine Klage von einem Flugreisenden gegen das ausführende Flugunternehmen, da ein technischer Defekt für eine Verspätung am Reiseziel von einem Tag verursachte. Das Flugunternehmen merkte an, dass für einen Ausgleichsanspruch eine Verspätung am Startflughafen vorgelegen haben müsste, was hier nicht der Fall wäre. Der Klage wurde stattgegeben. Der Kläger habe einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, da eine mehr als drei stündige Verspätung einer Annullierung gleichkommen würde. Der Anspruch richtet sich nach Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Ob die Verspätung auf eine solche an sich oder auf eine Abflugverspätung zurückzuführen ist, wird als nebensächlich gesehen, da die Unannehmlichkeiten für den Fluggast die selben seien. Dies ergäbe sich aus dem Gleichheitsgrundsatz, außerdem sei kein Widerspruch zum Montrealer Übereinkommen zu sehen, was der BGH in anderen Entscheidungen ( BGH, Urt. v. 10.12.2010 ) als wichtiges Kriterium unterstreicht.

Urteile

Urteile, Datum Aktenzeichen Zusammenfassung (reise-recht-wiki)
AG Frankfurt, Urt. v. 6.12.2012 31 C 2553/12
  • Verspätet sich die Ankunft einer Flugreise um 3 Stunden oder mehr, steht dem Passagier eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600,00€ zu.
  • Ausgleichsansprüche gemäß der Fluggastrechteverordnung hängen nicht ausdrücklich von einer relevanten Abflugverspätung ab, da für den zu schützenden Passagier nur die Verspätung am Endziel entscheidend ist.
BGH, Urt. vom 10.12.2009 Xa ZR 61/09
  • Frage der Vereinbarkeit von Normen mit dem Montrealer Übereinkommen
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 6.11.1989 2-24 S 536/88 Das Luftfahrtunternehmen muss den Fluggast im Fall einer Verspätung durch einen Streik rechtzeitig und so konkret wie möglich über die Auswirkungen dieses Streiks informieren.