Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 16. 10. 2003, Aktenzeichzeichen C-363/01

Aus PASSAGIERRECHTE
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URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)

16. Oktober 2003

„Luftverkehr - Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft - Richtlinie 96/67/EG - Artikel 16 - Erhebung eines Entgelts für den Zugang zu Flughafeneinrichtungen - Voraussetzungen“

In der Rechtssache C-363/01

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH

gegen

Deutsche Lufthansa AG

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft (ABl. L 272, S. 36)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet, der Richter C. Gulmann und V. Skouris, der Richterin N. Colneric und des Richters J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter),

Generalanwalt: J. Mischo,


Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • der Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt G. Schohe,
  • der Deutsche Lufthansa AG, vertreten durch die Rechtsanwälte B. Haager und H. Neumann,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch M. Apessos, I. Bakopoulos und S. Chala als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Huttunen und M. Niejahr als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH, vertreten durch G. Schohe, der Deutsche Lufthansa AG, vertreten durch B. Haager, H. Neumann und Abteilungsleiter M. Kleuk, und der Kommission, vertreten durch M. Huttunen und M. Niejahr, in der Sitzung vom 5. Dezember 2002,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Januar 2003

folgendes

Urteil

1. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 31. Juli 2001, beim Gerichtshof eingegangen am 24. September 2001, nach Artikel 234 EG fünf Fragen nach der Auslegung von Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft (ABl. L 272, S. 36, im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Betreiberin des Flughafens Hannover-Langenhagen (Deutschland), der Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH (im Folgenden: Flughafen), und der Fluggesellschaft Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden: Lufthansa) wegen deren Weigerung, dem Flughafen vom 1. Januar 1998 an ein gesondertes Entgelt für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste (im Folgenden: Zugangsentgelt) zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3. Laut der fünften Begründungserwägung der Richtlinie soll „[m]it der Öffnung des Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste ... zur Senkung der Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften und zur Hebung der den Nutzern gebotenen Qualität beigetragen werden“.

4. Nach der neunten Begründungserwägung der Richtlinie ist „[d]ie Liberalisierung des Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste ... mit der Funktionsfähigkeit der gemeinschaftlichen Flughäfen vereinbar“.

5. Die 25. Begründungserwägung der Richtlinie lautet:

„Den zur Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten befugten Dienstleistern und den zur Selbstabfertigung befugten Luftverkehrsunternehmen ist im Interesse eines wirksamen und lauteren Wettbewerbs in dem für die Ausübung ihrer Rechte notwendigen Maße Zugang zu den Flughafeneinrichtungen zu gewähren. Für diesen Zugang darf jedoch ein Entgelt erhoben werden.“

6. In Artikel 2 der Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

  • a) .Flughafen‘ jedes speziell für das Landen, Starten und Manövrieren von Luftfahrzeugen ausgebaute Gelände, einschließlich der für den Luftverkehr und die Abfertigung der Luftfahrzeuge erforderlichen zugehörigen Einrichtungen, wozu auch die Einrichtungen für die Abfertigung gewerblicher Flugdienste gehören;
  • ...
  • c) .Leitungsorgan‘ die Stelle, die nach den nationalen Rechtsvorschriften - gegebenenfalls neben anderen Tätigkeiten - die Aufgabe hat, die Flughafeneinrichtungen zu verwalten und zu betreiben, und der die Koordinierung und Überwachung der Tätigkeiten der verschiedenen Akteure auf dem betreffenden Flughafen oder in dem betreffenden Flughafensystem obliegt;
  • d) .Flughafennutzer‘ jede natürliche oder juristische Person, die Fluggäste, Post und/oder Fracht auf dem Luftwege von oder zu dem betreffenden Flughafen befördert;
  • e) .Bodenabfertigungsdienste‘ die einem Nutzer auf einem Flughafen erbrachten Dienste, wie sie im Anhang beschrieben sind;
  • f) .Selbstabfertigung‘ den Umstand, dass sich ein Nutzer unmittelbar selbst einen oder mehrere Abfertigungsdienste erbringt, ohne hierfür mit einem Dritten einen wie auch immer gearteten Vertrag über die Erbringung solcher Dienste zu schließen. Im Sinne dieser Definition gelten nicht als Dritte in ihrem Verhältnis zueinander Nutzer,
    • von denen einer an dem anderen eine Mehrheitsbeteiligung hält;
    • bei denen ein und dieselbe Körperschaft an jedem von ihnen eine Mehrheitsbeteiligung hält;
  • g) .Dienstleister‘ jede natürliche oder juristische Person, die einen oder mehrere Bodenabfertigungsdienste für Dritte erbringt.“

7. Artikel 6 der Richtlinie mit der Überschrift „Drittabfertigung“ bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen gemäß Artikel 1 die erforderlichen Maßnahmen, um den Bodenabfertigungsdienstleistern den freien Zugang zum Markt der Drittabfertigungsdienste zu gewährleisten.

Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die Bodenabfertigungsdienstleister in der Gemeinschaft niedergelassen sind.

(2) Die Mitgliedstaaten können die Zahl der Dienstleister begrenzen, die zur Erbringung folgender Bodenabfertigungsdienste befugt sind:

  • Gepäckabfertigung,
  • Vorfelddienste,
  • Betankungsdienste,
  • Fracht- und Postabfertigung, soweit dies die konkrete Beförderung von Fracht und Post zwischen Flughafen und Flugzeug bei der Ankunft, beim Abflug oder beim Transit betrifft.

Sie dürfen die Zahl dieser Dienstleister indessen nicht auf weniger als zwei je Bodenabfertigungsdienst begrenzen.

(3) Darüber hinaus darf ab dem 1. Januar 2001 wenigstens einer dieser zugelassenen Dienstleister

  • weder durch das Leitungsorgan,
  • noch durch einen Nutzer, der in dem Jahr vor der Auswahl der Dienstleister mehr als 25 % der auf dem Flughafen registrierten Fluggäste oder Fracht befördert hat,
  • noch durch eine Stelle, die dieses Leitungsorgan oder einen solchen Nutzer unmittelbar oder mittelbar kontrolliert oder ihrerseits von einem der beiden kontrolliert wird,

unmittelbar oder mittelbar kontrolliert werden.

Ein Mitgliedstaat kann jedoch bis zum 1. Juli 2000 beantragen, dass die sich aus diesem Absatz ergebenden Verpflichtungen bis zum 31. Dezember 2001 ausgesetzt werden.

Die Kommission prüft mit Unterstützung des in Artikel 10 genannten Ausschusses einen solchen Antrag und kann unter Berücksichtigung der Entwicklung des Sektors und insbesondere der Situation von Flughäfen, die hinsichtlich des Verkehrsvolumens und ihrer Beschaffenheit vergleichbar sind, beschließen, dass dem Antrag stattgegeben wird.

(4) Begrenzen die Mitgliedstaaten nach Absatz 2 die Zahl der zugelassenen Dienstleister, so darf dadurch keinem Flughafennutzer ungeachtet des ihm zugewiesenen Flughafenbereichs die Möglichkeit genommen werden, bei jedem Bodenabfertigungsdienst, für den Begrenzungen gelten, effektiv zwischen mindestens zwei Bodenabfertigungsdienstleistern gemäß den Absätzen 2 und 3 wählen zu können.“

8. Artikel 7 der Richtlinie mit der Überschrift „Selbstabfertigung“ lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen gemäß Artikel 1 die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der freien Ausübung der Selbstabfertigung.

(2) Bei folgenden Bodenabfertigungsdiensten können die Mitgliedstaaten die Selbstabfertigung jedoch mindestens zwei Nutzern vorbehalten, sofern diese nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien ausgewählt werden:

  • Gepäckabfertigung,
  • Vorfelddienste,
  • Betankungsdienste,
  • Fracht- und Postabfertigung, soweit dies die konkrete Beförderung von Fracht und Post zwischen Flughafen und Flugzeug bei der Ankunft, beim Abflug oder beim Transit betrifft.“

9. Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie mit der Überschrift „Ausnahmen“ bestimmt:

„Wenn auf einem Flughafen besondere Platz- oder Kapazitätsgründe, insbesondere in Zusammenhang mit der Verkehrsdichte und dem Grad der Nutzung der Flächen, eine Marktöffnung und/oder die Selbstabfertigung nicht in dem in dieser Richtlinie vorgesehenen Ausmaß zulassen, so kann der betreffende Mitgliedstaat beschließen,

  • a) die Zahl der Dienstleister für eine oder mehrere Kategorien von Bodenabfertigungsdiensten auf dem gesamten Flughafen oder in einem Teil davon zu begrenzen, sofern es sich nicht um die in Artikel 6 Absatz 2 aufgeführten Dienste handelt; in diesem Fall gilt Artikel 6 Absätze 2 und 3;
  • b) einen oder mehrere der in Artikel 6 Absatz 2 aufgeführten Dienste einem einzigen Dienstleister vorzubehalten;
  • c) die Selbstabfertigung einer begrenzten Anzahl von Nutzern vorzubehalten, sofern es sich nicht um die in Artikel 7 Absatz 2 aufgeführten Dienste handelt und sofern diese Nutzer nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien ausgewählt werden;
  • d) die Selbstabfertigung bei den in Artikel 7 Absatz 2 aufgeführten Diensten zu untersagen oder auf einen einzigen Nutzer zu beschränken.“

10. Artikel 16 der Richtlinie mit der Überschrift „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen für die Dienstleister und für die Nutzer, die sich selbst abfertigen wollen, zu gewährleisten, soweit dieser Zugang für die Ausübung ihrer Tätigkeiten erforderlich ist. Falls das Leitungsorgan oder gegebenenfalls seine Aufsichtsbehörde oder sein sonstiges Aufsichtsorgan den Zugang an Bedingungen knüpft, müssen diese sachgerecht, objektiv, transparent und nichtdiskriminierend sein.

(2) Die für Bodenabfertigungsdienste verfügbaren Flächen des Flughafens sind unter den verschiedenen Dienstleistern und unter den verschiedenen Selbstabfertigern - einschließlich der Neubewerber - nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Regeln und Kriterien aufzuteilen, soweit dies für die Wahrung ihrer Rechte und zur Gewährleistung eines wirksamen und lauteren Wettbewerbs erforderlich ist.

(3) Ist der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen mit der Entrichtung eines Entgelts verbunden, so ist dessen Höhe nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festzulegen.“

11. Beim Erlass der Richtlinie ließ die Kommission die folgende Erklärung zur Anwendung von Artikel 16 Absatz 3 in das Protokoll aufnehmen:

„Die Kommission erklärt, dass Artikel 16 Absatz 3 dem Flughafen das Recht einräumt, von den Dienstleistern der Bodenabfertigung und den Nutzern, die eine Eigenabfertigung vornehmen, ein Entgelt für den Zugang zu seinen Einrichtungen zu erheben.

Die Kommission erklärt, dass ein solches Entgelt im Sinne einer Geschäftsgebühr verstanden werden und insbesondere zur Selbstfinanzierung des Flughafens beitragen kann, sofern es nach sachdienlichen, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festgelegt wird.“

Nationales Recht

12. Durch das Gesetz über Bodenabfertigungsdienste vom 11. November 1997 (BGBl. I, S. 2694) wurde in das Luftverkehrsgesetz eine Ermächtigungsnorm eingefügt, auf deren Grundlage die Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen und zur Änderung weiterer luftrechtlicher Vorschriften (im Folgenden: BADV) vom 10. Dezember 1997 (BGBl. I, S. 2885) erlassen wurde.

13. § 9 Absätze 1 und 3 BADV bestimmt:

„(1) Der Flugplatzunternehmer und der Dienstleister oder Selbstabfertiger sind verpflichtet, einen Vertrag über die Nutzung des jeweils erforderlichen und verfügbaren Teils des Flugplatzes und seiner Einrichtungen sowie die nach dieser Verordnung an den Flugplatzunternehmer zu entrichtenden Entgelte ... abzuschließen.

...

(3) Der Flugplatzunternehmer ist berechtigt, von den Dienststellen und den Selbstabfertigern ein Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltung und für die Nutzung seiner Einrichtungen zu erheben. Die Höhe des Entgeltes ist nach Anhörung des Nutzerausschusses nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festzulegen und darf im Sinne einer Geschäftsgebühr insbesondere zur Selbstfinanzierung des Flughafens beitragen.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

14. Wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, fliegt die Lufthansa den Flughafen Hannover-Langenhagen an. Unter anderem fertigt sie dort ihre eigenen Fluggäste und die anderer Fluggesellschaften ab. Hierfür vermietet der Flughafen der Lufthansa Abfertigungsschalter zu einem Mietpreis, der in einem Vertrag über die Verkehrsabfertigung von Luftfahrzeugen festgelegt ist.

15. Bis Ende 1997 verlangte der Flughafen von der Lufthansa jedenfalls im Bereich der Selbstabfertigung kein Zugangsentgelt. Von anderen Dienstleistern, die für Dritte Abfertigungsleistungen erbringen, und von sonstigen Dienstleistern erhob der Flughafen hingegen auch schon vorher ein derartiges Entgelt.

16. Es ist unstreitig, dass mit dem Zugangsentgelt die Gewährung des Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste im Flughafen vergütet wird und es nicht konkrete Leistungen des Flughafens wie das Zurverfügungstellen spezieller oder gemeinsam benutzter Einrichtungen abgelten soll; diese werden vielmehr durch ein von der Lufthansa gezahltes Nutzungsentgelt vergütet.

17. Zum 1. Januar 1998 erließ der Flughafen eine neue Flughafenbenutzungsordnung, deren Nummern 2.5.1 und 2.5.2 bestimmen:

„2.5.1 Der Flughafenunternehmer bietet Bodenabfertigungsdienste nach Maßgabe des Leistungsverzeichnisses und der Entgeltordnung in der jeweils gültigen Fassung an. Selbstabfertiger und Dienstleister sind im vom Flughafenunternehmer zugelassenen Umfang berechtigt, ebenfalls diese Dienste auszuführen.

2.5.2 Der Flughafenunternehmer ist berechtigt, von den zugelassenen Selbstabfertigern und Dienstleistern ein Entgelt für den Zugang, für die Vorhaltungen und für die Nutzung seiner Einrichtungen zu erheben, das im Sinne einer Geschäftsgebühr insbesondere zur Selbstfinanzierung des Flugplatzes beitragen soll.“

18. Auf dieser Grundlage erließ der Flughafen eine Entgelteordnung, in der ein Zugangsentgelt von 0,30 DM pro Passagier festgelegt ist.

19. Am 24. Juli 1998 forderte der Flughafen von der Lufthansa die Zahlung von 151 890,74 DM als Zugangsentgelt für die Zeit ab dem 1. Januar 1998. Die Lufthansa wies die Forderung als unbegründet zurück, worauf der Flughafen beim Landgericht Frankfurt am Main eine Klage auf Zahlung des Zugangsentgelts erhob.

20. Das Landgericht wies die Klage ab, wogegen der Flughafen Berufung beim vorlegenden Gericht einlegte. Diesem erscheint es insbesondere fraglich, ob die Lufthansa verpflichtet ist, mit dem Flughafen einen Vertrag über die Entrichtung des Zugangsentgelts zu schließen. Es führt dazu aus, dass sich ein Anspruch des Flughafens auf Abschluss eines entsprechenden Gestattungsvertrags und auf ein Zugangsentgelt, das neben dem Entgelt für die Nutzung von Flughafeneinrichtungen anfalle, aus § 9 Absatz 3 BADV in Verbindung mit Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie ergeben könnte.

21. Dabei biete der Wortlaut von § 9 Absätze 1 und 3 BADV als solcher keinen eindeutigen Aufschluss darüber, ob ein Anspruch auf ein Entgelt für die Gewährung des Zutritts zum Markt der Bodenabfertigungsdienste bestehe, der von dem Anspruch auf ein Entgelt für das Zurverfügungstellen und die Benutzung der Flughafeneinrichtungen verschieden sei.

22. Der Richtlinie, insbesondere Artikel 16 Absatz 3 in Verbindung mit der 25. Begründungserwägung, sei weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck zu entnehmen, dass ein Flughafenbetreiber ein Zugangsentgelt neben einem gesondert verlangten Nutzungsentgelt für die Überlassung von Flughafeneinrichtungen fordern dürfe.

23. In Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie werde nur vom „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ gesprochen, womit die sachlich-gegenständlichen Einrichtungen gemeint sein dürften. Unter Zugang zu Einrichtungen sei nicht ohne weiteres der Zugang zu einem bestimmten Markt zu verstehen. Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie erlaube die Erhebung eines vereinbarten Nutzungsentgelts für das Zurverfügungstellen von Sacheinrichtungen, das dem Gewinninteresse des Flughafenbetreibers und der erforderlichen Deckung seiner Kosten ebenso wie den Zielen der Marktöffnung Rechnung trage.

24. Die Richtlinie solle die Marktöffnung und die Kostensenkung bezwecken. Träfe die Auffassung des Flughafens zu, so würde für die Lufthansa und andere Luftverkehrsgesellschaften in vergleichbarer Situation ein seit Jahrzehnten gewährleisteter Zugang nicht nur nicht geschaffen, sondern sogar erschwert, weil er mit einer wesentlichen Verteuerung einherginge. Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie in Verbindung mit ihrer 25. Begründungserwägung besage deshalb nur, dass der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen mit der Entrichtung eines Entgelts verbunden werden könne, dessen Höhe unter Berücksichtigung eines Unternehmergewinns nach den im Einzelnen angegebenen Kriterien festzulegen sei.

25. Für die Auffassung des Flughafens schienen der Wortlaut des § 9 Absatz 3 BADV und die Entscheidung 98/513/EG der Kommission vom 11. Juni 1998 in einem Verfahren nach Artikel 86 EG-Vertrag (IV/35.613 - Alpha Flight Services/Aéroports de Paris) (ABl. L 230, S. 10) und das Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2000 in der Rechtssache T-128/98 (Aéroports de Paris/Kommission, Slg. 2000, II-3929) zu sprechen. Demnach könnten Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie und § 9 BADV auch dahin auszulegen sein, dass sie sich auf ein Entgelt bezögen, das die Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance und nicht für die Überlassung von Sacheinrichtungen zu einem bestimmten Gebrauch darstelle.

26. Die vom Flughafen vertretene Auslegung werde jedoch durch die Entstehungsgeschichte der Richtlinie eher widerlegt. Die in diesem Zusammenhang unterbreiteten Vorschläge des Europäischen Parlaments und des Ausschusses der Regionen der Europäischen Union, der den Ausdruck „Konzessionsabgabe“ verwandt habe, seien weder in den Beschluss betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates noch in die endgültige Richtlinie aufgenommen worden.

27. Im Schrifttum werde z. T. die Meinung vertreten, dass es sich bei dem Zugangsentgelt um etwas anderes handele als das Entgelt für die Erbringung flughafenüblicher Einzelleistungen, während § 9 Absatz 3 BADV drei Abgeltungskomponenten, nämlich Zugang, Vorhaltung und Nutzung, enthalte. Andere Autoren seien dagegen der Auffassung, dass sich für die Erhebung eines Zugangsentgelts in der Richtlinie kein Anhaltspunkt finde und dass ein solches Entgelt Mitbewerbern des Flughafens den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste erschwere.

28. Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die Erhebung eines Zugangsentgelts, selbst wenn die Richtlinie sie bei richtiger Auslegung erlaubte, nur zulässig wäre, wenn der Dienstleister Zugang zum Markt erlange, ohne eine der Flughafeneinrichtungen zu gebrauchen. In anderen Fällen werde die Einräumung einer Marktchance nämlich bereits durch das Entgelt für die Nutzung dieser Einrichtungen abgegolten.

29. Auch wenn die Richtlinie in diesem Sinne auszulegen sein sollte, stelle sich die weitere Frage, ob das Zugangsentgelt auch in Bereichen gefordert werden dürfe, in denen der fragliche Markt bereits seit langem geöffnet sei und wo die Richtlinie dementsprechend keine Wirkung mehr entfalten könne.

30. Bejahe man auch diese Frage, so ergebe sich die Frage, ob das Zugangsentgelt auch von einem Unternehmen verlangt werden dürfe, dem der Marktzugang in der Vergangenheit ausschließlich gegen ein in regelmäßigen Abständen angepasstes Nutzungsentgelt eröffnet gewesen sei, mit der Konsequenz, dass die Kosten der Abfertigung entgegen der Intention der Richtlinie deutlich ansteigen würden.

31. Allerdings könnte sich bei einer unterschiedlichen Behandlung von bisherigen Dienstleistern und neu zugelassenen Dienstleistern eine möglicherweise sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot ergeben. Das vorlegende Gericht meint, dass bei der Auslegung, der es selbst den Vorzug gebe, eine Diskriminierung weder zwischen Selbstabfertigern und Drittabfertigern noch zwischen schon bisher und neu zugelassenen Bodendienstleistern entstünde. Der Flughafenbetreiber könnte in jedem Fall ein Nutzungsentgelt unter Berücksichtigung seines Gewinninteresses und der in Artikel 16 Absatz 3 enthaltenen Kriterien festsetzen.

32. Sofern der Flughafen nach der Auslegung, die der Gerichtshof vornehmen werde, ein Zugangsentgelt von einem Unternehmen wie der Lufthansa verlangen dürfe, stelle sich auch die Frage, ob eine Art und Weise der Berechnung des Entgelts, wie sie im Ausgangsfall vorliege, den Anforderungen von Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie genüge.

33. Vor diesem Hintergrund hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996, insbesondere ihr Artikel 16 Absatz 3 in Verbindung mit der 25. Begründungserwägung, dahin auszulegen, dass das Leitungsorgan eines Flughafens im Sinne von Artikel 3 berechtigt ist, von einem Selbst- und/oder Drittabfertiger (Dienstleister) für die Gestattung des „Zugangs zu den Flughafeneinrichtungen“ ein gesondertes Gestattungsentgelt im Sinne einer Zugangsabgabe als Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance zusätzlich zu einem Nutzungsentgelt (Mietzins) zu verlangen, das der Selbst- und/oder Drittabfertiger für die mietweise Zurverfügungstellung von Flughafeneinrichtungen - hier: Schalter zur Abfertigung von Fluggästen - aufgrund vertraglicher Vereinbarung zu zahlen hat,

oder (zweite Alternative) folgt aus den Bestimmungen der Richtlinie nur, dass bei der Festsetzung eines Nutzungsentgelts die in Artikel 16 Absatz 3 erwähnten Kriterien zu beachten sind und das Gewinninteresse des Leitungsorgans des Flughafens Berücksichtigung findet?

2. Falls Frage 1 - erste Alternative - bejaht wird, besteht ein Anspruch des Flughafenunternehmers gegenüber einem Selbst- und/oder Drittabfertiger (Dienstleister in der Situation der Beklagten des Ausgangsverfahrens) auch in Bereichen, wo der freie Zugang zum Markt der Bodenabfertigung bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie gewährleistet war, nämlich insbesondere bei der landseitigen Bodenabfertigung?

3. Falls Frage 2 bejaht wird, ist die Richtlinie dahin auszulegen, dass sie das Leitungsorgan eines Flughafens im Sinne von Artikel 3 berechtigt, auch von einem Selbstabfertiger und/oder einem Dienstleister in der Situation der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der bis zum Inkrafttreten der Richtlinie bzw. der ihrer Umsetzung in nationales Recht dienenden Bestimmungen für die Nutzung der jeweiligen Flughafeneinrichtungen (nur) Mietzahlungen erbracht hat, nunmehr zusätzlich ein Gestattungsentgelt im Sinne von Frage 1 als Gegenleistung für den „Zugang zu Flughafeneinrichtungen“ zu fordern?

4. Ist gegebenenfalls die (zusätzliche) Forderung eines Gestattungsentgelts von einem Selbstabfertiger und/oder Dienstleister, dem bislang der freie Zugang zum Markt der Bodenabfertigung - gegebenenfalls nur im Bereich der Selbstabfertigung - ohne zusätzliches Gestattungsentgelt gewährt wurde, sogar zwingend, um eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Selbstabfertigern und Dienstleistern zu verhindern,

  • a) von denen schon bislang neben einem Nutzungs- auch ein zusätzliches Gestattungsentgelt verlangt wurde;
  • b) denen erstmals der Zutritt zu den Flughafeneinrichtungen aufgrund der durch die Richtlinie geschaffenen Rechtslage gestattet und von denen nunmehr hierfür ein Gestattungsentgelt neben einem weiteren Nutzungsentgelt für die Nutzung der Einrichtungen gefordert wird?

5. Sofern Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie das Leitungsorgan eines Flughafens berechtigt, ein zusätzliches Gestattungsentgelt in dem vorstehend beschriebenen Sinn zu fordern, entspricht ein Gestattungsentgelt, das neben einem Entgelt für die Nutzung von Abfertigungsschaltern verlangt wird, den Anforderungen des Artikels 16 Absatz 3 im Hinblick auf Sachgerechtheit, Objektivität, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit, wenn es sich am Aufkommen der Fluggäste ausrichtet (hier: 0,30 DM pro abzufertigenden Fluggast)?

Zur ersten Frage

34. Mit dem ersten Teil seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob es die Richtlinie, insbesondere ihr Artikel 16 Absatz 3, dem Leitungsorgan eines Flughafens erlaubt, für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf dem Flughafen von einem Drittabfertiger oder einem Selbstabfertiger ein gesondertes Marktzugangsentgelt zu verlangen, das die Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance bildet und zu dem Entgelt hinzukommt, das der Dritt- oder der Selbstabfertiger für das Zurverfügungstellen von Flughafeneinrichtungen zahlt.

35. Nach Auffassung des Flughafens und der griechischen Regierung soll mit dem Entgelt für den „Zugang zu Flughafeneinrichtungen“, das das Leitungsorgan eines Flughafens nach Artikel 16 Absatz 3 von Drittabfertigern und Selbstabfertigern erheben darf, in Wirklichkeit der Zugang zum „Markt“ der Bodenabfertigungsdienste vergütet werden, also die Erwerbschance, die dieser Zugang den Dritt- und den Selbstabfertigern eröffnet. Daher falle dieses Entgelt zusätzlich zu dem Entgelt an, das als Gegenleistung dafür, dass das Leitungsorgan des Flughafens dessen Einrichtungen zur Verfügung stelle, zu entrichten sei und das nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie falle.

36. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

37. Nach der 25. Begründungserwägung der Richtlinie ist „[d]en zur Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten befugten Dienstleistern und den zur Selbstabfertigung befugten Luftverkehrsunternehmen ... im Interesse eines wirksamen und lauteren Wettbewerbs in dem für die Ausübung ihrer Rechte notwendigen Maße Zugang zu den Flughafeneinrichtungen zu gewähren“ und darf „[f]ür diesen Zugang ... ein Entgelt erhoben werden“.

38. Nach den Absätzen 1 und 3 von Artikel 16 der Richtlinie, der die Überschrift „Zugang zu den Flughafeneinrichtungen“ trägt, treffen die „Mitgliedstaaten ... die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen für die Dienstleister und für die Nutzer, die sich selbst abfertigen wollen, zu gewährleisten“, und ist dann, wenn „der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen mit der Entrichtung eines Entgelts verbunden [ist], ... dessen Höhe nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festzulegen“.

39. Daraus folgt, dass es dem Leitungsorgan des Flughafens erlaubt ist, ein Entgelt als Gegenleistung für den Zugang zu den „Flughafeneinrichtungen“ zu erheben.

40. Diese Bezugnahme auf Einrichtungen betrifft nun aber offenkundig die vom Flughafen zur Verfügung gestellten Anlagen und Vorrichtungen. Diese Auslegung ergibt sich auch aus Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie, der den Flughafen als jedes speziell für das Landen, Starten und Manövrieren von Luftfahrzeugen ausgebaute Gelände „einschließlich“ der für den Luftverkehr und die Abfertigung der Luftfahrzeuge erforderlichen „zugehörigen Einrichtungen“ definiert, wozu auch „die Einrichtungen für die Abfertigung gewerblicher Flugdienste gehören“.

41. Überdies nähme jede andere Auslegung des Artikels 16 der Richtlinie, wie die Lufthansa zu Recht hervorhebt, dem Absatz 1 dieses Artikels seinen Sinn, da mit diesem Absatz den Dienstleistern und Nutzern der Zugang zu den Flughafeneinrichtungen gewährleistet werden soll, „soweit dieser Zugang für die Ausübung ihrer Tätigkeiten erforderlich ist“. Insoweit ist unstreitig, dass die Ausübung der Bodenabfertigung auf jeden Fall den Zugang zu diesem Markt voraussetzt. Folglich ergibt die in Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie enthaltene Klarstellung nur dann einen Sinn, wenn sie sich auf den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen selbst bezieht, wobei das Erfordernis dieses Zugangs je nach ausgeübter Tätigkeit unterschiedlich sein kann. So muss der Dienstleister oder Nutzer für bestimmte Tätigkeiten der Bodenabfertigung dem Leitungsorgan des Flughafens gehörende bewegliche oder unbewegliche Gegenstände mieten, während für andere Abfertigungstätigkeiten der bloße Zugang zu gemeinsam genutzten Einrichtungen genügt.

42. Auch andere Vorschriften der Richtlinie, insbesondere ihre Artikel 6 und 7, stützen die Auslegung, dass die Richtlinie die Erhebung eines Zugangsentgelts nicht zulässt. Diese Artikel, wonach die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben, um den Dritt- und den Selbstabfertigern den „freien Zugang zum Markt“ und die „freie Ausübung der Selbstabfertigung“ zu gewährleisten, sehen nämlich, anders als Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie hinsichtlich des Zugangs zu den „Flughafeneinrichtungen“, keineswegs die Befugnis vor, als Gegenleistung für die Wahrnehmung dieser Freiheiten ein Entgelt zu erheben.

43. Diese Auslegung ergibt sich weiterhin zwingend aus dem Ziel der Richtlinie, die Öffnung des Marktes der Bodenabfertigungsdienste zu gewährleisten, wodurch nach der fünften Begründungserwägung der Richtlinie u. a. zur Senkung der Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften beigetragen werden soll.

44. Eine Befugnis des Leitungsorgans eines Flughafens, zusätzlich zu dem Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen ein Zugangsentgelt zu erheben, würde nicht nur nicht den Zugang zum fraglichen Markt erleichtern, sondern dem Ziel, die Betriebskosten der Luftverkehrsgesellschaften zu senken, unmittelbar zuwiderlaufen und diese Kosten in manchen Fällen sogar erhöhen. Letzteres wäre der Fall, wenn bestimmte Dienstleister oder Nutzer, die wie die Lufthansa vor der Umsetzung der Richtlinie kein Zugangsentgelt zahlten, angesichts der in Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie genannten Kriterien künftig ein solches Entgelt zu entrichten hätten.

45. In diesem Zusammenhang ist auch das Argument des Flughafens zurückzuweisen, dass die Richtlinie die Voraussetzungen für die Erhebung des Entgelts für die Nutzung der „Flughafeneinrichtungen“ deshalb nicht wirksam regeln könne, weil ihr Zweck, wie bereits aus ihrer Überschrift hervorgehe, in der Gewährleistung des Zugangs zum „Markt“ der Bodenabfertigungsdienste und nicht zu diesen „Einrichtungen“ bestehe.

46. Wie der Generalanwalt in den Nummern 36 und 37 seiner Schlussanträge dargelegt hat, hat der Gemeinschaftsgesetzgeber, da der Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen voraussetzt, nicht nur Bestimmungen erlassen, die sich unmittelbar auf diesen Marktzugang beziehen, sondern durfte er, um diesen Zugang tatsächlich zu gewährleisten, auch die Voraussetzungen für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen selbst näher regeln.

47. Das weitere Vorbringen des Flughafens, der Gemeinschaftsgesetzgeber habe mit der Zulassung eines Zugangsentgelts die zusätzlichen Belastungen, die den Flughafenbetreibern aus der Öffnung des Marktes der Bodenabfertigungsdienste entstünden, ausgleichen wollen, um so die Selbstfinanzierung dieser Betreiber zu sichern, wird durch eine Prüfung der Systematik der Richtlinie widerlegt.

48. Denn zum einen hat der Gemeinschaftsgesetzgeber in der neunten Begründungserwägung der Richtlinie darauf hingewiesen, dass die Liberalisierung des Zugangs zum Markt der Bodenabfertigungsdienste mit der Funktionsfähigkeit der gemeinschaftlichen Flughäfen vereinbar sei, ohne dabei die Erhebung irgendeiner Vergütung als Gegenleistung für diesen Zugang zu erwähnen. Zum anderen lässt keine der Richtlinienbestimmungen, in denen Ausnahmen vom Grundsatz des freien Zugangs festgelegt sind, also keiner der Artikel 6, 7 und 9, eine solche Ausnahme aus Gründen der Finanzierungserfordernisse des Flughafens zu. Die Flughäfen verfügen im Übrigen über andere Finanzierungsquellen als mit Bodenabfertigung zusammenhängende Einnahmen, so etwa über die Start- und Landegebühren.

49. Auch die Entstehungsgeschichte der Richtlinie bestätigt die genannte Auslegung ihres Artikels 16 Absatz 3.

50. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass in den endgültigen Wortlaut der Richtlinie nicht die Änderung 29 des Vorschlags 95/C 142/09 der Kommission für eine Richtlinie des Rates über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft (ABl. 1995, C 142, S. 7) übernommen worden ist, die in der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu diesem Vorschlag (ABl. 1995, C 323, S. 94) enthalten ist. Nach dieser Änderung „kommt“ zu dem Nutzungsentgelt, das für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen erhoben werden darf und die dem Flughafen für diesen Zugang und für das Zurverfügungstellen der Einrichtungen entstehenden Kosten in Rechnung stellen soll, „ein Entgelt für die Wahrnehmung der durch das Flughafenunternehmen geschaffenen Erwerbschance durch Dritte [hinzu]“. Hingegen erlaubt Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie die Erhebung eines Entgelts nur für den Zugang zu den „Flughafeneinrichtungen“; dies bestätigt die von der Lufthansa und der Kommission vertretene Auffassung, dass diese Bestimmung die Erhebung eines Marktzugangsentgelts als Gegenleistung für die durch diesen Zugang eröffneten Erwerbschancen nicht erlaubt.

51. Was die vom Flughafen angeführte Protokollerklärung zur Anwendung von Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie anbelangt, die die Kommission beim Erlass der Richtlinie in das Sitzungsprotokoll aufnehmen ließ, so gestattet auch sie nicht den Schluss, dass die dort genannte „Geschäftsgebühr“, die „zur Selbstfinanzierung des Flughafens beitragen kann“, in Wirklichkeit ein Marktzugangsentgelt ist. Jedenfalls darf eine Auslegung, die aus einer solchen Erklärung hergeleitet wird, nicht zu einer anderen Auslegung führen, als sich aus dem Wortlaut der fraglichen Bestimmung selbst ergibt (in diesem Sinne u. a. Urteil vom 23. Februar 1988 in der Rechtssache 429/85, Kommission/Italien, Slg. 1988, 843, Randnr. 9).

52. Auf die Entscheidung 98/513 und das Urteil Aéroports de Paris/Kommission kann sich der Flughafen schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil in dem Sachverhalt, zu dem erst die Entscheidung und dann das genannte Urteil erging, nicht die Anwendung der Richtlinie in Rede stand, sondern der Stand des Gemeinschaftsrechts vor ihrem Inkrafttreten.

53. Einer Auslegung der Richtlinie im Sinne der Untersagung eines Zugangsentgelts stehen auch nicht die vom Flughafen geltend gemachten gemeinschaftsrechtlichen Grundprinzipien der Nichtdiskriminierung, des Eigentumsrechts und der Gewerbefreiheit entgegen.

54. Zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung genügt der Hinweis, dass das vom Flughafen vorgetragene Argument, es verletze das Diskriminierungsverbot, wenn das den Marktzugang vergütende Entgelt nur manchen Wirtschaftsteilnehmern, anderen hingegen nicht auferlegt werde, angesichts der vorstehenden Feststellung, dass weder Artikel 16 Absatz 3 noch eine andere Bestimmung der Richtlinie die Erhebung eines solchen Entgelts von irgendeinem Dienstleister oder Nutzer gestattet, auf einer irrigen Voraussetzung beruht.

55. Was das Eigentumsrecht betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass die fehlende Befugnis des Leitungsorgans eines Flughafens zur Erhebung eines Zugangsentgelts entgegen der Auffassung des Flughafens nicht bedeutet, dass das Leitungsorgan aus seinen wirtschaftlichen Leistungen auf dem Markt der Bodenabfertigungsdienste, zu dem es Zugang zu gewähren hat, keinen Gewinn erzielen könnte.

56. Insoweit verlangt Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie, dass das Entgelt, das als Gegenleistung für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen erhoben werden darf, nach sachgerechten, objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien festgelegt wird. Damit läuft es dieser Bestimmung nicht zuwider, dieses Entgelt so festzusetzen, dass das Leitungsorgan des Flughafens nicht nur seine Kosten für das Zurverfügungstellen und den Unterhalt der Flughafeneinrichtungen decken, sondern auch eine Gewinnspanne erzielen kann.

57. Diese Auslegung wird durch die Prüfung der Entstehungsgeschichte der Richtlinie bestätigt. Während nämlich der oben in Randnummer 50 genannte Richtlinienvorschlag in der entsprechenden Bestimmung (Artikel 14 Absatz 3) vorsah, dass das Leitungsorgan des Flughafens nur ein Entgelt erheben darf, „das die dem Flughafen entstehenden Kosten decken soll und deren Höhe entspricht“, ist eine solche Eingrenzung in Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie nicht enthalten.

58. Da die vom Flughafen vorgebrachte Rüge einer Verletzung des Eigentumsrechts somit auf der irrigen Prämisse beruht, dass ihm die Nutzung seines Eigentums zur Gewinnerzielung verwehrt werde, kann sie nicht durchgreifen.

59. In der mündlichen Verhandlung hat der Flughafen geltend gemacht, dass mit dem Verbot, ein Zugangsentgelt zu erheben, willkürlich in seine Gewerbefreiheit eingegriffen werde, weil dieses Verbot in der Richtlinie nicht vorgesehen und daher rechtswidrig sei. Wie aus den vorstehenden Darlegungen hervorgeht, ergibt sich aber die Beschränkung der freien Preisfestsetzung, die für das Leitungsorgan eines Flughafens darin liegt, dass ihm die Erhebung eines Entgelts nur für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste untersagt ist, klar aus der Richtlinie, so dass auch diese Argumentation des Flughafens auf einer irrigen Voraussetzung beruht und daher nicht durchgreifen kann.

60. Demnach ist auf den ersten Teil der ersten Frage zu antworten, dass es der Richtlinie, insbesondere ihrem Artikel 16 Absatz 3, zuwiderläuft, dass das Leitungsorgan eines Flughafens für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf dem Flughafen von einem Drittabfertiger oder einem Selbstabfertiger ein gesondertes Marktzugangsentgelt verlangt, das die Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance bildet und zu dem Entgelt hinzukommt, das der Dritt- oder der Selbstabfertiger für das Zurverfügungstellen von Flughafeneinrichtungen zahlt.

61. Mit dem zweiten Teil der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie nur vorsieht, dass das Leitungsorgan eines Flughafens ein Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen verlangen darf, dessen Höhe, die nach den in Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie genannten Kriterien festzusetzen ist, seinem Gewinninteresse Rechnung trägt.

62. Wie sich aus den obigen Ausführungen in den Randnummern 55 bis 57 ergibt, ist auf den zweiten Teil der ersten Frage zu antworten, dass das Leitungsorgan eines Flughafens ein Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen verlangen darf, dessen Höhe, die nach den in Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie genannten Kriterien festzusetzen ist, seinem Gewinninteresse Rechnung trägt.

63. Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass es der Richtlinie, insbesondere ihrem Artikel 16 Absatz 3, zuwiderläuft, dass das Leitungsorgan eines Flughafens für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf dem Flughafen von einem Drittabfertiger oder einem Selbstabfertiger ein gesondertes Marktzugangsentgelt verlangt, das die Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance bildet und zu dem Entgelt hinzukommt, das der Dritt- oder der Selbstabfertiger für das Zurverfügungstellen von Flughafeneinrichtungen zahlt. Dagegen darf das Leitungsorgan eines Flughafens ein Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen verlangen, dessen Höhe, die nach den in Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie genannten Kriterien festzusetzen ist, seinem Gewinninteresse Rechnung trägt.

Zur zweiten bis fünften Frage

64. Angesichts der Antwort auf die erste Frage brauchen die zweite bis fünfte Frage nicht mehr beantwortet zu werden.

Kosten

65. Die Auslagen der griechischen Regierung und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

auf die ihm vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 31. Juli 2001 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Es läuft der Richtlinie 96/67/EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den Flughäfen der Gemeinschaft, insbesondere ihrem Artikel 16 Absatz 3, zuwider, dass das Leitungsorgan eines Flughafens für den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf dem Flughafen von einem Drittabfertiger oder einem Selbstabfertiger ein gesondertes Marktzugangsentgelt verlangt, das die Gegenleistung für die Eröffnung einer Erwerbschance bildet und zu dem Entgelt hinzukommt, das der Dritt- oder der Selbstabfertiger für das Zurverfügungstellen von Flughafeneinrichtungen zahlt. Dagegen darf das Leitungsorgan eines Flughafens ein Entgelt für die Nutzung der Flughafeneinrichtungen verlangen, dessen Höhe, die nach den in Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie genannten Kriterien festzusetzen ist, seinem Gewinninteresse Rechnung trägt.

Puissochet
Gulmann
Skouris

Colneric
Cunha Rodrigues

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Oktober 2003.

Der Kanzler
Der Präsident

R. Grass
V. Skouris