Kollision zweier Flugzeuge als außergewöhnlicher Umstand

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Unfälle im Betriebsablauf am Flughafen stellen grundsätzlich Vorkommnisse dar, welche Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens sein können. Daher liegen regelmäßig keine außergewöhnlichen Umstände vor. Die Abgrenzung zu Einwirkungen durch Handlungen Dritter, die regelmäßig als außergewöhnliche Umstände anzusehen sind, ist erforderlich, fällt aber im Einzelfall schwer.

Hauptartikel: Außergewöhnliche Umstände

Kollision als außergewöhnlicher Umstand

Die Kollision von zwei Fluggeräten stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar. Denn bei einer solchen Kollision handelt es sich um ein typisches Unternehmerrisiko, welches der Sphäre des Flugunternehmens zuzurechnen ist. Ein außergewöhnlicher Umstand kann nur dann angenommen werden, wenn es sich um ein Vorkommnis handelt, welches nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens ist und von diesem auf Grund von der Natur oder Ursache tatsächlich nicht beherrscht werden kann (EuGH, Urteil vom 22.12.08, Rs. C 549/07, Rn. 23). Bei der Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 VO handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, welche eng auszulegen ist. Auf Grund dieser strengen Anforderungen kann der EuGH in einem solchen Fall, indem ein Flugzeug auf dem Weg zur Start- und Landebahn mit einem anderen Flugzeug kollidiert, keinen außergewöhnlichen Umstand annehmen. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der Nutzung der Start- und Landebahn und der Weg zum Gate um eine normale Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens handelt und eine solche Nutzung vom Luftfahrtunternehmen zu beherrschen ist. Dabei ist es ganz natürlich, dass sich der Weg eines Flugzeuges auf dem Weg zur Startbahn zwangsläufig und ständig mit dem Weg eines anderen Luftfahrzeuges kreuzt. Einerseits trägt dabei der Pilot die Verantwortung dafür Kollisionen mit anderen Flugzeugen zu vermeiden und andererseits trägt der Tower die Verantwortung dafür, dass die Lotsen die Bewegungsabläufe der Flugzeuge überwachen und koordinieren. Kommt es dann trotzdem zu einer Kollision von zwei Flugzeugen, so ist darin die Verwirklichung eines typischen, zur Sphäre des Flugunternehmens zurechnendes Unternehmensrisiko zu sehen. Dann ist das Luftfahrtunternehmen dafür verantwortlich ein einsatzfähiges Fluggerät bereitzustellen.

Beispiel Rechtsprechung: Kollision zweier Flugzeuge von KLM

So geschah es auch in dem Fall, der vom AG Nürtingen am 31.10.17 mit dem Az.: 10 C 1551/15 entschieden wurde. Dort hatte der Fluggast einen bestätigten Flug (KL 1866) von Stuttgart nach Amsterdam am 15.06.16 um 06:00 Uhr welcher 07:20 landen sollte bei der Fluggesellschaft KLM gebucht. Weiterhin verfügte der Fluggast über einen Anschlussflug (KL 1167) von KLM Royal Dutch Airlines am 15.06.16 von Amsterdam nach Helsinki um 09:55 welcher 13.20 landen sollte. Der Flug von Stuttgart nach Amsterdam wurde jedoch annulliert, da das Flugzeug mit dem der Fluggast befördert werden sollte mit einem anderen kollidierte auf dem Weg zur Startbahn. Der Fluggast verlangte daraufhin vom Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro gemäß Art. 7 Abs. 1 VO. Das Luftfahrtunternehmen geht jedoch davon aus, dass es sich hierbei um einen außergewöhnlichen Umstand handelt, welcher das Luftfahrtunternehmen gemäß Art. 5 Abs. 3 VO von seiner Leistungspflicht der Ausgleichszahlung befreit. Das Luftfahrtunternehmen behauptet, dass sie alles Mögliche unternommen habe um die Verspätung zu vermeiden bzw. so gering wie möglich zu halten. Das Luftfahrtunternehmen habe die betroffenen Fluggäste auf die nächstmögliche zur Verfügung stehende Flugverbindung umgebucht Wie bereits festgestellt liegt in einem solchen Fall kein außergewöhnlicher Umstand vor. Weiterhin ist im vorliegenden Fall problematisch, dass das Luftfahrtunternehmen nicht detailliert genug darlegen konnte, dass dieses tatsächlich alle Maßnahmen unternommen hat, die ihr zur Verfügung standen um die Annullierung des Fluges zu vermeiden. An das Luftfahrtunternehmen sind in einem solchen Fall hohe Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 14.10.10, Xa ZR 15/10). Aus einer Pressemeldung ist zu entnehmen, dass es tatsächlich möglich gewesen wäre, die betroffenen Fluggäste binnen zwei Stunden auf einen Ersatzflug umzubuchen. Dann hätten die betroffenen Fluggäste trotz der zweistündigen Ankunftsverspätung noch eine Umsteigezeit von 35 Minuten gehabt. Da hier nicht genau festgestellt werden kann, dass die Annullierung des Fluges nur auf der Kollision der zwei Flugzeuge beruht, hätte die Fluggesellschaft dies detailliert beweisen müssen und dabei Stellung zur Pressemeldung nehmen müssen. Da dies nicht der Fall war, steht den Fluggästen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen in Höhe von 400 Euro zu.

Wichtige Urteile

  • EuGH, Urteil vom 22.12.08, Rs. C 549/07 - Verordnung (EG) Nr. 261/2004 - Art. 5 - Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste bei Annullierung von Flügen - Befreiung von der Ausgleichspflicht - Annullierung aufgrund von außergewöhnlichen Umständen, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären
  • BGH, Urteil vom 14.10.10, Az.: Xa ZR 15/10 - Zur Bemessung des Ausgleichsanspruchs nach der Fluggastrechteverordnung bei Annullierung des Zubringerflugs

Siehe auch