Verspätetes Erscheinen

Aus PASSAGIERRECHTE
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Definition

Mit verspätetem Erscheinen ist die Verspätung des Fluggastes gemeint. Fraglich ist, was passieren würde, wenn der Fluggast zu spät erscheint und seinen Flug eventuell sogar verpasst hat.

Allgemeine Beförderungsbedingungen

Oft ist in den allgemeinen Beförderungsbedingungen geregelt, dass die Fluggäste bereits einige Zeit vor der Abflugzeit in der Abfertigung sein sollen. Es wird also zur Vertragsbedingung, dass die Fluggäste rechtzeitig da sind. Die unterschiedlichen Luftfrachtführer können aber auch eine spezielle Zeit angeben, bis wann spätestens der Check-In stattgefunden haben soll. In der Regel sind das 45 Minuten vor der Abflugzeit. Zudem behalten sie sich vor, bei Verspätung des Fluggastes, dessen Buchung zu stornieren und seinen Platz anderweitig zu vergeben. Schließlich ist das Luftfahrtunternehmen auch berechtigt, die Bordkarte des Fluggastes zu annullieren. Bevor die Airline überhaupt stornieren oder annullieren darf, ist sie verpflichtet den verspäteten Fluggast zum Check-In aufzurufen.

FluggastrechteVO

Auch die EG-Verordnung 261/2004 verpflichtet den Fluggast zum pünktlichen Erscheinen. In Art. 3 der Verordnung ist angeordnet, dass die Fluggäste sich pünktlich einzufinden haben. Das bedeutet laut der Verordnung, dass sie sich zu der wie vorgegeben und zu der zuvor schriftlich (einschließlich auf elektronischem Wege) von dem Luftfahrtunternehmen, dem Reiseunternehmen oder einem zugelassenen Reisevermittler angegebenen Zeit zur Abfertigung einfinden. Falls allerdings keine Abfertigungszeit angegeben ist, soll sich der Fluggast spätestens 45 Minuten vor der angegebenen Abflugzeit zur Abfertigung eingefunden haben. Der Art. 3 der Fluggastrechteverordnung regelt den Anwendungsbereich der Verordnung. Würde der Fluggast nun verspätet erscheinen, also nicht zur angegebenen Abfertigungszeit oder spätestens 45 Minuten vor Abflugzeit, hätte das zur Folge, dass die Verordnung nicht mehr anwendbar ist. Dem hat der europäische Gerichtshof jedoch zum Teil widersprochen. Der europäische Gerichtshof möchte Ausgleichszahlungen aus der EG-Verordnung 261/2004 zulassen, wenn das Luftfahrtunternehmen irrtümlich annimmt, dass der Fluggast nicht mehr rechtzeitig erscheinen wird und deshalb die Bordkarten annulliert. Wenn der Fluggast dann aber trotzdem pünktlich zum Abflug erscheint, begründet das eine solche Ausgleichszahlung. Vor allem ist anzumerken, dass eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung bei einem verspäteten Erscheinen ausgeschlossen ist, da die Nichtbeförderung eine Weigerung des Luftfrachtführers voraussetzt. Eine solche ist allerdings bei einer Verspätung des Fluggastes nicht gegeben. Anders sieht das der Bundesgerichtshof aber, wenn beim Umsteigen lediglich das Gepäck nicht rechtzeitig umgeladen werden kann. Sollte dann eine Nichtbeförderung stattfinden, stellt dies einer Weigerung dar und begründet Ausgleichsansprüche wegen Nichtbeförderung.

Rechtsfolgen bei Annahme eines absoluten Fixgeschäfts

Würde man annehmen, dass es sich bei dem Luftbeförderungsvertrag um ein absolutes Fixgeschäft handelt, dann hätte dies zur Folge, dass bei einem verspäteten Erscheinen die Unmöglichkeit der Leistung gemäß § 275 BGB eintreten würde. Trotzdem müsste der Fluggast gemäß § 326 Abs. 2 BGB den vollen Preis entrichten. Das würde bedeuten, dass die Verletzung einer Gläubigerobliegenheit stets zur Unmöglichkeit führen würde. Mehr dazu ist im Beitrag zum absoluten Fixgeschäft zu entnehmen.

Fazit

Es ist somit festzustellen, dass das verspätete Erscheinen für den Fluggast erhebliche Konsequenzen haben kann. Nicht nur, dass etwaige Ansprüche nicht mehr bestehen und die Anwendung der EG-Verordnung 261/2004 erschwert ist, es können zudem auch etwaige Mehrkosten für den Gast entstehen, da die Airline nicht immer für dessen Verspätung verantwortlich ist.

Verspätetes Eintreffen mancher Fluggäste am Flughafen

Ist einem Reisenden klar das er sich aus bestimmten Gründen nicht rechtzeitig zum Check-In am Flughafen einfinden kann und ruft er daher seinen Reisevermittler mit der Bitte an dafür zu sorgen, dass der Check-In-Schalter länger geöffnet ist, so trifft den Reisevermittler nicht die Pflicht dies auch tatsächlich zu tun.

Auch eine Abflugverspätung des Flugzeugs führt nicht zu der Pflicht, den Check-In-Schalter entsprechend länger offen zu halten bzw. wieder zu öffnen.

So hat es das LG Frankfurt mit seinem Urteil vom 26.11.2015 entschieden (Az.: 2-24 O 95/15).

Siehe auch: Verspätung von Fluggästen

Rechtsprechung

Gericht,Datum Aktenzeichen Amtliche Leitsätze/Inhalt
EuGH, Urteil vom 04.10.2012 C-321/11
  • Annulliert das Luftfahrtunternehmen die Bordkarten der Fluggäste, da es der Meinung ist, dass die Fluggäste den Flug nicht mehr erreichen werden, so entsteht für die Fluggäste ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung im Sinne der EG-Verordnung 261/2004
BGH, Urteil vom 16.04.2013 X ZR 83/12
  • Eine Nichtbeförderung liegt nur dann vor, wenn das Luftfahrtunternehmen sich ausdrücklich weigert den Fluggast an Bord eines Ihrer Fluggeräte zu transportieren.
BGH, Urteil vom 28.08.2012 X ZR 128/11
  • Kann das Gepäck bei einem Zwischenstopp nicht zügig umgeladen werde, müssen die Reisenden trotzdem befördert werden, da ansonsten eine Beförderungsverweigerung nach Artikels 7 der Verordnung EG Nr. 261/2004 vorliegt.
OLG Frankfurt, Urteil vom 08.09.2011 16 U 220/10
  • Damit ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung im Sinne der EG-Verordnung 261/2004 entstehen kann, muss der Fluggast mindestens 45 Minuten vor dem geplanten Abflug am entsprechenden Gate eintreffen.
  • Das aushändigen beider Bordkarten für einen zweiteiligen Flug, vor dessen Antritt, garantiert keinen Mitflug im Anschlussflug, sondern stellt lediglich einen Service des Luftfahrtunternehmens dar.
AG Charlottenburg, Urteil vom 21.04.2009 226 C 331/08
  • Eine Airline hat die Pflicht verspätete Fluggäste ausrufen zu lassen.
AG Offenbach, Urteil vom 06.01.2006 33 C 2/06
  • Wenn sich der Fluggast nicht spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfindet, liegen die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch nach der EG-Verordnung 261/2004 nicht vor.