Rückforderung Steuern & Gebühren bei Buchung über Consolidator
Abgrenzung Vermittlungsgeschäft & Eigengeschäft
Es können mehrere Indizien für ein Vermittlungsgeschäft sprechen und gegen ein Eigengeschäft. Grundsätzlich vermittelt ein Reisebüro nur die Reiseverträge und Beförderungsverträge, die es mit dem Reiseveranstalter oder Luftfahrtunternehmen macht. Tritt das Reisebüro jedoch anders auf, so kann es dazu führen, dass aus der Empfängersicht eines objektiv Reisenden sich ergibt, dass das Reisebüro den Reise- bzw. Beförderungsvertrag als eigene Leistung anbietet und in eigener Verantwortung erbringen möchte. Wird das Reisebüro allerding nach den AGB als Vermittler tätig oder lässt sich in der Reisebestätigung ein klarer Hinweis finden, der darauf hinweist, dass es sich nur um eine Vermittlertätigkeit handelt, dann sind dadurch starke Indizien dafür gegeben, dass es sich um ein Vermittlergeschäft und nicht um ein Eigengeschäft handelt. Tritt das Reisebüro jedoch bei Vertragsabschluss so auf, als handele es sich um Eigengeschäft so spricht auch alles für die Annahme eines Eigengeschäfts. Immer dann, wenn ein Reisebüro Flugtickets von einem Ticketzwischenhändler (sog. Consolidator) erhält, diese jedoch mit einem eigens kalkulierten Aufschlag an den Fluggast weiterverkauft, dann handelt es sich um ein Eigengeschäft. Denn in einem solchen Fall fehlt es an der Preisidentität, welche eine wesentliche Voraussetzung eines Vermittlergeschäfts darstellt.
Erstattung und Steuern
Wird der Flug nicht angetreten, sind zum einen die im Flugpreis enthaltenen Steuern, wie Mehrwertsteuer, Gebühren und Entgelte einschließlich etwaiger Zuschläge, zu erstatten. Diese Flugnebenkosten fallen nur an, wenn der Fluggast den Flugschein tatsächlich in Anspruch nimmt.
Der Preis auf den Flugscheinen ist in jedem Fall zu erstatten, nachdem der Flug nicht angetreten wurde, und damit die Steuern nicht angefallen sind. Darüber hinaus besteht auch ein Anspruch auf Erstattung des restlichen Beförderungsentgeltes bestehend aus Steuern und Zuschlägen. Der Fluggast ist so zu behandeln, als habe er die stornierten Tickets anderweitig mit einem Erlös weiterverkaufen können.
Zwar hat grundsätzlich der Besteller (bzw. der Fluggast) darzulegen und zu beweisen, dass der Unternehmer (bzw. der Luftfrachtführer) Aufwendungen erspart, bzw. Erlöse durch anderweitige Buchung erzielt hat. Weil der Besteller jedoch regelmäßig keinen Einblick in die Betriebsinterna des Unternehmers hat, ist dem Unternehmer im Wege der sog. sekundären Darlegungslast zuzumuten, seine ersparten Aufwendungen bzw. anderweitig erzielten Erlöse für den konkreten Fall darzulegen und zu beziffern. Erst dann ist es Sache des Bestellers, dazulegen und zu beweisen, dass der Unternehmer höhere Aufwendungen erspart bzw. höhere Erlöse erzielt hat als vom Unternehmer behauptet Ein Reisebüro dient lediglich als Reisevermittler, und ist in der Regel nicht der Vertragspartner. Zwar kann auch das Reisebüro vertraglicher Luftfrachtführer werden, wenn es sich um ein so genanntes Eigengeschäft des Reisebüros handelt. Dies setzt voraus, dass das Reisebüro als Nicht-IATA Agentur Flugscheine, welches es von einem so genannten Consolidator (Ticketzwischenhändler) erworben hat, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung verkauft. Wenn das Reisebüro die Flugtickets mit einem selbst kalkulierten Aufschlag an den Reisenden weiterverkauft, fehlt es an der wesentlichen Voraussetzung einer Reisevermittlung, der Preisidentität zwischen Luftfahrtunternehmen und Fluggast. Die interne Kalkulation des Luftfahrunternehmens ist irrelevant. Entscheidend ist ausschließlich, welcher Betrag nach außen gegenüber dem Empfänger der Willenserklärung in Erscheinung tritt. Unbeachtlich ist auch, ob und wenn ja welcher Preis auf den später ausgestellten elektronischen Tickets angegeben ist. Bei den Tickets handelt es sich nicht um die zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen.
Luftbeförderungsvertrag als Werkvertrag
Kündigung eines Werkvertrages
Der Luftbeförderungsvertrag ist als Werkvertrag i.S.d. §§ 631 ff BGB anzusehen. Ein solcher kann deshalb bis zur Erbringung der Luftbeförderung jederzeit ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Der Luftfrachtführer kann jedoch die vereinbarte Vergütung verlangen. Dann muss sich der Luftfrachtführer jedoch das anrechnen lassen, was er auf Grund der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart hat bzw. durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Im Falle eines Beförderungsvertrages wären dies die durch anderweitige Buchung erzielten oder böswillig nicht erzielten Erlöse. Grundsätzlich muss der Fluggast darlegen und beweisen können, dass der Luftfrachtführer Aufwendungen erspart oder Erlöse durch anderweitige Buchungen erzielt hat. Problematisch dabei ist jedoch, dass der Fluggast keinen Einblick in Betriebsinterna des Unternehmens hat. Aus diesem Grund muss der Luftfrachtführer im Wege der sogenannten sekundären Darlegungslast seine ersparten Aufwendungen oder anderweitig erzielten Erlöse für den konkreten Fall darlegen und beziffern. Nur dann kann der Fluggast darlegen und beweisen, dass der Luftfrachtführer höhere Aufwendungen erspart oder höhere Erlöse erzielt hat, als der Luftfrachtführer behauptet hat (BGH, Urt. v. 14.01.99, VII ZR 277/97).
Wiederverkauf des gekündigten Flugtickets
Immer dann, wenn zwischen der Kündigung und dem planmäßigen Abflug noch ein größerer Zeitraum besteht, von etwa mehreren Wochen bis Monaten, dann kann davon ausgegangen werden, dass die Flugtickets nach der Stornierung an Dritte zu einem Entgelt weiterverkauft werden konnten, welches zumindest dem geschuldeten Entgelt entspricht. Denn Luftfahrtunternehmen rechnen regelmäßig mit einer vollen Auslastung ihrer Fluggeräte. Erfolgt die Kündigung jedoch unmittelbar vor dem Abflug, wenn der Fluggast dann zum Beispiel nicht zum Check-in erscheint, dann ist davon auszugehen, dass ein Weiterverkauf nicht mehr möglich ist (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 06.06.14, Az.: 2-24 S 152/13; Urteil vom 13.08.15, Az.: 2-24 S 22/15). Der Luftfrachtführer muss jedoch darlegen können, ob der freigewordenen Platz wieder zum Verkauf angeboten wurde, wenn dies von ihm gefordert wird. Von dem Luftfrachtführer kann weiterhin gefordert werden, zu beweisen ob das Fluggerät voll besetzt war. Wenn sämtliche Plätze verkauft wurden, so steht auch fest, dass das Luftfahrtunternehmen für den streitgegenständlichen Platz wieder ein Entgelt erzielen konnte. Denn durch § 649 BGB soll vermieden werden, dass das Luftfahrtunternehmen eine doppelte Befriedigung erhält. Wurde der streitgegenständliche Platz anderweitig gewinnbringend genutzt, so liegt kein gerechtfertigter Anspruch vor, zusätzlich noch vom Fluggast, der den Beförderungsvertrag gekündigt hat, ein Entgelt zu verlangen. Steht jedoch fest, dass das Fluggerät nicht vollkommen ausgelastet war, wenn also zumindest noch ein Platz frei war, dann ist davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Flug nicht weiterverkauft werden konnte. Bedacht werden muss dabei, dass kein bestimmter, konkretisierter Platz verkauft wird. Der Fluggast erhält immer nur einen allgemeinen Beförderungsanspruch auf irgendeinen Platz auf einem bestimmten Flug in einer bestimmten Buchungsklasse. Bleibt also zumindest noch ein Platz frei, so kann nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um den Platz handelt, welcher in Folge der streitgegenständlichen Stornierung wieder freigeworden ist. Dies kann mangels der Zuordnung einzelner Plätze nie ausgeschlossen werden. Weiterhin kann nicht ausgeschlossen werden, dass Buchungen welche nach dem Rücktritt erst erfolgt sind, ausschließlich die Plätze betrafen, die ohnehin noch frei waren und nicht den Platz betreffen, der infolge des Rücktritts wieder frei geworden ist. Weiterhin muss das Luftfahrtunternehmen darlegen können, das es sich zumindest um einen Weiterverkauf bemüht hat oder diesen nicht böswillig unterlassen hat, wenn keine volle Auslastung des Fluggerätes vorliegt. Die Anforderungen an eine solche Beweislast dürfen allerdings nicht allzu streng gestaltet sein. Ein Vortrag, aus dem deutlich wird, dass der frei gewordenen Platz wieder in das Buchungssystem aufgenommen wurde und der frei gewordenen Platz erneut buchbar ist, muss reichen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Platz wieder verkauft wird, da es im wirtschaftlichen Interesse liegt, dass der Flug möglichst ausgelastet ist. Wird der Luftbeförderungsvertrag tatsächlich gemäß § 649 BGB gekündigt, so müssen die im Flugpreis enthaltenen Steuern (wie Mehrwertsteuer, Gebühren und Entgelte einschließlich etwaiger Zuschläge) zurückerstattet werden. Denn solche Flugnebenkosten fallen nur dann an, wenn der Flugschein durch den Fluggast tatsächlich in Anspruch genommen wird.
Urteile
- BGH, Urt. v. 14.01.99, VII ZR 277/97
- LG Frankfurt a.M., Urt. v. 06.06.14, Az.: 2-24 S 152/13
- LG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.08.15, Az.: 2-24 S 22/15