Schlussanträge des Generalanwalts Philippe Léger vom 12. Mai 2005 (Rechtssache C‑291/03)

Aus PASSAGIERRECHTE
Zur Navigation springen Zur Suche springen

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PHILIPPE LÉGER

vom 12. Mai 2005

Rechtssache C‑291/03

My Travel plc

gegen

Commissioners of Customs & Excise

(Vorabentscheidungsersuchen des VAT and Duties Tribunal, Manchester [Vereinigtes Königreich])

„Mehrwertsteuer – Artikel 26 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie – Regelung für Reisebüros und Reiseveranstalter – Eigene Leistungen und von Dritten erworbene Leistungen – Verfahren zur Berechnung der Besteuerungsgrundlage – Aufteilung des Pauschalpreises zwischen erworbenen Leistungen und eigenen Leistungen – Anwendung des Kriteriums des Marktwertes“

1. Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG(2) hat in Artikel 26 eine besondere Mehrwertsteuerregelung für Reisebüros und Reiseveranstalter vorgesehen. Diese Sonderregelung gilt für diese Büros und für diese Veranstalter, die gegen einen Pauschalpreis Reisenden eine Leistung verkaufen, die mehrere Dienstleistungen, insbesondere auf dem Gebiet der Unterkunft und der Beförderung, umfasst, die bei Dritten gekauft werden. Nach dieser Regelung wird die Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer nicht durch den Preis ohne Steuer der Reise, sondern durch die von dem Büro erzielte Gewinnspanne gebildet, d. h. die Differenz zwischen dem vom Käufer gezahlten Preis ohne Steuer und den Kosten der Dienstleistungen, die das Büro von Dritten erworben hat.

2. Im Urteil vom 22. Oktober 1998, Madgett und Baldwin, hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Sonderregelung des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie, wenn die von einem Reisebüro gegen einen Pauschalpreis verkaufte Leistung aus Leistungen besteht, die teilweise bei Dritten gekauft und teilweise von dem Reisebüro selbst erbracht werden, nur für die von Dritten erbrachten Leistungen gilt.

3. Der Gerichtshof hat sich auch dazu geäußert, welche Methode anzuwenden ist, um den Teil des Pauschalpreises, der die von dem Reisebüro selbst erbrachten Leistungen betrifft, getrennt zu berechnen. Im Einzelnen hat sich die Frage gestellt, ob bei dieser Methode die tatsächlichen Kosten dieser Leistungen für den Wirtschaftsteilnehmer zu berücksichtigen sind, wie es die Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland vorschreiben, oder aber der Marktwert dieser Leistungen. Der Gerichtshof hat für Recht erkannt, dass von einem Wirtschaftsteilnehmer nicht verlangt werden könne, den Teil des Pauschalpreises, der seinen Eigenleistungen entspricht, nach den Kriterien der tatsächlichen Kosten zu berechnen, wenn es möglich sei, diesen Teil des Pauschalpreises nach dem Marktpreis entsprechender Leistungen zu errechnen.

4. Nach diesem Urteil verlangte die zur My Travel plc gewordene Firma Airtours, ein ebenfalls im Vereinigten Königreich der Mehrwertsteuer unterliegender Reiseveranstalter, der seine Steuerschuld für die Jahre 1995 bis 1999 nach dem Kriterium der tatsächlichen Kosten berechnet hat, von ihrer nationalen Verwaltung die Möglichkeit, diese Schuld für bestimmte Jahre unter Verwendung des Kriteriums des Marktwertes neu zu berechnen.

5. Das VAT and Duties Tribunal, Manchester (Vereinigtes Königreich), ersucht den Gerichtshof um Entscheidung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Reiseveranstalter wie My Travel seine Mehrwertsteuerschuld nach der im Urteil Madgett und Baldwin beschriebenen Methode des Marktwertes neu berechnen kann.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Artikel 26 der Sechsten Richtlinie

6. Die Leistungen von Reisebüros und Reiseveranstaltern sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich – gegen einen Pauschalpreis – regelmäßig aus mehreren Leistungen, insbesondere Beförderungs- und Unterbringungsleistungen, zusammensetzen, die teils im Ausland, teils in dem Land erbracht werden, in dem das Reisebüro seinen Sitz oder eine feste Niederlassung hat.

7. Die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Besteuerung, die Besteuerungsgrundlage und den Vorsteuerabzug würde aufgrund der Zahl und der Lokalisierung der erbrachten Leistungen bei diesen Wirtschaftsteilnehmern zu praktischen Schwierigkeiten führen, die die Ausübung ihrer Tätigkeit behindern würden. Somit wären die Steuerpflichtigen gezwungen, zur Erstattung der Vorsteuer, die auf die von anderen Unternehmen zur Veranstaltung der Reise gekauften Dienstleistungen gezahlt worden ist, den Verwaltungsformalitäten zu genügen, die in jedem Mitgliedstaat, in dem sie diese Leistungen erworben haben, erforderlich sind.

8. Artikel 26 der Sechsten Richtlinie soll also die Anwendung der gemeinschaftlichen Mehrwertsteuervorschriften für diese Wirtschaftsteilnehmer erleichtern und insbesondere einen vereinfachten Abzug der gezahlten Vorsteuer, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie erhoben wurde, gewährleisten.

9. Durch ihn wird daher eine Sonderregelung zugunsten der Reisebüros und Reiseveranstalter eingeführt, die gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reise Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen(7).

10. Nach dieser Regelung gelten alle von dem Reisebüro erbrachten Umsätze als eine einheitliche Dienstleistung des Reisebüros; diese wird an dem Ort besteuert, wo dieses Büro den Sitz seiner Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat.

11. Diese Sonderregelung sieht auch eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung des Artikels 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie vor, nach der die Besteuerungsgrundlage für die Mehrwertsteuer die gesamte Gegenleistung ist, die der Dienstleistende vom Abnehmer erhält. So bestimmt Artikel 26 dieser Richtlinie in Absatz 2 Satz 3:

„Für diese Dienstleistung gilt als Besteuerungsgrundlage und als Preis ohne Steuer im Sinne des Artikels 22 Absatz 3 Buchstabe b) die Marge des Reisebüros, das heißt die Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tatsächlichen Kosten, die dem Reisebüro durch die Inanspruchnahme von Lieferungen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger entstehen, soweit diese Umsätze dem Reisenden unmittelbar zugute kommen.“

12. Als Folge dieser auf die Gewinnspanne reduzierten Besteuerungsgrundlage ist „[b]eim Reisebüro ... der Vorsteuerabzug oder die Rückerstattung der Steuern in jedem Mitgliedstaat für die Steuern ausgeschlossen, die dem Reisebüro von anderen Steuerpflichtigen für die in Absatz 2 bezeichneten Umsätze in Rechnung gestellt werden, welche dem Reisenden unmittelbar zugute kommen“.

B – Nationales Recht

13. Artikel 26 der Sechsten Richtlinie ist im Vereinigten Königreich durch Section 52 des Mehrwertsteuergesetzes von 1994 (Value Added Tax Act 1994) und durch die Verordnung über die Mehrwertsteuer bei Reiseveranstaltern von 1987 (Value Added Tax [Tour Operators] Order 1987) umgesetzt worden.

14. Die Regelung für die Berechnung der von den Reiseveranstaltern, die gegenüber Reisenden bei Dritten erworbene Dienstleistungen erbringen, erzielte Gewinnspanne wird für die im Ausgangsverfahren betroffenen Besteuerungszeiträume durch die Bekanntmachung 709/5/88 und dann durch die Bekanntmachung 709/5/96 der Commissioners of Customs and Excise, das so genannte „Tour Operators’ Margin Scheme“ (Regelung über die für Reiseveranstalter geltende Marge), festgelegt. Das vorlegende Gericht gibt an, für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens könnten die in diesen beiden Bekanntmachungen vorgesehenen Regelungen als identisch angesehen werden.

15. Nach der TOMS-Regelung muss ein Reiseveranstalter, dessen Pauschalreisen gleichzeitig bei Dritten erworbene Leistungen und Eigenleistungen umfassen, den Pauschalpreis auf die Kosten verteilen, die die Leistungen jeder dieser beiden Kategorien für ihn ausmachen. Die Kosten der erworbenen Leistungen entsprechen dem Betrag, den der Drittlieferant von dem Reiseveranstalter fordert. Die Kosten der Eigenleistungen werden anhand der Buchführung dieses Veranstalters berechnet. Sobald er dazu gelangt ist, die verschiedenen Beträge für die Kosten der erworbenen Dienstleistungen und für die Kosten der Eigenleistungen festzustellen, muss er die Summe dieser Kosten vom Gesamtbetrag des Pauschalpreises abziehen, um die Gesamtmarge zu erhalten. Anschließend muss er diese Gesamtmarge nach dem Verhältnis zwischen den Gesamtkosten der Eigenleistungen und den Gesamtkosten der erworbenen Leistungen aufteilen. Die Marge der erworbenen Leistungen wird dann der Regelung des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie unterworfen, und der Teil des Pauschalpreises, der den Eigenleistungen entspricht, wird nach den allgemeinen Rechtsvorschriften dieser Richtlinie besteuert.

C – Das Urteil Madgett und Baldwin

16. Madgett und Baldwin betrieben ein in Devon in England gelegenes Hotel. Ihre Kundschaft bestand zu 90 % aus Kunden, die bei ihnen ein pauschales Leistungspaket kauften, d. h., sie zahlten einen festen Preis für eine Unterbringung mit Halbpension, ihre Beförderung von mehreren Abholstellen aus und eine Tagesbusreise. Die übrigen Kunden des Hotels kümmerten sich selbst um ihre Hin‑ und Rückreise zum bzw. vom Hotel, hatten keinen Anspruch auf den Tagesausflug und zahlten nicht den gleichen Preis. Madgett und Baldwin griffen für die Beförderung ihrer Kunden bis zum Hotel und für die Busreisen auf Drittunternehmen zurück.

17. In diesem Urteil hat der Gerichtshof zum einen für Recht erkannt, dass die Sonderregelung des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie zwar Probleme vermeiden solle, die mit dem Erwerb von Dienstleistungen in verschiedenen Mitgliedstaaten verbunden seien, aber auch Anwendung finde, wenn die Leistungen in einem einzigen Mitgliedstaat erbracht würden. Er hat zum anderen angenommen, dass diese Anwendung nicht allein auf Wirtschaftsteilnehmer beschränkt werden dürfe, die förmlich als Reisebüros oder Reiseveranstalter qualifiziert seien, sondern dass sie auch auf Hoteliers wie Madgett und Baldwin ausgedehnt werden müsse, die Dienstleistungen erbrächten, die mit bei Dritten erworbenen Reisen verbunden seien, da diese Dienstleistungen im Verhältnis zu den Eigenleistungen von Hoteliers keine reinen Nebenleistungen seien.

18. Der Gerichtshof hat sich dann mit der Frage befasst, wie die besteuerte Marge zu berechnen ist, wenn das Pauschalangebot Eigenleistungen und erworbene Leistungen umfasst.

19. Er hat erstens aus dem Inhalt des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie, aus dessen Zielen und aus dessen Ausnahmecharakter im Verhältnis zur allgemeinen Regelung gefolgert, dass die Sonderregelung dieses Artikels nur für die von Dritten bezogenen Leistungen gelten dürfe.

20. Dies habe zur Folge, dass das Reisebüro den von seinen Kunden gezahlten Pauschalpreis in der Weise aufschlüsseln müsse, dass die auf die von Dritten bezogenen Leistungen erzielte Marge errechnet werde. Da Artikel 26 der Sechsten Richtlinie jedoch nicht den Fall von Reisen zu Pauschalpreisen erfasse, die sowohl von Dritten bezogene Leistungen als auch Eigenleistungen umfassten, lege er auch nicht Kriterien fest, nach denen diese Marge berechnet und vom Pauschalpreis das abgezogen werden könne, was den Eigenleistungen entspreche. Da dieser Pauschalpreis sowohl erworbene Leistungen als auch Eigenleistungen erfasse, könne darüber hinaus der Begriff der „Gegenleistung“ im Sinne von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie nicht als Besteuerungsgrundlage für die letztgenannten Leistungen herangezogen werden.

21. Das vorlegende Gericht fragte den Gerichtshof daher, welche Bezugsgröße zu verwenden sei, um den auf die Eigenleistungen entfallenden Teil des Pauschalpreises herauszurechnen. Es schlug zwei mögliche Methoden vor, von denen sich die eine auf die tatsächlichen Kosten dieser Leistungen für den Wirtschaftsteilnehmer gemäß der TOMS‑Regelung und die andere auf deren Marktwert stützte. Diese zweite Methode bestand darin, zur Bestimmung des Wertes der Unterbringung durch die Hoteliers im Rahmen des Pauschalangebots die Preise der Zimmer und der Halbpension als Bezugsgröße zu nehmen, die den Kunden in Rechnung gestellt wurden, die dieses Pauschalangebot nicht nutzten. Nach dieser Methode genügt es, von diesem Pauschalpreis ausgehend von den außerhalb des Pauschalangebots angewendeten Preisen den ermittelten Gesamtwert der Unterkunft abzuziehen, um den Wert der erworbenen Leistungen zu berechnen, da dieser Wert der Unterkunft sowohl die Gewinnspanne als auch die Kosten der Unterkunft erfasst. Der Abzug des Preises der von Dritten bezogenen Leistungen führt dann zu der nach Artikel 26 der Sechsten Richtlinie besteuerten Marge.

22. Vor diese Wahl gestellt hat der Gerichtshof ausgeführt, dass sich mit keiner der beiden vorgeschlagenen Methoden genau bestimmen lasse, welches die Gegenleistung sei, die der Wirtschaftsteilnehmer für die Leistungen, die er selbst erbracht habe, tatsächlich erhalten habe. So trage die auf die tatsächlichen Kosten gestützte Methode der Zusammensetzung des Pauschalangebots nicht genau Rechnung, da nichts die Annahme zulasse, dass die Margen jeder der beiden Arten von Leistungen, aus denen das Pauschalangebot bestehe, im gleichen Verhältnis zueinander stünden wie ihre jeweiligen Kosten.

23. Ebenso könne die Methode, die auf den Marktwert der Eigenleistungen gestützt sei, der im vorliegenden Fall auf der Grundlage der Preise der Zimmer und der Halbpension bestimmt werde, die von dem Hotel angesetzt würden, wenn die Kunden das Pauschalangebot nicht nutzten, auch nicht immer sachgerecht sein, da der Preis der Unterbringung im Rahmen des pauschalen Leistungspakets nicht notwendigerweise mit dem Preis der Unterkunft identisch sei, wenn diese als einzige Leistung angeboten werde.

24. Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass für die letztgenannte Methode spreche, dass sie verglichen mit der Methode der tatsächlichen Kosten einfach sei. Er hat seine Untersuchung mit folgenden Randnummern abgeschlossen:

„45 Während die Methode der tatsächlichen Kosten der Eigenleistungen eine Reihe komplexer Aufschlüsselungsvorgänge erfordert und somit für den Wirtschaftsteilnehmer mit einem beträchtlichen Mehraufwand verbunden ist, spricht für die Methode der Heranziehung des Marktwertes der Eigenleistungen, wie der Generalanwalt in Nummer 76 seiner Schlussanträge dargelegt hat, dass sie einfach ist, da die einzelnen Bestandteile des Wertes der Eigenleistungen nicht ermittelt zu werden brauchen.

46 Da im vorliegenden Fall zudem unstreitig ist, dass die Berechnung der Mehrwertsteuer, die auf die Marge der von Dritten bezogenen Leistungen erhoben wird, unabhängig von der angewandten Methode grundsätzlich denselben Betrag ergibt, kann daher von einem Wirtschaftsteilnehmer nicht verlangt werden, dass er den Teil des Pauschalpreises, der der Eigenleistung entspricht, nach dem Grundsatz der tatsächlichen Kosten errechnet, wenn es möglich ist, diesen Teil des Pauschalpreises nach dem Marktpreis der Leistungen zu errechnen, die den im pauschalen Leistungspaket enthaltenen entsprechen.

47 Aufgrund dessen ist auf die Fragen des VAT and Duties Tribunal zu antworten, dass in Fällen, in denen ein Wirtschaftsteilnehmer, auf den Artikel 26 der Sechsten Richtlinie anwendbar ist, gegen Zahlung eines Pauschalpreises Umsätze tätigt, die aus Dienstleistungen bestehen, welche zum Teil von ihm selbst und zum Teil von anderen Steuerpflichtigen erbracht werden, nur die von den Letzteren erbrachten Dienstleistungen der Mehrwertsteuerregelung dieses Artikels unterliegen. Von einem Wirtschaftsteilnehmer kann nicht verlangt werden, dass er den Teil des Pauschalpreises, der der Eigenleistung entspricht, nach dem Grundsatz der tatsächlichen Kosten errechnet, wenn es möglich ist, diesen Teil des Pauschalpreises nach dem Marktpreis der Leistungen zu errechnen, die den im pauschalen Leistungspaket enthaltenen entsprechen.“

II – Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

25. My Travel veranstaltet Pauschalurlaubsreisen im Ausland. Die Firma kauft die Unterkunft regelmäßig bei Dritten. Da sie eine eigene Fluglinie besitzt, übernimmt jedoch sie im Allgemeinen die Beförderung der Reisenden zu deren Urlaubsort.

26. Sie verkauft an die Öffentlichkeit auch einzelne Flugscheine, die als „seat only“ (nur Flug) bezeichnet werden und die Sitzen an Bord ihres eigenen Flugzeugs oder bei anderen Gesellschaften erworbenen Sitzen entsprechen, sowie Sitze an andere Reiseveranstalter, so genannte „broked seats“ (en gros verkaufte Sitze).

27. Sie erklärte ihre Mehrwertsteuerschuld für die Jahre 1995 bis 1999 unter Anwendung der TOMS‑Regelung. Nach dem Urteil Madgett und Baldwin berechnete sie ihre Mehrwertsteuerschuld für die drei Jahre 1995, 1996, 1997 in der Weise neu, dass sie einen „Marktwert“ der im Rahmen der Pauschalurlaubsreisen verkauften Sitze absetzte.

28. Um zu diesem Marktwert zu gelangen, verwendete My Travel zwei Methoden. Für das Jahr 1995 und anscheinend auch für das Jahr 1996 nahm sie als Ausgangspunkt die Kosten der im Rahmen der Pauschalreisen verkauften Flugscheine, zu denen sie eine „prozentuale Erhöhung“ in der Höhe hinzurechnete, die sie angeblich über den gleichen Zeitraum beim Verkauf von Einzelflugscheinen erzielt hat.

29. Im Laufe des Jahres 1995 verkaufte My Travel auch Pauschalurlaubsreisen mit Kreuzfahrten, Flugreisen mit Zurverfügungstellung eines Fahrzeugs und Unterbringung auf Campingplätzen. Sie hat jedoch ihre Schuld unter Anwendung des Kriteriums des Marktwertes nur in Bezug auf Flugreisen neu berechnet, da sie der Auffassung war, dass sie bei den anderen Eigenleistungen keine geeigneten Anknüpfungspunkte für einen Vergleich habe.

30. Für das Jahr 1997 veranschlagte My Travel ausgehend von einem „Route Profitability Report“ (Bericht über die Rentabilität der Verbindungen) den von ihr mit außerhalb der Pauschalreisen an die Öffentlichkeit verkauften Flugscheinen erzielten „durchschnittlichen linearen Ertrag“ mit 153 GBP.

31. Nachdem My Travel die Kosten der im Rahmen von Pauschalurlaubsreisen verkauften Flugscheine auf diesen Grundlagen neu berechnet hatte, forderte sie von den Commissioners die Erstattung von 212 000 GBP für das Jahr 1995, von 2 004 857 GBP für das Jahr 1996 und von 711 051 GBP für das Jahr 1997.

32. Die Höhe dieser Beträge ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die von My Travel verwendete Methode bewirkt, dass der Teil des Pauschalpreises, der der Beförderung zugerechnet wird, erhöht wird und dass dieser nach dem geltenden nationalen Recht mit 0 % besteuert wird.

33. Die Commissioners lehnten diese Anträge ab. Wie sie vor dem vorlegenden Gericht geltend gemacht haben, ergebe sich aus dem Urteil Madgett und Baldwin, dass die auf den Marktwert gestützte Methode nicht verwendet werden dürfe, wenn – wie im Fall von My Travel – für sie nicht spreche, dass sie einfach sei, wenn sie zu einem künstlichen Betrag in Bezug auf die Marge auf die erworbenen Leistungen führe und wenn die Mehrwertsteuerschuld durch sie erheblich geändert werde. Sie haben darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass dieses Urteil es nicht erlaube, eine solche Methode selektiv anzuwenden, und dass der Betrag von 153 GBP nicht den Marktwert der im Rahmen der Pauschalangebote verkauften Flugscheine darstelle.

34. My Travel hat dagegen vorgetragen, im Urteil Madgett und Baldwin habe der Gerichtshof das Argument zurückgewiesen, dass das Kriterium der tatsächlichen Kosten einen verlässlicheren Indikator des Wertes der einzelnen Teile eines Pauschalangebots darstelle. Außerdem könne nicht verlangt werden, dass die beiden Methoden zu identischen Mehrwertsteuerschulden führten, weil dies die Wirtschaftsteilnehmer dazu zwingen würde, die jeder dieser Methoden entsprechenden Berechnungen durchzuführen. Was den in diesem Urteil festgehaltenen Teil der Begründung angehe, der sich darauf beziehe, dass die auf den Marktwert gestützte Methode einfacher sei, so stelle er nur einen Faktor dar, der berücksichtigt worden sei, um zu der gewählten Lösung zu gelangen, und keine Voraussetzung, von der die Benutzung dieser Methode abhängig sei.

35. My Travel vertritt die Auffassung, sie sei berechtigt, die auf den Marktwert gestützte Methode zu verwenden, da sie über einen zufrieden stellenden Ansatzpunkt für einen Vergleich verfüge, wie es für die Flugreisen der Fall sei, und Artikel 26 der Sechsten Richtlinie dem nicht entgegenstehe, dass sie gleichzeitig diese Methode und die auf die tatsächlichen Kosten gestützte Methode verwende. Was den Betrag von 153 GBP angehe, so gebe er den Durchschnittswert der einzeln verkauften Flugscheine wieder und könne als Grundlage für die Bewertung der im Rahmen der Pauschalangebote gelieferten Reisen dienen, weil der Gerichtshof im Urteil Madgett und Baldwin nicht verlangt habe, dass der Wirtschaftsteilnehmer den Marktpreis der eigenen Leistung im Verhältnis zu identischen Leistungen festsetze, sondern anhand von ähnlichen Leistungen.

III – Die Vorabentscheidungsfragen

36. In Anbetracht dieser Gegebenheiten hat das VAT and Duties Tribunal, Manchester, beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen nach der Auslegung des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie und des Urteils Madgett und Baldwin zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Darf ein Reiseveranstalter nach Einreichung seiner Mehrwertsteuererklärung für ein Steuerjahr, bei der er die Methode der tatsächlichen Kosten angewandt hat, die im nationalen Recht zur Durchführung der Richtlinie allein vorgesehen war, überhaupt, gegebenenfalls unter welchen Umständen, nachträglich seine Mehrwertsteuerschuld teilweise nach der in Randnummer 46 des Urteils Madgett und Baldwin dargelegten Marktwertmethode neu berechnen?

  • a) Darf ein solcher Reiseveranstalter insbesondere den Marktwert wahlweise für verschiedene Steuerjahre heranziehen und falls ja, unter welchen Umständen?
  • b) Darf der Reiseveranstalter, der einige Eigenleistungskomponenten seiner Pauschalpakete den Kunden auf einer Nichtpauschalbasis (in diesem Fall Flüge), andere Eigenleistungskomponenten einiger seiner Pauschalpakete den Kunden hingegen nicht auf einer Nichtpauschalbasis anbietet (in diesem Fall Kreuzfahrten und Campingplätze),
    • die Marktwertmethode in Bezug auf die Pakete (die die große Mehrheit darstellen) anwenden, bei denen er den Wert seiner gesamten Eigenleistungen (in diesem Fall Flüge) anhand der Verkäufe an seine Kunden auf einer Nichtpauschalbasis ermitteln kann,
    • in Fällen, in denen das Paket Eigenleistungen umfasst, die der Reiseveranstalter den Kunden nicht auf einer Nichtpauschalbasis anbietet (in diesem Fall Kreuzfahrten und Campingplätze), die Marktwertmethode anwenden, um den Wert derjenigen Eigenleistungen zu ermitteln, die er seinen Kunden erbringt (in diesem Fall Flüge), wenn ein Marktwert für andere Teile des Pakets nicht ermittelt werden konnte?
  • c) Muss die Anwendung einer Kombination beider Methoden a) einfacher oder b) bedeutend einfacher oder c) nicht bedeutend komplizierter sein?
  • d) Muss die Marktwertmethode zur gleichen oder einer nahezu gleichen Mehrwertsteuerschuld führen wie die Kostenmethode?

2. Ist es unter den Umständen des vorliegenden Falles möglich, den Teil der Eigenleistung, der sich auf Flüge bezieht, die als Teil eines Urlaubspakets verkauft werden, dadurch zu ermitteln, dass entweder a) die Durchschnittskosten eines Flugtickets, erhöht um die Durchschnittsmarge des Reiseveranstalters bei Nur-Flug-Angeboten in dem betreffenden Steuerjahr, oder b) die Durchschnittseinnahmen des Reiseveranstalters bei Nur-Flug-Angeboten des betreffenden Steuerjahres herangezogen werden?

IV – Untersuchung

A – Zur ersten Vorabentscheidungsfrage

37. Die erste Frage umfasst mehrere Unterfragen. Vorab möchte das vorlegende Gericht, wie insbesondere aus dem Wort „überhaupt“ im ersten Satz dieser Frage hervorgeht, wissen, ob ein Reiseveranstalter, der seine Mehrwertsteuererklärung für einen Besteuerungszeitraum unter Anwendung der nach den nationalen Rechtsvorschriften zur Durchführung der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Methode abgegeben hat, aufgrund eines Urteils des Gerichtshofes nach der Methode neu berechnen darf, die in diesem Urteil als dieser Richtlinie entsprechend angesehen worden ist.

38. Ich bin der Auffassung, dass diese Frage zu bejahen ist. Nach ständiger Rechtsprechung verdeutlicht der Gerichtshof, wenn er in Ausübung seiner Befugnisse aus Artikel 234 EG eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts auslegt, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden gewesen wäre. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Gerichtshof selbst ausnahmsweise in seinem Urteil die zeitliche Tragweite dieser Auslegung begrenzt. Ein Vorabentscheidungsurteil ist daher dazu geeignet, Wirkungen auf Rechtsverhältnisse zu entfalten, die entstanden sind, bevor das Urteil erlassen worden ist, und zwar selbst dann, wenn diese Beziehungen nicht Gegenstand einer anhängigen Streitigkeit waren. Daraus folgt insbesondere, dass eine so ausgelegte Bestimmung des Gemeinschaftsrechts von einer Verwaltungsbehörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch auf Rechtsbeziehungen anzuwenden ist, die vor der Verkündung der Vorabentscheidung des Gerichtshofes entstanden sind.

39. Es gehört auch zur ständigen Rechtsprechung, dass ein Einzelner, wenn ein Mitgliedstaat bei ihm Beträge unter Verstoß gegen die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts erhoben hat, ein Recht auf Erstattung dieser Beträge hat. Nach einer gewöhnlich wiederkehrenden Formulierung stellt dieses Recht eine Folge und eine Ergänzung der Rechte dar, die ihm durch die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof eingeräumt worden sind.

40. Auch ist unstreitig, dass es in Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung über die Erstattung von Abgaben Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die Voraussetzungen zu regeln, unter denen dieses Recht ausgeübt werden kann, dass bei diesen Voraussetzungen aber das Äquivalenzprinzip und das Effektivitätsprinzip zu beachten sind, d. h., dass sie nicht ungünstiger sein dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur auf Vorschriften des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, und auch nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen. Nach dieser Rechtsprechung kann ein Steuerpflichtiger, der ohne Rechtsgrund Mehrwertsteuer gezahlt hat, die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beträge vom Inkrafttreten der im Widerspruch zur Sechsten Richtlinie stehenden nationalen Rechtsvorschriften an nach den in seiner innerstaatlichen Rechtsordnung festgelegten Verfahrensmodalitäten verlangen, sofern diese den Erfordernissen der Äquivalenz und der Effektivität entsprechen.

41. Aus dieser gesamten Rechtsprechung folgt meines Erachtens logischerweise, dass ein Steuerpflichtiger, dem damit das Recht zuerkannt wird, von seiner Verwaltung oder seinem nationalen Gericht unter den in seinem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen – vorbehaltlich der Beachtung des Äquivalenzprinzips und des Effektivitätsprinzips – die Erstattung der ohne Rechtsgrund gezahlten Mehrwertsteuer zu erlangen, unter den gleichen Voraussetzungen auch die Möglichkeit haben muss, den Betrag der Steuer, die er schuldet, nach der vom Gerichtshof als gemeinschaftsrechtskonform angesehenen Methode neu zu berechnen und seine Mehrwertsteuererklärungen dementsprechend zu berichtigen.

42. Ich schlage daher vor, auf diese Vorfrage zu antworten, dass ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der seine Mehrwertsteuererklärung für einen Besteuerungszeitraum unter Anwendung der nach den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Methode abgegeben hat, das Recht hat, seine Mehrwertsteuerschuld nach der vom Gerichtshof als gemeinschaftsrechtskonform angesehenen Methode unter den in seinem nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen, bei denen das Äquivalenzprinzip und das Effektivitätsprinzip beachtet sein müssen, neu zu berechnen.

43. Im Rahmen der ersten Frage fragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof auch danach, unter welchen Voraussetzungen ein Reiseveranstalter, der gegen Zahlung eines Pauschalpreises eigene Leistungen und Leistungen Dritter zur Verfügung stellt, die auf den Marktwert gestützte Methode verwenden darf, um den Teil dieses Pauschalpreises zu ermitteln, der seinen eigenen Leistungen entspricht.

44. Genauer fragt es im Wesentlichen, ob Artikel 26 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der gegen Zahlung eines Pauschalpreises einem Reisenden erworbene Leistungen und eigene Leistungen zur Verfügung stellt, den seinen eigenen Leistungen entsprechenden Teil des Pauschalpreises grundsätzlich auf der Grundlage des Marktwertes dieser Leistungen einzeln ermitteln muss, sofern dieser Wert sich bestimmen lässt, oder aber ob dieser Steuerpflichtige frei zwischen der Verwendung dieses Kriteriums und dem der tatsächlichen Kosten wählen kann. In diesem Zusammenhang fragt dieses Gericht den Gerichtshof auch danach, inwieweit die Anwendung der auf den Marktwert gestützten Methode für den betroffenen Steuerpflichtigen einfacher sein muss und ob sie von der Voraussetzung abhängig ist, dass sie zu einer gleichen oder einer ähnlichen Mehrwertsteuerschuld führt wie die Verwendung der auf die tatsächlichen Kosten der Leistungen gestützte Methode.

45. Außerdem fragt es, ob das Kriterium des Marktwertes für die Eigenleistungen gilt, bei denen dieser Wert bestimmt werden kann, wenn im Rahmen desselben Steuerjahres der Marktwert bestimmter eigener Bestandteile des Pauschalangebots nicht bestimmt werden kann, weil der Steuerpflichtige entsprechende Leistungen außerhalb des Pauschalangebots nicht verkauft.

46. Das vorlegende Gericht gibt an, es stelle diese Fragen, weil es im Urteil Madgett und Baldwin nichts gefunden habe, was belegen könnte, dass der Gerichtshof die Verwendung der auf den Marktwert gestützten Methode in irgendeiner Weise hätte einschränken wollen, wenn es einem Steuerpflichtigen möglich sei, „diesen Teil des Pauschalpreises nach dem Marktpreis der Leistungen zu errechnen, die den im pauschalen Leistungspaket enthaltenen entsprechen“. Es war auch nicht in der Lage, mit Sicherheit festzustellen, ob die Randnummern 43 bis 47 dieses Urteils Voraussetzungen enthalten, die zwingend erfüllt sein müssen, wenn ein Steuerpflichtiger berechtigt sein soll, diese Methode der Aufteilung zu verwenden, oder ob diese Randnummern lediglich die Faktoren sichtbar machen, die der Gerichtshof berücksichtigt hat, um zu seiner Entscheidung zu gelangen.

47. Diese Fragen müssen mich dazu veranlassen, erstens zu prüfen, ob das Urteil Madgett und Baldwin dahin zu verstehen ist, dass die Möglichkeit, dass ein Steuerpflichtiger den Pauschalpreis unter Verwendung des Kriteriums des Marktwertes aufteilt, von den Voraussetzungen abhängig ist, dass die Verwendung dieser Methode in der besonderen Lage dieses Steuerpflichtigen tatsächlich einfacher ist und dass sie zu einer Mehrwertsteuerschuld führt, die derjenigen gleichwertig ist, die ausgehend vom Kriterium der tatsächlichen Kosten errechnet würde.

48. Zweitens werde ich gegebenenfalls sehen, ob die auf den Marktwert gestützte Methode von einem Steuerpflichtigen von einem Besteuerungszeitraum zum anderen frei verwendet werden kann. Zuletzt werde ich prüfen, ob ein Steuerpflichtiger diese Methode für bestimmte Eigenleistungen verwenden kann, wenn er im Rahmen desselben Besteuerungszeitraums nicht in der Lage ist, den Marktwert anderer eigener Bestandteile des Pauschalangebots zu bestimmen.

49. Zunächst ist daher zu prüfen, ob die Aufteilung des Pauschalpreises durch einen unter Artikel 26 der Sechsten Richtlinie fallenden Steuerpflichtigen unter Verwendung des Kriteriums des Marktwertes von der Voraussetzung abhängig ist, dass die Verwendung dieses Kriteriums in der besonderen Lage dieses Steuerpflichtigen tatsächlich einfacher ist und dass sie zu einer Mehrwertsteuerschuld führt, die derjenigen ähnelt, die ausgehend vom Kriterium der tatsächlichen Kosten errechnet worden wäre. Es geht darum, ob, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs geltend macht, ein Steuerpflichtiger wie My Travel nicht berechtigt wäre, seine Mehrwertsteuererklärungen durch Anwendung des Kriteriums des Marktwertes zu ändern, weil er in der Lage gewesen wäre, sie ohne besondere Schwierigkeit unter der Verwendung des Kriteriums der tatsächlichen Kosten zu ermitteln, und weil diese Änderung bewirken würde, dass seine Steuerschuld erheblich gesenkt würde.

50. Ich teile die Auslegung des Urteils Madgett und Baldwin, für die die Regierung des Vereinigten Königreichs eintritt, nicht.

51. Meines Erachtens ergibt sich aus einer Prüfung der Randnummer 45 dieses Urteils, dass die Gründe, aus denen der Gerichtshof angenommen hat, dass für die auf den Marktwert gestützte Methode spreche, dass sie einfach sei, nicht mit den besonderen Umständen dieser Rechtssache zusammenhängen. Der Gerichtshof hat diese größere Einfachheit nicht in der besonderen Lage von Madgett und Baldwin festgestellt, sondern in Bezug auf die allgemeinen Voraussetzungen der Anwendung der beiden konkurrierenden Methoden, wobei er ausdrücklich auf Nummer 76 meiner Schlussanträge in jener Rechtssache Bezug genommen hat. Weil die auf den Marktwert gestützte Methode aus sich heraus gegenüber der auf die tatsächlichen Kosten gestützten Methode den Vorteil der Einfachheit bietet, verdient sie nach diesem Urteil, dass man sich für sie entscheidet.

52. Wie das vorlegende Gericht und die Klägerin des Ausgangsverfahrens unterstreichen, würde – wollte man die Verwendung dieser Methode zur Bestimmung der von einem Reisebüro oder einem Reiseveranstalter geschuldeten Mehrwertsteuer von der Voraussetzung abhängig machen, dass sie in der besonderen Lage jedes einzelnen Steuerpflichtigen tatsächlich einfacher ist als die auf die tatsächlichen Kosten gestützte Methode – dies darauf hinauslaufen, dass man die Bestimmung der Besteuerungsgrundlage, die einen wesentlichen Bestandteil des Mehrwertsteuersystems darstellt, von einer Beurteilung abhängig machen würde, die von Unsicherheit und einem gewissen Teil an Subjektivität geprägt ist. Eine derartige Voraussetzung würde daher dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwiderlaufen, der – ganz besonders bei Materien, die wie die Mehrwertsteuer finanzielle Auswirkungen haben – gebietet, dass die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften die Merkmale Sicherheit und Vorhersehbarkeit aufweisen.

53. Dass ein Steuerpflichtiger wie My Travel seine Mehrwertsteuererklärungen nach der TOMS‑Regelung unter Verwendung des Kriteriums der tatsächlichen Kosten hat abgeben können, ohne anscheinend auf besondere Schwierigkeiten zu stoßen, dürfte meines Erachtens daher dem nicht entgegenstehen, dass er sie unter Anwendung der auf den Marktwert gestützten Methode erneut abgibt.

54. Sodann glaube ich auch nicht, dass die Angabe in Randnummer 46 des Urteils Madgett und Baldwin, dass „im vorliegenden Fall zudem unstreitig ist, dass die Berechnung der Mehrwertsteuer, die auf die Marge der von Dritten bezogenen Leistungen erhoben wird, unabhängig von der angewandten Methode grundsätzlich denselben Betrag ergibt“, als Ausdruck einer Voraussetzung zu verstehen ist, von der die Anwendung des Kriteriums des Marktwertes abhängig wäre. Eine solche Auslegung entspricht meines Erachtens nicht der Formulierung der geprüften Entscheidungsgründe. Dieses Argument wird nämlich zwischen Gedankenstrichen nach den Worten „dans ces circonstances“ („unter diesen Umständen“) präsentiert, die anzeigen, dass die vom Gerichtshof in dieser Randnummer 46 und in der folgenden Randnummer formulierte Schlussfolgerung sich aus in den vorhergehenden Randnummern zum Ausdruck gebrachten Gesichtspunkten ergibt [Anm. d. Ü.: Diese Argumentation lässt sich auf die deutsche Fassung der Entscheidungsgründe des Urteils nicht stützen, da es darin an den Gedankenstrichen fehlt und „dans ces circonstances“ mit „zudem“ wiedergegeben ist]. Der Umstand, dass die beiden konkurrierenden Methoden im vorliegenden Fall zu einer identischen Steuerschuld führen, erscheint daher als nebensächlich.

55. Außerdem würde die vom Vereinigten Königreich vertretene Auslegung die Steuerpflichtigen zwingen, nach Abgabe ihrer Steuererklärung gemäß der auf den Marktwert gestützten Methode alle Operationen durchzuführen, die für die Umsetzung der auf die tatsächlichen Kosten gestützten Methode erforderlich sind. Diese Lösung würde daher der Anwendung des Kriteriums des Marktwertes den Vorzug nehmen, aufgrund dessen der Gerichtshof angenommen hat, dass es das maßgebliche Kriterium darstellen müsse, und der darin besteht, dass dieses Kriterium im Allgemeinen leichter anzuwenden ist als das Kriterium der tatsächlichen Kosten. Diese Lösung könnte außerdem die Anwendung des Kriteriums des Marktwertes wirkungslos machen, wenn – wie im vorliegenden Fall – die eigenen Leistungen und die erworbenen Leistungen unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen unterliegen.

56. Dass ein unter Artikel 26 der Sechsten Richtlinie fallender Steuerpflichtiger, der gegenüber Reisenden gegen einen Pauschalpreis erworbene und eigene Leistungen erbringt, das Kriterium des Marktwertes verwendet, um diesen Pauschalpreis aufzuschlüsseln, ist daher meines Erachtens nicht von der Voraussetzung abhängig, dass die Verwendung dieses Kriteriums zu einer Mehrwertsteuerschuld führt, die derjenigen entspricht, die bei Verwendung des Kriteriums der tatsächlichen Kosten ermittelt würde. Der im Ausgangsverfahren bestehende Umstand, dass die Verwendung dieses Kriteriums zur Folge hätte, dass die Steuerschuld der Firma My Travel erheblich verringert würde, dürfte daher als solcher kein Hindernis für diese Verwendung darstellen.

57. Zweitens ist zu prüfen, ob die Verwendung des Kriteriums des Marktwertes, wenn dieser bestimmt werden kann, in das Ermessen des Steuerpflichtigen gestellt werden muss.

58. Was bei dieser Frage auf dem Spiel steht, geht eindeutig aus der Vorlageentscheidung hervor. Es geht darum, ob ein Steuerpflichtiger wie My Travel, der seine Mehrwertsteuererklärungen für die Jahre 1995 bis 1999 unter der Verwendung des Kriteriums der tatsächlichen Kosten abgegeben hat, berechtigt ist, seine Steuerschuld nach dem Kriterium des Marktwertes nur für die drei Jahre neu zu berechnen, für die Verwendung des letztgenannten Kriteriums bewirkt, dass seine Steuerschuld erheblich verringert wird.

59. Wie das vorlegende Gericht ausführt, ist die Formulierung der Antwort des Gerichtshofes auf die Fragen im Urteil Madgett und Baldwin, wonach von „einem Wirtschaftsteilnehmer … nicht verlangt werden [kann], dass er den Teil des Pauschalpreises, der der Eigenleistung entspricht, nach dem Grundsatz der tatsächlichen Kosten errechnet, wenn es möglich ist, diesen Teil des Pauschalpreises nach dem Marktpreis der Leistungen zu errechnen, die den im pauschalen Leistungspaket enthaltenen entsprechen“, in diesem Punkt nicht ganz eindeutig. Ich glaube jedoch nicht, dass der Gerichtshof mit dieser Antwort hätte sagen wollen, dass ein Steuerpflichtiger, der den Marktwert seiner eigenen Leistungen ermitteln will, berechtigt wäre, frei zwischen der Verwendung dieses Kriteriums oder des Kriteriums der tatsächlichen Kosten zu wählen, und zwar mit dem einzigen Ziel, seine Steuerschuld zu minimieren.

60. Eine solche Vorgehensweise stünde meines Erachtens nicht im Einklang mit dem Grundprinzip, auf dem die Mehrwertsteuer beruht. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass dieses Prinzip darin besteht, dass diese Abgabe eine Verbrauchsteuer darstellt. Sie ist genau proportional zum Preis der Gegenstände und der Dienstleistungen, und sie wird von den Steuerpflichtigen auf jeder Produktions‑ oder Vertriebsstufe für Rechnung der Steuerverwaltung eingezogen, an die sie die Steuer zu zahlen haben, und sie belastet letztlich nur den Endverbraucher. Die Anwendung dieses Systems impliziert demzufolge, dass die Steuerpflichtigen von der Steuerbehörde ihres Landes identifiziert werden, dass sie eine genaue Buchhaltung führen und dass sie gegenüber dieser Behörde regelmäßig wiederkehrende Erklärungen abgeben. Nach dem Grundprinzip dieses Systems und seinen Funktionsmodalitäten muss die von den Finanzbehörden zu erhebende Mehrwertsteuer daher gleich hoch sein wie die beim Endverbraucher tatsächlich eingezogene Steuer.

61. Durch die Bedingungen der Anwendung der durch Artikel 26 der Sechsten Richtlinie zugunsten der Reisebüros und der Reiseveranstalter eingeführten Sonderregelung, wenn der Steuerpflichtige dem Reisenden gegen Zahlung eines Pauschalpreises gleichzeitig erworbene Leistungen und eigene Leistungen zur Verfügung stellt, dürfte dieses Grundprinzip des Mehrwertsteuersystems nicht wieder in Frage gestellt werden. Ich schließe mich folglich der von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zum Ausdruck gebrachten Auffassung an, wonach die Methode der Aufschlüsselung des Pauschalpreises grundsätzlich die Methode sein müsste, die, was die eigenen Leistungen angeht, zu einem Ergebnis führen kann, das so nahe wie möglich bei dem Ergebnis liegt, das aus der Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung folgen würde, so wie diese aus Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der genannten Richtlinie und der ständigen Rechtsprechung hervorgeht, wonach die Besteuerungsgrundlage durch die Gegenleistung gebildet werden muss, die der Wirtschaftsteilnehmer für die Gegenstände oder die Dienstleistungen, die er geliefert bzw. erbracht hat, tatsächlich erhalten hat, und nicht durch einen nach objektiven Maßstäben angesetzten Wert.

62. Insoweit bin ich anders als die Kommission nicht davon überzeugt, dass das Kriterium des Marktwertes dem Kriterium der tatsächlichen Kosten vorzuziehen ist, weil es – so die Kommission – den Vorteil haben soll, dass mit ihm im Allgemeinen die Teile des Pauschalpreises, die den erworbenen Leistungen bzw. den eigenen Leistungen zuzurechnen sind, mit größerer Genauigkeit bestimmt werden können. Der Gerichtshof hat im Urteil Madgett und Baldwin nicht in Anbetracht eines derartigen Vorteils beschlossen, dieses Kriterium als maßgebliches Kriterium für die Aufschlüsselung zu wählen.

63. In diesem Urteil hat er nämlich festgestellt, dass die auf den Marktwert gestützte Methode auch nicht immer sachgerecht ist, weil sie zu der Annahme führt, dass der Preis, der im Rahmen der Pauschalleistung angebotenen eigenen Leistungen identisch mit dem Preis dieser Leistungen ist, wenn sie als Einzelleistungen angeboten werden. Dies läuft im Ausgangsverfahren auf die Annahme hinaus, dass der Preis des von My Travel im Rahmen von Pauschalurlaubsreisen verkauften Flugscheins mit dem Preis eines Flugscheins nach demselben Bestimmungsort identisch ist, wenn der Flugschein von diesem Steuerpflichtigen einzeln verkauft wird. Diese Prämisse ist aber nicht immer begründet. Wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Madgett und Baldwin ausgeführt habe, wird nicht selten im Rahmen eines Pauschalangebots eine Leistung zu einem niedrigeren Preis angeboten, um das Angebot einer Gesamtheit von Leistungen attraktiver zu machen.

64. Nach dem Urteil Madgett und Baldwin ist die auf den Marktwert gestützte Methode nicht zu wählen, weil sich mit ihr, wie die Kommission behauptet, im Allgemeinen ein Ergebnis erreichen lasse, das so nah wie möglich an dem Ergebnis sei, zu dem die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung führe, sondern weil sie aus sich heraus einfacher ist als die auf die tatsächlichen Kosten gestützte Methode.

65. Deswegen darf dies meines Erachtens nicht dazu führen, dass einem Steuerpflichtigen die Befugnis zuerkannt wird, dieses Kriterium nach freiem Ermessen je nachdem zu verwenden, ob es eine Verringerung seiner Steuerschuld im Verhältnis zu der Schuld bewirkt, die sich bei der auf die tatsächlichen Kosten gestützten Methode ergeben würde. Zum einen lässt nämlich nichts im Urteil Madgett und Baldwin tatsächlich die These glaubhaft erscheinen, dass der Gerichtshof den Wirtschaftsteilnehmern ein solches Recht hätte einräumen wollen.

66. Zum anderen hätte die von My Travel vorgeschlagene Auslegung dieses Urteils zur Folge, dass die Steuerpflichtigen die unter die Anwendung des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie fallende Besteuerungsgrundlage und die der allgemeinen Regelung unterliegende Besteuerungsgrundlage nach ihrem Belieben ändern könnten. Den Steuerpflichtigen eine solche Befugnis einzuräumen, könnte aber zur Folge haben, dass sie die dem niedrigsten Satz unterliegende Besteuerungsgrundlage künstlich erhöhen und damit eine Wettbewerbsungleichheit zwischen den Wirtschaftsteilnehmern zugunsten derjenigen schaffen könnten, die den Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung in einem Mitgliedstaat haben, der bestimmte Umsätze mit sehr stark ermäßigten Sätzen oder mit 0 % besteuert, wie das Vereinigte Königreich, was die Personenbeförderung angeht. Eine solche Auslegung könnte demzufolge dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer zuwiderlaufen.

67. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber, wie aus der neunten Begründungserwägung der Sechsten Richtlinie hervorgeht, gewollt hat, dass die Besteuerungsgrundlage harmonisiert wird, „damit die Anwendung des gemeinschaftlichen Satzes auf die steuerbaren Umsätze in allen Mitgliedstaaten zu vergleichbaren Ergebnissen führt“. Die Harmonisierung der Besteuerungsgrundlage soll also garantieren, dass aus wirtschaftlicher oder kommerzieller Sicht ähnliche Sachverhalte in Bezug auf die Anwendung des Mehrwertsteuersystems gleichbehandelt werden. Diese Harmonisierung trägt damit dazu bei, die Neutralität dieses Systems zu garantieren.

68. Ich teile daher die Auffassung der Kommission, nach der die Aufschlüsselung des Pauschalpreises zwischen den erworbenen Leistungen und den eigenen Leistungen immer dann auf der Grundlage des Marktwertes der letztgenannten Leistungen erfolgen müsste, wenn dieser Wert bestimmt werden kann.

69. Meines Erachtens lässt sich deswegen kaum vollständig ausschließen, dass von diesem Grundsatz abgewichen werden könnte. Wie wir gesehen haben, ist auch das Kriterium des Marktwertes nicht immer sachgerecht, und einer der wesentlichen Grundsätze der Mehrwertsteuer ist ihre Neutralität für die Steuerpflichtigen. Es ist unstreitig, dass in der allgemeinen Mehrwertsteuerregelung der Betrag, der als Besteuerungsgrundlage für die von den Finanzbehörden zu erhebende Steuer dient, nicht höher sein kann als die Gegenleistung, die der Endverbraucher tatsächlich erbracht hat. Daher wäre es meines Erachtens möglich, zu bejahen, dass ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der in der Lage wäre, nachzuweisen, dass die auf die tatsächlichen Kosten gestützte Methode der tatsächlichen Struktur des Pauschalangebots genau Rechnung trägt, die Aufschlüsselung seiner Pauschalpreise unter Verwendung dieser Methode anstelle der auf den Marktwert gestützten Methode vornehmen könnte.

70. Dies könnte z. B. der Fall sein, wenn ein Steuerpflichtiger in der Lage wäre, anhand seiner Buchführung nachzuweisen, dass er für den betreffenden Besteuerungszeitraum seine Pauschalpreise systematisch in der Weise festgesetzt hat, dass auf jeden von ihm getragenen Kostenbestandteil eine feste Gewinnspanne erzielt wird. Bei einer solchen Fallgestaltung müsste das Ziel der Harmonisierung der Besteuerungsgrundlage, die dazu führt, dass das Kriterium des Marktwertes zum Grundsatzkriterium gemacht wird, meines Erachtens gegenüber dem Erfordernis der Neutralität zurücktreten.

71. Ich bin daher der Auffassung, dass ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der gegen Zahlung eines Pauschalpreises einem Reisenden erworbene Leistungen und eigene Leistungen zur Verfügung stellt, den Teil des Pauschalangebots, der seinen eigenen Leistungen entspricht, grundsätzlich auf der Grundlage des Marktwertes dieser Leistungen errechnen muss, sofern dieser Wert bestimmt werden kann, es sei denn, es bzw. er ist in der Lage, nachzuweisen, dass die auf das Kriterium der tatsächlichen Kosten gestützte Methode für den betreffenden Besteuerungszeitraum der tatsächlichen Struktur des Pauschalangebots genau Rechnung trägt.

72. Es ist Sache der nationalen Finanzverwaltung und – gegebenenfalls – des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob es möglich ist, den Teil des Pauschalangebots, der den eigenen Leistungen entspricht, auf der Grundlage des Marktwertes dieser Leistungen einzeln zu bestimmen.

73. Im Urteil Madgett und Baldwin hat der Gerichtshof angenommen, dass dieser Marktwert auf der Grundlage des Preises ähnlicher von dem Steuerpflichtigen selbst außerhalb des Pauschalangebots erbrachter Leistungen zu bestimmen sei. Die Kommission ihrerseits ist der Auffassung, dass auch ähnliche von anderen Steuerpflichtigen erbrachte Leistungen berücksichtigt werden könnten.

74. Der letztgenannten Lösung neige ich aus folgenden Gründen nicht zu. Erstens stimmt sie mit dem Vorschlag überein, der von der schwedischen Regierung in der Rechtssache Madgett und Baldwin gemacht worden war und den der Gerichtshof zwar nicht ausdrücklich ausgeschlossen, aber auch nicht in sein Urteil übernommen hat. Sodann könnte sie, wie ich in meinen Schlussanträgen in jener Rechtssache ausgeführt habe(34), mehr Schwierigkeiten als Vorteile mit sich bringen. Zum einen wäre der auf der Grundlage ähnlicher, von anderen Steuerpflichtigen erbrachten Leistungen berücksichtigte Wert zu einem großen Teil fiktiv, da er keinen unmittelbaren Bezug zu der Leistung hätte, die zu besteuern ist. Zum anderen bestünde die Gefahr der Ungenauigkeit, da der Bezugswert angezweifelt werden und somit Gegenstand von Expertenstreitigkeiten sein könnte.

75. Die tatsächlichen Umstände des Ausgangsverfahrens sind meines Erachtens eher geeignet, meine Beurteilung zu bestätigen. Die starke Fluktuation der Flugscheinpreise, die Verschiedenheit ihrer Kosten je nach den Bestimmungsorten, die insbesondere auf die Konkurrenz in diesem Bereich durch so genannte „low cost“‑(Niedrigpreis‑) Gesellschaften zurückzuführen sind, könnten die Bestimmung von maßgeblichen Vergleichswerten ausgehend von Beförderungen, die von anderen Steuerpflichtigen durchgeführt werden, schwierig und umstritten machen. Darüber hinaus stellt das vorlegende Gericht die Art und Weise der Bestimmung des Marktwertes der eigenen Leistungen, wie sie aus dem Urteil Madgett und Baldwin hervorgeht, nicht in Frage. Es wird daher seine Sache sein, zu beurteilen, ob die von My Travel einzeln verkauften Flugscheine Leistungen darstellen können, die denjenigen ähnlich sind, die dieser Steuerpflichtige im Rahmen der Pauschalangebote erbringt, um gegebenenfalls den Marktwert dieser Flugscheine auf der Grundlage der Preise der einzeln verkauften Flugscheine zu ermitteln.

76. Außerdem stellt sich im vorliegenden Fall die Frage, wie die Aufschlüsselung des Pauschalpreises vorzunehmen ist, wenn der Steuerpflichtige nicht in der Lage ist, den Marktwert bestimmter Eigenleistungen zu bestimmen, weil er ähnliche Leistungen außerhalb eines Pauschalangebots nicht verkauft. Diese Fallgestaltung liegt im Steuerjahr 1995 vor, in dem My Travel Pauschalurlaubsreisen verkauft hat, für die sie selbst außer den Flugreisen Kreuzfahrten und die Unterbringung auf Campingplätzen angeboten hat, während sie derartige Leistungen außerhalb eines Pauschalangebots nicht verkaufte. Das vorlegende Gericht fragt daher drittens, ob dieses Kriterium, wenn das Pauschalangebot eigene Leistungen, deren Marktwert nicht bestimmt werden kann, weil der Steuerpflichtige ähnliche Leistungen außerhalb eines Pauschalangebots nicht verkauft, dennoch für die eigenen Leistungen gilt, deren Marktwert ermittelt werden kann.

77. Dass der Marktwert nicht für die Gesamtheit der von dem Steuerpflichtigen erbrachten eigenen Leistungen bestimmt werden kann, kann meines Erachtens nicht rechtfertigen, dass von der Anwendung des Kriteriums bei der Bewertung der Leistungen, bei denen dieser Wert festgestellt werden kann, abgegangen wird. Bei einer solchen Fallgestaltung ist der Steuerpflichtige zwar gezwungen, den Pauschalpreis unter Verwendung beider Berechnungsmethoden aufzuschlüsseln. Er muss dabei den Marktwert der eigenen Leistungen, die er außerhalb eines Pauschalangebots verkauft, bestimmen, um deren Wert vom Pauschalpreis abzuziehen, und dann die Aufschlüsselung des verbleibenden Betrages dieses Preises zwischen den erworbenen Leistungen und den sonstigen eigenen Leistungen vornehmen, um die nach Artikel 26 der Sechsten Richtlinie steuerbare Marge unter Verwendung der auf die tatsächlichen Kosten gestützten Methode zu bestimmen.

78. Ich glaube jedoch nicht, dass die auf diese Weise kombinierte Anwendung der beiden Methoden auf unüberwindliche praktische Schwierigkeiten stößt. Das vorlegende Gericht hat derartige Schwierigkeiten nicht erwähnt, und es geht aus den Akten hervor, dass My Travel in der Lage war, seine Mehrwertsteuerschuld für das Jahr 1995 in der Weise neu zu berechnen, dass sie lediglich den Marktwert der Flugreisen abzog. Darüber hinaus habe ich oben ausgeführt, aus welchen Gründen die Anwendung des Kriteriums des Marktwertes meines Erachtens nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht werden darf, dass sie in der besonderen Lage des jeweiligen Steuerpflichtigen einfacher durchzuführen ist.

79. Außerdem sollen zwar durch Artikel 26 der Sechsten Richtlinie die geltenden Mehrwertsteuervorschriften den Besonderheiten der Tätigkeit eines Reisebüros angepasst und dadurch die praktischen Schwierigkeiten verringert werden, durch die diese Tätigkeit behindert werden könnte, die durch diesen Artikel eingeführte Regelung soll aber – anders als die zugunsten der Kleinunternehmen und der landwirtschaftlichen Erzeuger eingeführte – die Anforderungen an die Buchführung, die das normale System der Mehrwertsteuer mit sich bringt, nicht vereinfachen. Daher sieht dieser Artikel in Absatz 3 vor, dass dann, wenn die Umsätze, für die diese Wirtschaftsteilnehmer andere Steuerpflichtige in Anspruch nehmen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Europäischen Gemeinschaft erbracht werden, nur der Teil des Pauschalpreises steuerfrei ist, der auf die Umsätze außerhalb der Gemeinschaft entfällt. Ich sehe sehr wohl, dass die Anwendung einer solchen Vorschrift die Reisebüros auch zwingen kann, relativ technische Operationen zur Aufteilung ihrer Pauschalen vorzunehmen.

80. Ich sehe daher in der ins Auge gefassten Fallgestaltung keinen ausreichenden Grund dafür, die Anwendung des Kriteriums des Marktwertes auszuschließen und damit die Erreichung des mit der Sechsten Richtlinie angestrebten Zieles der Harmonisierung der Besteuerungsgrundlage zu gefährden. Demzufolge bin ich wie die Kommission der Auffassung, dass ein Steuerpflichtiger im Rahmen desselben Steuerjahres das Kriterium des Marktwertes auf bestimmte Leistungen und nicht auf andere anwenden kann, wenn er nicht in der Lage ist, den Marktwert dieser anderen Leistungen zu bestimmen.

81. In Anbetracht aller dieser Erwägungen schlage ich vor, die erste Frage wie folgt zu beantworten: Artikel 26 der Sechsten Richtlinie ist dahin auszulegen, dass ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der gegen Zahlung eines Pauschalpreises dem Reisenden bei Dritten erworbene Leistungen und von ihm selbst erbrachte Leistungen zur Verfügung stellt, den Teil des Pauschalpreises, der seinen eigenen Leistungen entspricht, grundsätzlich auf der Grundlage des Marktwertes dieser Leistungen einzeln ermitteln muss, sofern dieser Wert bestimmt werden kann. Bei einer solchen Fallgestaltung kann ein Steuerpflichtiger das Kriterium der tatsächlichen Kosten nur verwenden, wenn er nachweist, dass dieses Kriterium der tatsächlichen Struktur des Pauschalangebots genau Rechnung trägt. Die Anwendung des Kriteriums des Marktwertes ist weder von der Voraussetzung abhängig, dass sie einfacher ist als die Anwendung der auf die tatsächlichen Kosten gestützten Methode, noch von der Voraussetzung, dass sie zu einer gleichen oder ähnlichen Mehrwertsteuerschuld führt wie die auf die tatsächlichen Kosten gestützte Methode. Daher

  • kann ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter die auf den Marktwert gestützte Methode nicht nach freiem Ermessen verwenden;
  • gilt das Kriterium des Marktwertes für die eigenen Leistungen, bei denen dieser Wert bestimmt werden kann, auch wenn im Rahmen desselben Besteuerungszeitraums der Wert einiger eigener Bestandteile des Pauschalangebots nicht bestimmt werden kann, weil der Steuerpflichtige keine ähnlichen Leistungen außerhalb des Pauschalangebots verkauft.

B – Zur zweiten Vorabentscheidungsfrage

82. Die zweite Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts geht – ich erinnere daran – dahin, ob es unter den Umständen des Ausgangsfalles möglich ist, den Teil der eigenen Leistungen, der sich auf Flugreisen bezieht, die im Rahmen von Pauschalurlaubsreisen verkauft werden, dadurch zu ermitteln, dass entweder die Durchschnittskosten eines Flugsitzes erhöht um die Durchschnittsmarge des Reiseveranstalters beim Einzelverkauf von Flugsitzen in dem betreffenden Steuerjahr herangezogen wird oder der durchschnittliche Ertrag, den der Reiseveranstalter beim Einzelverkauf von Flugsitzen in demselben Steuerjahr erzielt.

83. Mit dieser Frage ersucht dieses Gericht also um Erläuterungen dazu, wie der Marktwert der eigenen Leistungen, die von My Travel im Rahmen der von ihr verkauften Pauschalurlaubsreisen erbracht werden, konkret zu bestimmen ist.

84. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Verfahren nach Artikel 234 EG nicht befugt ist, die Normen des Gemeinschaftsrechts auf einen Einzelfall anzuwenden, sondern nur dazu, sich zur Auslegung des EG-Vertrags und der Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane zu äußern. Diese Frage geht daher meines Erachtens über die Befugnisse hinaus, die dieser Artikel dem Gerichtshof einräumt, da ihre Beantwortung eine Prüfung der von My Travel in ihren neuen Mehrwertsteuererklärungen durchgeführten Berechnungen erfordern würde. Außerdem führt das vorlegende Gericht selbst aus, dass es, wenn der Gerichtshof entscheiden sollte, dass diese Firma zur Verwendung des Kriteriums des Marktwertes berechtigt sei, die genaue Methode für die Berechnung dieses Wertes in einer neuen, dieser Frage gewidmeten Sitzung, die von einem Kollegium abgehalten werde, zu dem zwei im Rechnungswesen qualifizierte Personen gehörten, bestimmen müsse.

85. Jedoch könnte der Gerichtshof im Rahmen der Auslegung des Artikels 26 der Sechsten Richtlinie und unter Weiterführung der Angaben, die bereits dazu gemacht worden sind, wie der Pauschalpreis aufzuteilen ist, wenn der Steuerpflichtige erworbene Leistungen und eigene Leistungen zur Verfügung stellt, meines Erachtens auf die in dieser Frage enthaltene Fragestellung antworten, die sich darauf bezieht, ob es möglich ist, sich bei der Bestimmung des Marktwertes auf Durchschnittswerte zu stützen.

86. Wie die Kommission denke ich, dass nichts einer derartigen Praxis entgegensteht. Im Gegenteil kann sich ein Durchschnittswert als repräsentativer erweisen, wenn die Preise der außerhalb eines Pauschalangebots verkauften ähnlichen Leistungen wie im vorliegenden Fall erhebliche Schwankungen aufweisen. Das vorlegende Gericht könnte daher den Marktwert der von My Travel im Rahmen der Pauschalurlaubsreisen verkauften Flugreisen berechtigterweise auf der Grundlage des durchschnittlichen Verkaufspreises von Flugscheinen bestimmen, die von dieser Steuerpflichtigen für denselben Bestimmungsort oder einen vergleichbaren Bestimmungsort verkauft werden. Es wird Sache des Gerichts sein, an diesen Durchschnitten die Berichtigungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass im Rahmen von Pauschalangeboten den Kindern der Reisenden Flugsitze kostenlos oder zu ermäßigten Preisen angeboten werden.

87. Ich schlage daher vor, auf die zweite Frage zu antworten, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, in Anbetracht der Umstände des Ausgangsverfahrens den Marktwert der von My Travel im Rahmen der Pauschalurlaubsreisen gelieferten Flugreisen zu bestimmen. Das vorlegende Gericht kann diesen Marktwert ausgehend von Durchschnittswerten bestimmen.

V – Ergebnis

88. In Anbetracht dieser Erwägungen schlage ich vor, die vom VAT and Duties Tribunal, Manchester, gestellten Fragen wie folgt zu beantworten:

1. Ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der seine Mehrwertsteuererklärung für einen Besteuerungszeitraum unter Anwendung der nach den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage vorgesehenen Methode abgegeben hat, hat das Recht, seine Mehrwertsteuerschuld nach der vom Gerichtshof als gemeinschaftsrechtskonform angesehenen Methode unter den in seinem nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen, bei denen das Äquivalenzprinzip und das Effektivitätsprinzip beachtet sein müssen, neu zu berechnen.

2. Artikel 26 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter, das bzw. der gegen Zahlung eines Pauschalpreises dem Reisenden bei Dritten erworbene Leistungen und von ihm selbst erbrachte Leistungen zur Verfügung stellt, den Teil des Pauschalpreises, der seinen eigenen Leistungen entspricht, grundsätzlich auf der Grundlage des Marktwertes dieser Leistungen einzeln ermitteln muss, sofern dieser Wert bestimmt werden kann. Bei einer solchen Fallgestaltung kann ein Steuerpflichtiger das Kriterium der tatsächlichen Kosten nur verwenden, wenn er nachweist, dass dieses Kriterium der tatsächlichen Struktur des Pauschalangebots genau Rechnung trägt. Die Anwendung des Kriteriums des Marktwertes ist weder von der Voraussetzung abhängig, dass sie einfacher ist als die Anwendung der auf die tatsächlichen Kosten gestützten Methode, noch von der Voraussetzung, dass sie zu einer gleichen oder ähnlichen Mehrwertsteuerschuld führt wie die auf die tatsächlichen Kosten gestützte Methode. Daher

  • kann ein Reisebüro oder ein Reiseveranstalter die auf den Marktwert gestützte Methode nicht nach freiem Ermessen verwenden;
  • gilt das Kriterium des Marktwertes für die eigenen Leistungen, bei denen dieser Wert bestimmt werden kann, auch wenn im Rahmen desselben Besteuerungszeitraums der Wert einiger eigener Bestandteile des Pauschalangebots nicht bestimmt werden kann, weil der Steuerpflichtige keine ähnlichen Leistungen außerhalb des Pauschalangebots verkauft.

3. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, in Anbetracht der Umstände des Ausgangsverfahrens den Marktwert der von My Travel im Rahmen der Pauschalurlaubsreisen gelieferten Flugreisen zu bestimmen. Das vorlegende Gericht kann diesen Marktwert ausgehend von Durchschnittswerten bestimmen.

Siehe auch