EU VO 261/04
Die EU VO 261/04 ist eine Verordnung, die die Europäischen Union unter dem Namen EG-Verordnung 261/2004 veröffentlicht hat. Die EU VO 261/04 der Europäischen Union reguliert die Flugrechte der Passagiere in der EU. Sie trägt den vollständigen Namen: "Verordnung (EG) Nr.261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91."
In der EU VO 261/04 ist geregelt, welche Unterstützungs-, Betreuungs-, und Entschädigungsleistungen Fluggesellschaften gegenüber ihren Fluggästen erbringen müssen, wenn eine Flugverspätung, ein Flugausfall, eine Flugüberbuchung, oder ein verpasster Anschlussflug vorliegt. Die EU VO 261/04 git bei allen innerhalb der EU beginnenden Flügen, wobei es egal ist, wo die ausführende Fluggesellschaft ihren Hauptsitz hat. Außerdem ist sie bei allen in der EU landenden Flügen aus Staaten außerhalb der EU anwendbar, vorausgesetzt das die Fluggesellschaft ihren Hauptsitz in der Europäischen Union hat. Bei einer Verspätung, bei der der Passagier mehr als drei Stunden zu spät am Endziel ankommt, haben Passagiere einen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung. Diese Entschädigung beträgt je nach gebuchter Flugstrecke zwischen € 125 und €600. Wenn der gebuchter Flug annulliert wird oder ausfällt, hat der Fluggast Anspruch auf eine Entschädigung, welche ebenfalls je nach gebuchter Flugstrecke zwischen € 125 und € 600 beträgt.
Eine Ausgleichsleistung muss dann nicht bezahlt werden, wenn der Fluggast 14 Tage vor dem Flugdatum über die Annullierung verständigt wurde. Verständigt die Fluggesellschaft nur das Reisebüro oder den Ticketanbieter, ohne dass dieser die Information an seinen Kunden weitergibt, reicht dies allein noch nicht aus, um den Reisenden als informiert anzusehen. Eine Ausgleichsleistung entfällt jedenfalls dann, wenn die Fluggesellschaft zweifelsfrei nachweisen kann, dass außergewöhnliche Umstände vorgelegen haben und der Flugausfall sich nicht durch zumutbare Maßnahmen vermeiden lassen hat. Außergewöhnliche Umstände können sein: eine Flughafensperre, schlechtes Wetter, Streiks, Vulkanausbrüche, oder Blitzschlag.
Selbst wenn solche außergewöhnlichen Umstände vorgelegen haben, muss die Fluggesellschaft zusätzlich noch nachweisen, dass der dadurch hervorgerufene Flugausfall sich nicht durch zumutbare Maßnahmen hätte vermeiden lassen.
Außergewöhnliche Umstände
Gemäß Art. 5 Abs. 3 EU VO 261/2004 kann sich das Unternehmen durch einen Entlastungsbeweis von der Haftung und damit der Pflicht zur Zahlung von Ausgleichszahlungen befreien, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung bzw. auch die gleichzustellende, erhebliche Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht.
Das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände muss im Einzelfall durch das ausführende Luftfahrtunternehmen dargelegt und eventuell durch das Gericht festgestellt werden. Es ist jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen, so dass in der Praxis eine Vielzahl möglicher Tatsachen und Umstände vorstellbar ist, die sich als "außergewöhnlich" im Sinne der Verordnung darstellen können. Der Begriff der außergewöhnlichen Umstände ist jedoch eng auszulegen: die Fluggesellschaft soll sich nicht bei jedem Zwischenfall, der Auswirkungen auf den reibungslosen Ablauf des Luftverkehrs hat, exkulpieren können. Denn sie trägt das grundsätzliche unternehmerische Risiko für den planmäßigen Ablauf der angebotenen Flugverbindungen. Andererseits soll auch die Fluggesellschaft nicht für Zwischenfälle und Umstände haften, die sich menschlicher Beherrschbarkeit entziehen und nicht mehr unter das allgemeine, aber auch nicht das typische unternehmerische Risiko gefasst werden können.
Damit ist zwar ein Maßstab der Beurteilung, wann außergewöhnliche Umstände vorliegen, gegeben - die konkrete Einordnung von Umständen als "außergewöhnlich" bedarf aber im Einzelfall einer sorgfältigen Betrachtung.
Zumutbare Maßnahmen
Gemäß Art. 5 Abs. 3 EU VO 261/2004 muss die ausführende Fluggesellschaft nicht nur das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände geltend machen, sondern dabei auch darlegen, dass sich deren Eintreten auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Dabei ist allerdings nicht gesondert maßgeblich, ob die Annullierung hätte vermieden werden können, sondern zunächst der Eintritt der außergewöhnlichen Umstände. Insofern ist das Kriterium des Ergreifens zumutbarer Maßnahmen sowohl auf den Eintritt des außergewöhnlichen Umstands, als auf die Verhinderung einer Verspätung/Annullierung anzuwenden.
Auswirkung von außergewöhnlichen Umständen auf andere Flüge
Insbesondere in Zeiten des Kostendrucks ist der Luftverkehr viel komplexer geworden. Insbesondere bei den engen Zeitpläne vieler Airlines, die aufgrund des allgegenwärtigen Wirtschaftsdrucks in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Passagiere befördern wollen, kann das Auftreten eines außergewöhnlichen Umstandes Auswirkungen auf weitere, im Umlaufplan vorgesehene Folgeflüge haben.
Teilflug Außergewöhnliche Umstände
Macht ein Luftfahrtunternehmen außergewöhnliche Umstände für eine Flugverspätung des ersten Fluges einer Teilstrecke geltend, dann kommt es einzig und alleine darauf an, ob die relevante Endzielverspätung auf außergewöhnlichen Umständen basiert. In der Folge bedeutet dies, es muss zwischen den Umständen, die den ersten Flug verzögerten und den Umständen, die für die Endzielverspätung verantwortlich sind, differenziert werden. Maßgeblich ist daher die Frage, ob das Luftfahrtunternehmen durch notwendige Maßnahmen das Verpassen des Anschlussfluges hätte vermeiden können. Ist diese Frage zu bejahen, kann offenbleiben, ob die Verzögerung des ersten Fluges unvermeidbar war. Grundsätzlich muss ein außergewöhnlicher Umstand auf einem Vorflug berücksichtigt werden, wenn es um den unmittelbaren Folgeflug geht. Liegen zwischen dem Vorflug und dem streitgegenständlichen Flug acht Flüge und ein Zeitraum von über 24 Stunden, wirkt die haftungsbefreiende Wirkung des außergewöhnlichen Umstands auf jeden Fall nicht mehr fort .
Vorflug Außergewöhnlicher Umstand
Ereignisse, die eine Annullierung oder Verspätung nach sich ziehen, betreffen in der Regel nicht nur den Flug auf dem sie stattfinden, sondern auch nachfolgende Flüge. Kommt beispielsweise ein Flugzeug wegen eines technischen Defekts verspätet an, kann es für möglicherweise eingeplante Folgeflüge nicht mehr nach dem Umlaufplan eingesetzt werden. Es ist somit fraglich, ob Ereignisse, die auf einen vorherigen Flug stattgefunden haben, für nachfolgende Flüge einen außergewöhnlichen Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 EU VO 261/2004 begründen können. Eine Airline müsse darauf gefasst sein, dass einzelne Flüge beeinträchtigt sein können und müsse daher ihren Flugplan entsprechend einrichten. Eine Übertragung des Risikos einer Verzögerung im Umlaufplan an die Passagiere späterer Flüge soll nicht stattfinden.
Umstritten ist, ob ein medizinischer Notfall auf dem Vorflug als außergewöhnlicher Umstand für nachfolgende Flüge eingestuft werden kann. Neuerdings hat sich der BGH eher der Auffassung angeschlossen, dass Ereignisse auf Vorflügen berücksichtigt werden sollen und bejahte somit die Fortwirkung eines außergewöhnlichen Umstandes. Dahingehend beanstandete er, dass weder im Wortlaut der Fluggastrechteverordnung, noch kraft Auslegung eine Begrenzung auf den tatsächlich gebuchten Flug erfolgt ist. Zudem sei das Umlaufverfahren im Flugalltag üblich und eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung.
Anschlussflug Außergewöhnliche Umstände
Kommt es zu einer Endzielverspätung einer aus Zubringer- und Anschlussflug zusammengesetzten Flugreise, weil der Fluggast trotz ausreichender Umstiegszeit den Anschlussflug nicht erreicht, liegt ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 EU VO 261/04 vor. Ein Eigenverschulden des Fluggastes ist dann anzunehmen, wenn die Fluggesellschaft darlegen und beweisen kann, dass der Zubringerflug planmäßig landete und die vorgesehene Umstiegszeit dem Fluggast auch zur Verfügung stand.
Außergewöhnlicher Umstand Vorflug
Ereignisse, die eine Annullierung oder Verspätung nach sich ziehen, betreffen in der Regel nicht nur den Flug auf dem sie stattfinden, sondern auch nachfolgende Flüge. Kommt beispielsweise ein Flugzeug wegen eines technischen Defekts verspätet an, kann es für möglicherweise eingeplante Folgeflüge nicht mehr nach dem Umlaufplan eingesetzt werden. Es ist somit fraglich, ob Ereignisse, die auf einen vorherigen Flug stattgefunden haben, für nachfolgende Flüge einen außergewöhnlichen Umstand i.S.d. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 begründen können. Eine Airline muss darauf gefasst sein, dass einzelne Flüge beeinträchtigt sein können und müsse daher ihren Flugplan entsprechend einrichten. Eine Übertragung des Risikos einer Verzögerung im Umlaufplan an die Passagiere späterer Flüge soll eben nicht stattfinden.
Außergewöhnliche Umstände Anschlussflug
Kommt es zu einer Verspätung am Endziel einer aus Zubringer- und Anschlussflug zusammengesetzten Flugreise, weil der Fluggast trotz ausreichender Umstiegszeit den Anschlussflug nicht erreicht, liegt ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 VO vor. Ein Eigenverschulden des Fluggastes ist dann anzunehmen, wenn die Fluggesellschaft darlegen und beweisen kann, dass der Zubringerflug planmäßig landete und die vorgesehene Umstiegszeit dem Fluggast auch zur Verfügung stand. Diese Umstiegszeit muss allerdings gleich oder über der Minimum Connecting Time (kurz: MCT) des jeweiligen Flughafen liegen. Kann das ausführende Luftfahrtunternehmen all diese Nachweise erbringen, so muss es dem Fluggast keinen Ausgleich zahlen. Liegt nun jedoch die tatsächlich verbliebene Umstiegszeit unter der MCT des Flughafens oder verspätet sich der Zubringerflug so, dass für den Umstieg weniger Zeit als die MCT übrig geblieben ist, muss das ausführende Luftfahrtunternehmen dem Fluggast eine Ausgleichszahlung zahlen.