Ausführender - vertraglicher Luftfahrtführer gemäß Art. 39 MÜ
Art. 39 MÜ (Montrealer Übereinkommen) definiert die Begriffe des vertraglichen und ausführenden Luftfrachtführer. Nach dem Übereinkommen ist der „vertragliche Luftfrachtführer“ eine Person, die mit einem Reisenden oder einem Absender einen dem Montrealer Übereinkommen unterliegenden Beförderungsvertrag abgeschlossen hat. Der „ausführende Luftfrachtführer wird als andere Person bezeichnet, die aufgrund einer Vereinbarung mit dem vertraglichen Luftfrachtführer berechtigt ist, die Beförderung ganz oder zum Teil auszuführen. Es entsteht eine haftungsrechtliche Gleichbehandlung zwischen den beiden Luftfrachtführern. Für den Verkehrsnutzer wird dadurch eine effektive Haftungslösung geschaffen. Es stellt sich ihm nicht mehr das Problem, den „richtigen“ Anspruchsgegner zu finden.
Vertraglicher Luftfrachtführer
Art. 39 MÜ wird der vertragliche Luftfrachtführer als eine Person definiert, die mit einem Reisenden oder einem Absender oder einer für den Reisenden oder den Absender handelnden Person einen diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderungsvertrag geschlossen hat. Eine vertragliche Beförderung ist also die Verpflichtung die der Luftfrachtführer eingeht. Es ist dabei nicht notwendig, dass er den Beförderungsvertrag selbst geschlossen hat. Einen Beförderungsschein muss der vertragliche Luftfrachtführer auch nicht selber ausstellen. Fraglich ist, ob bei einem Charterflug beziehungsweise einem Chartervertrag der Charterer als vertraglicher Luftfrachtführer zu sehen ist. Das hängt ganz davon ab, ob er mit dem Reisenden einen Beförderungsvertrag im eigenen Namen abschließt und den Verchartere als Hilfsperson für die Vertragserfüllung fungieren lässt oder ob der Charterer sich auf die bloße Vermittlung des Beförderungsvertrages zwischen dem Vercharterer und dem Reisenden beschränkt. Bei der letzten Konstellation wird der Vercharterer als vertraglicher Luftfrachtführer gesehen. Art. 39 MÜ ist nicht einschlägig, wenn der Charterer nur sich selbst oder seine Güter befördert. Eine Fluggesellschaft, die Flüge eines Dritten unter einem Code-Sharing als Marketing Carrier an die Reisenden verkauft, ist als vertraglicher Luftfrachtführer zu beschreiben. Es liegt keine Vermittlung des Beförderungsvertrags zwischen dem Code-Sharing Partner und dem Reisenden durch den Marketing Carrier vor. Der Marketing Carrier hat eher sich selbst verpflichtet den Reisenden zu befördern. Tatsächlich wird der Reisende aufgrund des Code-Share-Agreements zwischen den beiden Fluggesellschaften vom Code-Share-Partner befördert, wie z.B. die Air France für einen bei Condor gebuchten Flug von Hamburg nach Paris. Ein späterer Eintritt in einen schon bestehenden Vertrag verhindert keinesfalls die Qualifizierung als vertraglichen Luftfrachtführer.
Ausführender Luftfrachtführer
Der ausführende Luftfrachtführer unterscheidet sich vom vertraglichen Luftfrachtführer. Zwischen den beiden wird meist ein Vertragsverhältnis vereinbart, bei welchem der ausführende, dem vertraglichen die Beförderung verspricht. Ausführender Luftfrachtführer ist, wer eine Beförderung mit Einverständnis desjenigen Luftfrachtführers tatsächlich ausführt, mit dem der Luftbeförderungs- oder Luftfrachtvertrag geschlossen wurde. Es besteht kein Vertragsverhältnis zwischen Absender oder Reisenden und dem ausführenden Luftfrachtführer.
Ausführen der Beförderung
Der ausführende Luftfrachtführer muss die Beförderung auch durchführen. Dabei bedeutet das „Ausführen“ der Beförderung das tatsächliche Bewirken der Beförderung. Unterfrachtführer, welche einen weiteren Luftfrachtführer zur Ausführung der Beförderung beauftragt haben, werden nicht als ausführende Luftfrachtführer i.S.d. Art. 39 S. 1 MÜ. Die Vorschrift ist an das reale Bewirken angeknüpft. Fraglich ist jedoch, was das tatsächliche Bewirken der Beförderung bedeutet. Für die Charakterisierung als ausführender Luftfrachtführer muss vielmehr entscheidend sein, dass der betreffende [[Luftfrachtführer das Flugzeug als Pilot (Halter) betreibt und damit gewerbsmäßig Personen oder Sachen befördert. Die Haftung wird auf die Betriebsgefahr abgestellt. Der Umstand, dass durch den Betrieb des Flugzeugs ein Schaden verursacht werden kann, ist ausschlaggebend für die Haftung des ausführenden Luftfrachtführers.
Abgrenzung des ausführenden Luftfrachtführers von anderen Personen
Der ausführende Luftfrachtführer ist von zwei Personengruppen abzugrenzen. Zu diesen zwei Personengruppen gehören zum einen die nachfolgenden, zum anderen die Leute des vertraglichen Luftfrachtführers.
Nachfolgender Luftfrachtführer
Die Unterscheidung des ausführenden zum nachfolgenden Luftfrachtführers ist äußerst wichtig. Sie ist in Art. 1 Abs. 3 MÜ und Art. 36 MÜ beschrieben. Der nachfolgende Luftfrachtführer ist kein ausführender Luftfrachtführer. Der nachfolgende Luftfrachtführer wird aktiv, wenn die erste Teilstrecke erfolgreich absolviert wurde und wenn ein Beförderungsvertrag zwischen dem Reisenden und nachfolgendem Luftfrachtführer unmittelbar entsteht. Der nachfolgende Luftfrachtführer ist dem Reisenden oder dem Ladungsinteressenten also dann die Beförderung schuldig. Der nachfolgende Luftfrachtführer gilt nach Art. 36 Abs. 1 Hs. 2 MÜ als Vertragspartner des Reisenden. Der ausführende Luftfrachtführer wird nur in haftungsrechtlicher Hinsicht zu einem Quasi-Vertragspartner des Reisenden. Auf den nachfolgenden [[Luftfrachtführer finden die Art. 39 ff. MÜ keine Anwendung. Die Abgrenzung vom nachfolgenden zum ausführenden Luftfrachtführer kann im Einzelfall schwierig sein. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es entscheidend ist, ob der Reisende oder Ladungsinteressent beeinflussen kann, wer die Beförderung über eine bestimmte Teilstrecke ausführt und ob diese Wahl aus den Beförderungsdokumenten ersichtlich ist. Besteht keine Vereinbarung zwischen dem Reisenden oder Ladungsinteressenten und dem Flugunternehmen, spricht es dafür, dass dieser dann ein ausführender Luftfrachtführer ist. Bucht ein Reisender zum Beispiel diese Reise:
Wird diese Reise bei einer der beteiligten Fluggesellschaften gebucht, so fallen die vermittelten Beförderungen nicht unter Art. 39 ff. MÜ. Jede der den Reisenden auf den Teilstrecken befördernden Fluggesellschaften ist vertraglicher Luftfrachtführer, die Swissair ist für die nicht von ihr ausgeführte Teilstrecke nur Agentin der weiteren Fluggesellschaften. Lufthansa und Air China sind damit nicht ausführende Luftfrachtführer der Swiss.
Leute des vertraglichen Luftfrachtführers
Ebenfalls wichtig ist die Abgrenzung des ausführenden Luftfrachtführers zu den Leuten des vertraglichen Luftfrachtführers. Die Leute des vertraglichen Luftfrachtführers können nicht ausführende sein, auch wenn sie in die tatsächliche Abwicklung der Beförderung eingespannt sind. Das ergibt sich aus Art. 40 MÜ, wonach hinsichtlich der Haftung der beiden Luftfrachtführer zwischen der Gesamtbeförderung und der ausgeführten Beförderung unterschieden wird. Zu den Leuten des vertraglichen Luftfrachtführers gehören alle Personen, die auf Grund eines Anstellungsvertrags im Betrieb des vertraglichen Luftfrachtführers tätig sind. Würde man dagegen unter den Begriff der „Leute“ alle Personen fassen, die in irgendeiner Form an der Erfüllung des Beförderungsvertrags beteiligt sind, wäre für die Rechtsfigur des ausführenden Luftfrachtführers kein Raum mehr.
Unterbeförderungsverträge
Befördert der vertragliche Luftfrachtführer das Gut oder den Reisenden nicht selbst, wird ein Unterbeförderungsvertrag geschlossen und der primär berechtigte Luftfrachtführer verliert seinen Status als ausführenden Luftfrachtführer. Jetzt ist nämlich der Unterluftfrachtführer ausführender Frachtführer. Kommt es nun zum Schaden, können der Absender und der Vertragspartner des eigentlich ausführenden Luftfrachtführers ebenfalls als Absender, Ansprüche gegen den Unterluftfrachtführer geltend machen.