Streik als außergewöhnlicher Umstand

Aus PASSAGIERRECHTE
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Ein Streik kann außergewöhnliche Umstände gemäß Art. 5 Abs. 3 VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) darstellen, der das ausführende Luftfahrtunternehmen von seiner Zahlungspflicht befreit, so dass kein Anspruch auf Ausgleichszahlung bei Flugverspätung und Flugannullierung des Passagiers besteht.

Übersicht:
Streik (Hauptartikel) Wilder Streik Wilder Streik/ TUIfly Streik Sicherheitspersonal Streik als außergewöhnlicher Umstand


Hauptartikel: Außergewöhnliche Umstände

Streik Definition

Streik

  • eine Kampfmaßnahme, die zumeist von der Arbeitnehmerseite ausgeht, mit dem Ziel durch Arbeitsniederlegung einen bestimmten Zweck zu erreichen
  • Arbeitskampfmaßnahme, welche zumeist eine tarifvertragliche Einigung zwischen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden und Arbeitnehmervertretern (Gewerkschaften) zum Ziel hat.
  • Man kann unterscheiden zwischen einem gewerkschaftlich organisierten Streik und einem "wilden" Streik (s.u.)


Streiks als außergewöhnliche Umstände

Ob ein Streik als außergewöhnlicher Umstand gelten kann und somit die Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen nach Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 entfällt, ist differenziert zu betrachten. Es hängt von der Art und der Organisation des Streikes ab. Unterschieden werden kann zwischen einem Streik des eigenen Personals der Fluggesellschaft wie Bodenpersonal oder Bordpersonal (Interner Streik), sowie Streiks Dritter, wie Streiks des Sicherheitspersonals, oder der Flugsicherung/Fluglotsen (Externer Streik). Generell muss detailliert dargelegt werden, dass das Luftfahrtunternehmen alle möglichen Maßnahmen zur Vermeidung des Streiks (zumutbare Maßnahmen) sowie der Annullierung oder Verspätung ergriffen hat (AG Geldern, Urteil vom 07.10.2016, Az. 17 C 55/16). Vorliegend soll für die weitere Betrachtung zwischen einem externen und internen Streik unterschieden werden.

Externer Streik

Ein externer Streik liegt vor, wenn Mitarbeiter in den Arbeitskampf treten, die nicht Mitarbeiter des Luftfahrtunternehmens sind. Auch wenn Mitarbeiter anderer Unternehmen streiken, welche beim Ablauf am Flughafen beteiligt sind, kann es zu Verspätungen und Annullierungen kommen. Fraglich ist, ob sich das Luftfahrtunternehmen in einem solchen Fall von der Haftungsverpflichtung befreien kann. Im Laufe der reiserechtlichen Rechtsprechung wurde zur Beurteilung der Frage, ob ein konkreter Streik ein außergewöhnlicher Umstand ist, eine grundsätzliche Betrachtungsweise entwickelt. Dabei soll vor allem danach gefragt werden, ob das Luftfahrtunternehmen den Streik voraussehen konnte, also darüber informiert war, und als Folge daraus alles ihm zumutbare hätte tun müssen, um die Verspätung oder Annullierung zu verhindern. Bei externen Streiks ist es der Fluggesellschaft grundsätzlich nicht möglich, diesen auch vorauszusehen. Die Mitarbeiter und Gewerkschaften stehen in der Regel in Verhandlungen mit dem konkreten Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbänden. Ist die Fluggesellschaft nicht an den Tarifverhandlungen beteiligt, kann sie nur schwer in Erfahrung bringen, ob eine Arbeitsniederlegung wahrscheinlich ist. Aus demselben Grund kann sie auch den Tarifschluss nicht beschleunigen. Das Luftfahrtunternehmen kann nichts tun, um den Tarifvertrag möglichst schnell zustandekommen zu lassen und so den Arbeitsausfall und damit die Verspätung zu verhindern. Solange im Einzelfall also klar ist, dass der Luftfrachtführer keinerlei Möglichkeit hatte, auf die Verhinderung der Arbeitsniederlegung einzuwirken. Bei externen Streiks ist dieses Merkmal in der Regel erfüllt. Nur wenn man annimmt, dass der Luftfrachtführer im Einzelfall die Arbeitsniederlegung fremden Personals mit eigenem Personal hätte auffangen können, hat der Luftfrachtführer nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen. In der Regel wird das aber nicht möglich sein, weshalb ein externer Streik grundsätzlich als außergewöhnlicher Umstand eingestuft wird und sich die Fluggesellschaft exkulpieren kann.

Interner Streik

Lange Zeit wurde davon ausgegangen, dass nur externe Streiks einen außergewöhnlichen Umstand begründen. Der BGH entschied im Jahr 2012, dass auch ein interner Streik ein außergewöhnlicher Umstand sein kann. Damit wurde jahrelange Rechtsprechung umgekehrt. Grundsätzlich kann der Luftfrachtführer bei dem internen Streik erkennen, dass eine Arbeitsniederlegung jederzeit möglich ist. Das brachte vor dieser Entscheidung auch die erstinstanzliche Rechtsprechung vor. In Tarifverhandlungen müsse die Fluggesellschaft jederzeit damit rechnen, dass die Arbeitnehmer von ihrem Kampfmittel Gebrauch machen. Mit der Entscheidung hat der BGH jedoch aufgezeigt, dass auch ein interner Streik ein außergewöhnlicher Umstand sein kann. Außergewöhnliche Umstände sind grundsätzlich die Risiken, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und von ihm auch nicht zu beherrschen sind. Die Arbeitsniederlegung ist bei Tarifverhandlungen möglich und sind damit vorhersehbar, mithin auch in einer Art und Weise beherrschbar. Das Luftfahrtunternehmen kann diese Vermutung jedoch widerlegen, indem es darlegt, dass es alle zumutbaren Maßnahmen unternommen hat, um die Verspätung oder Annullierung als Folge der Arbeitsniederlegung zu vermeiden. Diese Maßnahmen müssen jedoch konkret und detailliert dargelegt werden, da mit dieser Ausnahme der Verbraucherschutz erheblich eingeschränkt wird. Es sind an solch eine Darlegung also sehr hohe Anforderungen zu stellen. Mithin besteht also grundsätzlich die Möglichkeit, dass auch ein interner Streik als außergewöhnlicher Umstand eingestuft werden kann, wenn der Luftfrachtführer konkret darlegen kann, dass er alles unternommen hat, um die Verspätung oder Annullierung zu vermeiden. Wenn das Flughafenpersonal eines Flughafens streikt, kann die Umleitung des Fluges auf einen nicht bestreikten Flughafen durchaus eine angemessene und gerechtfertigte Maßnahme darstellen, und auch hier keinen außergewöhnlichen Umstand qualifizieren. (AG Rüsselsheim, Urt. v. 27.11.2013, Az: 3 C 305/13 (31))

Nur wenn die Beeinträchtigung des Fluggastes vom Luftfahrunternehmen nicht verhinderbar war, begründet dies einen außergewöhnlichen Umstand. Das kann unter anderem dann vorliegen, wenn die Fluglotsen in dem Luftraum streiken, der vom annullierten Flug zwingend überflogen werden muss.

Fazit

  • Ein externer Streik ist in der Regel ein außergewöhnlicher Umstand. Es liegen kein außergewöhnlichen Umstände vor, wenn nicht im Einzelfall eine Vorhersehbarkeit gegeben war.

Streik außergewöhnliche Umstände Sonderfälle

Wilder Streik

Ein sog. Wilder Streik ist kein regulärer, gewerkschaftlich organisierter Streik, da die Parteien entweder nicht tariffähig sind oder kein Tarifziel verfolgen. Ein wilder Streik wird folglich nicht im Arbeitskampf als "Druckmittel" in den Tarifverhandlungen eingesetzt. Vielmehr machen Mitarbeiter abgesprochen "krank" und erscheinen nicht zur Arbeit, so dass es zu einem weitgehenden Stillstand des Betriebes kommen kann. Solcherlei "go-sick"-Aktionen werden i.d.R. nicht offiziell angekündigt und sind für Arbeitgeber einerseits kaum beeinflussbar, andererseits kaum vorhersehbar. Insofern stellt ein wilder Streik keine Maßnahme dar, auf die sich eine Fluggesellschaft vorbereiten kann und damit einen Sonderfall, der sich der Beherrschbarkeit der Fluggesellschaft entzieht. Daher liegen im Falle eines wilden Streiks außergewöhnliche Umstände regelmäßig vor. Bedeutende Rechtsprechung zu diesem Thema ist der Fall "TUIfly" (Entscheidung des EuGH vom 17.04.2018).

Reaktivierung des Fluges nach Streikabsage

Deuten sich Arbeitskampfmaßnahmen an, z.B. konkret, weil eine Streikankündigung einer Gewerkschaft besteht, sind Fluggesellschaften verpflichtet, zu verhindern, dass der Flugbetrieb nicht mehr als unvermeidbar unter dem Streik leidet. Insofern ist es legitim, dass nach Absage eines Streiks eine Fluggesellschaft entscheidet, einen zunächst annullierten Flug doch wieder planmäßig durchzuführen. Wird ein Flug nach vorheriger Annullierung durch das Luftfahrtunternehmen wegen einer Streikankündigung reaktiviert weil der Streik abgesagt ist, kann sich das Luftfahrtunternehmen bei Verspätung des Fluges nicht darauf berufen, die Verspätung sei auf die Streikankündigung und deren Folgen für den Betriebsablauf zurückzuführen. Die Ankündigung des Streiks selbst stellt zwar einen außergewöhnlichen Umstand gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 dar. Wenn sich die Fluggesellschaft jedoch dafür entschieden hat, den Flug trotz des ursprünglich vorliegenden außergewöhnlichen Umstandes wieder planmäßig durchzuführen, kann sie sich nicht mehr darauf berufen, die Ansprüche des Fluggastes seien wegen der Streikankündigung ausgeschlossen. Denn es ist allein ihrem unternehmerischen Risiko überlassen, zu prüfen, ob ein Flug (auch kurzfristig) planmäßig und ohne Verspätung durchgeführt werden kann. Das Amtsgericht Frankfurt befand in einem Urteil vom 20.06.2018, dass ein angekündigter Streik nur dann einen außergewöhnlichen Umstand darstellen kann, wenn dies kausal zur Annullierung führt. In diesem Fall konnte die beklagte Fluggesellschaft die Streikankündigung im relevanten Zeitraum nicht zweifelsfrei nachweisen, hatte den Flug aber trotzdem darauf bezugnehmend annuliert.

Zumutbare Maßnahmen Streik

Fraglich ist, welche Maßnahmen der Fluggesellschaft zumutbar sind. Grundsätzlich muss sie diese auch konkret darlegen und beweisen. Die Beurteilung der Frage, ob eine Maßnahme zumutbar ist, richtet sich nach den organisatorischen und wirtschaftlichen Kapazitäten der Fluggesellschaft. Maßnahmen sind laut EuGH dann zumutbar, wenn sie im Eintrittsmoment des außergewöhnlichen Umstandes personell, finanziell und materiell tragbar sind. Daher kann das Luftfahrtunternehmen nicht vorgehalten werden, dass es Maßnahmen nicht ergriffen hat, die personell, finanziell oder materiell außer Verhältnis stehen. Es kommt insoweit also auch auf die Größe und finanzielle Kraft der Fluggesellschaft. Nicht jedem Luftfahrtunternehmen sind die gleichen Maßnahmen zumutbar, weshalb eine Einzelfallbetrachtung notwendig ist.

Streik außergewöhnlicher Umstand Rechtsfolgen

Ist der Streik ein außergewöhnlicher Umstand, kann sich der Luftfrachtführer von seiner Ausgleichszahlungsleistungspflicht gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 exkulpieren. Der eigentliche Zweck der Verordnung, also den Verbraucher zu schützen, würde damit nicht erreicht werden. Der Passagier würde keine Ausgleichsleistung erhalten, da das Unternehmen nicht mehr zur Zahlung verpflichtet wäre. Allerdings befreit ein außergewöhnlicher Umstand nur von Ausgleichszahlungen. Andere Ansprüche, wie Betreuungs- und Unterstützungsleistungen bleiben jedoch unberührt.

Rechtsprechung

Gericht, Urteil vom Aktenzeichen Zusammenfassung (siehe Reiserecht-Wiki)
EuGH, Urteil vom 22.12.2008 C-549/07
  • Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin von einem Luftfahrtunternehmen Ausgleichszahlungen i. S. d.  Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 gefordert, nachdem ein Flug, den die Klägerin bei der Beklagten gebucht hatte, annulliert worden war. Die Beklagte hatte sich jedoch geweigert, Ausgleich zu leisten und sich dabei auf einen außergewöhnlichen Umstand i. S. d. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 berufen, weil es am Flugzeug zu einem technischen Defekt gekommen war. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun zu klarzustellen, wie ein „außergewöhnlicher Umstand“ zu definieren ist und welche Ereignisse unter die Definition fallen.
  • Der EuGH stellt in seinem Urteil klar, dass technische Probleme, die bei der Wartung von Flugzeugen entdeckt oder evtl. infolge einer unterbliebenen Wartung auftreten, nicht als „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 zu werten sind.
  • Außergewöhnliche Umstände führen zu Verspätungen oder Annullierung, die vom Luftfahrtunternehmen nicht verhindert werden können, selbst wenn dieses gem. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 261/2004 „alle zumutbaren Maßnahmen“ zur Vermeidung dieser Umstände trifft. Unter diesen Maßnahmen sind solche zu verstehen die im Eintrittsmoment des außergewöhnlichen Umstands personell, finanziell und materiell tragbar sind.
BGH, Urteil vom 21.08.2012 X ZR 138/11
  • Die Kläger buchten bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen einen Flug von Amerika nach Düsseldorf. Vor dem geplanten Abflug kündigte das Luftfahrtunternehmen einen Pilotenstreik an, wegen dem der Flug in der Folge annulliert wurde. Die Kläger buchten einen späteren Flug und kamen mit einer zweitägigen Verspätung in Düsseldorf an.
  • Aus diesem Grund verlangen die Kläger von dem beklagten Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 Abs. 1  EU VO 261/2004. Die Airline weigert sich der Zahlung und begründet den Flugausfall mit dem Vorliegen außergewöhnlicher Umstände.
  • Der Bundesgerichtshof hat der beklagten Airline Recht zugesprochen. Ein außergewöhnlicher Umstand, der das Luftfahrtunternehmen von der Haftung befreien könnte, sei vorliegend zu bejahen.
  • Außergewöhnliche Umstände seien Risiken, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind. Zu einem Streik führende Tarifstreitigkeiten innerhalb des Luftfahrtfahrtunternehmens seien grundsätzlich erkennbar innerbetrieblichen Ursprunges und lägen folglich im Handlungsradius einer Airline.
  • Da vorliegend das beklagte Luftfahrtunternehmen jedoch alles in seiner Macht stehende getan hatte, um die Tarifstreitigkeiten zu lösen und einen reibungslosen Flugablauf zu gewährleisten, könne es hier nicht haftbar gemacht werden. Eine Ausgleichszahlung im Sinne von Art.7 Fluggastrechte-Verordnung stehe den Geschädigten nur in Fällen einer Pflichtverletzung des Unternehmens zu. Eine solche sei hier jedoch nicht erkennbar
LG Köln, Urteil vom 27.10.2011 6 S 282/10
  • Die Klägerin buchte bei der beklagten Fluggesellschaft einen Flug von Miami nach Düsseldorf. Wegen eines Personalstreiks wurde der Flug jedoch annulliert, sodass die Klägerin erst zwei Tage später in Düsseldorf angekommen ist. Die Klägerin verlangt deshalb von der Beklagten eine Ausgleichszahlung im Sinne der VO(EG) 261/2004. Die Beklagte verweigert die Zahlung mit der Begründung, es handelt sich um einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs.3 der VO.
  • Das Landgericht Köln hat der Klägerin die Ausgleichszahlung zugesprochen und entschieden, dass im Falle eines Personalstreiks eines Luftfahrtunternehmens kein haftungsbefreiender außergewöhnlicher Umstand gegeben ist. Die Beklagte stand mit der streikenden Gewerkschaft in Tarifverhandlungen. Mit einem Streik, und den damit verbundenen Annullierungen von Flügen, muss grundsätzlich bei jeder Tarifverhandlung gerechnet werden. Bei einem Streik handelt es sich also um ein typisches, in Ausübung der betrieblichen Tätigkeit zu erwartendes und nicht außergewöhnliches Ereignis.
AG Hannover, Urteil vom 26.11.2014 506 C 3954/14
  • Der Kläger hatte bei der Beklagten mehrere Flüge für sich und weitere Mitreisende gebucht. Diese sollten von Hannover nach Alicante und von dort nach Barcelona sowie auf dem gleichen Wege zurück erfolgen. Der Hinflug wurde wegen eines Streiks in Frankreich annulliert und ein Ersatzflug 6 Tage später angeboten. Die entstandenen Kosten für anderweitig organisierte Flüge verlangt der Kläger ersetzt.
  • Dem gab das Gericht statt. Die Beklagte habe ihre Beförderungspflichten verletzt. Es sei nicht ersichtlich, dass ihr eine anderweitige Beförderung nicht zumutbar gewesen wäre. Schon dass der Kläger selbst andere Flüge gefunden hat, spreche dagegen, dass die Beklagte alles in ihrer Macht Stehende getan habe. Sonstiges habe diese auch nicht ausreichend vorgebracht. Daher müsse sie die entstandenen Mehrkosten ersetzen.
AG Hamburg, Urteil vom 09.05.2014 36a C 462/13
  • Die Klägerin hat bei der Beklagten einen Flug von H. nach Hu. in Ä. gebucht. Der Flug AB 6707 sollte am 15.02.2013 um 06:30 Uhr von H. nach N. starten, in N. sollte dann um 08:50 Uhr der Anschlussflug AB 2470 von N. nach Hu. in Ä. erfolgen.
  • Die tatsächliche Abflugzeit in H. war jedoch zwischen 07:30 Uhr und 08:00 Uhr. Die Klägerin und ihr Ehemann befanden sich jedoch nicht an Bord des Flugzeuges. Da sie wegen eines Streiks des Personals der Sicherheitskontrolle, der bereits am Vortag angekündigt wurde, am Hamburger Flughafen bis 08:00 Uhr in der Warteschlange der Sicherheitskontrolle standen, obwohl sie sich bereits seit 04:00 Uhr morgens am Flughafen befanden.
  • Den Flug AB 6707 erreichten nur 76 der gebuchten 210 Passagiere und der Flughafen N. wurde mit einer Verspätung von 1 Stunde und 20 Minuten erreicht. Die Klägerin und ihr Ehemann erreichten Gate C8 nicht mehr rechtzeitig um den Flug zu besteigen.
  • Daraufhin kauften die Klägerin und ihr Ehemann Flugscheine von F. nach Hu. für den 16.03.2013 und mussten dafür den Preis von 989,76 € zahlen. Die Reiseveranstalterin zahlte der Klägerin aufgrund entgangener Urlaubsfreude 500,00 €. Die Klägerin verlangt von der Fluggesellschaft 1200,00 € Ausgleichszahlung gemäß FluggastrechteVO, sowie die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 205,87 € zu zahlen.
  • Die Verantwortung für die Sicherheitskontrolle liegt im Hoheitsbereich der Bundespolizei und befindet sich somit außerhalb der Verantwortungsspähre der Fluggesellschaft.
  • Das Gericht urteilt, der Fluggesellschaft wäre es unter keinen Umständen möglich gewesen die Sicherheitskontrolle mit eigenem Personal zu beschleunigen. Daher ist ein verspätetes Erreichen der Fluggäste am Gate nicht der Fluggesellschaft zuzurechnen. Da des Ende des Flugsteigs nicht rechtzeitig erreicht wurde handelt es sich hierbei auch nicht um eine Nichtbeförderung gemäß Art. 4 der FluggastrechteVO.
  • Die Klage wurde abgewiesen.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 27.11.2013 3 C 305/13
  • Der Kläger buchte einen Flug von Agadir nach Frankfurt am Main. Dieser Flug wurde jedoch, entgegen der Ankündigung, nicht planmäßig durchgeführt. Grund hierfür war ein Streik der Fluglosten. Aus diesem Grund begehrt der Kläger von der Beklagten, dem Luftfahrtunternehmen, eine Ausgleichszahlung wegen der Flugverspätung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Beklagte weigert sich der Zahlung und behauptet, dass sie in diesem Fall von der Zahlung befreit sei, da der Fluglotsenstreik einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 begründe.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim hat der Beklagten Recht zugesprochen. Bei einer Flugverzögerung von mehr als 3 Stunden stehe Fluggästen in der Regel eine Ausgleichszahlung zu. Eine Ausnahme hiervon bilde ein außergewöhnlicher Umstand gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Ein solcher liege vor, wenn der Grund für die Flugverspätung ein Vorkomniss war, welches außerhalb der Einflussmöglichkeiten der Airline liege.
  • Vorliegend streikte das Personal am Flughafen. Es lag außerhalb der Möglichkeiten der Fluggesellschaft eine Alternativlösung ohne Zeitverzögerung zu organisieren. In der Verschiebung des Fluges auf einen Ersatzflughafen, sei die einzige dem Unternehmen zumutbare Lösung zu sehen. Da die Airline diese unverzüglich eingeleitet habe, sei sie von der Haftung befreit.
AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 31.01.2011 4 C 308/10
  • Der Kläger buchte bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug. Dieser Flug wurde jedoch, entgegen der Ankündigung, nicht planmäßig durchgeführt. Grund hierfür war ein Streik der Fluglosten. Aus diesem Grund begehrt der Kläger von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen der Flugverspätung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Beklagte weigert sich und behauptet, dass sie in diesem Fall von der Zahlung befreit sei, da der Fluglotsenstreik einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 begründe.
  • Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat der Beklagten Recht zugesprochen. Im Fluglotsenstreik sei ein außergewöhnlicher Umstand zu sehen, da dieser mit keinen dem Luftfahrtunternehmen zur Verfügung stehenden Mitteln hätte abgewendet werden können. Dieses Kriterium sei für den Haftungsausschluss ausschlaggebend.

Literatur

  • Junker, Abbo: Grundkurs Arbeitsrecht, 17. Auflage, München 2018