Randalierender Fluggast
Zu klären ist zunächst die Frage, ob einem Fluggast Ausgleichszahlungen bei einer Verspätung zustehen, welche auf einem randalierenden Fluggast beruht [(http://www.spiegel.de/reise/aktuell/randalierer-im-flugzeug-ausraster-ueber-den-wolken-nehmen-zu-a-1105709.html)]. Grundsätzlich kann sich ein Luftfahrtunternehmen nur dann von der Leistung von Ausgleichszahlungen befreien, wenn die Verspätung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführen ist. Fraglich ist, ob ein randalierender Fluggast als ein außergewöhnlicher Umstand aufgefasst werden kann.
AG Rüsselheim, Urt.v. 08.02.17, Az. 3 C 742/16 (36)
Inhalt
Im vorliegenden Fall hatte der Fluggast einen Flug für den 28.08.15 von Las Vegas nach Frankfurt a.M. mit Condor Flugdienst gebucht. Dieser Flug sollte 14:30 Uhr starten und am 29.08.15 um 10:15 Uhr landen. Das Flugzeug landete schlussendlich jedoch erst am 30.08.15 um 14:25 und somit mit einer Verspätung von mehr als 28 Stunden [(https://www.flug-verspaetet.de/neuigkeiten/2015/08/31/condor-flug-landet-mit-28-stundiger-verspatung)]. Ausschlaggebend für diese Verspätung war zunächst eine Passagierin die ihre Katze unangemeldet mit an Bord nahm. Die Katze bewegte sich frei in der Kabine. Da sich die Katze nicht in der Tasche der Passagierin verstauen ließ, musste diese in einen für Passagiere gesperrten Waschraum untergebracht werden. Die Crew versprach der Passagierin sich um die Katze zu kümmern und diese zu versorgen. Dennoch begann sich die Passagierin in den Waschraum mit ihrer Katze zu begeben und wurde bei einer Ermahnung laut und fing an die Crew zu beschimpfen und zu beleidigen. Die Passagierin trat weiterhin auf die Waschraumtür ein und schlug eine andere Passagierin heftig auf den Arm. Auf Grund von diesem Verhalten musste eine Ausweichlandung in Denver vorgenommen werden ([1]). Da die Maschine in Las Vegas vollständig betankt wurde, führte diese bei Landung so viel Kerosin mit sich, dass sie zunächst vorschriftsmäßig auf Schäden untersucht werden musst auf Grund von einer „Overweight Landung“. Auf Grund von diesen Vorfällen hat die Crew ihre maximale Dienstzeit überschritten und konnte nicht mehr fliegen. Die störende Passagierin musste aus dem Flug entfernt werden, da diese sowohl handgreiflich geworden ist als auch mit dem Absturz der Maschine drohte. An der Ernsthaftigkeit der randalierenden Passagierin ist nicht zu zweifeln.
Tenor
Das Gericht geht davon aus, dass ein eigenverantwortliches Handeln eines Dritten, im vorliegenden Fall das Handeln eines randalierenden Passagiers, dass eine Zwischenlandung und eine Untersuchung bzw. Überschreitung der Dienstzeit zur Folge hat, stellt anerkanntermaßen einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO dar. Auch aus Erwägungsgrund 14 folgt, dass Sicherheitsrisiken als entlastende außergewöhnliche Umstände im Sinne der Verordnung gelten. Hier kann nicht ausgeschlossen werden, dass von der randalierenden Passagierin kein Sicherheitsrisiko für die Besatzung und die Passagiere des streitgegenständlichen Fluges ausging. Weiterhin ist davon auszugehen, dass das Verhalten der Passagierin im vorliegenden Fall eigenverantwortlich war. Zunächst ist es untersagt Tiere an Bord zu nehmen, da diese im Frachtraum verstaut werden. Hier kam die Crew der randalierenden Passagierin bereits entgegen, indem die Katze auf der Toilette verstaut werden konnte und sich um sie gekümmert wurde. Tierquälerei wie von der randalierenden Passagierin behauptet lag hier nicht vor. Auch wenn die Katze nicht zur Zufriedenheit der randalierenden Passagierin untergebracht wurde, so kann darin kein provozierendes Verhalten der Crew zu sehen sein und damit kann auch nicht das aggressive Verhalten der Passagierin gerechtfertigt werden. Weiterhin hätte das Luftfahrtunternehmen eine solche Situation nicht vermeiden können. Eine Zwischenlandung lag im Interesse aller und war die einzig verbleibende vernünftige Lösung. Folglich ist von einem außergewöhnlichen Umstand auszugehen und die betroffenen Fluggäste haben keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.