Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 21. 12. 2011, Aktenzeichen C‑366/10
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
21. Dezember 2011
„Vorabentscheidungsersuchen – Richtlinie 2003/87/EG – System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten – Richtlinie 2008/101/EG – Einbeziehung des Luftverkehrs in dieses System – Gültigkeit – Chicagoer Abkommen – Kyoto-Protokoll – Luftverkehrsabkommen EU/Vereinigte Staaten – Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts – Rechtswirkungen – Möglichkeit der Geltendmachung – Extraterritoriale Wirkung des Unionsrechts – Begriffe ‚Gebühr’ und ‚Abgabe’“
In der Rechtssache C‑366/10
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 8. Juli 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Juli 2010, in dem Verfahren
Air Transport Association of America,
American Airlines Inc.,
Continental Airlines Inc.,
United Airlines Inc.
gegen
Secretary of State for Energy and Climate Change,
Beteiligte:
International Air Transport Association (IATA),
National Airlines Council of Canada (NACC),
Aviation Environment Federation,
WWF-UK,
European Federation for Transport and Environment,
Environmental Defense Fund,
Earthjustice,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts und J.‑C. Bonichot, der Kammerpräsidentin A. Prechal, des Richters A. Rosas, der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter E. Levits, A. Ó Caoimh und L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Air Transport Association of America, der American Airlines Inc., der Continental Airlines Inc. und der United Airlines Inc., vertreten durch D. Wyatt, QC, sowie M. Hoskins und M. Chamberlain, Barristers, beauftragt durch D. Das, Solicitor,
- der International Air Transport Association (IATA) und des National Airlines Council of Canada (NACC), vertreten durch C. Quigley, QC,
- der Aviation Environment Federation, des WWF-UK, der European Federation for Transport and Environment, des Environmental Defense Fund und von Earthjustice, vertreten durch J. Turner, QC, und L. John, Barrister, beauftragt durch K. Harrison, Solicitor,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth als Bevollmächtigten im Beistand von S. Wordsworth, Barrister,
- der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne als Bevollmächtigten,
- der dänischen Regierung, vertreten durch C. Vang als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, J. Möller und N. Graf Vitzthum als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues, S. Menez und M. Perrot als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und J. Langer als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Szpunar, M. Nowacki und K. Zawisza als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,
- der isländischen Regierung, vertreten durch I. Lind Sæmundsdóttir als Bevollmächtigte,
- der norwegischen Regierung, vertreten durch K. Moe Winther und M. Emberland als Bevollmächtigte,
- des Europäischen Parlaments, vertreten durch I. Anagnostopoulou, R. Kaškina und A. Troupiotis als Bevollmächtigte,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch K. Michoel, E. Karlsson und A. Westerhof Löfflerová als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch E. White, K. Simonsson, K. Mifsud-Bonnici und S. Boelaert als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. Oktober 2011
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft zum einen die Frage, unter welchen Voraussetzungen Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts und Bestimmungen internationaler Übereinkünfte im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens über die Gültigkeit eines Rechtsakts geltend gemacht werden können, und zum anderen die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft (ABl. 2009, L 8, S. 3) im Hinblick auf das vertragliche Völkerrecht und das Völkergewohnheitsrecht.
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Air Transport Association of America, der American Airlines Inc., der Continental Airlines Inc. und der United Airlines Inc. (alle zusammen im Folgenden: ATA u. a.) auf der einen und dem Secretary of State for Energy and Climate Change (Minister für Energie und Klimawandel) auf der anderen Seite über die Gültigkeit der vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland erlassenen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2008/101.
Leitsätze des Urteils
Die Leitsätze werden vom jeweiligen Autor im Sinne einer Zusammenfassung selbst erstellt und sind nicht offiziell.
- 1. Völkerrechtliche Verträge – Übereinkünfte der Union – Wirkungen einer Übereinkunft in der Union bei Fehlen einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung
(Art. 216 Abs. 2 AEUV und 267 AEUV)
- 2. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Prüfung der Gültigkeit einer Richtlinie am Maßstab einer internationalen Übereinkunft – Abkommen von Chicago über die Internationale Zivilluftfahrt – Übereinkommen, an das die Union nicht gebunden ist – Nichteinbeziehung
(Art. 267 AEUV und 351 AEUV; Richtlinie 2008/101 des Europäischen Parlaments und des Rates)
- 3. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Prüfung der Gültigkeit einer Richtlinie am Maßstab einer internationalen Übereinkunft – Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen – Protokoll, an das die Union gebunden ist – Bestimmungen, die nicht unbedingt und nicht hinreichend genau sind – Nichteinbeziehung
(Art. 267 AEUV; Richtlinie 2008/101 des Europäischen Parlaments und des Rates; Beschluss 94/69 und Entscheidung 2002/358 des Rates)
- 4. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Prüfung der Gültigkeit einer Richtlinie am Maßstab einer internationalen Übereinkunft – Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Staaten andererseits – Vorschriften, die direkt und unmittelbar auf die Luftfahrtunternehmen Anwendung finden – Einbeziehung
(Art. 267 AEUV; Richtlinie 2008/101 des Europäischen Parlaments und des Rates; Beschlüsse 2007/339 und 2010/465 des Rates und der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten)
- 5. Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Prüfung der Gültigkeit einer Richtlinie am Maßstab des Völkergewohnheitsrechts – Grundsätze der Hoheit eines jeden Staates über seinen Luftraum, der Nichtunterstellung der hohen See unter die Hoheit irgendeines Staates und der Freiheit von Flügen über hoher See – Einbeziehung – Voraussetzungen und Grenzen
(Art. 3 Abs. 5 AEUV; Art. 267 AEUV; Richtlinie 2008/101 des Europäischen Parlaments und des Rates)
- 6. Völkerrecht – Grundsätze – Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts – Ausschließliche Geltung des Rechts des Flaggenstaats für Schiffe, die sich auf hoher See befinden – Entsprechende Geltung für Luftfahrzeuge, die die hohe See überfliegen – Nichteinbeziehung
- 7. Umwelt – Luftverschmutzung – System für den Handel mit Emissionszertifikaten für Treibhausgase – Einbeziehung des Luftverkehrs in dieses System – Zuständigkeit der Union für diese Einbeziehung im Hinblick auf die völkergewohnheitsrechtlichen Grundsätze der Hoheit eines jeden Staates über seinen Luftraum, der Nichtunterstellung der hohen See unter die Hoheit irgendeines Staates und der Freiheit von Flügen über hoher See
(Art. 191 Abs. 2 AEUV; Richtlinie 2008/101 des Europäischen Parlaments und des Rates)
- 8. Umwelt – Luftverschmutzung – System für den Handel mit Emissionszertifikaten für Treibhausgase – Einbeziehung des Luftverkehrs in dieses System – Zuständigkeit der Union für diese Einbeziehung im Hinblick auf die Vorschrift des „Open-Skies“-Abkommens, nach der die Gesetze und sonstigen Vorschriften einer jeden Vertragspartei zu beachten sind
(Richtlinie 2008/101 des Europäischen Parlaments und des Rates)
- 9. Umwelt – Luftverschmutzung – System für den Handel mit Emissionszertifikaten für Treibhausgase – Einbeziehung des Luftverkehrs in dieses System – Zuständigkeit der Union für diese Einbeziehung im Hinblick auf die Vorschriften des „Open-Skies“-Abkommens über Zölle und Abgaben
(Richtlinie 2008/101 des Europäischen Parlaments und des Rates)
- 10. Umwelt – Luftverschmutzung – System für den Handel mit Emissionszertifikaten für Treibhausgase – Einbeziehung des Luftverkehrs in dieses System – Zuständigkeit der Union für diese Einbeziehung im Hinblick auf die Vorschriften des „Open-Skies“-Abkommens über die Umwelt
(Richtlinie 2008/101 des Europäischen Parlaments und des Rates)
1. Den Organen der Union, die für das Aushandeln und den Abschluss eines internationalen Abkommens zuständig sind, bleibt es nach den Grundsätzen des Völkerrechts unbenommen, mit den betreffenden Drittländern zu vereinbaren, welche Wirkungen die Bestimmungen eines solchen Abkommens in der internen Rechtsordnung der Vertragsparteien haben sollen. Nur wenn diese Frage im Abkommen nicht geregelt ist, haben die zuständigen Gerichte und insbesondere der Gerichtshof über diese Frage ebenso wie über jede andere Auslegungsfrage zu entscheiden, die sich im Zusammenhang mit der Anwendung des Abkommens in der Union stellt.
Die Organe der Union sind aber, wenn von Letzterer Übereinkünfte geschlossen werden, nach Art. 216 Abs. 2 AEUV an diese gebunden; diese Übereinkommen haben daher gegenüber Rechtsakten der Union Vorrang. Daraus folgt, dass die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts durch die Unvereinbarkeit mit derartigen völkerrechtlichen Regeln berührt wird. Wird eine solche Ungültigkeit vor einem nationalen Gericht geltend gemacht, prüft der Gerichtshof, ob in dem Rechtsstreit, mit dem er befasst ist, bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, um gemäß Art. 267 AEUV die Gültigkeit des betreffenden Unionsrechtsakts an den geltend gemachten Völkerrechtsnormen messen zu können. Zunächst muss die Union nämlich an diese Normen gebunden sein. Ferner kann der Gerichtshof die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts nur dann an einem völkerrechtlichen Vertrag messen, wenn dessen Art und Struktur dem nicht entgegenstehen. Stehen Art und Struktur des betreffenden Vertrags der Kontrolle der Gültigkeit des Unionsrechtsakts anhand der Bestimmungen dieses Vertrags nicht entgegen, ist schließlich noch erforderlich, dass die insoweit geltend gemachten Bestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen.
(vgl. Randnrn. 49-54)
2. Zwar begründet Art. 351 Abs. 1 AEUV die Verpflichtung der Organe der Union, die Erfüllung der Pflichten, die sich für die Mitgliedstaaten aus vor dem 1. Januar 1958 geschlossenen Übereinkünften wie dem Chicagoer Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt ergeben, nicht zu behindern; durch diese Verpflichtung der Organe soll es jedoch den betreffenden Mitgliedstaaten lediglich ermöglicht werden, ihren Verpflichtungen aus einer früheren Übereinkunft nachzukommen, ohne dass damit die Union den fraglichen Drittländern gegenüber gebunden werden soll. Die Union ist folglich nur dann an die Bestimmungen des Chicagoer Abkommens gebunden, wenn und soweit sie die Befugnisse, die im Anwendungsbereich dieser internationalen Übereinkunft zuvor von den Mitgliedstaaten der Union ausgeübt wurden, aufgrund des EU- und des AEU-Vertrags übernommen hat.
Auch wenn die Union bestimmte ausschließliche Zuständigkeiten erworben hat, gegenüber Drittländern Verpflichtungen einzugehen, die in den Anwendungsbereich der Vorschriften der Union im Bereich des internationalen Luftverkehrs fallen und somit in den Anwendungsbereich des Chicagoer Abkommens, bedeutet dies nicht, dass sie deshalb eine ausschließliche Zuständigkeit im gesamten Bereich der internationalen Zivilluftfahrt hätte, auf den sich dieses Abkommen erstreckt.
Da die zuvor von den Mitgliedstaaten ausgeübten Befugnisse im Anwendungsbereich des Chicagoer Abkommens derzeit nicht vollständig auf die Union übergegangen sind, ist diese somit nicht an dieses Abkommen gebunden. Der Gerichtshof kann die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 zur Änderung der Richtlinie 2003/87 zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft deshalb im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht am Chicagoer Abkommen als solchem messen.
(vgl. Randnrn. 61-62, 69, 71-72)
3. Aus dem Beschluss 94/69 über den Abschluss des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und der Entscheidung 2002/358 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen geht hervor, dass die Union das Kyoto-Protokoll genehmigt hat. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens bilden folglich seit dessen Inkrafttreten einen integrierenden Bestandteil der Unionsrechtsordnung.
Zwar sieht das Kyoto-Protokoll für den Verpflichtungszeitraum 2008−2012 quantifizierte Verpflichtungen zur Verringerung von Treibhausgasen vor; die Vertragsparteien können ihre Verpflichtungen aber nach den Modalitäten und der Geschwindigkeit, auf die sie sich geeinigt haben, erfüllen. Bei einer Bestimmung wie Art. 2 Abs. 2 des Kyoto-Protokolls, die vorsieht, dass die Vertragsparteien ihre Bemühungen um eine Begrenzung oder Reduktion der Emissionen von bestimmten Treibhausgasen aus dem Luftverkehr im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation fortsetzen, kann nicht angenommen werden, dass sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau wäre und somit für den Bürger das Recht begründete, sich vor Gericht auf sie zu berufen, um die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 zur Änderung der Richtlinie 2003/87 zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft in Frage zu stellen. Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens kann die Gültigkeit dieser Richtlinie daher nicht am Kyoto-Protokoll gemessen werden.
(vgl. Randnrn. 73, 76-78)
4. Das Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits („Open-Skies“-Abkommen) ist durch die Beschlüsse 2007/339 und 2010/465 über die Unterzeichnung und vorläufige Anwendung des Abkommens bzw. des Protokolls zur Änderung dieses Abkommens im Namen der Union genehmigt worden. Seine Bestimmungen bilden daher seit dessen Inkrafttreten einen integrierenden Bestandteil der Unionsrechtsordnung.
Das „Open-Skies“-Abkommen zielt speziell auf die in den Hoheitsgebieten seiner Vertragsparteien niedergelassenen Luftfahrtunternehmen ab. Mit einigen seiner Bestimmungen werden diesen Luftfahrtunternehmen unmittelbar Rechte eingeräumt, mit anderen Verpflichtungen auferlegt.
Die Tatsache allein, dass die Vertragsparteien des „Open-Skies“-Abkommens einen besonderen institutionellen Rahmen für Konsultationen und Verhandlungen untereinander über dessen Durchführung geschaffen haben, reicht nicht aus, um jegliche Anwendung dieses Abkommens durch die Gerichte auszuschließen. Da mit dem genannten Abkommen bestimmte Vorschriften eingeführt werden, die direkt und unmittelbar auf die Luftfahrtunternehmen Anwendung finden und diesen Unternehmen auf diese Weise Rechte oder Freiheiten verleihen sollen, die den Vertragsparteien gegenüber geltend gemacht werden können, und Art und Struktur des Abkommens nicht entgegenstehen, kann der Gerichtshof die Gültigkeit eines Rechtsakts der Union wie der Richtlinie 2008/101 zur Änderung der Richtlinie 2003/87 zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft an den Bestimmungen eines solchen Abkommens messen.
(vgl. Randnrn. 79, 82-84)
5. Nach Art. 3 Abs. 5 AEUV leistet die Union einen Beitrag zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts. Beim Erlass eines Rechtsakts ist sie also verpflichtet, das gesamte Völkerrecht zu beachten, auch das die Organe der Union bindende Völkergewohnheitsrecht.
Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts wie etwa den Grundsatz, dass jeder Staat die vollständige und ausschließliche Hoheit über seinen Luftraum besitzt, den Grundsatz, dass kein Staat den Anspruch erheben darf, irgendeinen Teil der hohen See seiner Hoheit zu unterstellen, und den Grundsatz der Freiheit von Flügen über hoher See kann ein Bürger im Hinblick auf die Prüfung der Gültigkeit eines Unionsrechtsakts durch den Gerichtshof insoweit geltend machen, als die Zuständigkeit der Union für den Erlass des Rechtsakts durch solche Grundsätze in Frage gestellt werden kann und durch den in Rede stehenden Rechtsakt Rechte des Bürgers aus dem Unionsrecht beeinträchtigt oder Verpflichtungen des Bürgers aus dem Unionsrecht begründet werden können.
Werden die genannten Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts geltend gemacht, damit der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens beurteilt, ob die Union für den Erlass der Richtlinie 2008/101 zuständig war, soweit diese den Geltungsbereich der Richtlinie 2003/87 auf die Betreiber von Luftfahrzeugen von Drittländern ausgedehnt hat, deren Flüge, die von einem Flugplatz abgehen oder auf einem Flugplatz enden, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Union befindet, zum Teil über hoher See und außerhalb des Hoheitsgebiets dieser Staaten erfolgen, kann, auch wenn diese Grundsätze offenbar nur Verpflichtungen zwischen Staaten begründen, unter Umständen, unter denen die Richtlinie 2008/101 für Luftfahrtunternehmen wie die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens unionsrechtliche Verpflichtungen begründen kann, nicht ausgeschlossen werden, dass diese Unternehmen diese Grundsätze geltend machen können und der Gerichtshof die Gültigkeit der Richtlinie somit an diesen Grundsätzen messen kann. Da ein Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts aber nicht dieselbe Bestimmtheit aufweist wie eine Bestimmung einer internationalen Übereinkunft, muss sich die gerichtliche Kontrolle zwangsläufig auf die Frage beschränken, ob den Unionsorganen beim Erlass des betreffenden Rechtsakts offensichtliche Fehler bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Grundsätze unterlaufen sind.
(vgl. Randnrn. 101, 103, 107-110)
6. Es ist nicht hinreichend bewiesen, dass der Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts, wonach sich ein Schiff, das sich auf hoher See befindet, grundsätzlich ausschließlich dem Recht des Flaggenstaats unterliegt, der als solcher anerkannt ist, entsprechend für Luftfahrzeuge, die die hohe See überfliegen, gelten soll.
(vgl. Randnr. 106)
7. Das Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2008/101 zur Änderung der Richtlinie 2003/87 zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft, kann nicht bewirken, dass die Richtlinie 2003/87 als solche auf Luftfahrzeuge Anwendung findet, die in Drittländern eingetragen sind und diese Staaten oder die hohe See überfliegen. Die Befugnisse der Union sind nämlich unter Beachtung des Völkerrechts auszuüben; infolgedessen haben die Auslegung der Richtlinie 2008/101 und die Festlegung ihres Anwendungsbereichs im Licht des einschlägigen See- und Luftvölkerrechts zu erfolgen.
Indem die Richtlinie 2008/101 für die Anwendbarkeit auf die Betreiber von Luftfahrzeugen auf das Kriterium abstellt, dass mit diesen Luftfahrzeugen ein Flug durchgeführt wird, der von einem Flugplatz abgeht oder auf einem Flugplatz endet, der sich in einem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet, verstößt sie weder gegen den Grundsatz der Territorialität noch gegen den Grundsatz der Hoheit der Drittländer, von denen diese Flüge abgehen oder wo diese Flüge enden, über den Luftraum über ihrem Hoheitsgebiet; die betreffenden Luftfahrzeuge befinden sich nämlich physisch im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Union und unterstehen somit der uneingeschränkten Hoheitsgewalt der Union. Durch eine solche Anwendung des Unionsrechts kann auch nicht der Grundsatz der Freiheit des Flugs über die hohe See in Frage gestellt werden; ein Luftfahrzeug, das die hohe See überfliegt, unterliegt dabei nämlich nicht dem System des Handels mit Zertifikaten. Denn nur wenn sich der Betreiber eins solchen Luftfahrzeugs dafür entscheidet, den kommerziellen Flugbetrieb auf einer Flugstrecke mit Abflug oder Ankunft auf einem Flugplatz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzunehmen, unterliegt er, weil sich sein Luftfahrzeug im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet, dem System des Handels mit Zertifikaten.
Die Tatsache, dass der Luftfahrzeugbetreiber verpflichtet ist, Emissionszertifikate abzugeben, die unter Berücksichtigung des ganzen durchgeführten oder durchzuführenden internationalen Flugs berechnet werden, ist im Hinblick auf die Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts wie etwa den Grundsatz, dass jeder Staat die vollständige und ausschließliche Hoheit über seinen Luftraum besitzt, den Grundsatz, dass kein Staat den Anspruch erheben darf, irgendeinen Teil der hohen See seiner Hoheit zu unterstellen, und den Grundsatz der Freiheit von Flügen über hoher See nicht geeignet, die uneingeschränkte Anwendbarkeit des Unionsrechts in diesem Gebiet in Frage zu stellen. Der Unionsgesetzgeber kann sich nämlich, da die Umweltpolitik der Union nach Art. 191 Abs. 2 AEUV auf ein hohes Schutzniveau abzielt, grundsätzlich dafür entscheiden, die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in seinem Hoheitsgebiet, im vorliegenden Fall den Flugverkehr, nur unter der Voraussetzung zuzulassen, dass die Wirtschaftsteilnehmer die von der Union festgelegten Kriterien beachten, mit denen die Ziele, die sie sich im Umweltbereich gesetzt hat, erreicht werden sollen, insbesondere wenn diese Ziele an eine von der Union unterzeichnete internationale Übereinkunft wie das Rahmenübereinkommen oder das Kyoto-Protokoll anknüpfen.
(vgl. Randnrn. 122-123, 125-129)
8. Die Richtlinie 2008/101 zur Änderung der Richtlinie 2003/87 zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft sieht vor, dass die Richtlinie 2003/87 auf Flüge anwendbar ist, die von einem Flugplatz abgehen oder auf einem Flugplatz enden, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet. Da diese Regelung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten den Ein- und Ausflug der im internationalen – sowohl europäischen als auch transatlantischen – Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeuge betrifft, ergibt sich ausdrücklich aus Art. 7 Abs. 1 des Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits („Open-Skies“-Abkommen), dass sie für alle Luftfahrzeuge gilt, die von den Luftfahrtunternehmen der anderen Vertragspartei dieses Abkommens verwendet werden, und dass sie von solchen Luftfahrzeugen zu befolgen ist. Folglich steht Art. 7 Abs. 1 des „Open-Skies“-Abkommens der Anwendung des mit der Richtlinie 2003/87 eingeführten Systems des Handels mit Zertifikaten auf Luftfahrzeugbetreiber wie in den Vereinigten Staaten niedergelassene Luftfahrtunternehmen nicht entgegen, wenn deren Luftfahrzeuge für Flüge eingesetzt werden, die von Flugplätzen abgehen oder auf Flugplätzen enden, die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befinden.
(vgl. Randnrn. 134-135)
9. Anders als bei einem Zoll, einer Gebühr oder einer Abgabe auf den Verbrauch von Treibstoff ist es nach dem mit der Richtlinie 2003/87 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der durch die Richtlinie 2008/101 geänderten Fassung eingerichteten System nicht möglich, anhand einer im Vorhinein festgelegten Bemessungsgrundlage und eines im Vorhinein festgelegten Abgabensatzes für alle in einem Kalenderjahr durchgeführten Flüge den für eine Tonne verbrauchten Treibstoff zu zahlenden Betrag zu bestimmen, abgesehen davon, dass es nicht Zweck des genannten Systems ist, Einkünfte für den Staat zu erzielen.
Daher kann nicht geltend gemacht werden, die Richtlinie 2008/101 enthalte eine Art obligatorische Abgabe zugunsten des Staates, die als Zoll, Gebühr oder Abgabe auf den Treibstoff, der sich im Besitz der Luftfahrzeugbetreiber befindet oder von diesen verbraucht wird, eingestuft werden könnte. Diese Feststellung verliert nicht dadurch ihre Gültigkeit, dass die Luftfahrzeugbetreiber zur Abdeckung ihrer tatsächlichen Emissionen nicht nur von anderen Betreibern, sondern im Rahmen der Versteigerung von 15 % der gesamten Zertifikate auch von staatlichen Stellen zusätzliche Zertifikate erwerben können.
Die Richtlinie 2008/101 verstößt folglich, indem sie die Anwendung der Richtlinie 2003/87 auf die Luftfahrt ausdehnt, in keiner Weise gegen die Verpflichtung aus Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits („Open-Skies“-Abkommen), eine Steuerbefreiung für getankten Treibstoff vorzusehen, da das System des Handels mit Zertifikaten wesensbedingt eine marktgestützte Maßnahme darstellt und nicht einen Zoll, eine Gebühr oder eine Abgabe, die auf den getankten Treibstoff erhoben wird.
(vgl. Randnrn. 143, 145-147)
10. Das in Art. 25a der Richtlinie 2003/87 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der durch die Richtlinie 2008/101 geänderten Fassung genannte Ziel, eine optimale Wechselwirkung zwischen dem System des Handels mit Zertifikaten der Union und den von Drittländern getroffenen „market-based measures“ zu erreichen, damit solche Systeme auf Luftfahrzeuge, die im internationalen Luftverkehr eingesetzt werden, unabhängig davon, ob sie in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland eingetragen sind, nicht doppelt angewandt werden, entspricht dem Ziel, das Art. 15 Abs. 7 des Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits („Open-Skies“-Abkommen) zugrunde liegt.
Im Übrigen hindert Art. 15 Abs. 3 Satz 2 des „Open-Skies“-Abkommens in Verbindung mit Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens die Vertragsparteien dieses Abkommens nicht daran, Maßnahmen zu erlassen, mit denen das Verkehrsvolumen, die Frequenz oder Regelmäßigkeit des Dienstes oder das Muster der von in den Hoheitsgebieten dieser Vertragsparteien niedergelassenen Luftfahrtunternehmen eingesetzten Luftfahrzeuge begrenzt werden, wenn es sich dabei um Umweltschutzmaßnahmen handelt. Art. 3 Abs. 4 des „Open-Skies“-Abkommens sieht ausdrücklich vor, dass keine der beiden Vertragsparteien dieses Abkommens solche Begrenzungen vornimmt, „es sei denn, dies ist … aus Umweltschutzgründen … erforderlich“. Art. 15 Abs. 3 des „Open-Skies“-Abkommens in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens sieht vielmehr vor, dass, wenn die Vertragsparteien dieses Abkommens solche Umweltschutzmaßnahmen festlegen, diese auf die betreffenden Luftfahrtunternehmen auf nicht diskriminierende Weise anzuwenden sind.
Wie ausdrücklich aus dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/101 hervorgeht, hat die Union aber eine einheitliche und nicht diskriminierende Anwendung des Systems des Handels mit Zertifikaten auf sämtliche Betreiber von Luftfahrzeugen vorgesehen, die für Flüge eingesetzt werden, die von Flugplätzen abgehen oder auf Flugplätzen enden, die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befinden. Daher ist die Richtlinie 2008/101 im Hinblick auf Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 des „Open-Skies“-Abkommens nicht ungültig.
I – Rechtlicher Rahmen
A – Völkerrecht
1. Das Chicagoer Abkommen
3. Das am 7. Dezember 1944 in Chicago (Vereinigte Staaten) unterzeichnete Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (im Folgenden: Chicagoer Abkommen) ist von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ratifiziert worden; die Europäische Union ist allerdings selbst nicht Vertragspartei dieses Abkommens. Mit dem Chicagoer Abkommen ist die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation ( International Civil Aviation Organization, ICAO) geschaffen worden; deren Aufgabe ist nach Art. 44 dieses Abkommens, die Grundsätze und die Technik der internationalen Luftfahrt zu entwickeln sowie die Planung und Entwicklung des internationalen Luftverkehrs zu fördern.
4. Art. 1 des Chicagoer Abkommens lautet:
„Die Vertragsstaaten erkennen an, dass jeder Staat über seinem Hoheitsgebiet volle und ausschließliche Lufthoheit besitzt.“
5. Art. 11 („Anwendbarkeit von Luftverkehrsvorschriften“) des Chicagoer Abkommens lautet:
„Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Abkommens sind die Gesetze und Vorschriften eines Vertragsstaats über den Ein- und Ausflug der in der internationalen Luftfahrt verwendeten Luftfahrzeuge nach oder aus seinem Hoheitsgebiet oder über den Betrieb und den Verkehr dieser Luftfahrzeuge innerhalb seines Hoheitsgebiets auf die Luftfahrzeuge aller Vertragsstaaten ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit anzuwenden; sie sind von diesen Luftfahrzeugen beim Einflug, Ausflug und innerhalb des Hoheitsgebiets dieses Staates zu befolgen.“
6. Art. 12 („Luftverkehrsregeln“) des Chicagoer Abkommens lautet:
„Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, durch Maßnahmen sicherzustellen, dass jedes sein Hoheitsgebiet überfliegende und darin verkehrende sowie jedes mit seinem Staatszugehörigkeitszeichen versehene Luftfahrzeug, wo immer es sich befinden mag, die in dem entsprechenden Hoheitsgebiet geltenden Flug- und Luftverkehrsregeln und -vorschriften befolgt. Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, seine eigenen diesbezüglichen Vorschriften so weit wie möglich denjenigen anzugleichen, die jeweils auf Grund dieses Abkommens erlassen werden. Über dem offenen Meer gelten die auf Grund dieses Abkommens aufgestellten Regeln. Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die Verfolgung aller Personen sicherzustellen, welche die anzuwendenden Vorschriften verletzen.“
7. Art. 15 („Flughaften- und ähnliche Gebühren“) des Chicagoer Abkommens bestimmt:
„Jeder Flughafen in einem Vertragsstaat, der den inländischen Luftfahrzeugen zur öffentlichen Benutzung zur Verfügung steht, steht … unter einheitlichen Bedingungen gleicherweise den Luftfahrzeugen aller anderen Vertragsstaaten offen. …
Alle Gebühren, die von einem Vertragsstaat für die Benutzung der Flughäfen und Luftfahrteinrichtungen durch Luftfahrzeuge eines anderen Vertragsstaats erhoben werden oder deren Erhebung von einem Vertragsstaat zugelassen wird, dürfen
…
b) für Luftfahrzeuge, die im planmäßigen internationalen Fluglinienverkehr verwendet werden, nicht höher sein als die Gebühren, die inländische Luftfahrzeuge, die in einem gleichartigen internationalen Fluglinienverkehr verwendet werden, bezahlen würden.
All diese Gebühren sind zu veröffentlichen und der [ICAO] mitzuteilen; die für die Benutzung von Flughäfen und anderen Einrichtungen erhobenen Gebühren unterliegen auf Vorstellung eines interessierten Vertragsstaats einer Nachprüfung durch den Rat, der einen diesbezüglichen Bericht abfasst und dem beteiligten Staat oder den beteiligten Staaten Empfehlungen zur Erwägung vorlegt. Die Vertragsstaaten erheben keine Gebühren, Taxen oder sonstigen Abgaben für ihr Hoheitsgebiet lediglich für das Recht der Durchreise, Einreise oder Ausreise eines Luftfahrzeugs eines Vertragsstaats oder der an Bord befindlichen Personen oder Güter.“
8. Nach Art. 17 des Chicagoer Abkommens „[haben] Luftfahrzeuge … die Staatszugehörigkeit des Staates, in dem sie eingetragen sind.“
9. Art. 24 Abs. a des Abkommens lautet:
„Luftfahrzeuge auf einem Flug nach, von oder über dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats sind vorbehaltlich der Zollvorschriften dieses Staates vorübergehend zollfrei zu lassen. Treibstoffe, Schmieröle, Ersatzteile, übliche Ausrüstungsgegenstände und Bordvorräte, die sich bei Ankunft in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats an Bord eines Luftfahrzeugs eines Vertragsstaats befinden und beim Verlassen des Hoheitsgebiets des anderen Staates an Bord geblieben sind, sind von Zollabgaben, Untersuchungsgebühren oder ähnlichen staatlichen oder örtlichen Abgaben und Gebühren befreit. …“
2. Das Kyoto-Protokoll
10. Am 9. Mai 1992 wurde in New York das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (im Folgenden: Rahmenübereinkommen) angenommen, dessen zentrales Ziel es ist, die Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf einem Stand zu stabilisieren, auf dem eine gefährliche vom Menschen verursachte Störung des Klimasystems verhindert wird. Am 11. Dezember 1997 verabschiedeten die Vertragsparteien dieses Rahmenübereinkommens in dessen Anwendung das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (im Folgenden: Kyoto-Protokoll), das am 16. Februar 2005 in Kraft trat. Die Union ist Vertragspartei dieser beiden Übereinkünfte.
11. Ziel des Kyoto-Protokolls ist es, die Gesamtemissionen von Treibhausgasen, u. a. Kohlenstoffdioxid (im Folgenden: CO2), innerhalb des Zeitraums 2008—2012 um mindestens 5 % unter das Niveau von 1990 zu senken. Die in Anlage I des Rahmenübereinkommens aufgeführten Vertragsparteien verpflichten sich, dafür zu sorgen, dass ihre Treibhausgasemissionen einen Prozentsatz, der ihnen durch das Kyoto-Protokoll zugeteilt wird, nicht übersteigen, wobei sie ihre Verpflichtungen gemeinsam erfüllen können. Die von der Union und ihren Mitgliedstaaten übernommene Gesamtverpflichtung aus dem Kyoto-Protokoll besteht in einer Gesamtsenkung der Treibhausgasemissionen in dem genannten Zeitraum um 8 % unter das Niveau von 1990.
12. Art. 2 Abs. 2 des Kyoto-Protokolls bestimmt:
„Die in Anlage I aufgeführten Vertragsparteien setzen ihre Bemühungen um eine Begrenzung oder Reduktion der Emissionen von nicht durch das Montrealer Protokoll geregelten Treibhausgasen aus dem Luftverkehr und der Seeschifffahrt im Rahmen der [ICAO] beziehungsweise der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation fort.“
3. Luftverkehrsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten
13. Am 25. und 30. April 2007 schlossen die Europäischen Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten einerseits und die Vereinigten Staaten von Amerika andererseits ein Luftverkehrsabkommen ab, u. a. um durch Öffnung des Zugangs zu den Märkten und Erzielen des größtmöglichen Nutzens für Verbraucher, Luftfahrtunternehmen, Arbeitnehmer und Gemeinschaften beiderseits des Atlantiks mehr Möglichkeiten für den internationalen Luftverkehr zu schaffen. Hierzu haben der Rat und die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Beschluss 2007/339/EG vom 25. April 2007 über die Unterzeichnung und vorläufige Anwendung dieses Abkommens (ABl. L 134, S. 1) erlassen.
14. In der Folge haben der Rat und die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Beschluss 2010/465/EU vom 24. Juni 2010 über die Unterzeichnung und vorläufige Anwendung des Protokolls zur Änderung des Luftverkehrsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (ABl. L 223, S. 1) erlassen. In den Erwägungsgründen 1 bis 6 dieses Beschlusses heißt es:
- „(1) Das … Luftverkehrsabkommen … verpflichtete beide Vertragsparteien zur Aufnahme weiterführender Verhandlungen.
- (2) Infolge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 ist die Europäische Union an die Stelle der Europäischen Gemeinschaft getreten, deren Rechtsnachfolgerin sie ist.
- (3) Die Kommission hat im Namen der Union und der Mitgliedstaaten ein Protokoll zur Änderung des [Luftverkehrsabkommens] (nachstehend ‚Protokoll’ genannt) gemäß Artikel 21 des genannten Abkommens ausgehandelt.
- (4) Das Protokoll wurde am 25. März 2010 paraphiert.
- (5) Das Protokoll steht vollständig im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Union, insbesondere mit dem Emissionshandelssystem der EU [im Folgenden: System des Handels mit Zertifikaten].
- (6) Das von der Kommission ausgehandelte Protokoll sollte vorbehaltlich seines etwaigen späteren Abschlusses von der Union und den Mitgliedstaaten unterzeichnet und in dem nach dem innerstaatlichen Recht zulässigen Umfang vorläufig angewandt werden.“
15. Nach Art. 1 Abs. 3 des Beschlusses Nr. 2010/465, „wird das Protokoll von der Union und ihren Mitgliedstaaten [bis zu seinem Inkrafttreten] ab dem Tag seiner Unterzeichnung in dem nach dem innerstaatlichen Recht zulässigen Umfang vorläufig angewendet“.
16. Nach Art. 1 Nr. 9 des Luftverkehrsabkommens in der durch das Protokoll geänderten Fassung (im Folgenden: „Open-Skies“-Abkommen) bezeichnet der Ausdruck Hoheitsgebiet im Sinne dieses Abkommens, soweit nichts anderes bestimmt ist, „im Falle der Vereinigten Staaten die Landgebiete (Festland und Inseln), Binnengewässer und Hoheitsgewässer unter ihrer Souveränität oder Rechtsprechung und im Falle der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten die Landgebiete (Festland und Inseln), Binnengewässer und Hoheitsgewässer, auf die der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unter den in diesem Vertrag sowie etwaigen Nachfolgeinstrumenten festgelegten Bedingungen Anwendung findet“.
17. Art. 2 („Billige und gleiche Wettbewerbsbedingungen“) des „Open-Skies“-Abkommens lautet:
„Jede Vertragspartei gibt den Luftfahrtunternehmen beider Vertragsparteien in billiger und gleicher Weise Gelegenheit, bei der Durchführung des durch dieses Abkommen geregelten internationalen Luftverkehrs miteinander in Wettbewerb zu treten.“
18. In Art. 3 Abs. 2, 4 und 5 des „Open-Skies“-Abkommens heißt es:
- „(2) Jedes Luftfahrtunternehmen kann nach seinem Ermessen auf bestimmten oder allen Flügen:
- a) Flüge in einer oder in beiden Richtungen durchführen,
- b) verschiedene Flugnummern innerhalb eines Fluges kombinieren,
- c) Punkte außerhalb und innerhalb der Gebiete der Vertragsparteien sowie Punkte darüber hinaus in beliebiger Kombination und Reihenfolge bedienen,
- d) auf Landungen an einem bestimmten Punkt oder bestimmten Punkten verzichten,
- e) an jedem beliebigen Punkt Verkehr von jedem seiner Luftfahrzeuge auf ein anderes seiner Luftfahrzeuge verlagern,
- f) Punkte jenseits jedes Punktes in seinem Gebiet mit oder ohne Wechsel des Fluggeräts oder der Flugnummer bedienen und diese Dienste öffentlich als durchgehende Dienste anbieten,
- g) Zwischenlandungen an beliebigen Punkten innerhalb oder außerhalb des Gebietes der Parteien durchführen,
- h) Transitverkehr über das Gebiet der jeweils anderen Partei durchführen,
und
- i) Verkehr ungeachtet seines Ursprungs in ein und demselben Luftfahrzeug kombinieren;
hierbei gelten keine Richtungsbeschränkungen oder geografischen Beschränkungen, und es entstehen keine Verluste von Rechten zur Durchführung von Verkehr, der ansonsten im Rahmen dieses Abkommens zulässig ist.
…
- (4) Jede Vertragspartei gestattet, dass jedes Luftfahrtunternehmen die Frequenz und Kapazität der von ihm angebotenen internationalen Luftverkehrsdienste aufgrund kommerzieller marktbezogener Überlegungen festlegt. In Übereinstimmung mit diesem Recht begrenzt keine der Vertragsparteien einseitig das Verkehrsvolumen, die Frequenz oder Regelmäßigkeit des Dienstes oder das oder die Muster der von Luftfahrtunternehmen der anderen Vertragspartei eingesetzten Luftfahrzeuge und verlangt keine Vertragspartei die Vorlage von Flugplänen, Charterflugprogrammen oder Betriebsplänen von Luftfahrtunternehmen der anderen Vertragspartei, es sei denn, dies ist aus zollrechtlichen, technischen oder betrieblichen Gründen oder aus Umweltschutzgründen (gemäß Artikel 15) erforderlich, wobei einheitliche Bedingungen in Einklang mit Artikel 15 des [Chicagoer] Abkommens anzuwenden sind.
- (5) Jedes Luftfahrtunternehmen kann sich am internationalen Luftverkehr beteiligen, ohne Beschränkungen im Hinblick auf etwaige Veränderungen bei Muster oder Zahl der eingesetzten Luftfahrzeuge …“
19. Art. 7 („Anwendung von Rechtsvorschriften“) Abs. 1 des „Open-Skies“-Abkommens lautet:
„Die Gesetze und sonstigen Vorschriften einer Partei betreffend den Einflug in ihr oder den Ausflug aus ihrem Gebiet der im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeuge oder betreffend den Betrieb und den Verkehr dieser Luftfahrzeuge innerhalb ihres Gebietes gelten für die Luftfahrzeuge, die von den Luftfahrtunternehmen der anderen Partei verwendet werden, und sind von diesen Luftfahrzeugen beim Ein- oder Ausflug und innerhalb des Gebietes der ersten Partei zu befolgen.“
20. Nach Art. 10 des „Open-Skies“-Abkommens haben die Luftfahrtunternehmen beider Vertragsparteien u. a. das Recht, im Gebiet der anderen Vertragspartei Niederlassungen zur Verkaufsförderung und zum Verkauf von Luftverkehrsdienstleitungen und für damit verbundene Tätigkeiten zu errichten. Sie können sich ferner am Verkauf von Luftbeförderungsleistungen in frei konvertierbarer Währung im Gebiet der anderen Vertragspartei unmittelbar und/oder mittelbar nach Ermessen des Unternehmens durch seine Verkaufsbeauftragten oder sonstige von dem Luftfahrtunternehmen ernannten Vermittler beteiligen. Die Luftfahrtunternehmen jeder Vertragspartei können nach dieser Bestimmung ferner Ausgaben, einschließlich des Erwerbs von Treibstoff, im Gebiet der anderen Vertragspartei in frei konvertierbaren Währungen begleichen. Außerdem können sie Vereinbarungen über eine Zusammenarbeit bei der Vermarktung, z. B. „Blocked-Space“- oder „Code-Sharing“-Vereinbarungen, treffen, sowie unter bestimmten Voraussetzungen Franchise- und Marken-(„Branding“-)Vereinbarungen und Vereinbarungen über die Bereitstellung von Luftfahrzeugen mit Besatzung für den internationalen Luftverkehr treffen.
21. Art. 11 („Zölle und Abgaben“) des „Open-Skies“-Abkommens bestimmt:
- „(1) Bei Ankunft im Gebiet einer Vertragspartei bleiben Luftfahrzeuge, die von den Luftfahrtunternehmen der anderen Vertragspartei im internationalen Luftverkehr eingesetzt werden, ihre üblichen Ausrüstungsgegenstände, Bodenausrüstungsgegenstände, Treibstoffe, Schmieröle, technische Verbrauchsgüter, Ersatzteile (einschließlich Triebwerken), Bordvorräte (insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, Gegenstände wie Nahrungsmittel, Getränke und alkoholische Getränke, Tabak und in begrenzten Mengen zum Verkauf an Fluggäste oder zum Verbrauch durch diese während des Fluges bestimmte sonstige Güter) und andere ausschließlich zur Verwendung im Zusammenhang mit dem Betrieb oder der Versorgung ihrer im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeuge bestimmte Gegenstände auf der Grundlage der Gegenseitigkeit frei von allen Einfuhrbeschränkungen, Vermögenssteuern und -abgaben, Zöllen, Verbrauchsteuern und ähnlichen Gebühren und Abgaben, die a) durch die nationalen Behörden oder die Europäische Gemeinschaft erhoben werden und b) nicht auf den Kosten für geleistete Dienste beruhen, sofern diese Ausrüstungsgegenstände und Vorräte an Bord des Luftfahrzeugs verbleiben.
- (2) Außerdem werden auf der Grundlage der Gegenseitigkeit von den in Absatz 1 genannten Steuern, Zöllen, Gebühren und Abgaben außer den auf den Kosten für geleistete Dienste beruhenden Gebühren befreit:
- …
- c) Treibstoff, Schmieröle und technische Verbrauchsgüter, die zur Verwendung in einem im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeug eines Luftfahrtunternehmens der anderen Vertragspartei in das Gebiet einer Vertragspartei eingeführt oder dort geliefert werden, selbst wenn diese Vorräte auf dem Teil des Fluges über dem Gebiet der Vertragspartei verbraucht werden sollen, in dem sie an Bord genommen werden,
- …“
22. In Art. 15 („Umwelt“) des „Open-Skies“-Abkommens heißt es:
- „(1) Die Vertragsparteien erkennen die Bedeutung des Umweltschutzes bei der Entwicklung und Durchführung einer internationalen Luftverkehrspolitik an, wobei sie sorgfältig die Kosten und Nutzen von Maßnahmen für den Umweltschutz bei der Entwicklung einer solchen Politik abwägen und gegebenenfalls gemeinsam effektive globale Lösungen voranbringen. Dementsprechend beabsichtigen die Vertragsparteien zusammenzuarbeiten, um in wirtschaftlich angemessener Art und Weise die Auswirkungen der internationalen Luftfahrt auf die Umwelt zu begrenzen oder zu verringern.
- (2) Prüft eine Vertragspartei Vorschläge für Umweltmaßnahmen auf regionaler, nationaler oder lokaler Ebene, sollte sie etwaige nachteilige Auswirkungen auf die Ausübung der in diesem Abkommen vorgesehenen Rechte bewerten und bei Annahme solcher Maßnahmen geeignete Schritte zur Abschwächung solcher nachteiligen Auswirkungen unternehmen. Auf Verlangen einer Vertragspartei legt die andere Vertragspartei eine Beschreibung einer solchen Bewertung und der Schritte zur Abschwächung vor.
- (3) Bei der Festlegung von Umweltmaßnahmen sind die Umweltschutzstandards für den Luftverkehr zu beachten, die von der [ICAO] angenommen und dem [Chicagoer] Abkommen als Anhänge hinzugefügt wurden, ausgenommen in Fällen, in denen Abweichungen angezeigt wurden. Die Vertragsparteien wenden Umweltmaßnahmen, die sich auf die von diesem Abkommen geregelten Luftverkehrsdienste auswirken, in Übereinstimmung mit Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 4 dieses Abkommens an.
- (4) Die Vertragsparteien bekräftigen die Verpflichtung der Mitgliedstaaten und der Vereinigten Staaten zur Anwendung des Prinzip[s] des ausgewogenen Ansatzes.
- …
- (6) Die Vertragsparteien billigen und fördern den Informationsaustausch und den regelmäßigen Dialog zwischen Sachverständigen, insbesondere über bestehende Kommunikationswege, zur Verbesserung der Zusammenarbeit, im Einklang mit den geltenden Gesetzen und sonstigen Vorschriften, hinsichtlich der Umweltauswirkungen des internationalen Luftverkehrs sowie der Lösungen zu deren Milderung, einschließlich:
- …
- e) des Meinungsaustausches über Themen und Möglichkeiten in internationalen Foren, die sich mit den Auswirkungen des Luftverkehrs auf die Umwelt befassen, gegebenenfalls einschließlich der Koordinierung der Standpunkte.
- (7) Auf Wunsch der Vertragsparteien arbeitet der Gemeinsame Ausschuss mit der Unterstützung von Sachverständigen Empfehlungen aus, die sich auf die mögliche Überschneidung sowie die Übereinstimmung marktgestützter Maßnahmen in Bezug auf luftverkehrsbedingte Emissionen beziehen, die von den Parteien durchgeführt werden, um doppelte Maßnahmen und Kosten zu vermeiden und um den Verwaltungsaufwand für die Luftfahrtunternehmen so weit wie möglich zu verringern. Die Umsetzung solcher Empfehlungen bedarf der internen Genehmigung oder der Ratifikation, sofern dies von jeder Vertragspartei im jeweiligen Fall gefordert wird.
- (8) Ist eine Vertragspartei der Auffassung, dass eine Frage mit Bezug zum Umweltschutz im Luftverkehr, einschließlich vorgeschlagener neuer Maßnahmen, Zweifel hinsichtlich der Anwendung oder Durchführung dieses Abkommens aufwirft, kann sie eine Sitzung des durch Artikel 18 eingesetzten Gemeinsamen Ausschusses verlangen, um diese Frage zu erörtern und bei berechtigten Einwänden geeignete Lösungen zu entwickeln.“
23. Nach Art. 19 des „Open-Skies“-Abkommens können alle Streitigkeiten hinsichtlich dessen Anwendung oder Auslegung, die sich nicht durch eine Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses beilegen lassen, von den Vertragsparteien unter bestimmten Voraussetzungen im Einvernehmen einer Person oder Instanz zur Entscheidung vorgelegt werden. Einigen sich die Vertragsparteien nicht in diesem Sinne, so wird die Streitigkeit auf Ersuchen einer der Vertragsparteien Gegenstand eines Schiedsverfahrens gemäß den in diesem Art. 19 bestimmten Modalitäten.
B – Unionsrecht
24. Der Rat hat zum einen den Beschluss 94/69/EG vom 15. Dezember 1993 über den Abschluss des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (ABl. 1994, L 33, S. 11) und zum anderen die Entscheidung 2002/358/EG vom 25. April 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen (ABl. L 130, S. 1) erlassen. Nach Art. 2 Abs. 1 der Entscheidung 2002/358 erfüllen die Union und ihre Mitgliedstaaten ihre Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll gemeinsam.
25. Da die Kommission der Ansicht war, dass der Handel mit Treibhausgasemissionsrechten zusammen mit anderen Maßnahmen ein integraler und wesentlicher Bestandteil der gemeinschaftlichen Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels sein werde, legte sie am 8. März 2000 das Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union (KOM[2000] 87 endg.) vor.
1. Richtlinie 2003/87/EG
26. Auf der Grundlage von Art. 175 Abs. 1 EG wurde die Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG (ABl. L 275, S. 32) erlassen.
27. Nach ihrem fünften Erwägungsgrund soll diese Richtlinie dazu beitragen, dass die Verpflichtungen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zur Verringerung der anthropogenen Treibhausgasemissionen im Rahmen des Protokolls von Kyoto gemäß der Entscheidung 2002/358 durch einen effizienten europäischen Markt für Treibhausgasemissionszertifikate (im Folgenden: Zertifikate) effektiver und unter möglichst geringer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung und der Beschäftigungslage erfüllt werden.
28. Nach dem 23. Erwägungsgrund der Richtlinie sollte der Emissionszertifikatehandel „Teil eines umfassenden und kohärenten Politik- und Maßnahmenpakets sein, das auf der Ebene der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft durchgeführt wird“. Entsprechend heißt es im ersten Satz des 25. Erwägungsgrundes dieser Richtlinie weiter: „Politik und Maßnahmen sollten auf Ebene der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft in allen Wirtschaftssektoren der Europäischen Union, nicht nur in den Sektoren Industrie und Energie, durchgeführt werden, um zu erheblichen Emissionsverringerungen zu gelangen.“
29. Der Gegenstand der Richtlinie 2003/87 ist in deren Art. 1 folgendermaßen definiert:
„Mit dieser Richtlinie wird ein System für den Handel mit [Zertifikaten] in der Gemeinschaft … geschaffen, um auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hinzuwirken.“
30. Die Richtlinie 2003/87 gilt nach ihrem Art. 2 Abs. 1 für die Emissionen aus den in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Tätigkeiten und die Emissionen der in Anhang II aufgeführten Treibhausgase, u. a. von CO2.
2. Die Richtlinie 2008/101
31. Nach Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87 hatte die Kommission auf der Grundlage der Erfahrungen mit der Anwendung dieser Richtlinie bis zum 30. Juni 2006 einen Bericht zu erstellen, gegebenenfalls mit Vorschlägen zum Funktionieren dieser Richtlinie, in dem sie u. a. auf die Frage eingeht, „wie und ob Anhang I dahin gehend geändert werden sollte, dass im Hinblick auf eine weitere Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz des Systems andere betroffene Sektoren, wie etwa die Sektoren Chemie, Aluminium und Verkehr, andere Tätigkeiten und Emissionen anderer in Anhang II aufgeführter Treibhausgase aufgenommen werden“.
32. Entsprechend hat der Unionsgesetzgeber die Richtlinie 2008/101 erlassen, mit der die Richtlinie 2003/87 geändert und die Luftfahrt in das System des Handels mit Zertifikaten einbezogen worden ist.
33. In den Erwägungsgründen 8 bis 11, 14, 17 und 21 der Richtlinie 2008/101 heißt es:
- „(8) Nach dem Kyoto-Protokoll [zum Rahmenübereinkommen] … sind die Industrieländer verpflichtet, ihre Bemühungen um eine Begrenzung oder Reduktion der Emissionen von nicht durch das Montrealer Protokoll [über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen,] geregelten Treibhausgasen aus dem Luftverkehr im Rahmen der [ICAO] fortzusetzen.
- (9) Die Gemeinschaft ist zwar keine Vertragspartei des [Chicagoer Abkommens], doch sind alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien dieses Abkommens sowie Mitglieder der ICAO. Die Mitgliedstaaten unterstützen weiterhin zusammen mit anderen Staaten die Arbeiten im Rahmen der ICAO zur Entwicklung von Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen des Luftverkehrs auf den Klimawandel, wozu auch die Entwicklung marktgestützter Instrumente gehört. Auf der sechsten Tagung des ICAO-Ausschusses für Umweltschutz in der Luftfahrt im Jahr 2004 wurde einvernehmlich festgestellt, dass ein luftfahrtspezifisches Emissionshandelssystem auf der Grundlage eines neuen Rechtsinstruments und unter der Schirmherrschaft der ICAO nicht genügend Anreize bietet, um weiter in Betracht gezogen zu werden. Folglich wurde in der Entschließung A35‑5 der 35. ICAO-Versammlung vom September 2004 kein neues Rechtsinstrument vorgeschlagen, sondern ein offener Emissionshandel befürwortet, mit der Möglichkeit für die Staaten, Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr in ihre Emissionshandelssysteme einzubeziehen. Im Anhang L zur Entschließung A36‑22 der 36. ICAO-Versammlung vom September 2007 werden die Vertragsstaaten nachdrücklich aufgefordert, die Luftfahrzeugbetreiber anderer Vertragsstaaten nur im gegenseitigen Einvernehmen mit den betreffenden Staaten in ein Emissionshandelssystem einzubeziehen. Unter Hinweis darauf, dass im Chicagoer Abkommen ausdrücklich anerkannt wird, dass jede Vertragspartei das Recht hat, ihre eigenen Rechtsvorschriften diskriminierungsfrei auf die Luftfahrzeuge aller Staaten anzuwenden, haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und 15 weitere europäische Staaten einen Vorbehalt zu dieser Entschließung eingelegt und sich aufgrund des Chicagoer Abkommens das Recht vorbehalten, in Bezug auf alle Luftfahrzeugbetreiber aus allen Staaten, die nach oder von ihrem Hoheitsgebiet oder innerhalb desselben Luftverkehrsdienste anbieten, diskriminierungsfrei marktgestützte Maßnahmen zu erlassen und anzuwenden.
- (10) Gemäß dem Sechsten Umweltaktionsprogramm der Gemeinschaft, das mit Beschluss Nr. 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates … eingeführt wurde, muss die Gemeinschaft dafür sorgen, dass spezifische Maßnahmen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen aus dem Luftverkehr festgelegt und durchgeführt werden, falls die ICAO bis zum Jahr 2002 keine entsprechenden Maßnahmen beschließt. In seinen Schlussfolgerungen von Oktober 2002, Dezember 2003 und Oktober 2004 hat der Rat die Kommission wiederholt aufgefordert, Maßnahmen zur Verringerung der Klimaauswirkungen des internationalen Luftverkehrs vorzuschlagen.
- (11) Auf Ebene der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft sollten in allen Wirtschaftssektoren der Gemeinschaft Strategien und Maßnahmen durchgeführt werden, um die notwendigen umfangreichen Reduktionen herbeizuführen. Wenn die Klimaauswirkungen des Luftverkehrs weiterhin im bisherigen Tempo zunehmen, würde dies die in anderen Sektoren erzielten Reduktionen zur Bekämpfung des Klimawandels spürbar untergraben.
- …
- (14) Ziel der Änderungen der Richtlinie 2003/87/EG durch diese Richtlinie ist es, die dem Luftverkehr zurechenbaren Klimaauswirkungen durch Einbeziehung der Emissionen aus dem Luftverkehr in das Gemeinschaftssystem zu verringern.
- …
- (17) Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten sollten weiterhin eine Vereinbarung über globale Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus der Luftverkehrstätigkeit anstreben. Das Gemeinschaftssystem kann als Modell für die weltweite Nutzung des Emissionsrechtehandels dienen. Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten sollten während der Umsetzung dieser Richtlinie weiterhin die Beziehungen zu Dritten pflegen und Drittländer dazu ermutigen, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen. Erlässt ein Drittland Maßnahmen zur Reduzierung der Klimaauswirkungen von Flügen in die Gemeinschaft, die mindestens die gleichen Umweltvorteile wie diese Richtlinie erreichen, sollte die Kommission nach Konsultationen mit dem betreffenden Land die verfügbaren Möglichkeiten prüfen, um eine optimale Wechselwirkung zwischen dem Gemeinschaftssystem und den Maßnahmen des betreffenden Landes zu erreichen. Die in Drittländern entwickelten Emissionsrechtehandelssysteme schaffen allmählich eine optimale Wechselwirkung mit dem Gemeinschaftssystem in Bezug auf ihre Abdeckung des Luftverkehrs. Bilaterale Übereinkünfte über die Verbindung des Gemeinschaftssystems und anderer Emissionsrechtehandelssysteme zur Schaffung eines gemeinsamen Systems oder zur Berücksichtigung entsprechender Maßnahmen zur Vermeidung doppelter Regelungen könnten einen Schritt auf dem Weg zu einem weltweiten Abkommen darstellen. In den Fällen, in denen solche bilateralen Übereinkünfte geschlossen werden, kann die Kommission Änderungen bezüglich der im Gemeinschaftssystem erfassten Luftverkehrstätigkeiten vornehmen, einschließlich der daraus resultierenden Anpassungen der Gesamtmenge der den Luftfahrzeugbetreibern zugeteilten Zertifikate.
- …
- (21) Eine vollständige Harmonisierung des Anteils der Zertifikate, die kostenfrei an alle Luftfahrzeugbetreiber vergeben werden, die sich an Gemeinschaftsregelung beteiligen, ist angebracht, damit in Anbetracht dessen, dass jeder Luftfahrzeugbetreiber von einem einzigen Mitgliedstaat in Bezug auf alle Flüge in die Europäische Union, aus der Europäischen Union und innerhalb der Europäischen Union verwaltet wird, und in Anbetracht der Bestimmungen über die Nichtdiskriminierung in bilateralen Luftverkehrsabkommen mit Drittländern gleiche Ausgangsbedingungen für die Luftfahrzeugbetreiber gewährleistet werden.“
34. Nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 2008/101 enthält die Richtlinie 2003/87 nunmehr folgendes Kapitel II:
„Kapitel II
Luftverkehr
Artikel 3a
Anwendungsbereich
Die Bestimmungen in diesem Kapitel gelten für die Zuteilung und Vergabe von Zertifikaten im Zusammenhang mit den in Anhang I aufgelisteten Luftverkehrstätigkeiten.
…
Artikel 3c
Gesamtmenge der Zertifikate für den Luftverkehr
- (1) Für die Handelsperiode vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 entspricht die Gesamtmenge der den Luftfahrzeugbetreibern zuzuteilenden Zertifikate 97 % der historischen Luftverkehrsemissionen.
- (2) Für die Handelsperiode gemäß Artikel 11 Absatz 2, die am 1. Januar 2013 beginnt, und, wenn keine Änderungen nach der Überprüfung gemäß Artikel 30 Absatz 4 erfolgen, für jede folgende Handelsperiode entspricht die Gesamtmenge der den Luftfahrzeugbetreibern zuzuteilenden Zertifikate 95 % der historischen Luftverkehrsemissionen, multipliziert mit der Anzahl der Jahre in der Handelsperiode.
…
Artikel 3d
Methode der Zuteilung von Zertifikaten für den Luftverkehr durch Versteigerung
- (1) In der Handelsperiode gemäß Artikel 3c Absatz 1 werden 15 % der Zertifikate versteigert.
- (2) Ab 1. Januar 2013 werden 15 % der Zertifikate versteigert. Dieser Prozentsatz kann im Rahmen der allgemeinen Überprüfung dieser Richtlinie erhöht werden.
- (3) Die Versteigerung von Zertifikaten, die nicht gemäß den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels oder gemäß Artikel 3f Nummer 8 kostenfrei zugeteilt werden müssen, durch die Mitgliedstaaten wird in einer Verordnung geregelt. Die Zahl der von den einzelnen Mitgliedstaaten in jeder Handelsperiode zu versteigernden Zertifikate entspricht dem Anteil dieses Mitgliedstaats an den gesamten Luftverkehrsemissionen, wie sie allen Mitgliedstaaten für das Bezugsjahr zugeordnet … wurden. …
- …
- (4) Es ist Sache der Mitgliedstaaten, über die Verwendung von Einkünften aus der Versteigerung von Zertifikaten zu entscheiden. Diese Einkünfte sollten verwendet werden, um den Klimawandel in der EU und in Drittländern zu bekämpfen, unter anderem zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen, zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels in der Europäischen Union und in Drittländern, insbesondere in Entwicklungsländern, zur Finanzierung von Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Eindämmung und Anpassung, insbesondere in den Bereichen Raumfahrt und Luftverkehr, zur Verringerung der Emissionen durch einen emissionsarmen Verkehr und zur Deckung der Kosten für die Verwaltung der Gemeinschaftsregelung. Versteigerungseinkünfte sollten auch zur Finanzierung von Beiträgen zum Globalen Dachfonds für Energieeffizienz und erneuerbare Energien und für Maßnahmen gegen die Abholzung von Wäldern eingesetzt werden.
- …
Artikel 3 e
Zuteilung und Vergabe von Zertifikaten an Luftfahrzeugbetreiber
(1) Für jede Handelsperiode gemäß Artikel 3c kann jeder Luftfahrzeugbetreiber Zertifikate beantragen, die kostenfrei zugeteilt werden. Ein Antrag kann bei der zuständigen Behörde des Verwaltungsmitgliedstaats gestellt werden, indem die geprüften Tonnenkilometerangaben für die von diesem Luftfahrzeugbetreiber ausgeführten Luftverkehrstätigkeiten nach Anhang I für das Überprüfungsjahr übermittelt werden. …“
35 Nach Art. 1 Nr. 10 Buchst. b der Richtlinie 2008/101 wird in Art. 12 der Richtlinie 2003/87 folgender Abs. 2a eingefügt:
„Die Verwaltungsmitgliedstaaten stellen sicher, dass jeder Luftfahrzeugbetreiber bis zum 30. April jeden Jahres eine Anzahl von Zertifikaten abgibt, die den – gemäß Artikel 15 überprüften – Gesamtemissionen des vorangegangenen Kalenderjahres aus Luftverkehrstätigkeiten im Sinne von Anhang I, die der Luftfahrzeugbetreiber durchgeführt hat, entspricht. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die gemäß diesem Absatz abgegebenen Zertifikate anschließend gelöscht werden.“
36 Nach Art. 1 Nr. 14 Buchst. b der Richtlinie 2008/101 erhalten die Abs. 2 und 3 des Art. 16 der Richtlinie 2003/87 folgende Fassung:
„(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Namen der Betreiber und Luftfahrzeugbetreiber, die gegen die Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie zur Abgabe einer ausreichenden Anzahl von Zertifikaten verstoßen, veröffentlicht werden.
(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Betreibern oder Luftfahrzeugbetreibern, die nicht bis zum 30. April jeden Jahres eine ausreichende Anzahl von Zertifikaten zur Abdeckung ihrer Emissionen im Vorjahr abgeben, eine Sanktion wegen Emissionsüberschreitung auferlegt wird. Die Sanktion wegen Emissionsüberschreitung beträgt für jede ausgestoßene Tonne Kohlendioxidäquivalent, für die der Betreiber oder Luftfahrzeugbetreiber keine Zertifikate abgegeben hat, 100 [Euro]. Die Zahlung der Sanktion entbindet den Betreiber nicht von der Verpflichtung, Zertifikate in Höhe dieser Emissionsüberschreitung abzugeben, wenn er die Zertifikate für das folgende Kalenderjahr abgibt.“
37 Außerdem wird Art. 16 der Richtlinie 2003/87 nach Art. 1 Nr. 14 Buchst. c der Richtlinie 2008/101 u. a. ein Abs. 5 angefügt, der lautet:
„Erfüllt ein Luftfahrzeugbetreiber die Vorschriften dieser Richtlinie nicht und konnte die Einhaltung der Vorschriften nicht durch sonstige Durchsetzungsmaßnahmen gewährleistet werden, so kann der betreffende Verwaltungsmitgliedstaat die Kommission ersuchen, eine Betriebsuntersagung für den betreffenden Luftfahrzeugbetreiber zu beschließen.“
38 Nach Art. 1 Nr. 18 der Richtlinie 2008/101 wird in die Richtlinie 2003/87 ein Art. 25a („Drittlandvorschriften zur Reduzierung der Klimaauswirkungen des Luftverkehrs“) eingefügt, der lautet:
„(1) Erlässt ein Drittland Maßnahmen zur Reduzierung der Klimaauswirkungen von Flügen, die in seinem Hoheitsgebiet beginnen und in der Gemeinschaft enden, so prüft die Kommission nach Konsultationen mit dem Drittland und mit den Mitgliedstaaten im Ausschuss nach Artikel 23 Absatz 1 die verfügbaren Möglichkeiten, um eine optimale Wechselwirkung zwischen dem Gemeinschaftssystem und den Maßnahmen des Drittlandes zu erreichen.
Falls erforderlich, kann die Kommission Änderungen erlassen, um Flüge aus dem betreffenden Drittland von den Luftverkehrstätigkeiten gemäß Anhang I auszuschließen oder um sonstige aufgrund eines Abkommens nach Unterabsatz 4 erforderliche Änderungen in Bezug auf die Luftverkehrstätigkeiten gemäß Anhang I vorzunehmen. Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Elemente dieser Richtlinie werden nach dem in Artikel 23 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.
Die Kommission kann dem Europäischen Parlament und dem Rat sonstige Änderungen an dieser Richtlinie vorschlagen.
Die Kommission kann dem Rat gegebenenfalls auch Empfehlungen nach Artikel 300 Absatz 1 des Vertrags unterbreiten, um Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines Abkommens mit dem betreffenden Drittland aufzunehmen.
(2) Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten streben weiterhin eine Vereinbarung über globale Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus der Luftverkehrstätigkeit an. Liegt eine solche Vereinbarung vor, so prüft die Kommission, ob diese Richtlinie, soweit sie auf Luftfahrzeugbetreiber Anwendung findet, geändert werden muss.“
39. Nach dem Anhang der Richtlinie 2008/101 trägt Anhang I der Richtlinie 2003/87 nun die Überschrift „Kategorien von Tätigkeiten, die in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen“, und der Tabelle in Anhang I ist eine Einleitung vorangestellt, deren Nr. 2 durch folgenden Absatz ergänzt ist:
„Ab 1. Januar 2012 werden alle Flüge einbezogen, die auf Flugplätzen enden oder von Flugplätzen abgehen, die sich in einem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befinden, auf das der Vertrag Anwendung findet.“
40. Nach dem Anhang der Richtlinie 2008/101 wird ferner Anhang IV der Richtlinie 2003/87 dahin geändert, dass ihm ein Teil B („Überwachung und Berichterstattung betreffend Emissionen aus Luftverkehrstätigkeiten“) angefügt wird, der lautet:
„Überwachung der Kohlendioxidemissionen
Die Überwachung der Emissionen erfolgt durch Berechnung. Die Berechnung der Emissionen erfolgt nach folgender Formel:
Treibstoffverbrauch × Emissionsfaktor
Zum Treibstoffverbrauch zählen auch Treibstoffe, die vom Hilfsmotor verbraucht werden. Der tatsächliche Treibstoffverbrauch jedes Flugs wird so weit wie möglich herangezogen und nach folgender Formel berechnet:
Treibstoffmenge in den Luftfahrzeugstanks nach abgeschlossener Betankung für den betreffenden Flug – Treibstoffmenge in den Luftfahrzeugstanks nach abgeschlossener Betankung für den Folgeflug + Treibstoffbetankung für diesen Folgeflug.
…
Für jeden Flug und jeden Treibstoff wird eine gesonderte Berechnung vorgenommen.
Berichterstattung über die Emissionen
Jeder Luftfahrzeugbetreiber nimmt in seinen Bericht gemäß Artikel 14 Absatz 3 folgende Informationen auf:
- A. Angaben zum Luftfahrzeugbetreiber, einschließlich
- Name des Luftfahrzeugbetreibers;
- zuständiger Verwaltungsmitgliedstaat;
- …
- B. Für jeden Treibstofftyp, für den Emissionen berechnet werden:
- Treibstoffverbrauch;
- Emissionsfaktor;
- Gesamtwert der aggregierten Emissionen aus allen Flügen, die während des Berichtszeitraums im Rahmen der Luftverkehrstätigkeiten des Betreibers gemäß Anhang I durchgeführt wurden;
- aggregierte Emissionen aus
- allen Flügen, die während des Berichtszeitraums im Rahmen der Luftverkehrstätigkeiten des Betreibers gemäß Anhang I durchgeführt wurden und die von einem Flugplatz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats abgingen und an einem Flugplatz im Hoheitsgebiet desselben Mitgliedstaats endeten;
- allen anderen Flügen, die während des Berichtszeitraums im Rahmen der Luftverkehrstätigkeiten des Betreibers gemäß Anhang I durchgeführt wurden;
- aggregierte Emissionen aus allen Flügen, die während des Berichtszeitraums im Rahmen der Luftverkehrstätigkeiten des Betreibers gemäß Anhang I durchgeführt wurden und die
- aus jedem Mitgliedstaat abgingen und
- in jedem Mitgliedstaat aus einem Drittland ankamen;
- Unsicherheitsfaktor.
Überwachung von Tonnenkilometerdaten für die Zwecke der Artikel 3e und 3f
Zur Beantragung der Zuteilung von Zertifikaten gemäß Artikel 3e Absatz 1 oder Artikel 3f Absatz 2 wird der Umfang der Luftverkehrstätigkeit in Tonnenkilometern nach folgender Formel berechnet:
Tonnenkilometer = Flugstrecke × Nutzlast,
wobei
‚Flugstrecke‘ die Großkreisentfernung zwischen Abflug- und Ankunftsflugplatz zuzüglich eines zusätzlichen unveränderlichen Faktors von 95 km bezeichnet, und
‚Nutzlast‘ die Gesamtmasse der beförderten Fracht, Post und Fluggäste bezeichnet.
…“
C – Nationales Recht
41 Im Vereinigten Königreich ist die Richtlinie 2008/101 durch die Aviation Greenhouse Gas Emissions Trading Scheme Regulations 2009 (Verordnung von 2009 über das System des Handels mit Treibhausgasemissionsrechten der Luftfahrt, SI 2009, Nr. 2301) und weitere Rechtsakte umgesetzt worden, die im Laufe des Jahres 2010 erlassen werden sollten.
II – Sachverhalt und Vorlagefragen
42. Den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge handelt es sich bei der Air Transport Association of America, einer Non-Profit-Organisation, um den wichtigsten Handels- und Dienstleistungsverband der Linienflugunternehmen in den Vereinigten Staaten. Die Fluggesellschaften American Airlines Inc., Continental Airlines Inc. und United Airlines Inc. bedienen Ziele in den Vereinigten Staaten, in Europa und weltweit. Ihr Verwaltungsmitgliedstaat im Sinne der Richtlinie 2003/87 in der durch die Richtlinie 2008/101 geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2003/87) ist das Vereinigte Königreich.
43. Am 16. Dezember 2009 erhoben ATA u. a. beim vorlegenden Gericht Klage auf Nichtigerklärung der in die Zuständigkeit des Secretary of State for Energy and Climate Change fallenden Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2008/101 im Vereinigten Königreich. Sie stützen ihre Klage auf die Rechtswidrigkeit dieser Richtlinie im Hinblick auf das vertragliche Völkerrecht und das Völkergewohnheitsrecht.
44. Am 28. Mai 2010 ließ das vorlegende Gericht die International Air Transport Association (IATA) und den National Airlines Council of Canada als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge von ATA u. a. und fünf Umweltschutzorganisationen, nämlich die Aviation Environment Federation, den WWF-UK, die European Federation for Transport and Environment, den Environmental Defense Fund und Earthjustice als Streithelfer zur Unterstützung des Secretary of State for Energy and Climate Change zu.
45. Vor diesem Hintergrund hat der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court), das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- 1. Können einige oder alle der folgenden Regeln des Völkerrechts im vorliegenden Fall herangezogen werden, um die Gültigkeit der Richtlinie 2003/87/EG in der durch die Richtlinie 2008/101/EG zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union geänderten Fassung in Frage zu stellen:
- a) der Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts, dass jeder Staat die vollständige und ausschließliche Hoheit über seinen Luftraum besitzt;
- b) der Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts, dass kein Staat den Anspruch erheben darf, irgendeinen Teil der hohen See seiner Hoheit zu unterstellen;
- c) der in der Freiheit von Flügen über hoher See bestehende Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts;
- d) der Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts (dessen Existenz vom Beklagten nicht anerkannt wird), dass Flugzeuge, die über hoher See fliegen, ausschließlich der Hoheitsgewalt des Staates unterliegen, in dem sie registriert sind, es sei denn, dass in einem völkerrechtlichen Vertrag ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist;
- e) das Chicagoer Abkommen (insbesondere die Art. 1, 11, 12, 15 und 24);
- f) das „Open-Skies“-Abkommen (insbesondere die Art. 7, 11 Abs. 2 Buchst. c und 15 Abs. 3);
- g) das Kyoto-Protokoll (insbesondere Art. 2 Abs. 2)?
Bei Bejahung von Frage 1:
- 2. Ist die Richtlinie 2008/101 wegen Verstoßes gegen einen oder mehrere der in der ersten Frage angeführten Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts ungültig, wenn und soweit darin das Emissionshandelssystem auf die außerhalb des Luftraums der EU-Mitgliedstaaten stattfindenden Abschnitte von Flügen (entweder allgemein oder in Drittländern registrierter Flugzeuge) angewandt wird?
- 3. Ist die Richtlinie 2008/101 ungültig, wenn und soweit darin das Emissionshandelssystem auf die außerhalb des Luftraums der EU-Mitgliedstaaten stattfindenden Abschnitte von Flügen (entweder allgemein oder in Drittländern registrierter Flugzeuge) angewandt wird,
- a) wegen Verstoßes gegen die Art. 1, 11 und/oder 12 des Chicagoer Abkommens;
- b) wegen Verstoßes gegen Art. 7 des „Open-Skies“-Abkommens?
- 4. Ist die Richtlinie 2008/101 ungültig, soweit darin das Emissionshandelssystem auf den Luftverkehr angewandt wird,
- a) wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 des Kyoto-Protokolls und Art. 15 Abs. 3 des „Open-Skies“-Abkommens;
- b) wegen Verstoßes gegen Art. 15 des Chicagoer Abkommens, allein oder in Verbindung mit den Art. 3 Abs. 4 und 15 Abs. 3 des „Open-Skies“-Abkommens;
- c) wegen Verstoßes gegen Art. 24 des Chicagoer Abkommens, allein oder in Verbindung mit Art. 11 Abs. 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens?
III – Zu den Vorlagefragen
A – Zur ersten Frage
46. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens bei der Beurteilung der Frage, ob die Richtlinie 2008/101 insoweit gültig ist, als sie die Luftfahrt in das System des Handels mit Zertifikaten der Richtlinie 2003/87 aufnimmt, die von ihm bezeichneten Grundsätze und Bestimmungen des Völkerrechts geltend gemacht werden können.
47. Zunächst ist zu beachten, dass die nationalen Gerichte nach ständiger Rechtsprechung nicht befugt sind, Handlungen der Organe der Union für ungültig zu erklären. Die dem Gerichtshof in Art. 267 AEUV zuerkannten Befugnisse bezwecken nämlich im Wesentlichen, eine einheitliche Anwendung des Unionsrechts durch die nationalen Gerichte zu gewährleisten. Diese Einheitlichkeit ist von besonderer Bedeutung, wenn es um die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts geht. Denn Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten über die Gültigkeit von Unionsrechtsakten wären geeignet, die Einheit der Unionsrechtsordnung selbst zu gefährden und das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit zu beeinträchtigen (Urteil vom 10. Januar 2006, IATA und ELFAA, C‑344/04, Slg. 2006, I‑403, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).
48. Daher ist allein der Gerichtshof befugt, die Ungültigkeit eines Unionsrechtsakts wie der Richtlinie 2008/101 festzustellen (vgl. Urteile vom 22. Oktober 1987, Foto-Frost, 314/85, Slg. 1987, 4199, Randnr. 17, vom 21. Februar 1991, Zuckerfabrik Süderdithmarschen und Zuckerfabrik Soest, C‑143/88 und C‑92/89, Slg. 1991, I‑415, Randnr. 17, vom 21. März 2000, Greenpeace France u. a, C‑6/99, Slg. 2000, I‑1651, Randnr. 54, IATA und ELFAA, Randnr. 27, sowie vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli, C‑188/10 und C‑189/10, Slg. 2010, I‑5667, Randnr. 54).
1. Zu den geltend gemachten internationalen Übereinkünften
49. Zunächst ist festzustellen, dass es den Organen der Union, die für das Aushandeln und den Abschluss eines internationalen Abkommens zuständig sind, nach den Grundsätzen des Völkerrechts unbenommen bleibt, mit den betreffenden Drittländern zu vereinbaren, welche Wirkungen die Bestimmungen dieses Abkommens in der internen Rechtsordnung der Vertragsparteien haben sollen. Nur wenn diese Frage im Abkommen nicht geregelt ist, haben die zuständigen Gerichte und insbesondere der Gerichtshof über diese Frage ebenso wie über jede andere Auslegungsfrage zu entscheiden, die sich im Zusammenhang mit der Anwendung des Abkommens in der Union stellt (vgl. Urteile vom 26. Oktober 1982, Kupferberg, 104/81, Slg. 1982, 3641, Randnr. 17, und vom 23. November 1999, Portugal/Rat, C‑149/96, Slg. 1999, I‑8395, Randnr. 34).
50. Die Organe der Union sind, wenn von dieser Übereinkünfte geschlossen werden, nach Art. 216 Abs. 2 AEUV an solche Übereinkünfte gebunden; die Übereinkünfte haben daher gegenüber den Rechtsakten der Union Vorrang (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. September 1996, Kommission/Deutschland, C‑61/94, Slg. 1996, I‑3989, Randnr. 52, vom 12. Januar 2006, Algemene Scheeps Agentuur Dordrecht, C‑311/04, Slg. 2006, I‑609, Randnr. 25, vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a., C‑308/06, Slg. 2008, I‑4057, Randnr. 42, sowie vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑6351, Randnr. 307).
51. Daraus folgt, dass die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts durch die Unvereinbarkeit mit derartigen völkerrechtlichen Regeln berührt wird. Wird eine solche Ungültigkeit vor einem nationalen Gericht geltend gemacht, prüft der Gerichtshof, worum ihn das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage ersucht, ob in dem Rechtsstreit, mit dem er befasst ist, bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, um gemäß Art. 267 AEUV die Gültigkeit des betreffenden Unionsrechtsakts an den geltend gemachten Völkerrechtsnormen messen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil Intertanko u. a., Randnr. 43).
52. Zunächst muss die Union nämlich an diese Normen gebunden sein (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1972, International Fruit Company u. a., 21/72 bis 24/72, Slg. 1972, 1219, Randnr. 7, und Intertanko u. a., Randnr. 44).
53. Ferner kann der Gerichtshof die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts nur dann an einem völkerrechtlichen Vertrag messen, wenn dessen Art und Struktur dem nicht entgegenstehen (vgl. Urteil vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, Slg. 2008, I‑6513, Randnr. 110).
54. Wenn Art und Struktur des betreffenden Vertrags der Kontrolle der Gültigkeit des Unionsrechtsakts anhand der Bestimmungen dieses Vertrags nicht entgegenstehen, ist schließlich noch erforderlich, dass die insoweit geltend gemachten Bestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen (vgl. Urteile IATA und ELFAA, Randnr. 39, und Intertanko u. a., Randnr. 45).
55. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die geltend gemachte Bestimmung eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfüllung oder Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Akts abhängen (vgl. Urteile vom 30. September 1987, Demirel, 12/86, Slg. 1987, 3719, Randnr. 14, vom 15. Juli 2004, Pêcheurs de l’étang de Berre, C‑213/03, Slg. 2004, I‑7357, Randnr. 39, sowie vom 8. März 2011, Lesoochranárske zoskupenie, C‑240/09, Slg. 2011, I‑0000, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).
56. Es ist somit zu prüfen, ob bei den Bestimmungen der vom vorlegenden Gericht angeführten Übereinkünfte die in den Randnrn. 52 bis 54 des vorliegenden Urteils dargestellten Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind.
a) Zum Chicagoer Abkommen
57. Wie aus Abs. 3 seiner Präambel hervorgeht, definiert das Chicagoer Abkommen „gewisse Grundsätze und Übereinkommen …, damit die internationale Zivilluftfahrt sich sicher und geordnet entwickeln kann, und damit internationale Luftverkehrsdienste auf der Grundlage gleicher Möglichkeiten eingerichtet und gesund und wirtschaftlich betrieben werden können“.
58. Das Chicagoer Abkommen hat einen ausgedehnten Anwendungsbereich: Geregelt sind darin u. a. das Recht auf nicht planmäßige Flüge, auch auf Überfliegen der Hoheitsgebiete der Vertragsstaaten, die Grundsätze für die Kabotage im Luftverkehr, die Voraussetzungen, unter denen ein unbemanntes Luftfahrzeug das Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats ohne Pilot überfliegen darf, die Einrichtung von Sperrgebieten durch die Vertragsstaaten aus Gründen der militärischen Notwendigkeit oder der öffentlichen Sicherheit, die Landung von Luftfahrzeugen auf Zollflughäfen, die Anwendbarkeit von Luftverkehrsvorschriften, die Luftverkehrsregeln, die Erhebung von Flughafen- und ähnlichen Gebühren, die Staatszugehörigkeit der Luftfahrzeuge und Maßnahmen zur Erleichterung der Luftfahrt wie die Erleichterung der Förmlichkeiten, die Festlegung des Verfahrens bei Zollabfertigung und Einreise sowie Luftfahrteinrichtungen und einheitliche Verfahren.
59. Das Chicagoer Abkommen regelt auch die Bedingungen, die in Bezug auf Luftfahrzeuge zu erfüllen sind, insbesondere in Bezug auf die in Luftfahrzeugen mitzuführenden Papiere, die Bordfunkausrüstung, die Lufttüchtigkeitszeugnisse, die Anerkennung von Zeugnissen und Erlaubnisscheinen oder die Frachtbeschränkungen. Das Abkommen sieht außerdem vor, dass von der ICAO internationale Richtlinien und Empfehlungen angenommen werden.
60. Wie in Randnr. 3 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist unstreitig, dass die Union nicht Vertragspartei dieses Abkommens ist, wohl aber alle ihre Mitgliedstaaten.
61. Zwar begründet Art. 351 Abs. 1 AEUV die Verpflichtung der Organe der Union, die Erfüllung der Pflichten, die sich für die Mitgliedstaaten aus vor dem 1. Januar 1958 geschlossenen Übereinkünften wie dem Chicagoer Abkommen ergeben, nicht zu behindern; durch diese Verpflichtung der Organe soll es jedoch den betreffenden Mitgliedstaaten lediglich ermöglicht werden, ihren Verpflichtungen aus einer früheren Übereinkunft nachzukommen, ohne dass damit die Union den fraglichen Drittländern gegenüber gebunden werden soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Oktober 1980, Burgoa, 812/79, Slg. 1980, 2787, Randnrn. 8 und 9).
62. Im Ausgangsverfahren ist die Union folglich nur dann an die Bestimmungen des Chicagoer Abkommens gebunden, wenn und soweit sie die Befugnisse, die im Anwendungsbereich dieser internationalen Übereinkunft, wie er in den Randnrn. 57 bis 59 des vorliegenden Urteils dargestellt wird, zuvor von den Mitgliedstaaten der Union ausgeübt wurden, aufgrund des EU- und des AEU-Vertrags übernommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile International Fruit Company u. a., Randnr. 18, vom 14. Juli 1994, Peralta, C‑379/92, Slg. 1994, I‑3453, Randnr. 16, und vom 22. Oktober 2009, Bogiatzi, C‑301/08, Slg. 2009, I‑10185, Randnr. 25).
63. Eine Bindung der Union setzt nämlich ferner voraus, dass die Union die zuvor von den Mitgliedstaaten ausgeübten Befugnisse bezüglich der betreffenden Übereinkunft vollständig übernommen hat und diese somit vollständig auf sie übergangen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile Intertanko u. a., Randnr. 49, und Bogiatzi, Randnr. 33). Der Gerichtshof muss die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts oder mehrerer Rechtsakte der Union also nicht schon deshalb an einem von der Union selbst nicht gebilligten internationalen Übereinkommen messen, weil mit diesem Rechtsakt oder diesen Rechtsakten Bestimmungen dieses Übereinkommens in das Unionsrecht übernommen werden sollen oder übernommen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Intertanko u. a., Randnr. 50).
64. Wie die schwedische Regierung in ihrer schriftlichen Stellungnahme im Wesentlichen geltend macht, kann die Union sowohl auf der Grundlage von Art. 80 Abs. 2 EG als auch auf der Grundlage Art. 100 Abs. 2 AEUV geeignete Vorschriften für die Luftfahrt erlassen.
65. Insoweit ist festzustellen, dass bestimmte das Chicagoer Abkommen betreffende Aspekte auf der Ebene der Union geregelt worden sind, insbesondere auf der Grundlage von Art. 80 Abs. 2 EG. Was den Luftverkehr angeht, gilt dies, wie der Gerichtshof in Randnr. 23 des Urteils vom 25. Januar 2011, Neukirchinger (C‑382/08, Slg. 2011, I‑0000), festgestellt hat, z. B. für die Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit (ABl. L 240, S. 1) und die Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Harmonisierung der technischen Vorschriften und der Verwaltungsverfahren in der Zivilluftfahrt (ABl. L 373, S. 4) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1900/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 (ABl. L 377, S. 176) geänderten Fassung.
66. Der Unionsgesetzgeber hat des Weiteren die Richtlinie 2006/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Regelung des Betriebs von Flugzeugen des Teils II Kapitel 3 Band 1 des Anhangs 16 zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt, 2. Ausgabe (1988) (ABl. L 374, S. 1) erlassen.
67. Was die Problematik der Besteuerung des getankten Treibstoffs angeht, hat der Rat ferner die Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283, S. 51) erlassen. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie sieht eine Steuerbefreiung für Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt vor, und zwar, wie aus dem 23. Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervorgeht, damit die Union u. a. bestimmten internationalen Verpflichtungen nachkommt, einschließlich derjenigen, die mit den Steuerbefreiungen für Energieerzeugnisse, die für die Zivilluftfahrt bestimmt sind, in Zusammenhang stehen, die den Luftfahrtgesellschaften aufgrund des Chicagoer Abkommens und aufgrund internationaler bilateraler Abkommen über Luftfahrt-Dienstleistungen, die von der Europäischen Union und/oder den Mitgliedstaaten mit bestimmten Drittländern geschlossen wurden, zugutekommen (vgl. Urteil vom 1. Dezember 2011, Systeme Helmholz, C‑79/10, Slg. 2011, I‑0000, Randnrn. 24 und 25).
68. Die Union wollte durch den Erlass des Beschlusses 2011/530/EU des Rates vom 31. März 2011 über die Unterzeichnung im Namen der Union und die vorläufige Anwendung einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation zur Schaffung eines Rahmens für die verstärkte Zusammenarbeit (ABl. L 232, S. 1) einen Rahmen für die Zusammenarbeit bei den Luftsicherheitsaudits und -inspektionen im Hinblick auf die Vorschriften in Anhang 17 des Chicagoer Abkommens schaffen.
69. Auch wenn die Union im Übrigen bestimmte ausschließliche Zuständigkeiten erworben hat, gegenüber Drittländern Verpflichtungen einzugehen, die in den Anwendungsbereich der Vorschriften der Union im Bereich des internationalen Luftverkehrs fallen und somit in den Anwendungsbereich des Chicagoer Abkommens (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. November 2002, Kommission/Deutschland, C‑476/98, Slg. 2002, I‑9855, Randnr. 124), bedeutet dies jedoch nicht, dass sie deshalb eine ausschließliche Zuständigkeit im gesamten Bereich der internationalen Zivilluftfahrt hätte, auf den sich dieses Abkommen erstreckt.
70. Wie nämlich die französische und die schwedische Regierung geltend machen, haben die Mitgliedstaaten Zuständigkeiten behalten, die unter das Chicagoer Abkommen fallen, z. B. Zuständigkeiten betreffend die Zuteilung der Verkehrsrechte, die Festlegung der Flughafengebühren oder die Festlegung von Sperrgebieten für das Überfliegen ihres Hoheitsgebiets.
71. Da die zuvor von den Mitgliedstaaten ausgeübten Befugnisse im Anwendungsbereich des Chicagoer Abkommens derzeit nicht vollständig auf die Union übergangen sind, ist diese somit nicht an dieses Abkommen gebunden.
72. Im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens kann der Gerichtshof die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 daher nicht am Chicagoer Abkommen als solchem messen.
b) Zum Kyoto-Protokoll
73. Aus dem Beschluss 94/69 und der Entscheidung 2002/358 geht hervor, dass die Union das Kyoto-Protokoll genehmigt hat. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens bilden folglich seit dessen Inkrafttreten einen integrierenden Bestandteil der Unionsrechtsordnung (vgl. Urteil vom 30. April 1974, Haegeman, 181/73, Slg. 1974, 449, Randnr. 5).
74. Daher ist zur Feststellung, ob der Gerichtshof die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 am Kyoto-Protokoll messen darf, zu prüfen, ob dessen Art und Struktur dem nicht entgegenstehen und ob seine Bestimmungen, insbesondere Art. 2 Abs. 2, inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen, damit sie für den Unionsbürger das Recht begründen, sich vor Gericht im Rahmen der Anfechtung der Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union wie dieser Richtlinie auf sie zu berufen.
75. Mit der Verabschiedung des Kyoto-Protokolls wollten die Vertragsparteien Ziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen festlegen; sie haben sich verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Ziele zu erreichen. Vom Protokoll wird einigen Vertragsparteien, die sich im Übergang zur Marktwirtschaft befinden, im Hinblick auf die Erfüllung ihrer Verpflichtungen ein gewisses Maß an Flexibilität gewährt. Im Übrigen ist es bestimmten Vertragsparteien gestattet, ihre Reduktionsverpflichtungen gemeinsam zu erfüllen. Und die durch das Rahmenabkommen eingesetzte Konferenz der Vertragsparteien hat die Aufgabe, geeignete und wirksame Verfahren und Mechanismen zur Feststellung und Behandlung von Fällen der Nichteinhaltung der Bestimmungen des Protokolls zu genehmigen.
76. Zwar sieht das Kyoto-Protokoll für den Verpflichtungszeitraum von 2008 bis 2012 quantifizierte Verpflichtungen zur Verringerung von Treibhausgasen vor; die Vertragsparteien können ihre Verpflichtungen aber nach den Modalitäten und der Geschwindigkeit, auf die sie sich geeinigt haben, erfüllen.
77. Insbesondere sieht Art. 2 Abs. 2 des Kyoto-Protokolls, auf den das vorlegende Gericht verweist, vor, dass die Vertragsparteien ihre Bemühungen um eine Begrenzung oder Reduktion der Emissionen von bestimmten Treibhausgasen aus dem Luftverkehr im Rahmen der ICAO fortsetzen. Bei dieser Bestimmung des Kyoto-Protokolls kann somit jedenfalls nicht angenommen werden, dass sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau wäre und somit für den Bürger das Recht begründete, sich vor Gericht auf sie zu berufen, um die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 in Frage zu stellen.
78. Im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens kann die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 daher nicht am Kyoto-Protokoll gemessen werden.
c) Zum „Open-Skies“-Abkommen
79. Das „Open-Skies“-Abkommen ist durch die Beschlüsse 2007/339 und 2010/465 im Namen der Union genehmigt worden. Die Bestimmungen dieses Abkommens bilden daher seit dessen Inkrafttreten einen integrierenden Bestandteil der Unionsrechtsordnung (vgl. Urteil Haegeman, Randnr. 5).
80. Als Erstes stellt sich somit die Frage, ob Art und Struktur des „Open-Skies“-Abkommen einer Prüfung der Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 anhand dieses Abkommens entgegenstehen.
81. Insoweit ist festzustellen, dass mit diesem Abkommen, wie aus den Erwägungsgründen 3 und 4 seiner Präambel hervorgeht, den Luftfahrtunternehmen der Vertragsparteien ermöglicht werden soll, Reisenden und Versendern wettbewerbsfähige Preise und Dienstleistungen in offenen Märkten anzubieten. Ferner sollen die Vorteile eines solchen liberal gefassten Abkommens allen Bereichen der Luftverkehrsbranche, auch den Beschäftigten der Luftfahrtunternehmen, zugänglich gemacht werden. Damit haben die Vertragsparteien ihre Absicht kundgetan, ein Beispiel von globaler Bedeutung für die Vorteile der Liberalisierung in diesem zentralen Wirtschaftsbereich zu schaffen.
82. Wie die Generalanwältin in Nr. 91 ihrer Schlussanträge ausführt, zielt dieses Abkommen also speziell auf die in den Hoheitsgebieten der Vertragsparteien niedergelassenen Luftfahrtunternehmen ab. Dafür sprechen insbesondere Art. 3 Abs. 2 und 5 und Art. 10 des Abkommens, mit denen diesen Luftfahrtunternehmen unmittelbar Rechte eingeräumt werden, während ihnen mit anderen Bestimmungen des Abkommens Verpflichtungen auferlegt werden.
83. Die Vertragsparteien haben in Art. 19 des „Open-Skies“-Abkommens vereinbart, dass alle Streitigkeiten hinsichtlich der Anwendung oder Auslegung des Abkommens einem Verfahren unterworfen werden können, das mit der Anrufung eines Schiedsgerichts enden kann; hierzu ist festzustellen, dass die Tatsache allein, dass die Vertragsparteien einen besonderen institutionellen Rahmen für Konsultationen und Verhandlungen untereinander über die Durchführung dieses Abkommens geschaffen haben, nicht ausreicht, um jegliche Anwendung dieses Abkommens durch die Gerichte auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kupferberg, Slg. 1982, 3641, Randnr. 20).
84. Da mit dem „Open-Skies“-Abkommen bestimmte Vorschriften eingeführt werden, die direkt und unmittelbar auf die Luftfahrtunternehmen Anwendung finden und diesen Unternehmen auf diese Weise Rechte oder Freiheiten verleihen sollen, die den Vertragsparteien gegenüber geltend gemacht werden können, und Art und Struktur des Abkommens nicht entgegenstehen, kann der Gerichtshof die Gültigkeit eines Rechtsakts der Union wie der Richtlinie 2008/101 an den Bestimmungen eines solchen Abkommens messen.
85. Infolgedessen ist zu prüfen, ob die vom vorlegenden Gericht angeführten Bestimmungen des „Open-Skies“-Abkommens inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen, so dass der Gerichtshof die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 speziell an diesen Bestimmungen messen kann.
i) Zu Art. 7 des „Open-Skies“-Abkommens
86. Wie die Generalanwältin in Nr. 103 ihrer Schlussanträge ausführt, sieht Art. 7 des „Open-Skies“-Abkommens unter der Überschrift „Anwendung von Rechtsvorschriften“ eine genaue und unbedingte Verpflichtung für die von den Luftfahrtunternehmen der Vertragsparteien verwendeten Luftfahrzeuge vor. Nach dieser Bestimmung gelten nämlich für diese im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeuge beim Ein- oder Ausflug und innerhalb des Gebiets einer Vertragspartei deren Rechtsvorschriften über den Einflug der Luftfahrzeuge in ihr oder den Ausflug aus ihrem Gebiet bzw. den Betrieb und den Verkehr der Luftfahrzeuge und sind von diesen Luftfahrzeugen zu befolgen.
87. Mithin können sich die Luftfahrtunternehmen im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens im Hinblick auf die Beurteilung der Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 auf Art. 7 des „Open-Skies“-Abkommens berufen.
ii) Zu Art. 11 des „Open-Skies“-Abkommens
88. Von den in Art. 11 Abs. 1 und 2 des „Open-Skies“-Abkommens genannten Erzeugnissen kommt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nur Treibstoff als solcher in Betracht, nicht hingegen der Treibstoffabsatz im Sinne von Abs. 7 dieses Artikels.
89. Nach Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens ist u. a. Treibstoff, der zur Verwendung in einem im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeug eines in den Vereinigten Staaten niedergelassenen Luftfahrtunternehmens in das Gebiet der Union eingeführt oder dort geliefert wird, selbst wenn er auf dem Teil des Fluges über dem Gebiet der Union verbraucht werden soll, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit von Zöllen, Gebühren und Abgaben befreit.
90. Was Treibstoff für internationale Flüge angeht, ist festzustellen, dass die Union ausdrücklich eine Steuerbefreiung für Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt vorgesehen hat, und zwar insbesondere um bestehenden internationalen Verpflichtungen aus dem Chicagoer Abkommen und Verpflichtungen aus internationalen bilateralen Abkommen über Luftfahrt-Dienstleistungen nachzukommen, die sie mit bestimmten Drittländern geschlossen hat und die insoweit ihrer Art nach dem „Open-Skies“-Abkommen entsprechen (vgl. Urteil Systeme Helmholz, Randnrn. 24 und 25).
91. Außerdem ist unstreitig, dass diese Steuerbefreiung für internationale kommerzielle Flüge bereits vor Erlass der Richtlinie 2003/96 galt (vgl. hierzu Urteil Systeme Helmholz, Randnr. 22) und die Vertragsparteien des „Open-Skies“-Abkommens, und zwar sowohl die Union als auch die Vereinigten Staaten, indem sie in Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c dieses Abkommens eine Verpflichtung zur Steuerbefreiung des getankten Treibstoffs vorsahen, beim getankten Treibstoff nur eine Verpflichtung aus internationalen Übereinkünften, insbesondere dem Chicagoer Abkommen, wiederholt haben.
92. Schließlich ist weder von den Mitgliedstaaten noch von den Organen der Union, die schriftliche Erklärungen eingereicht haben, geltend gemacht worden, dass im Rahmen des „Open-Skies“-Abkommens vom Handelspartner der Union für den getankten Treibstoff der Luftfahrzeuge der in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Luftfahrtunternehmen keine Steuerbefreiung gewährt würde.
93. Was speziell den Treibstoff angeht, steht die Voraussetzung der Gegenseitigkeit gemäß Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens insbesondere unter Umständen wie denen der vorliegenden Rechtssache, in der die Vertragsparteien die in Rede stehende Verpflichtung gegenseitig erfüllt haben, somit einer unmittelbaren Geltendmachung der Verpflichtung der Befreiung des getankten Treibstoffs von Zöllen, Gebühren und Abgaben gemäß dieser Bestimmung im Hinblick auf die Kontrolle der Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 nicht entgegen.
94. Im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens kann die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 also an Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens gemessen werden, soweit diese Bestimmung die Verpflichtung betrifft, von einem im internationalen Luftverkehr zwischen der Union und den Vereinigten Staaten eingesetzten Luftfahrzeug getankten Treibstoff von Zöllen, Gebühren und Abgaben außer den nach Maßgabe der geleisteten Dienste berechneten Gebühren zu befreien.
iii) Zu Art. 15 Abs. 3 des „Open-Skies“-Abkommens in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens
95. Mit Art. 15 Abs. 3 Satz 1 des „Open-Skies“-Abkommens wird den Vertragsparteien die Verpflichtung auferlegt, die Umweltschutznormen der Anhänge des Chicagoer Abkommens zu beachten, ausgenommen in Fällen, in denen Abweichungen angezeigt wurden. Letzteres ist keine Voraussetzung für die Verpflichtung der Union, diese Normen zu beachten, sondern stellt eine mögliche Ausnahme von dieser Verpflichtung dar.
96. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 des „Open-Skies“-Abkommens erscheint also unbedingt und hinreichend genau, so dass der Gerichtshof die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 an dieser Bestimmung messen kann (vgl. zur Beachtung von Umweltschutznormen eines Überkommens, Urteil Pêcheurs de l’étang de Berre, Randnr. 47).
97. Art. 15 Abs. 3 Satz 2 des „Open-Skies“-Abkommens sieht vor, dass Umweltmaßnahmen, die sich auf die von diesem Abkommen geregelten Luftverkehrsdienste auswirken, von den Vertragsparteien in Übereinstimmung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens anzuwenden sind.
98. Daher kann die Union im Rahmen der Anwendung ihrer Umweltschutzmaßnahmen zwar bestimmte Maßnahmen erlassen, mit denen einseitig das Verkehrsvolumen, die Frequenz und/oder die Regelmäßigkeit der Dienste im Sinne von Art. 3 Abs. 4 des „Open-Skies“-Abkommens begrenzt wird; sie hat solche Maßnahmen allerdings unter einheitlichen Bedingungen in Einklang mit Art. 15 des Chicagoer Abkommens anzuwenden. Diese Bestimmung sieht im Wesentlichen vor, dass Flughafengebühren, die für im planmäßigen internationalen Fluglinienverkehr verwendete Flugzeuge erhoben werden oder erhoben werden können, nicht höher sein dürfen als diejenigen, die inländische Luftfahrzeuge, die in einem gleichartigen internationalen Fluglinienverkehr verwendet werden, bezahlen würden.
99. Im Hinblick auf Art. 2 des „Open-Skies“-Abkommens, wonach jede Vertragspartei den Luftfahrtunternehmen beider Vertragsparteien in billiger und gleicher Weise Gelegenheit gibt, bei der Durchführung des internationalen Luftverkehrs miteinander in Wettbewerb zu treten, ist Art. 15 Abs. 3 dieses Abkommens in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens daher dahin auszulegen, dass, wenn die Union Umweltschutzmaßnahmen in Form von Flughafengebühren festlegt, mit denen das Verkehrsvolumen, die Frequenz und/oder die Regelmäßigkeit transatlantischer Flugdienste begrenzt wird, solche Gebühren für in den Vereinigten Staaten niedergelassene Luftfahrtunternehmen nicht höher sein dürfen als für Luftfahrtunternehmen der Union; dabei ist diesen beiden Kategorien von Luftfahrtunternehmen im Hinblick auf die etwaige Erhebung solcher Gebühren von der Union in billiger und gleicher Weise Gelegenheit zu geben, miteinander in Wettbewerb zu treten.
100. Art. 15 Abs. 3 des „Open-Skies“-Abkommens in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens enthält somit eine unbedingte und hinreichend genaue Verpflichtung, die im Hinblick auf die Beurteilung der Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 geltend gemacht werden kann.
2. Zum Völkergewohnheitsrecht
101. Nach Art. 3 Abs. 5 EUV leistet die Union einen Beitrag zur strikten Einhaltung und zur Weiterentwicklung des Völkerrechts. Beim Erlass eines Rechtsakts ist sie also verpflichtet, das gesamte Völkerrecht zu beachten, auch das die Organe der Union bindende Völkergewohnheitsrecht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. November 1992, Poulsen und Diva Navigation, C‑286/90, Slg. 1992, I‑6019, Randnrn. 9 und 10, und vom 16. Juni 1998, Racke, C‑162/96, Slg. 1998, I‑3655, Randnrn. 45 und 46).
102. Somit ist als Erstes zu prüfen, ob anerkannt ist, dass die vom vorlegenden Gericht angeführten Grundsätze zum Völkergewohnheitsrecht gehören. Wenn ja, ist als Zweites zu prüfen, ob und inwieweit sich der Bürger auf diese Grundsätze berufen kann, um die Gültigkeit eines Rechtsakts der Union wie der Richtlinie 2008/101 in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens in Zweifel zu ziehen.
a) Zur Anerkennung der geltend gemachten Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts
103. Insoweit führt das vorlegende Gericht die Grundsätze an, dass jeder Staat die vollständige und ausschließliche Hoheit über seinen Luftraum besitzt und dass kein Staat den Anspruch erheben darf, irgendeinen Teil der hohen See seiner Hoheit zu unterstellen. Es erwähnt auch den Grundsatz der Freiheit von Flügen über hoher See.
104. Diese drei Grundsätze gelten als Wiedergabe des gegenwärtigen Stands des Völkergewohnheitsrechts auf dem Gebiet des See- und Luftrechts; sie sind im Übrigen kodifiziert worden in Art. 1 des Chicagoer Abkommens (vgl. zur Anerkennung eines solchen Grundsatzes Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 27. Juni 1986 im Fall „Militärische und paramilitärische Aktivitäten in und gegen Nicaragua“ [Nicaragua/Vereinigte Staaten von Amerika], ICJ, Reports of Judgments, Advisory Opinions and Orders, 1986, S. 392, Nr. 212), in Art. 2 des Genfer Übereinkommens vom 29. April 1958 über die Hohe See (United Nations Treaties Series, Band 450, S. 11) (vgl. zur Anerkennung dieses Grundsatzes auch Urteil des Ständigen Internationalen Gerichtshofs vom 7. September 1927 im Fall „Lotus“, Slg. CPJI 1927, Serie A, Nr. 10, S. 25) bzw. in Art. 87 Abs. 1 Satz 3 des am 10. Dezember 1982 in Montego Bay unterzeichneten, am 16. November 1994 in Kraft getretenen und mit Beschluss 98/392/EG des Rates vom 23. März 1998 (ABl. L 179, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft unterzeichneten und genehmigten Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen.
105. Dass es diese Grundsätze des Völkerrechts gibt, haben im Übrigen weder die Mitgliedstaaten noch die Organe der Union, noch die Republik Island und das Königreich Norwegen in ihren schriftlichen Erklärungen und in der mündlichen Verhandlung bestritten.
106. Die Existenz des vierten vom vorlegenden Gericht angeführten Grundsatzes, nämlich, dass Flugzeuge, die über hoher See fliegen, ausschließlich der Hoheitsgewalt des Staates unterliegen, in dem sie eingetragen sind, wird jedoch von der Regierung des Vereinigten Königreichs und in gewissem Maße auch von der deutschen Regierung bestritten; hierzu ist festzustellen, dass es keine hinreichenden Beweise dafür gibt, dass der Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts, wonach sich ein Schiff, das sich auf hoher See befindet, grundsätzlich ausschließlich dem Recht des Flaggenstaats unterliegt, der als solcher anerkannt ist (vgl. Urteil Poulsen und Diva Navigation, Randnr. 22), entsprechend für Luftfahrzeuge, die die hohe See überfliegen, gilt.
b) Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die in Rede stehenden Grundsätze geltend gemacht werden können
107. Ein Bürger kann die in Randnr. 103 des vorliegenden Urteils genannten Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts insoweit im Hinblick auf die Prüfung der Gültigkeit eines Rechtsakts der Union durch den Gerichtshof geltend machen, als die Zuständigkeit der Union für den Erlass des Rechtsakts durch diese Grundsätze in Frage gestellt werden kann (vgl. Urteile vom 27. September 1988, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, 89/85, 104/85, 114/85, 116/85, 117/85 und 125/85 bis 129/85, Slg. 1988, 5193, Randnrn. 14 bis 18, und vom 24. November 1993, Mondiet, C‑405/92, Slg. 1993, I‑6133, Randnrn. 11 bis 16) und durch den in Rede stehenden Rechtsakt Rechte des Bürgers aus dem Unionsrecht beeinträchtigt oder Verpflichtungen des Bürgers aus dem Unionsrecht begründet werden können.
108. Im Ausgangsverfahren werden diese Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts jedoch im Wesentlichen geltend gemacht, damit der Gerichtshof beurteilt, ob die Union im Hinblick auf diese Grundsätze für den Erlass der Richtlinie 2008/101 zuständig war, soweit diese den Geltungsbereich der Richtlinie 2003/87 auf die Betreiber von Luftfahrzeugen von Drittländern ausgedehnt hat, deren Flüge, die von einem Flugplatz abgehen oder auf einem Flugplatz enden, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Union befindet, zum Teil über hoher See und außerhalb des Hoheitsgebiets dieser Staaten erfolgen.
109. Auch wenn die in Rede stehenden Grundsätze offenbar nur Verpflichtungen zwischen Staaten begründen, kann demnach unter Umständen wie denen des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens, in dem die Richtlinie 2008/101 für die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens unionsrechtliche Verpflichtungen begründen kann, nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerinnen diese Grundsätze geltend machen können und der Gerichtshof die Gültigkeit der Richtlinie somit an diesen Grundsätzen messen kann.
110. Da ein Grundsatz des Völkergewohnheitsrechts aber nicht dieselbe Bestimmtheit aufweist wie eine Bestimmung einer internationalen Übereinkunft, muss sich die gerichtliche Kontrolle zwangsläufig auf die Frage beschränken, ob den Organen der Union beim Erlass des betreffenden Rechtsakts offensichtliche Fehler bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Grundsätze unterlaufen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Racke, Randnr. 52).
111. Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens von den vom vorlegenden Gericht angeführten völkerrechtlichen Grundsätzen und Bestimmungen nur folgende im Hinblick auf die Beurteilung der Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 geltend gemacht werden können:
- zum einen, begrenzt auf die Kontrolle eines der Union zurechenbaren offensichtlichen Fehlers bei der Beurteilung ihrer Zuständigkeit für den Erlass dieser Richtlinie hinsichtlich dieser Grundsätze,
- der Grundsatz, dass jeder Staat die vollständige und ausschließliche Hoheit über seinen Luftraum besitzt;
- der Grundsatz, dass kein Staat den Anspruch erheben darf, irgendeinen Teil der hohen See seiner Hoheit zu unterstellen, und
- der Grundsatz der Freiheit von Flügen über hoher See;
- zum anderen
- Art. 7 und Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens sowie
- Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens.
B – Zur zweiten, zur dritten und zur vierten Frage
112. In Anbetracht der Antwort des Gerichtshofs auf die erste Frage möchte das vorlegende Gericht mit der zweiten, der dritten und der vierten Frage wissen, ob die Richtlinie 2008/101, wenn und soweit mit ihr das System des Handels mit Zertifikaten auf die außerhalb des Luftraums der Mitgliedstaaten stattfindenden Abschnitte von Flügen, einschließlich der Flüge von in Drittländern eingetragenen Flugzeugen, angewandt werden soll, im Hinblick auf die in der Antwort des Gerichtshofs auf die erste Frage genannten Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts sowie im Hinblick auf Art. 7 und Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens und Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens gültig ist.
113. Angesichts der Formulierung dieser Fragen und der Tatsache, dass es sich bei den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens um in einem Drittland eingetragene Luftfahrtgesellschaften handelt, ist als Erstes zu prüfen, ob und inwieweit die Richtlinie 2008/101 auf die Abschnitte von internationalen Flügen Anwendung findet, die von solchen Luftfahrtgesellschaften außerhalb des Luftraums der Mitgliedstaaten durchgeführt werden. Als Zweites wird vor diesem Hintergrund die Gültigkeit der Richtlinie zu prüfen sein.
1. Zum räumlichen Geltungsbereich der Richtlinie 2008/101
114. Nach ihrem Art. 2 Abs. 1 gilt die Richtlinie 2003/87 für die Emissionen aus den in Anhang I aufgeführten Tätigkeiten und die Emissionen der sechs in Anhang II aufgeführten Treibhausgase, u. a. CO2.
115. Der Anhang I der Richtlinie 2003/87 ist durch die Richtlinie 2008/101 dahin geändert worden, dass eine Tätigkeitskategorie „Luftverkehr“ hinzugefügt und in Nr. 2 seiner Einleitung ein zweiter Absatz eingefügt worden ist, nach dem „[a]b 1. Januar 2012 … alle Flüge einbezogen [werden], die auf Flugplätzen enden oder von Flugplätzen abgehen, die sich in einem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befinden, auf das der Vertrag Anwendung findet“.
116. Insoweit ist festzustellen, dass bei den in diesem Anhang I aufgeführten Ausnahmen bei den Luftfahrzeugen, die von einem Flugplatz in der Union starten, nicht auf den Flugplatz, auf dem sie landen, und bei den Luftfahrzeugen, die auf einem Flugplatz in der Union landen, nicht auf den Flugplatz, von dem sie starten, abgestellt wird. Mithin findet die Richtlinie 2008/101 auf Flüge, die im Hoheitsgebiet der Union enden oder von dort abgehen, einschließlich derjenigen Flüge, die von Flugplätzen abgehen oder auf Flugplätzen enden, die sich außerhalb dieses Gebiets befinden, unterschiedslos Anwendung. Dies geht im Übrigen aus dem 16. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/101 hervor.
117. Auf internationale Flüge, bei denen das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Union oder das von Drittländern überflogen wird, die aber nicht auf Flugplätzen enden oder von Flugplätzen abgehen, die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befinden, findet die Richtlinie somit als solche keine Anwendung.
118. Endet hingegen ein Flug, der von einem Flugplatz abgeht, der sich im Hoheitsgebiet eines Drittlands befindet, auf einem Flugplatz, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Union befindet, oder endet ein Flug, der von einem solchen Flugplatz abgeht, auf einem Flugplatz, der sich in einem Drittland befindet, müssen die Luftfahrzeugbetreiber, die solche Flüge durchführen, nach Anhang IV Teil B der Richtlinie 2003/87 in der durch die Richtlinie 2008/101 geänderten Fassung ihre Emissionen angeben. Gemäß Art. 12 Abs. 2a der Richtlinie 2003/87, wie er durch die Richtlinie 2008/101 eingefügt worden ist, wird anhand dieser Angaben die den überprüften Emissionen entsprechende Zahl der Zertifikate bestimmt, die die Luftfahrzeugbetreiber für das vorangegangene Kalenderjahr abzugeben haben, wobei die Emissionen auf der Grundlage von Daten über die ganzen Flüge berechnet werden.
119. Bei der Berechnung der „Tonnenkilometer“ wird u. a. der Treibstoffverbrauch berücksichtigt; dieser wird mit einer Formel errechnet, mit der so weit wie möglich der tatsächliche Verbrauch bei den unter die Richtlinie 2008/101 fallenden Flügen ermittelt wird.
120. Im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt der Berücksichtigung des Treibstoffverbrauchs für die gesamten internationalen Flüge, die auf Flugplätzen enden oder von Flugplätzen ausgehen, die sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten befinden, ist die Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 im Rahmen des Ausgangsverfahrens zu prüfen.
2. Zur Zuständigkeit der Union für den Erlass der Richtlinie 2008/101 unter Berücksichtigung der Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts, die im Ausgangsverfahren geltend gemacht werden können
121. Wie in Randnr. 108 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hängen die drei Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts, die in der vorliegenden Rechtssache im Hinblick auf die Beurteilung der Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 durch den Gerichtshof geltend gemacht werden können, in hohem Maße mit dem räumlichen Geltungsbereich der Richtlinie 2003/87 in der durch die Richtlinie 2008/101 geänderten Fassung zusammen.
122. Zunächst ist festzustellen, dass das Unionsrecht und insbesondere die Richtlinie 2008/101 nicht bewirken können, dass die Richtlinie 2003/87 als solche auf Luftfahrzeuge Anwendung findet, die in Drittländern eingetragen sind und diese Staaten oder die hohe See überfliegen.
123. Die Befugnisse der Union sind nämlich unter Beachtung des Völkerrechts auszuüben; infolgedessen haben die Auslegung der Richtlinie 2008/101 und die Festlegung ihres Anwendungsbereichs im Licht des einschlägigen See- und Luftvölkerrechts zu erfolgen (vgl. in diesem Sinne Urteil Poulsen und Diva Navigation, Randnr. 9).
124. Hingegen kann die Unionsregelung auf einen Luftfahrzeugbetreiber angewandt werden, wenn sich dessen Luftfahrzeug im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, und zwar auf einem Flugplatz in diesem Hoheitsgebiet befindet, da dieses Luftfahrzeug dann der uneingeschränkten Hoheitsgewalt dieses Mitgliedstaats und der Union untersteht (vgl. entsprechend Urteil Poulsen und Diva Navigation, Randnr. 28).
125. Indem die Richtlinie 2008/101 für ihre Anwendbarkeit auf die Betreiber von Luftfahrzeugen, die in einem Mitgliedstaat oder in einem Drittland eingetragen sind, auf das Kriterium abstellt, dass mit diesen Luftfahrzeugen ein Flug durchgeführt wird, der von einem Flugplatz abgeht oder auf einem Flugplatz endet, der sich in einem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet, verstößt sie, soweit sie das System der Richtlinie 2003/87 auf die Luftfahrt ausdehnt, weder gegen den Grundsatz der Territorialität noch gegen den Grundsatz der Hoheit der Drittländer, von denen diese Flüge abgehen oder wo diese Flüge enden, über den Luftraum über ihrem Hoheitsgebiet; die betreffenden Luftfahrzeuge befinden sich nämlich physisch im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Union und unterstehen somit der uneingeschränkten Hoheitsgewalt der Union.
126. Durch eine solche Anwendung des Unionsrechts kann auch nicht der Grundsatz der Freiheit des Flugs über die hohe See in Frage gestellt werden; ein Luftfahrzeug, das die hohe See überfliegt, unterliegt dabei nämlich nicht dem System des Handels mit Zertifikaten. Im Übrigen kann ein solches Luftfahrzeug unter bestimmten Umständen den Luftraum eines Mitgliedstaats durchqueren, ohne dass sein Betreiber diesem System unterläge.
127. Denn nur wenn der Betreiber eins solchen Luftfahrzeugs sich dafür entscheidet, den kommerziellen Flugbetrieb auf einer Flugstrecke mit Abflug oder Ankunft auf einem Flugplatz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzunehmen, unterliegt er, weil sich sein Luftfahrzeug im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet, dem System des Handels mit Zertifikaten.
128. Der Luftfahrzeugbetreiber, der sich in einer solchen Situation befindet, ist verpflichtet, Zertifikate abzugeben, die unter Berücksichtigung des ganzen internationalen Flugs berechnet werden, den sein Luftfahrzeug, das von einem solchen Flugplatz startet oder auf einem solchen Flugplatz landet, durchgeführt hat oder durchführen wird; insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich der Unionsgesetzgeber, da die Umweltpolitik der Union nach Art. 191 Abs. 2 AEUV auf ein hohes Schutzniveau abzielt, grundsätzlich dafür entscheiden kann, die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in seinem Hoheitsgebiet, im vorliegenden Fall den Flugverkehr, nur unter der Voraussetzung zuzulassen, dass die Wirtschaftsteilnehmer die von der Union festgelegten Kriterien beachten, mit denen die Ziele, die sie sich im Umweltbereich gesetzt hat, erreicht werden sollen, insbesondere wenn diese Ziele an eine von der Union unterzeichnete internationale Übereinkunft wie das Rahmenübereinkommen oder das Kyoto-Protokoll anknüpfen.
129. Im Übrigen ist der Umstand, dass bei der Anwendung der Unionsregelung im Umweltbereich bestimmte Faktoren, die zur Verschmutzung der Luft, des Meeres oder der Landgebiete der Mitgliedstaaten beitragen, auf ein Geschehen zurückzuführen sind, das sich teilweise außerhalb dieses Gebiets ereignet, im Hinblick auf die Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts, die im Ausgangsverfahren geltend gemacht werden können, nicht geeignet, die uneingeschränkte Anwendbarkeit des Unionsrechts in diesem Gebiet in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne zur Anwendung des Wettbewerbsrechts Urteil Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, Randnrn. 15 bis 18, und zu Kohlenwasserstoffen, die unabsichtlich ins Meer jenseits des Küstenmeers eines Mitgliedsstaats ausgebracht worden sind, Urteil vom 24. Juni 2008, Commune de Mesquer, C‑188/07, Slg. 2008, I‑4501, Randnrn. 60 bis 62).
130. Daraus folgt, dass die Union unter dem Gesichtspunkt der Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts, die im Rahmen des Ausgangsverfahrens geltend gemacht werden können, zum Erlass der Richtlinie 2008/101 befugt war, soweit diese das in der Richtlinie 2003/87 vorgesehene System des Handels mit Zertifikaten auf alle Flüge ausdehnt, die auf einem Flugplatz enden oder von einem Flugplatz abgehen, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet.
3. Zur Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 im Hinblick auf das „Open-Skies“-Abkommen
a) Zur Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 im Hinblick auf Art. 7 des „Open-Skies“-Abkommens
131. ATA u. a. machen im Wesentlichen geltend, die Richtlinie 2008/101 verstoße insoweit gegen Art. 7 des „Open-Skies“-Abkommens, als nach dieser Bestimmung – was ATA u. a. betreffe – die im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeuge die Rechtsvorschriften lediglich beim Einflug in das Hoheitsgebiet oder beim Ausflug aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu beachten hätten, bzw. die Rechtsvorschriften über den Betrieb oder den Verkehr, wenn sich ihre Luftfahrzeuge in diesem Gebiet befänden. Mit der Richtlinie 2008/101 werde das System des Handels mit Zertifikaten gemäß der Richtlinie 2003/87 aber nicht nur beim Einflug der Luftfahrzeuge in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder beim Ausflug aus diesem Gebiet angewandt, sondern auch auf die Abschnitte des Flugs, die über hohe See und über das Hoheitsgebiet von Drittländern führten.
132. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Richtlinie 2008/101 nicht bewirkt, dass die Richtlinie 2003/87 als solche auf in Drittländern eingetragene Luftfahrzeuge anwendbar ist, die diese Länder oder die hohe See überfliegen.
133. Die Betreiber solcher Luftfahrzeuge unterliegen nämlich nur dann dem System des Handels mit Zertifikaten, wenn sie sich dafür entscheiden, den kommerziellen Flugbetrieb auf einer Flugstrecke mit Abflug oder Ankunft auf einem Flugplatz im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufzunehmen, und zwar aufgrund der Tatsache, dass ihre Luftfahrzeuge diese Flugplätze benutzen.
134. Die Richtlinie 2008/101 sieht vor, dass die Richtlinie 2003/87 auf Flüge anwendbar ist, die von einem Flugplatz abgehen oder auf einem Flugplatz enden, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet. Da diese Regelung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten den Ein- und Ausflug der im internationalen – sowohl europäischen als auch transatlantischen – Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeuge betrifft, ergibt sich daher ausdrücklich aus Art. 7 Abs. 1 des „Open-Skies“-Abkommens, dass sie für alle Luftfahrzeuge gilt, die von den Luftfahrtunternehmen der anderen Vertragspartei dieses Abkommens verwendet werden, und dass sie von solchen Luftfahrzeugen zu befolgen ist.
135. Folglich steht Art. 7 Abs. 1 des „Open-Skies“-Abkommens der Anwendung des mit der Richtlinie 2003/87 eingeführten Systems des Handels mit Zertifikaten auf Luftfahrzeugbetreiber wie in den Vereinigten Staaten niedergelassene Luftfahrtunternehmen nicht entgegen, wenn deren Luftfahrzeuge für Flüge eingesetzt werden, die von Flugplätzen abgehen oder auf Flugplätzen enden, die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befinden.
b) Zur Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 im Hinblick auf Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens
136. ATA u. a. und die IATA machen im Wesentlichen geltend, die Richtlinie 2008/101 verstoße, soweit sie das in der Richtlinie 2003/87 vorgesehene System des Handels mit Zertifikaten auf den internationalen Luftverkehr ausdehne, gegen die Verpflichtung der Union aus Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens, getankten Treibstoff von Zöllen, Gebühren und Abgaben zu befreien. Diese Parteien des Ausgangsverfahrens machen insbesondere geltend, dass die Union nur Gebühren erheben dürfe, die nach Maßgabe der geleisteten Dienste berechnet seien; das System der Richtlinie 2003/87 falle jedoch nicht unter diese Ausnahme.
137. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass mit den genannten Bestimmungen des „Open-Skies“-Abkommens bestimmte Aspekte der wirtschaftlichen Kosten des Luftverkehrs geregelt werden sollen, wobei für die Luftfahrtunternehmen gleiche Bedingungen gewährleistet werden sollen. Vorbehaltlich der Gegenseitigkeit sind nach diesen Bestimmungen u. a. bestimmte Arten von Einfuhrzöllen, Gebühren und Abgaben auf Treibstoff verboten.
138. Mit den Bestimmungen der Richtlinie 2008/101 soll das mit der Richtlinie 2003/87 eingeführte System des Handels mit Zertifikaten auf Luftfahrzeugbetreiber ausgedehnt werden. Mit ihnen wird also u. a. das Ziel eines besseren Umweltschutzes verfolgt.
139. Außerdem ist zu beachten, dass zwar das Endziel des Systems des Handels mit Zertifikaten im Schutz der Umwelt durch eine Verringerung der Treibhausgasemissionen besteht, doch dieses System diese Emissionen nicht selbst verringert, sondern dem Anreiz und der Förderung des Strebens nach geringstmöglichen Kosten dient, um eine Verringerung dieser Emissionen auf ein bestimmtes Niveau zu erreichen. Der Vorteil für die Umwelt hängt davon ab, wie streng die Gesamtmenge der zugeteilten Zertifikate festgesetzt wird, die die Obergrenze der nach diesem System zulässigen Emissionen bildet (Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C‑127/07, Slg. 2008, I‑9895, Randnr. 31).
140. Daraus ergibt sich auch, dass die wirtschaftliche Logik des Systems des Handels mit Zertifikaten darin besteht, dass die Verringerung der Treibhausgasemissionen, die für das Erzielen eines im Voraus bestimmten Ergebnisses für die Umwelt notwendig ist, zu möglichst geringen Kosten erfolgt. Dieses System soll insbesondere dadurch, dass der Verkauf der zugeteilten Zertifikate erlaubt wird, jeden Teilnehmer dazu veranlassen, eine Treibhausgasmenge zu emittieren, die unter der Menge der ihm ursprünglich zugeteilten Zertifikate liegt, um die überschüssigen Zertifikate an einen anderen Teilnehmer abzugeben, der eine Emissionsmenge erzeugt hat, die die ihm zugeteilten Zertifikate übersteigt (Urteil Arcelor Atlantique und Lorraine u. a., Randnr. 32).
141. Bezüglich des Luftverkehrsbereichs hat sich der Unionsgesetzgeber, wie aus Anhang IV Teil B der Richtlinie 2003/87 in der durch die Richtlinie 2008/101 geänderten Fassung hervorgeht, allerdings dafür entschieden, bei der Festlegung einer Formel zur Ermittlung der Emissionen der Luftfahrzeugbetreiber aus den mit ihren Luftfahrzeugen durchgeführten Flügen, die unter diesen Anhang fallen, auf den Treibstoffverbrauch ihrer Luftfahrzeuge abzustellen. Die Luftfahrzeugbetreiber müssen somit eine Zahl von Zertifikaten abgeben, die ihren Gesamtemissionen im vorausgegangenen Kalenderjahr entspricht, die auf der Grundlage ihres Treibstoffverbrauchs bei allen unter die Richtlinie fallenden Flügen und eines Emissionsfaktors ermittelt werden.
142. Anders als es für obligatorische Abgaben auf den Besitz und den Verbrauch von Treibstoff kennzeichnend ist, besteht im Rahmen des Funktionierens des Systems des Handels mit Zertifikaten jedoch kein unmittelbarer und unauflöslicher Zusammenhang zwischen der Menge des von einem Luftfahrzeug getankten oder verbrauchten Treibstoffs und der finanziellen Belastung des Betreibers eines solchen Luftfahrzeugs. Die Kosten, die der Betreiber konkret zu tragen hat und die sich aus der u. a. auf der Grundlage des Treibstoffverbrauchs ermittelten Menge abzugebender Zertifikate ergeben, hängen bei einer marktgestützten Maßnahme nicht unmittelbar von der Zahl der abzugebenden Zertifikate ab, sondern von der Zahl der Zertifikate, die diesem Betreiber ursprünglich zugeteilt worden sind, und deren Marktpreis, wenn sich herausstellt, dass der Erwerb weiterer Zertifikate erforderlich ist, um die Emissionen dieses Betreibers abzudecken. Im Übrigen ist durchaus denkbar, dass ein Luftfahrzeugbetreiber, obwohl er Treibstoff in Besitz gehabt oder verbraucht hat, aufgrund seiner Teilnahme an diesem System finanziell überhaupt nicht belastet wird, ja durch die entgeltliche Übertragung seiner überschüssigen Zertifikate gar einen Gewinn erzielt.
143. Daher ist es anders als bei einem Zoll, einer Gebühr oder einer Abgabe auf den Verbrauch von Treibstoff nach dem mit der Richtlinie 2003/87 in der durch die Richtlinie 2008/101 geänderten Fassung eingerichteten System nicht möglich, anhand einer im Vorhinein festgelegten Bemessungsgrundlage und eines im Vorhinein festgelegten Abgabensatzes für alle in einem Kalenderjahr durchgeführten Flüge den für eine Tonne verbrauchten Treibstoff zu zahlenden Betrag zu bestimmen, abgesehen davon, dass es nicht Zweck des Systems ist, Einkünfte für den Staat zu erzielen.
144. Ein solches System unterscheidet sich somit grundlegend von dem schwedischen System, um das es in der Rechtssache ging, in der das Urteil vom 10. Juni 1999, Braathens (C‑346/97, Slg. 1999, I‑3419), ergangen ist. In Randnr. 23 dieses Urteils hat der Gerichtshof festgestellt, dass die in vollem Umfang dem Staat zugutekommende Umweltschutzsteuer, um die es in dieser Rechtssache ging, auf den Kraftstoffverbrauch als solchen erhoben werde, insbesondere weil ein unmittelbarer, untrennbarer Zusammenhang zwischen dem Kraftstoffverbrauch und den Schadstoffen, auf die diese Steuer abziele, bestehe, und dass diese Steuer daher eine Verbrauchsteuer darstelle, mit der die gewerbliche Binnenluftfahrt unter Verstoß gegen die in den einschlägigen Richtlinien vorgesehene Befreiung belegt werde.
145. Nach alledem kann nicht geltend gemacht werden, die Richtlinie 2008/101 enthalte eine Art obligatorische Abgabe zugunsten des Staates, die als Zoll, Gebühr oder Abgabe auf den Treibstoff, der sich im Besitz der Luftfahrzeugbetreiber befindet oder von diesen verbraucht wird, eingestuft werden könnte.
146. Diese Feststellung verliert nicht dadurch ihrer Gültigkeit, dass die Luftfahrzeugbetreiber zur Abdeckung ihrer tatsächlichen Emissionen nicht nur von anderen Betreibern, sondern im Rahmen der Versteigerung von 15 % der gesamten Zertifikate auch von staatlichen Stellen zusätzliche Zertifikate erwerben können.
147. Somit ist festzustellen, dass die Richtlinie 2008/101, indem sie die Anwendung der Richtlinie 2003/87 auf die Luftfahrt ausdehnt, in keiner Weise gegen die Verpflichtung aus Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des „Open-Skies“-Abkommens verstößt, eine Steuerbefreiung für getankten Treibstoff vorzusehen, da das System des Handels mit Zertifikaten wesensbedingt eine marktgestützte Maßnahme darstellt und nicht einen Zoll, eine Gebühr oder eine Abgabe, die auf den getankten Treibstoff erhoben wird.
c) Zur Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 im Hinblick auf Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 des „Open-Skies“-Abkommens
148. ATA u. a. machen im Wesentlichen geltend, die Anwendung der Richtlinie 2003/87 auf in den Vereinigten Staaten niedergelassene Luftfahrtunternehmen stelle eine Verletzung von Art. 15 Abs. 3 des „Open-Skies“-Abkommens dar, da eine solche Umweltmaßnahme mit den einschlägigen Normen der ICAO unvereinbar sei. Außerdem stelle die Richtlinie 2008/101 dadurch, dass sie das System der Richtlinie 2003/87 auf die Luftfahrt ausdehne, eine Maßnahme dar, mit der unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 4 des „Open-Skies“-Abkommens u. a. das Verkehrsvolumen und die Frequenz der Dienste begrenzt würden. Schließlich stelle die Anwendung eines solchen Systems eine Gebühr dar, die mit Art. 15 des Chicagoer Abkommens unvereinbar sei; die Vertragsparteien des „Open-Skies“-Abkommens hätten sich gemäß Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens verpflichtet, diese Bestimmung zu beachten.
149. Zunächst ist festzustellen, dass jedenfalls weder das vorlegende Gericht noch ATA u. a. Anhaltspunkte dafür genannt haben, dass die Union durch den Erlass der Richtlinie 2008/101, mit der die Anwendbarkeit der Richtlinie 2003/87 auf den Flugverkehr ausgedehnt worden ist, gegen eine von der ICAO angenommene Umweltschutznorm im Sinne von Art. 15 Abs. 3 des „Open-Skies“-Abkommens verstoßen hätte. Im Übrigen geht aus der Entschließung A37‑19 der ICAO, deren Anhang Leitlinien über die Ausarbeitung und Durchführung von marktgestützten Maßnahmen („market-based measures“, im Folgenden: MBM) enthält, nicht hervor, dass MBM wie das System des Handels mit Zertifikaten der Union gegen die von der ICAO angenommenen Umweltschutznormen verstießen.
150. In diesem Anhang heißt es unter den Buchst. b und f zum einen, dass durch solche MBM die Beschränkung der Treibhausgasemissionen der internationalen Luftfahrt gefördert werden solle, und zum anderen, dass die eingerichteten MBM sich nicht überschneiden sollten, so dass die CO2-Emissionen des internationalen Luftverkehrs im Rahmen solcher Systeme nur einmal berücksichtigt würden.
151. Dies entspricht aber gerade dem in Art. 25a der Richtlinie 2003/87 in der durch die Richtlinie 2008/101 geänderten Fassung genannten Ziel; die Richtlinie 2003/87 zielt darauf ab, eine optimale Wechselwirkung zwischen dem System des Handels mit Zertifikaten der Union und den von Drittländern getroffenen MBM zu erreichen, damit solche Systeme auf Luftfahrzeuge, die im internationalen Luftverkehr eingesetzt werden, unabhängig davon, ob sie in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland eingetragen sind, nicht doppelt angewandt werden. Ein solches Ziel entspricht im Übrigen dem Ziel, das Art. 15 Abs. 7 des „Open-Skies“-Abkommens zugrunde liegt.
152. Zur Gültigkeit der Richtlinie 2008/101 im Hinblick auf Art. 15 Abs. 3 Satz 2 des „Open-Skies“-Abkommens ist festzustellen, dass diese Bestimmung in Verbindung mit Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens die Vertragsparteien dieses Abkommens nicht daran hindert, Maßnahmen zu erlassen, mit denen das Verkehrsvolumen, die Frequenz oder Regelmäßigkeit des Dienstes oder das Muster der von in den Hoheitsgebieten dieser Vertragsparteien niedergelassenen Luftfahrtunternehmen eingesetzten Luftfahrzeuge begrenzt werden, wenn es sich dabei um Umweltschutzmaßnahmen handelt.
153. Art. 3 Abs. 4 des „Open-Skies“-Abkommens sieht nämlich ausdrücklich vor, dass keine der beiden Vertragsparteien dieses Abkommens solche Begrenzungen vornimmt, „es sei denn, dies ist … aus Umweltschutzgründen … erforderlich“. Außerdem begrenzt das System des Handels mit Zertifikaten jedenfalls nicht die Emissionen der Luftfahrzeuge, die von einem Flugplatz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats starten oder auf einem solchen Flugplatz landen, und begrenzt auch nicht die Frequenz oder die Regelmäßigkeit der Dienste; die Hauptverpflichtung der Luftfahrzeugbetreiber besteht lediglich darin, ihren tatsächlichen Emissionen entsprechende Zertifikate abzugeben. Im Übrigen kann eine solche Verpflichtung aus den in den Randnrn. 141 bis 147 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen nicht als Flughafengebühr eingestuft werden.
154. Art. 15 Abs. 3 des „Open-Skies“-Abkommens in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens sieht vielmehr vor, dass, wenn die Vertragsparteien des „Open-Skies“-Abkommens solche Umweltschutzmaßnahmen festlegen, diese auf die betreffenden Luftfahrtunternehmen, wie in Randnr. 99 des vorliegenden Urteils ausgeführt, auf nichtdiskriminierende Weise anzuwenden sind.
155. Insoweit ist aber festzustellen, dass, wie im Übrigen ausdrücklich aus dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/101 hervorgeht, die Union ausdrücklich eine einheitliche Anwendung des Systems des Handels mit Zertifikaten auf sämtliche Betreiber von Luftfahrzeugen vorgesehen hat, die für Flüge eingesetzt werden, die von Flugplätzen abgehen oder auf Flugplätzen enden, die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befinden, und dass sie insbesondere die Bestimmungen über die Nichtdiskriminierung in bilateralen Luftverkehrsabkommen mit Drittländern, wie die Bestimmungen in Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 des „Open-Skies“-Abkommens, strikt beachten wollte.
156. Daher ist die Richtlinie 2008/101 insoweit, als sie insbesondere die Anwendung des Systems des Handels mit Zertifikaten auf nichtdiskriminierende Weise sowohl auf die in der Union als auch auf die in Drittländern niedergelassenen Luftfahrzeugbetreiber vorsieht, im Hinblick auf Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 des „Open-Skies“-Abkommens nicht ungültig.
157. Nach alledem ist festzustellen, dass die Prüfung der Richtlinie 2008/101 nichts ergeben hat, was ihre Gültigkeit berühren könnte.
IV – Kosten
158. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens können von den vom vorlegenden Gericht angeführten völkerrechtlichen Grundsätzen und Bestimmungen nur folgende im Hinblick auf die Beurteilung der Gültigkeit der Richtlinie 2008/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft geltend gemacht werden:
- zum einen, begrenzt auf die Kontrolle eines der Union zurechenbaren offensichtlichen Fehlers bei der Beurteilung ihrer Zuständigkeit für den Erlass dieser Richtlinie hinsichtlich dieser Grundsätze,
- der Grundsatz, dass jeder Staat die vollständige und ausschließliche Hoheit über seinen Luftraum besitzt;
- der Grundsatz, dass kein Staat den Anspruch erheben darf, irgendeinen Teil der hohen See seiner Hoheit zu unterstellen, und
- der Grundsatz der Freiheit von Flügen über hoher See;
zum anderen
- Art. 7 und Art. 11 Abs. 1 und 2 Buchst. c des am 25. und 30. April 2007 unterzeichneten Luftverkehrsabkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits in der durch das Protokoll geänderten Fassung sowie
- Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 und Art. 3 Abs. 4 dieses Abkommens.
2. Die Prüfung der Richtlinie 2008/101 hat nichts ergeben, was ihre Gültigkeit berühren könnte.
Unterschriften