Landebahn gesperrt
Fraglich ist ob eine Landebahnsperrung als außergewöhnlicher Umstand angesehen werden kann und damit vom Luftfahrtunternehmen keine Entschädigung zu leisten ist.
Landebahnsperrung als außergewöhnlicher Umstand
Grundsätzlich muss ein Luftfahrtunternehmen nur dann keine Entschädigung an den Fluggast entrichten, wenn die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 VO vorliegen. Dieser Art. 5 Abs. 3 VO muss jedoch stets eng ausgelegt werden. Das Luftfahrtunternehmen muss nicht nur darlegen können, dass außergewöhnliche Umstände für die Verspätung vorliegen sondern diese sich auch nicht vermeiden ließen hätten, wenn von dem Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Dem Luftfahrtunternehmen obliegt dann die Darlegungs- und Beweislast. Wird eine Start- und Landebahn nach einem Schaden, der durch ein Unwetter entstanden ist, erst eröffnet und dann ohne ein erneutes Unwetter wieder wegen Mängeln geschlossen, dann spricht ein Anscheinsbeweis für eine Mangelhaftigkeit der Ausbesserungsarbeiten und ein Verschulden der Flughafengesellschaft. Ein Unwetter kann grundsätzlich als außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden aber dann muss weiterhin feststehen, dass alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden um eine baldmögliche Beseitigung der Unwetterschäden zu gewährleisten. Das Luftfahrtunternehmen muss in einem solchen Fall auch für solche Fehler einstehen, die auf Leistungen eines für den Flug notwendigen Dritten beruhen. Das gilt auch für die Eignung und Beschaffenheit der Start- und Landebahnen für den Flugbetrieb. Berücksichtigt werden muss zwar, dass ein Luftfahrtunternehmen keinen Einfluss darauf hat aber dennoch bedarf ein Luftfahrtunternehmen für die Durchführung ihrer Leistungen einer funktionierenden Infrastruktur des Flughafens. Aus diesem Grund ist der Flughafenbetreiber als eine Art Erfüllungsgehilfe des Luftfahrtunternehmens anzusehen. Damit können Organisationsmängel nicht mehr als außergewöhnlicher Umstand angesehen werden. Legt man den Punkt 1 der Fluggastrechteverordnung aus, so kommt man zu dem Ergebnis, dass die Verordnung ein hohes Schutzniveau für den Fluggast bieten soll. Damit ein hohes Schutzniveau jedoch gewährleistet werden kann, dürfen Umstände die im Verantwortungsbereich des Flughafenbetreibers liegen nicht als außergewöhnlich angesehen werden. Würden derartige Umstände zu einer Haftungsfreistellung führen, so würde der Fluggast in so manchen Situationen schutzlos gestellt werden. Da ein Luftfahrtunternehmen für den regulären Flugbetrieb der Nutzung der technisch komplexen Einrichtungen bedarf, fallen dort bestehende Hindernisse in den Risikobereich des Luftfahrtunternehmens und nicht in die des Fluggastes. Damit kann eine Verspätung, welche auf einem Verschulden der Flughafengesellschaft beruht nicht einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO darstellen, da eine solche Verspätung unter Berücksichtigung des Zwecks der Verordnung einzig und allein dem Luftfahrtunternehmen zu zurechnen ist. Ein Reifenschaden, der durch einen Fremdkörper auf der Start-und Landebahn eines Flughafens hervorgerufen wurde, stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar. Kommt es zu einer Ankunftsverspätung von mehr als drei Stunden, weil auf dem Vorflug durch einen metallenen Fremdkörper auf der Startbahn ein Reifen beschädigt wurde und dieser daher ausgetauscht werden muss, steht den davon betroffenen Fluggästen ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung zu.
Ursachen der Sperrung
Es kommt es für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes entscheidend auf die Ursache der Sperrung des Flughafens an. Denn die Sperrung eines Flughafens kann vielfältige Gründe haben. So könnte auch ein Grund für eine Flughafensperrung ein Umstand sein, den der EuGH nicht als außergewöhnlichen Umstand qualifiziert, weil er üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Eine Flughafensperrung impliziert also nicht per se einen außergewöhnlichen Umstand. Nur wenn die Flughafensperrung kausale Folge eines außergewöhnlichen Umstandes ist, ist ein Luftfahrtunternehmen von seiner Pflicht zur Ausgleichszahlung befreit Ein außergewöhnlicher Umstand i. S. d. Art. 5 Abs. 3 EG-VO 261/2004 ist dann gegeben, wenn das Vorkommnis, das zur Annullierung oder großen Verspätung führt, nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftverkehrsunternehmens und aufgrund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist Der Gesetzgeber lässt nicht jedes unvermeidbare Ereignis genügen, sondern weist auch unvermeidbare Hindernisse für die planmäßige Durchführung eines Flugs der Risikosphäre des Luftverkehrsunternehmens zu, sofern sie nicht als außergewöhnlich aus den üblichen und erwartbaren Abläufen des Luftverkehrs herausragen Zwar stellt eine Flughafensperrung aufgrund eines Unfalls mit einem Fluggerät ein Ereignis dar, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der Beklagten als Luftverkehrsunternehmen ist. Denn eine verunglückte Passagiermaschine ragt aus den üblichen und erwartbaren Abläufen der Personenbeförderung im Luftverkehr heraus.
Beherrschbarkeit
Das Kriterium der Beherrschbarkeit fehlt, wenn der für die große Verspätung kausale Umstand aus einer völlig anderen und deshalb von dem Unternehmen selbst nicht beherrschbaren Sphäre stammt. Mithin ist die Beherrschbarkeit an die Verantwortung für den Vorgang zu knüpfen, weshalb es unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der EG-VO 261/2004 maßgeblich darauf ankommt, in wessen Verantwortungsbereich dieser Vorgang fällt.
AG Düsseldorf, Urteil vom 24.06.16, Az.: 11 c 25/16
Im vorliegenden Fall buchten die Fluggäste einen Flug bei TUIfly Deutschland von Rhodos nach Düsseldorf. Dieser Flug sollte am 24.09.15 um 18:15 Uhr starten. Der Abflug erfolgte jedoch erst am 25.09.15 um 02:45 Uhr. Zu einer Landung kam es dann in Düsseldorf um 05:04 Uhr statt wie geplant am Vorabend um 20:55 Uhr. Zu dieser Flugverspätung kam es auf Grund von einer Sperrung des Flughafens Rhodos nach einer unerwarteten Unterspülung im Bereich der Start- und Landebahnen. Hier kann nicht davon ausgegangen werden, dass das streitgegenständliche Luftfahrtunternehmen alles unternommen hat, was in ihrer Macht steht.Hier hätte das streitgegenständliche Luftfahrtunternehmen eine Änderung des Flugplans vornehmen müssen, da ihr die Situation der landebahn bereits bekannt war. Weiterhin müssen in einen solchen Flugplan auch reserven eingeplant werden, welche die unter Umständen auftretende kleinere Verspätungen ausgleichen können.Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Letztlich ist die Verspätung nur eingetreten, weil bereits eine Verspätung des zweifach vorausgehenden Fluges vorlag. Aus diesem Grund stehen den Fluggästen Ausgleichszahlungen in Höhe von jeweils 400 € zu und weitere Park-und Übernachtungskosten in Höhe von 50,50 €.