Lange Sicherheitskontrolle
AG Erding, Urteil vom 23.08.16, Az.: 8 C 1143/16
Inhalt
In dem Urteil des AG Erding, Az.: 8 C 1143/16 vom 23.08.16 ging es um einen Fluggast, der einen Flug bei Turkish Airlines über Istanbul nach Hatay gebucht hatte. Dieser Flug sollte am 25.10.15 um 13:40 starten. Das Boarding für diesen Flug begann um 13:05 Uhr. Der Fluggast checkte um 12:22 am Modul C ein und begab sich zur Sicherheitskontrolle. Auf Grund der vielen anderen Passagiere bei der Sicherheitskontrolle wurde der Fluggast von Mitarbeitern des Flughafens dazu aufgefordert, sich in das Modul B zu begeben. Er wies die Mitarbeiter daraufhin, dass er darum bange seinen Flug zu verpassen. Daraufhin wurde diesem jedoch versichert, dass er seinen Flug erreichen wird. Auf Grund der Gesamtdauer der Sicherheitskontrolle war es dem Fluggast jedoch nicht mehr möglich das Gate während der Boardingzeit zu erreichen und das Flugzeug startet ohne sie. Der Fluggast wurde auf einen Flug am darauffolgenden Tag umgebucht, sein Gepäck wurde ihm wieder ausgehändigt und er begab sich auf den Heimweg. Der Fluggast verlangt nun die Mehrkosten für die vergebliche Anreise und die Umbuchung in Höhe von 613,96 € vom Betreiber des Flughafens. Der Fluggast behauptet, dass ein Organisationsverschulden des Betreibers des Flughafens vorliegt, da dieser die Sicherheitskontrolle so organisieren muss, dass Passagiere den Flugsteig rechtzeitig erreichen können. Der Betreiber des Flughafens geht jedoch davon aus, dass keine vertragliche Beziehung zwischen ihm und dem Fluggast besteht, sondern nur eine vertragliche Beziehung zwischen dem Fluggast und seiner Fluggesellschaft. Es kann demnach auf Grund fehlender Vertragsbeziehung keine Vertragsverletzung vorliegen auch wenn tatsächlich Pflichten verletzt sein sollten.
Tenor
Dieser Ansicht widerspricht jedoch das AG Erding, da es davon ausgeht, dass zwischen dem Flughafenbetreiber und dem Luftfahrtunternehmen, mit dem der Fluggast ein Vertragsverhältnis hat auch ein Vertragsverhältnis besteht, aus welchem sich Schutzwirkungen zu Gunsten des Fluggastes ableiten lassen. Dadurch kann der Fluggast direkt Schadensersatzansprüche gegen den Flughafenbetreiber herleiten, sobald dieser gegen die ihm obliegenden Pflichten verstößt. Zu den Pflichten des Flughafenbetreibers gehört auch die effektive organisatorische Abwicklung des Zugangs zum Flug, vor allem der Sicherheitskontrolle der Fluggäste. Jedoch muss sich der Fluggast ein Mitverschulden anrechnen lassen, da er nicht hätte in der Schlange verbleiben müssen sondern er hätte sich nach vorne begeben müssen und darauf aufmerksam machen, dass er seinen Flug schaffen muss. Das alleinige Ansprechen eines Mitarbeiters reicht nicht aus. Da der Fluggast seiner Obliegenheit nicht vollständig nachgekommen ist, muss dieser einen anspruchsmindernden Mitverschuldensanteil in Höhe von 20 % einbüßen.
Kritik
In einem solchen Fall wurde die Entscheidung des AG Erding jedoch auch kritisiert, da davon auszugehen ist, dass die Kontrolle von Flugpassagieren Aufgabe des Staates ist und nur Bund und Länder dafür zuständig sind. Ein Luftfahrtunternehmen ist hier nicht zuständig und es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für das Rechtsinstitut eines Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter.