Kann ein Flug vorverlegt werden?
Bei der Buchung eines Fluges wird ebenfalls ein Vertrag geschlossen. Aus diesem Grund müssen sich beide Vertragsparteien tatsächlich auch an diesen Vertrag halten. Dazu gehören auch die Flugzeiten. Kommt es zu einer grundlosen und erheblichen Änderung der Flugzeiten, dann kann darin bereits einer Annullierung des ursprünglichen Fluges gesehen werden. Eine Vorverlegung der Flugzeiten muss nicht immer positiv für den Fluggast sein, schließlich plant auch der Fluggast seine Anreise zum Flughafen bzw. weitere Dienstleistungen. Bei einer Vorverlegung des Fluges um mehrere Stunden, ist darin eine Annullierung des Fluges zu sehen.
Definition Annullierung
Laut dem EuGH ist ein Flug dann als annulliert einzustufen, wenn die Fluggäste durch das Luftfahrtunternehmen mit einem anderen Flug befördert werden, dessen anfängliche Planung unterschiedlich ist von der des ursprünglich geplanten Fluges. Wird also der anfänglich geplante und verspätete Flug auf einen anderen Flug verlegt, dann ist darin eine Annullierung zu sehen.
Wichtige Merkmale der Annullierung
Wie bereits weiter oben erwähnt, sind für die Annahme einer Annullierung drei Merkmale ausschlaggebend. Diese sollen im Weiteren näher erläutert werden.
Begriff des „Geplanten Fluges“
Dem EuGH zufolge handelt es sich bei einem Flug um einen Luftbeförderungsvorgang, der in gewisser Hinsicht als Einheit einer Beförderung anzusehen ist, welche durch ein Luftfahrtunternehmen ausgeführt wird, welches ebenfalls die Flugroute festlegt. Bei der Flugroute handelt es sich wiederrum um das wesentliche Element des Fluges. Die Durchführung der Flugroute erfolgt nach einem im Voraus aufgestellten Flugplan. Die Erstellung des Flugplans erfolgt durch das ausführende Luftfahrtunternehmen. Als Flugroute bezeichnet man die Strecke zwischen dem Startflughafen und dem Flughafen des Endziels. Liegt bei einem Flug also eine Übereinstimmung des Startflughafens und des Flughafens des Endziels mit den Flughäfen des Flugplans vor, dann kann man nicht von einer Annullierung im Sinne des Art. 2 lit. l der Fluggastrechteverordnung ausgehen, nur weil z.B. eine nicht planmäßige Zwischenlandung erfolgt. Wurde eine einheitliche Flugverbindung gebucht, dann liegt ein einziger Flug i.S.d. Art. 3 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung vor, unabhängig davon ob eine Zwischenlandung erfolgt mit oder ohne Umstieg des Fluggastes. Diese Ansicht wird durch den EuGH vertreten. Wird nach einem Zwischenstopp ein weiterer Flugabschnitt jedoch nicht durchgeführt, dann ist der gesamte Flug als annulliert einzustufen. Das ist vor allem dann anzunehmen, wenn der erste Streckenabschnitt nicht durchgeführt wird.
Begriff der Nichtdurchführung
Im vorliegenden Abschnitt soll vor allem die endgültige Nichtdurchführung Gegenstand sein. Von einer endgültigen Nichtdurchführung sind vor allem die Fälle der Absage der Beförderung oder die spätere Nachholung des Fluges umfasst. Jedoch gilt das Gleiche auch für den endgültigen Abbruch des Fluges. Wird der in Rede stehende Flug auf einen anderen Flug verlegt oder kommt es zu einer ersatzweisen Beförderung, dann kann man von einer Annullierung des anfänglichen Fluges ausgehen. Würde man der Definition der Annullierung folgen, dann muss man bei jeder Änderung des anfänglichen Flugplans eine Nichtdurchführung annehmen und damit als Annullierung des Fluges einstufen. Ein Flug kann nicht mehr als planmäßig durchgeführt, eingestuft werden, wenn der Flug den Ausgangsflughafen zwar planmäßig verlässt jedoch den Bestimmungsort nicht erreicht. Dann kann von einer Annullierung ausgegangen werden. Jedoch sollte der Art. 5 Abs. 1 lit. c der Fluggastrechteverordnung nicht außer Acht gelassen werden. Dieser zieht eine Neuplanung der Flugroute in Erwägung ohne dass durch das ausführende Luftfahrtunternehmen die Leistung von Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung erbracht werden muss. Der Fluggast hätte dann zwar einen Anspruch auf Unterstützungs- und Betreuungsleistungen nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung, jedoch sollten diese in einem solchen Fall faktisch nicht erforderlich werden. Kommt es zu einer Bagatelländerung, dann ist auf den Art. 5 Abs. 1 lit.c der Fluggastrechteverordnung keinen Bezug zu nehmen, sondern eine teleologische Reduktion reicht aus. Begründet wird dies damit, dass bei einer unbedeutenden Flugplanänderung zunächst eine Abwägung vorgenommen werden sollte, ob es durch die Flugplanänderung für den davon betroffenen Fluggast überhaupt erst zu einem Ärgernis oder einer großen Unannehmlichkeit kommt. Dass ist vor allem für den Fall der positiven Änderungen für den Fluggast relevant. Sollte jedoch eine erhebliche Vorverlegung des Fluges des Fluggastes erfolgen, dann ist darin keine Bagatelländerung mehr zu sehen. Weiterhin kann man nicht einfach darauf schließen, dass es sich bei einer Flugvorverlegung für den betroffenen Fluggast um einen Vorteil handelt. Nicht ganz klar ist jedoch, ob man die Vorverlegung eines Fluges als Annullierung einstufen kann. Der Grund der Annullierung spielt eher eine untergeordnete Rolle.
Ansprüche bei Annullierung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung
Nach Art. 2 lit. l ist immer dann von einer Annullierung auszugehen, wenn es zu der Nichtdurchführung eines geplanten Fluges kommt, für den zumindest ein Platz reserviert war. In solchen Fällen bietet die Fluggastrechteverordnung Schutz für den von der Annullierung betroffenen Fluggast. Der Fall der Annullierung ist in Art. 5 der Fluggastrechteverordnung geregelt. Immer dann, wenn es zu einer Annullierung kommt, kann sich für den betroffenen Fluggast ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach der VO 261/04 ergeben. Der Anspruch auf Ausgleichszahlungen ergibt sich aus Art. 7 der europäischen Fluggastrechteverordnung. [Die Höhe der Ausgleichszahlungen bemisst sich einerseits nach dem Ausmaß der Verspätung und andererseits nach der Entfernung. Laut Art. 7 der Fluggastrechteverordnung können dem betroffenen Fluggast Ansprüche in folgender Höhe zustehen bei einer Annullierung:
• Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro bei einer Flugstrecke von weniger als 1.500 Kilometern
• Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro bei einer Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern
• Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometern
Zu Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung kommt es immer dann, wenn der von der Annullierung betroffene Fluggast nicht rechtzeitig über die Annullierung in Kenntnis gesetzt wurde. Das bedeutet, dass der Fluggast im Falle einer Annullierung nur dann keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung hat, wenn:
• der Fluggast über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet wurde oder
• der Fluggast über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet wurde und ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhalten hat, das es ihm ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und sein Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen, oder
• der Fluggast wurde über die Annullierung weniger als sieben Tage vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet und erhielt ein Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihm ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und sein Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
Weiterhin werden Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung ausgelöst, wenn die Annullierung nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückgeht. Laut Art. 5 Abs. 3 der VO 261/04 ist das ausführendes Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Als außergewöhnliche Umstände kommen unter anderem in Betracht:
• schlechtes Wetter
• Naturkatastrophen
• Streik
• Terrorwarnungen
• Vogelschlag.
Nach Art. 7 Abs. 3 der VO 261/04 können die dem Fluggast zustehenden Ausgleichszahlungen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen erfolgen.
Fazit Flugzeitenvorverlegung
Flugzeiten können demnach nicht einfach einseitig geändert werden. Werden sie dennoch geändert und das nicht gerade unerheblichem Maße, dann kann der betroffene Fluggast sich auf seine Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung berufen. Eine Vorverlegung ist meistens ebenfalls als Annullierung einzustufen und führt damit zu dem Anspruch auf Ausgleichszahlungen.