Vorflug

Aus PASSAGIERRECHTE
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Es kommt bei der Personenbeförderung im Luftverkehr häufig dazu, dass eine Flugverspätung eintritt, weil es bei dem vorherigen Flug zu einem den Ablauf verzögernden Zwischenfall kam, der einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Fraglich ist, ob sich die Fluggesellschaft dann hinsichtlich des im Umlaufplan der betreffenden Maschine vorgesehenen Folgefluges ebenfalls auf diesen außergewöhnlichen Umstand berufen kann, um einer etwaigen Haftung aus Art. 7 VO (EG) 261/2004 gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 zu entgehen.

Hauptartikel: Außergewöhnliche Umstände

Vorflug Definition

Vorflug

  • Im Umlaufplan eines Flugzeugs einem Flug vorhergegangener Flug der selben Maschine
  • Entscheidend ist für diese Sichtweise der unmittelbare Rückbezug auf den vorhergegangenen Flug (Vorflug) als Voraussetzung für den Folgeflug
  • Ein nahezu reibungslos abgelaufener Vorflug schafft die Voraussetzungen für eine planmäßige Durchführung der weiteren Flüge einer Maschine


Vorflug außergewöhnliche Umstände

Der europäischen Fluggastrechteverordnung lässt sich keine eindeutige Antwort auf die Frage entnehmen, ob ein außergewöhnlicher Umstand, der die Verspätung eines Fluges zur Folge hat, das Luftfahrtunternehmen auch für die weiteren Flüge von ihrer Pflicht Ausgleichszahlungen zu leisten entbindet. Zumindest Erwägungsgrund 15 der Verordnung könnte den Gedanken nahe legen, dass ein Fortwirken außergewöhnlicher Umstände möglich ist. Demgegenüber besagt Erwägungsgrund 14 aber, dass ein außergewöhnlicher Umstand bei z. B. einer mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingung vorliegt, woraus sich folgern lässt, dass der Eintritt eines außergewöhnlichen Umstandes eine Verspätung bei nachfolgenden Flügen nicht zur Entlastung eines Luftfahrtunternehmens führen kann.

Umlaufverfahren außergewöhnliche Umstände

Eine beliebige Verlängerung der Verkettung der außergewöhnlichen Umstände würde das eigentliche Ziel der Verordnung – die Rechte der Fluggäste zu stärken – unterlaufen. Verbraucherschutz meint ja gerade die Rechte der Verbraucher zu schützen und zu stärken. Fraglich ist daher, welche zumutbaren Maßnahmen eine Fluggesellschaft ergreifen muss, um zu verhindern, dass eine Verspätung sich beliebig auf Folgeflüge überträgt und ggfs. sogar anwächst. Flüge finden in der Regel nach Umlaufplan statt: eine Maschine wird über den Tag bei Kurz- und Mittelstrecken für sechs Flüge oder mehr eingesetzt. Kommt es zu Verzögerungen wirkt sich das auf alle Folgeflüge aus. Könnte die Fluggesellschaft das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände beim ersten Flug als "Entschuldigung" für die Verspätung oder Annullierung aller Folgeflüge anführen können, bliebe der Verbraucherschutz auf der Strecke. Denn die Flüge im Umlaufverfahren durchzuführen, ist eine betriebswirtschaftliche Organisationsentscheidung der Fluggesellschaft. Je dichter und mit weniger Zeitpuffer ein Umlaufplan getaktet ist, um so mehr Passagiere können befördert werden und um so höher steigt der Umsatz. Daher haben gerade Billiganbieter ein hohes Interesse an einer dichten Taktung. Solche Entscheidungen dürfen und sollen nicht zulasten des Fluggastes gehen. Die Fluggesellschaft muss also Möglichkeiten Vorhalten, um auf erhebliche Verzögerungen durch Ersatzmaßnahmen reagieren zu können. Erst die Unvermeidbarkeit eines außergewöhnlichen Umstands, die dann vorliegt, wenn das Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Umstand zu verhindern, diese Maßnahmen aber gescheitert sind (BGH, Urt. v. 04.10.2010, Az. Xa ZR 15/10), kann zu einer Befreiung von der Entschädigungspflicht führen. Die Fluggesellschaft muss umfassend vortragen, welche personellen, materiellen und finanziellen Mittel zur Verfügung standen, um den Flug zum geplanten Zeitpunkt durchzuführen. Außerdem muss das Unternehmen hinreichend begründen, warum es ihm nicht zumutbar war, auf diese Möglichkeiten zurückzugreifen bzw, warum es letztendlich den Eintritt des Umstandes verhindern konnte (AG Paderborn, 15.03.2012, Az. 50 C 254/11).

In Konsequenz dessen überzeugt die Ansicht, dass ein Ereignis, das während des Fluges eingetreten ist, allenfalls für den unmittelbar folgenden Flug als außergewöhnlicher Umstand herangezogen werden kann (z.B. AG Rüsselsheim, Urt. v. 05.07.2013 – 3 C 145/13). Die Berufung auf einen außergewöhnlichen Umstand befreit die Airline also nur dann, wenn der Umstand sich auf dem unmittelbaren Vorflug ereignet hat und nicht schon bei davorliegenden Vorumlaufflügen eingetreten ist. Ein „Durchreichen“ des Umstandes für mehrere darauffolgende Flüge ist nicht möglich. Für diese Annahme spricht der Schutz der Passagier der Folgeflüge und folgendes Beispiel.

Beispiel für einen möglichen Umlaufplan:

Der Umlaufplan der Fluggesellschaft E. sieht für ihre in Edinburgh (EDI) stationierte Maschine vom Typ "Airbus A320-214" für Tag X in der Betriebszeit von 7:00 Uhr bis 21:00 Uhr folgende Flüge vor:

1. Edinburgh (EDI) - Hamburg (HAM) Flugzeit: 1:30 h

2. Hamburg (HAM) - Edinburgh (EDI) Flugzeit: 1:30 h

3. Edinburgh (EDI) - London (STN) Flugzeit: 1:00 h

4. London (STN) - Edinburgh (EDI) Flugzeit: 1:00 h

5. Edinburgh (EDI) - Madrid (MAD) Flugzeit 2:30 h

6. Madrid (MAD) - Edinburgh (EDI) Flugzeit 2:30 h

Für die für Tag X vorgesehene Betriebszeit von 14 Stunden hat E. sechs Flüge von bzw. nach Edinburgh (Basis) vorgesehen. Durchschnittlich verbleiben pro Flug 2,33 Stunden. Addiert man die benötigten Flugzeiten bleibt ein Puffer von jeweils ca. 40 Min. pro Flug bzw. von 20 Min. pro Start- oder Landevorgang. Dies zeigt zunächst, wie engmaschig ein Umlaufplan mitunter gestrickt sein kann - schon eine geringe Verzögerung bei Start oder Landung hat erhebliche Auswirkungen auf die im Folgenden eingeplanten Flüge. Weiterhin wird Folgendes Sichtbar: Start oder Ziel jedes Fluges ist jeweils die Basis Edinburgh (EDI). Kommt es auf Flug 1., 3. oder 5. zu einer verspäteten Ankunft, wirkt sich diese zwangsläufig auf den jeweiligen Folgeflug (2., 4., 6.) aus, da E. schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht an allen Zielflughäfen Ersatzmaschine bereitstellen kann. Verzögert sich jedoch der anschließende Rückflug (nach Edinburgh (EDI)) in Folge des ersten Ereignisses ebenfalls, so dass der anschließende Flug schon verspätet von Edinburgh (EDI) starten müsste, kann es E. grundsätzlich durchaus zugemutet werden, eine Ersatzmaschine bereitzustellen, um eine Fortsetzung der Verspätungskette und damit ein "Weiterreichen" an die Passagiere zu verhindern.


Vorflug Probleme

Vogelschlag auf Vorflug

Ereignet sich ein Vogelschlag auf einem Vorflug und kommt es deswegen auf den Folgeflügen zu Verspätungen oder Annullierungen, so ist das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes von den getroffenen Gegenmaßnahmen der Airline abhängig zu machen. Der 15. Erwägungsgrund der VO (EG) 261/2004 legt durchaus den Gedanken nahe, dass hinsichtlich der Folgeverspätungen ein außergewöhnlicher Umstand stets fortwirken könne, denn danach soll vom Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands ausgegangen werden, wenn eine Entscheidung des Flugverkehrsmanagements zu einem einzelnen Flugzeug an einem bestimmten Tag zur Folge hat, dass es bei einem oder mehreren Flügen des betreffenden Flugzeugs zu einer großen Verspätung, einer Verspätung bis zum nächsten Tag oder zu einer Annullierung kommt, obgleich vom betreffenden Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verspätungen oder Annullierungen zu verhindern. Wenn ein Luftfahrtunternehmen jedoch nur in gewissem Maße Ersatzmaschinen bereit hält, um die Umlaufflüge bei einem Zwischenfall fortsetzten zu können, so handelt es sich hierbei um eine betriebswirtschaftliche Entscheidung. Die Airline hat in diesen Fällen abzuwägen, ob sie den Frühflug bis auf Weiteres nicht durchführt und dafür den zweiten Flug des Umlaufs pünktlich durchführt, oder die Verspätung durchreicht, ist in ihrer Planung angelegt und wird von den Kosten abhängen sowie davon, wie viele Reservemaschinen sie an welchen Standorten bereithält. Mit Blick auf die in den Erwägungsgründen Nr. 1 bis 4 der VO (EG) 261/2004 hervorgehobene Zielsetzung, die Rechte der Fluggäste zu stärken, scheint es nicht vereinbar, dass das Flugunternehmen allein mit Blick auf den in seiner Organisation und Ablaufplanung angelegten Entscheidungskonflikt entlastet wird. Somit liegt bei einem Vogelschlag auf einem Vorflug und einer daraus resultierenden Verspätung kein außergewöhnlicher Umstand vor. Die Fluggesellschaft kann sich nicht von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreien. Vielmehr obliegt es ihrer betriebswirtschaftlichen Organisationsgewalt ausreichend Ersatzmaschinen bereitzuhalten.

Notlandung auf Vorflug

Das Amtsgericht Hannover hatte einen ähnlichen Fall zu beurteilen. Auf einem Vorflug kam es zu einer Verspätung. Die Piloten wurden über Bordfunk von der Bundespolizei dazu aufgefordert, auf dem nächstgelegenen Flughafen zu landen, weil ein ungecheckter Koffer sich an Bord des Flugzeuges befand. Die Piloten leisteten der Anweisung Folge, was eine Verspätung zur Folge hatte, die sich auch auf den Folgeflug auswirkte. Der klagende Fluggast erreichte sein Urlaubsziel mit mehr als drei Stunden Verspätung und fordert von der Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung. Das Luftfahrtunternehmen berief sich auf einen außergewöhnlichen Umstand und verweigerte die Ausgleichszahlung aus Art. 7 VO (EG) 261/2004 (AG Hannover, Urt. v. 30.09.2013, Az. 532 C 7883/12). Die Richter urteilten, dass es keinen außergewöhnlichen Umstand i. S. v. Art.5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 261/2004 darstellt, sofern sich an Bord des Flugzeugs ein ungecheckter Koffer befindet und die Maschine auf Anweisung der Bundespolizei zu Kontrollzwecken deswegen landen muss. Es ist Sache der Fluggesellschaft, dafür zu sorgen, dass kein ungecheckter Koffer an Bord ihres Flugzeugs gelangt. Die Fluggesellschaft schien keinerlei Zeitreserve eingeplant zu haben, um unerwartete Vorkommnisse und Zeiteinbußen auszugleichen. Folglich konnte sich das Luftfahrtunternehmen nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen und ist dem Fluggast zur Ausgleichszahlung verpflichtet. Fallen die Umstände also in den Verantwortungsbereich der Airline, kann sie sich nicht darauf berufen, dass diese außergewöhnlich seien.

Medizinische Vorfälle

Medizinische Vorfälle auf Vorflügen können zu erheblichen Verspätungen oder Annullierungen führen. Die Bewertung, ob es sich um einen außergewöhnlichen Umstand handelt oder nicht, ist unterschiedlich und vom Einzelfall abhängig.

Bewusstlosigkeit eines Passagiers

Ein medizinischer Notfall, im Beispielsfall die Bewusstlosigkeit einer Passagierin mit Abtransport durch Krankenwagen, kann ein außergewöhnlicher Umstand sein. Vor dem Hintergrund, dass allein die Durchführung des jeweils konkreten Fluges maßgeblich ist, kann ein medizinsicher Notfall jedoch nur eine Rolle spielen, wenn er in einem engen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Flug steht. Bei Flügen, die im Umlaufverfahren geplant sind, ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Somit handelt es sich nicht um einen außergewöhnlichen Umstand, wenn ein Flugzeug aufgrund der Bewusstlosigkeit eines Passagiers auf dem Vorflug Verspätung hat (AG Geldern, Urt. v. 28.11.2007, Az. 14 C 273/07).

Medizinischer Notfall

Kommt es auf dem Vorflug zu einem medizinischen Notfall, sodass das Flugzeug umkehren oder notlanden muss, so handelt es sich dabei um einen außergewöhnlichen Umstand. Ein Luftfahrtunternehmen kann keine zumutbaren Maßnahmen zur Vorbeugung eines solchen Vorfalls treffen, wenn der medizinische Notfall zum Zeitpunkt des Abflugs noch nicht vorhersehbar war (AG Berlin-Wedding, Urt. v. 28.10.2010, Az. 2 C 115/10).

Todesfall an Board

Ein plötzlicher Todesfall und eine daraus resultierende Verspätung der folgenden Flüge des eingesetzten Flugzeugs stellt einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Fluggastrechteverordnung dar. Es handelt sich hierbei nicht um einen Umstand, dem eine Airline mit zumutbaren Maßnahmen im Vorfeld entgegenwirken kann (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.03.2011, Az. 31 C 2177/10). Es könne der Fluggesellschaft demnach nicht zugemutet werden hier ersatzpflichtig zu sein. Sie kann keinerlei Maßnahmen ergreifen, um die Verspätung oder Annullierung zu verhindern.

Brand an Bord

Führt ein (selbst auf einem außergewöhnlichen Umstand beruhender) Brand dazu, dass auf dem Vorflug eine Notlandung erforderlich wird und wirkt sich dies auf den Folgeflug aus ist fraglich, inwiefern die Folgen für den Folgeflug ebenfalls auf dem Brand beruhen. Dies hängt davon ab, welche Maßnahmen der Fluggesellschaft zugemutet werden können, um Auswirkungen auf Folgeflüge zu verhindern. Der BGH hat dazu festgestellt, dass Fluggesellschaften aus Gründen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht auf jede denkbare Störung derart eingestellt sein müssen, dass Annullierungen und große Verspätungen stets durch die sofortige Verfügbarkeit von Ersatzmaschinen oder Personal vermieden werden können. Die Fluggesellschaft muss also für den konkreten Fall darlegen können, im Rahmen der tatsächlichen Möglichkeiten alles getan zu haben, um beispielsweise eine Ersatzmaschine zu beschaffen. Kann sie dies, so war die Verspätung nicht durch zumutbare Maßnahmen vermeidbar. Auf den außergewöhnlichen Umständen des Brandes beruht dann folglich auch die Verspätung des Folgefluges. Der BGH bedenkt mit dem Gedanken an die wirtschaftliche Unzumutbarkeit in einem gewissen Maße auch die Verhältnismäßigkeit. Luftfahrtunternehmen sind nicht dazu verpflichtet Maßnahmen zu ergreifen, die außerhalb ihrer tatsächlichen Möglichkeiten liegen. Das gilt sowohl im organisatorischen als auch im wirtschaftlichen Bereich.

Siehe: Brand an Bord.

Auswirkungen auf andere Ansprüche

Gleichgültig, ob ein außergewöhnlicher Umstand die Airline von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreit oder nicht, muss diese Betreuungsleistungen an ihre Fluggäste leisten. Je nach Verspätung kommen unterschiedliche Leistungen in Betracht. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 befreit insoweit nur von der Pflicht zu Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO (EG) 261/2004. Andere Ansprüche bleiben unberührt.

Siehe auch

Rechtsprechung

Gericht, Urteil vom… Aktenzeichen Zusammenfassung (siehe Reiserecht-Wiki)
BGH, Urteil vom 14.10.2010 Xa ZR 15/10
  • Die Klägerin – ein Luftfahrunternehmen – geht gegen die Beklagte vor, weil diese keine Vergütung für einen von ihr gebuchten Flug, der sich aus zwei Teilflügen zusammensetzte, zahlen will. Der erste Flug erreichte den Zwischenflughafen mit einer Verspätung von rund zwei Stunden. Grund hierfür waren schlechte Wetterbedingungen. Die Beklagte verpasste ihren Anschlussflug und forderte daraufhin eine Ausgleichszahlung. Die Klägerin weigerte sich der Zahlung und berief sich mit dem schlechten Wetter auf einen außergewöhnlichen Umstand, für den sie keine Haftung übernehmen müsse. Die Klage durchlief alle Instanzen.
  • Der Bundesgerichtshof hat jedoch als letzte Instanz entschieden, dass schlechtes Wetter keinen außergewöhnlichen Umstand begründet, welcher die Klägerin von der Haftung hätte befreien können. Somit wurde der Beklagten die begehrte Ausgleichzahlung zugesprochen.
AG Hannover, Urteil vom 30.09.2013 532 C 7883/12
  • Der Kläger buchte bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug. Dieser kam erst mit einer Verspätung von rund vier Stunden am Zielflughafen an. Grund hierfür war, dass sich an Bord des Flugzeuges ein noch nicht geprüfter Koffer befand. Die Maschine musste, auf Anordnung der Bundespolizei, zwischenlanden.
  • Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung, im Sinne des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Beklagte verweigert die Zahlung und erwidert, dass es sich bei diesem Vorfall um einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 handele, welcher sie von der Haftung befreie.
  • Das Amtsgericht Hannover hat dem Kläger die begehrte Ausgleichszahlung zugesprochen.
  • Außergewöhnliche Umstände seien nur solche, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, also Umstände, die von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind. Vorliegend lag es jedoch im Machtbereich des Unternehmens alle Koffer zu überprüfen.
AG Rüsselsheim, Urteil vom 05.07.2013 3 C 145/13
  • Die Kläger buchten bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug von Antalya nach Paderborn. Dieser Flug wurde von der Beklagten mit einer Verspätung von rund vier Stunden durchgeführt, woraufhin die Kläger ihre Ansprüche auf die Ausgleichzahlung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004 geltend machten.
  • Die Beklagte wies diese Forderung ab, mit der Begründung, dass ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004 vorliege, da die Maschine aufgrund von Komplikationen auf dem Hinflug verspätet in Antalya ankam.
  • Das Amtsgericht Rüsselsheim hat jedoch den Klägern Recht gegeben, mit der Begründung, dass sich ein außergewöhnlicher Umstand nur auf den aktuellen und konkreten Flug beziehen kann und nicht auf vorangestellte Flüge. Dies sei nicht die Absicht der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004.
  • In dem sich bietenden Zeitraum zwischen der Erkennung der voraussichtlichen Verspätung des Vorumlauffluges und dem geplanten Start des Linienfluges, hätte die Airline zumutbare Maßnahmen treffen können, um einem verspäteten Abflug entgegenzuwirken. Den Klägern stehe daher ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung zu.
AG Paderborn, Urteil vom 15.03.2012 50 C 254/11
  • Der Kläger verlangt von einem Luftfahrtunternehmen Schadensersatz wegen eines erheblich verspäteten Fluges. Die Beklagte erklärt die Verspätung durch extrem schlechte Wetterverhältnisse, welche als außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 einzuordnen seien. Sie verweigert folglich die Zahlung.
  • Nach Ansicht des Amtsgerichts in Paderborn genügt es nicht, lediglich vorzutragen, dass eine bestimmte Situation außergewöhnlich ist und außerhalb des normalen Risikobereichs des Betriebs eines Luftfahrtunternehmens liegt. Vielmehr muss dargestellt werden, welche personellen, materiellen und finanziellen Mittel zur Abwendung des außergewöhnlichen Zustands verfügbar waren und aus welchem Grund die Abwendung unzumutbar oder gar und unmöglich war. Eine solch ausführliche Darstellung konnte das Luftfahrtunternehmen nicht vorweisen, weshalb dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz zugesprochen wurde.
AG Frankfurt, Urteil vom 01.03.2011 31 C 2177/10
  • Der Kläger buchte bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen einen Flug. Dieser Flug verspätete sich aufgrund eines Todesfalls an Bord der Maschine, sodass der Kläger seinen Anschlussflug verpasste. Aus diesem Grund verlangt der Kläger von dem beklagten Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung im Sinne des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Das beklagte Luftfahrtunternehmen weigert sich der Zahlung und begründet die Entscheidung mit dem vorliegen eines haftungsbefreienden außergewöhnlichen Umstandes im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.
  • Das Amtsgericht in Frankfurt hat dem beklagten Luftfahrtunternehmen Recht zugesprochen. Eine Ausgleichszahlung im Sinne der Fluggastrechtverordnung setze ein Verschulden des Luftfahrtunternehmens voraus.
  • Grundsätzlich handele es sich hierbei um Ereignisse, die dem alltäglichen Luftverkehr nicht fremd und für die Gesellschaft sowohl vorhersehbar als auch vermeidbar seien.
  • Ein Todesfall an Bord eines Flugzeuges sei jedoch kein Umstand der durch das Luftfahrtunternehmen beherrscht werden könne. Es könne der Beklagten daher nicht zugemutet werden jedem von der Verspätung betroffenen Fluggast eine entsprechende Entschädigung leisten zu müssen.
AG Berlin-Wedding, Urteil vom 28.10.2010 2 C 115/10
  • Ein Reisender buchte bei einem privaten Luftfahrtunternehmen einen Linienflug. Weil dieser mit mehr als 5 Stunden Verspätung startete, verlangt der Fluggast nun eine Ausgleichszahlung im Sinne von Art. 7 der Fluggastrechte Verordnung.
  • Die Airline verweigert jedoch die Zahlung. An Bord der Zubringerfluges habe sich ein medizinischer Notfall ereignet, weswegen der Pilot dazu gezwungen war zu wenden und den Startflughafen anzufliegen. In dem Notfall sei ein außergewöhnlicher Umstand zu sehen, der die Beklagte von einer Haftung befreie.
  • Das Amtsgericht Wedding hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Flugverspätungen von mehr als 3 Stunden seien nach der Fluggastrechte-Verordnung grundsätzlich durch eine angemessene Ausgleichszahlung zu entschädigen. Eine Ausnahme bestehe jedoch für Fälle, in denen die Verspätung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführen sei.
  • Einen solchen definiere Art. 5 der Verordnung 261/2004 als nicht vorherzusehenden Zustand, der vollkommen außerhalb des Einwirkungsbereichs der Airline liege.
  • Der plötzlich Auftretende Bedarf an medizinischer Notversorgung sei für die Fluggesellschaft weder vorhersehbar, noch könne sie ihn eigenständig abwenden ohne den Flug zu unterbrechen.
  • In der Folge hafte das Unternehmen dem Fluggast für die unverschuldete Verspätung nicht.
AG Geldern, Urteil vom 28.11.2007 14 C 273/07
  • Im vorliegenden Fall buchte der Kläger beim beklagten Luftfahrtunternehmen einen Flug. Der Flug wurde allerdings auf den nächsten Tag verschoben und nicht zum geschuldeten Zeitpunkt durchgeführt. Begründet wurde die zeitliche Verzögerung mit einem medizinischen Notfall, der sich an Bord ereignet hatte. Der Kläger begehrt eine Ausgleichszahlung im Sinne des Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 wegen der Verspätung.
  • Das Amtsgerichts Geldern fand die Klage begründet und entschied, dass ein medizinischer Notfall an Bord eines Flugzeuges kein außergewöhnlicher Umstand darstellt, da dies zu den allgemeinen Risiken um Flugverkehr gehört und das Luftfahrtunternehmen muss mit deren Eintreten auch rechnen.