Erstattung der Rechtsanwaltskosten

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Hauptartikel: Rechtsanwaltskosten.

Erstattung der Rechtsanwaltskosten

Im Urteil des AG Charlottenburg vom 05.01.17 mit dem Aktenzeichen 2 03 C 441/16 wurde entschieden, dass ein Luftfahrtunternehmen bei Verletzung der ihm obliegenden Informationspflichten in Art. 14 Abs. 1 und 2 VO dem Fluggast die Kosten zu ersetzen hat, die dem Fluggast dadurch entstanden sind, dass er seine Rechte wahrgenommen hat. Der BGH hat in seiner Rechtsprechung bereits entschieden, dass bei dem Vorliegen eines gesetzlichen oder vertraglichen Schuldverhältnisses auch solche Aufwendungen ersetzt werden können, wie Rechtsverfolgungskosten die durch das Schadensereignis erforderlich geworden sind. Das wäre dann auch bei Ansprüchen auf Ausgleichszahlungen nach der Verordnung der Fall, da es sich dabei ebenfalls um gesetzliche Ansprüche auf vertraglicher Grundlage handelt (BGH, Urteil vom 18. August 2015, Az.: X ZR 2/15). Der BGH entschied weiterhin, dass in einem solchen Fall dem Geschädigten alle die Kosten zu erstatten sind, die diesem durch das Schadensereignis adäquat entstanden sind und aus seiner Sicht zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urt. v. 10.01.06, VI ZR 43/05; Urt. v. 12.07.11, VI ZR 214/10; BGH, Urt. v. 25.02.16 Az.: X ZR 36/15).

AG Köln, Urt. v. 06.03.17, Az.: 112 C 278/16

Inhalt

Im vorliegenden Fall haben die Fluggäste Ihr Ziel mit einer Verspätung von mehr als sechs Stunden erreicht. Das Luftfahrtunternehmen hat in diesem Fall weder seine Informationspflicht nach Art. 14 Abs. 1 noch nach Art. 14 Abs. 2 VO wahrgenommen. Alle Informationen über etwaige Entschädigungsansprüche erhielten die Fluggäste erst durch Ihren Prozessbevollmächtigten. Den Fluggästen geht es jedoch eher darum, dass das Luftfahrtunternehmen Ihrer Verpflichtung aus Art. 14 Abs. 1 VO nicht nachgekommen ist. Denn nach Art. 14 Abs. 1 VO muss das Luftfahrtunternehmen einen klar lesbaren und deutlich sichtbaren Hinweis an die von einer Annullierung, Beförderungsverweigerung und Verspätung betroffenen Fluggäste herantragen. Daraus muss den Fluggästen ersichtlich sein, welche Ansprüche diesen zustehen und wo genau diese sich näher über diese Ansprüche informieren können. Das Luftfahrtunternehmen verwies jedoch lediglich darauf, dass ein solcher Hinweis an allen Flughäfen zu finden sei, an dem Fluggäste abgefertigt werden.

Tenor

Festzuhalten ist, dass die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Fluggäste zur außergerichtlichen Geltendmachung der Ausgleichansprüche nach der Fluggastrechte-VO zur Wahrnehmung der Rechte sowohl zweckmäßig als auch erforderlich war. Zwar kann angenommen werden, dass die Fluggäste keine Einschaltung eines Rechtsanwalts benötigt hätten, wenn sie sich eigenständig über mögliche etwaige Ausgleichsansprüche im Internet informiert hätten. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass die Fluggäste dies nur hätten tun können, wenn sie erst überhaupt von der Existenz solcher Ansprüche gewusst hätten. Das Luftfahrtunternehmen hat jedoch seine Informationspflicht verletzt und somit wussten die betroffenen Fluggäste gar nichts von den Ihnen zustehenden Ansprüchen nach denen sie im Internet suchen könnten. Weiterhin gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass jeder Verbraucher Kenntnis von dem Vorhandensein solcher Ansprüche hat. Weiterhin könnte man davon ausgehen, dass die Fluggäste zunächst nur eine Erstberatung hätten vornehmen lassen können und nicht gleich eine außergerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche. Hier hätte eine Erstberatung mit 226, 10 € mehr gekostet als die außergerichtliche Geltendmachung. Damit verstößt die außergerichtliche Tätigkeit nicht gegen die Schadensminderungspflicht. Weiterhin findet im vorliegenden Fall keine Kostenanrechnung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 VO statt. Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 VO sind Ausgleichszahlungen nur auf solche Ansprüche anzurechnen, die dem Fluggast durch eine Annullierung, Nichtbeförderung oder Verspätung entstehen. Das dient dazu, eine Überkompensation zu verhindern. Im vorliegenden Fall geht es jedoch um die Verletzung der Informationspflichten und dafür werden von der Fluggastrechteverordnung keine Ausgleichszahlungen vorgesehen. Damit stehen den Fluggästen im vorliegenden Fall ein Anspruch auf die Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 201,71 € gemäß §§ 280, 241 BGB i.V.m. Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu. =AG Hannover, Urt. v. 24.03.17, Az.: 558 C 257/17 In dem Urteil des AG Hannover mit dem Aktenzeichen 558 C 257/17 wurde am 24.03.17 entschieden, dass dem Fluggast bei einem Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 VO die Kosten für eine vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts erstattet werden müssen. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei Ansprüchen auf Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung um gesetzliche Ansprüche auf vertraglicher Grundlage handelt (BGH, Urt. v. 25.02.16, Az.: X ZR 35/15). Dadurch liegt eine Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 280 Abs. 1 BGB vor. Im vorliegenden Fall, waren die angefallenen Rechtsanwaltskosten aus der Sicht des Fluggastes notwendig und zweckmäßig um ihre Rechte ausüben zu können. Der BGH lässt jedoch die Entscheidung darüber ausdrücklich offen, ob das Luftfahrtunternehmen bereits immer dann die Kosten für einen Rechtsanwalt übernehmen muss, um den Anspruch erstmalig geltend zu machen, wenn ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 VO vorliegt. Die Erstattungspflicht ergibt sich wohl eher aus dem Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 VO. Man kann zwar davon ausgehen, dass der Fluggast höchstwahrscheinlich über eine grundsätzliche Möglichkeit einer Entschädigung durch das Fernsehen oder Internet informiert war. Dennoch muss die Fluggastrechteverordnung nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eng ausgelegt werden. Das Gericht entschied aus diesem Grund, dass dem Fluggast die entstandenen Kosten für die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts erstattet werden müssen, sobald ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 VO vorliegt. Im vorliegenden Fall hat das Luftfahrtunternehmen dem betroffenen Fluggast keinen Hinweis auf ihre Rechte ausgehändigt. Das Luftfahrtunternehmen hat vorgetragen, ihre Fluggäste nur durch entsprechende Aushänge am Flughafen und Flyer auf ihrer Homepage über ihre Recht informiert zu haben. Da das Luftfahrtunternehmen nicht behauptet hat, dass sie der Klägerin einen entsprechenden Hinweis ausgehändigt hat, ist sie den nötigen Anforderungen nicht nachgekommen. Der Fluggast hat gegen das Luftfahrtunternehmen einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € aus § 280 Abs. 1 BGB.

Urteile

  • AG Charlottenburg, Urt. v. 05.01.17, Az.: 2 03 C 441/16
  • BGH, Urt. v. 18. August 2015, Az.: X ZR 2/15
  • BGH, Urt. v. 10.01.06, VI ZR 43/05; Urt. v. 12.07.11, VI ZR 214/10
  • BGH, Urt. v. 25.02.16 Az.: X ZR 36/15
  • AG Köln, Urt. v. 06.03.17, Az.: 112 C 278/16

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