Flächennavigation

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Flächennavigation (englisch: area navigation, RNAV) ist eine Methode aus den Instrumentenflugregeln, welche es ermöglicht, dass Flugzeuge jeden beliebigen Kurs in einem Netz von Navigationsbaken auswählen können, anstatt von einer Bake zur nächsten zu navigieren. Dadurch kann die Flugdistanz verkürzt, Verkehrsbelastung verringert, und Flüge zu Flughäfen ohne Baken ermöglicht werden.

RNAV kann als eine Navigationsmethode definiert werden, mit der jeder gewünschte Flugverlauf innerhalb der Abdeckung stationsbasierter Navigationssignale oder im Rahmen einer in sich geschlossenen Systemfähigkeit oder einer Kombination von beiden möglich ist.

In den Vereinigten Staaten wurde RNAV in den 1960er Jahren entwickelt und die ersten solchen Flugstrecken konnten in den 1970er Jahren beflogen werden. Im Januar 1983 hob die Luftfahrtbehörde der USA FAA die Strecken wieder auf, weil Flugzeuge lieber mit Trägheitsnavigationssystemen anstatt von bodengestützten Baken geflogen sind. Die Kosten-Nutzen-Analyse sprach also gegen Beibehaltung und weiteren Ausbau der Flächennavigation. Sie wurde jedoch mit der Einführung von Satellitennavigation wieder eingeführt.

Hintergrund

Mit dem Wachstum des Luftverkehrs wurden auch größere Anforderungen an die Luftraumkapazität gestellt und die Notwendigkeit einer optimalen Nutzung des vorhandenen Luftraums stärker betont. Durch die Anwendung der Flächennavigationstechnik konnte betriebliche Effizienz verbessert werden. Dies veranlasste weltweit die Entwicklung verschiedener Navigationsanwendungen für unterschiedliche Phasen des Flugs. Diese Anwendungen könnten eventuell auch auf Bodenbetrieb erweitert werden.

Anforderungen an Navigationsanwendungen für spezifische Routen oder innerhalb eines bestimmten Luftraumbereiches müssen klar und präzise festgelegt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Flugbesatzung und Fluglotsen die Fähigkeiten des RNAV-Systems an Bord klar kennen und beurteilen können, ob die Leistung des Systems für den bestimmten Luftraumbereich und seine Anforderungen geeignet ist.

RNAV-Systeme entwickelten sich ähnlich zu konventionellen bodengestützten Routen und Verfahren. Nachdem ein bestimmtes RNAV-System fertiggestellt wurde, wurde seine Leistung mithilfe eine Kombination aus Analyse und Flugtests bewertet. Für bodenbasierte Vorgänge nutzten die ersten Systeme Drehfunkfeuer und Entfernungsmessgeräte (DME), um den Standort zu schätzen. Für den Langstreckenbetrieb über den Ozeanen wurden Trägheitsnavigationssysteme eingesetzt. Kriterien für den Luftraum und Hindernisfreiheit wurden basierend auf der Leistung der zur Verfügung stehenden Ausrüstung ermittelt. Spezifikationen für Anforderungen basieren auf den vorhandenen Fähigkeiten. Solche bindende Vorschriften und Anforderungen führten zu Verzögerungen in der Einführung neuer Funktionen des RNAV-Systems und höheren Kosten für die entsprechende Zertifizierung. Daher wurde eine alternative Methode zur Feststellung der Anforderungen ausgearbeitet, die die verfügbaren Geräte-Kapazitäten unberücksichtigt lässt. Diese Methode wird als leistungsbasierte Flugnavigation (PBN) bezeichnet. RNAV ist heute eine der Navigationstechniken von PBN, die einzige andere ist aktuell die erforderliche Navigationsleistung (RNP).

RNAV- und RNP-Systeme sind fundamental ähnlich. Der Hauptunterschied zwischen ihnen besteht in den verschiedenen Anforderungen an die Überwachungs- und Warnfunktionen an Bord.

Eine Navigationsspezifikation, welche eine Anforderung an die Überwachung und Warnung des Navigationssystems an Bord enthält, wird als RNP-Spezifikation bezeichnet. Eine Spezifikation ohne eine solche Vorschrift bezieht sich auf die Flächennavigation. Erfüllt ein RNAV-System die Anforderungen einer RNP-Spezifikation, so handelt es sich um ein RNP-System.

Als Folge der Entscheidungen der Industrie in den 90er Jahren bieten die modernsten RNAV-Systeme Überwachungs- und Warnungssysteme an Bord, sodass die Navigationsspezifikationen, die für den Einsatz dieser Systeme entwickelt wurden, als RNP-Spezifikationen bezeichnet werden können.

Viele RNAV-Systeme sind sehr genau und besitzen viele der Funktionen eines RNP-Systems. Ihre Leistung ist jedoch nicht immer zuverlässig. Hinsichtlich dessen und, um unnötige Kosten dort zu vermeiden, wo ein RNP-System nicht zwingend erforderlich ist, beziehen sich viele neue sowie bestehende Navigationsspezifikationen weiterhin auf das Flächennavigationssystem, anstatt des RNP-Systems. Es wird daher erwartet, dass RNAV- und RNP-Systeme noch viele Jahre nebeneinander existieren werden.

RNP-Systeme bieten jedoch eine bessere Betriebsintegrität, indem möglichst kleiner Routenabstand erlaubt wird. Das System kann auch so viel Integrität ermöglichen, dass innerhalb eines bestimmten Luftraumbereiches nur der Einsatz dieses Systems ausreichend ist. RNP-Systeme bieten auch weitere Sicherheits-, Betriebs- und Effizienzvorteile. Obwohl RNP- und RNAV-Systeme erwartungsgemäß in der Zukunft koexistieren werden, wird damit gerechnet, dass mit der zunehmenden Anzahl der Flugzeuge mit RNP-Systemen und sinkenden Transaktionskosten der Übergang zu RNP-Systemen sich vollziehen wird.

Funktionale Anforderungen

RNAV-Spezifikationen umfassen Anforderungen für bestimmte Navigationsfunktionen. Zu diesen funktionalen Anforderungen gehören:

  • Kontinuierliche Anzeige der Flugzeugposition relativ zu der Flugbahn, die dem Piloten auf seinem Navigationsfeld primär angezeigt wird.
  • Anzeige von Distanz und Peilung zum aktiven Wegpunkt.
  • Anzeige der Bodengeschwindigkeit oder Zeit bis zum aktiven Wegpunkt.
  • Speicherfunktion von Navigationsdaten.
  • Geeignete Fehleranzeige des Flächennavigationssystems und seiner Sensoren.

Navigationsfehler und Warnung

Seitliche Navigation

Die Unfähigkeit, die erforderliche seitliche Navigationsgenauigkeit zu erreichen, kann aufgrund von Navigationsfehlern im Hinblick auf die Verfolgung und Standortermittlung des Flugzeuges entstehen. Die drei Hauptfehler sind Pfadbestimmungsfehler (path definition error, PDE), flugtechnischer Fehler (flight technical error, FTE) und Navigationssystem-Fehler (navigation system error, NSE).

Ein PDE-Fehler tritt auf, wenn der im Flächennavigationssystem definierte Pfad mit dem gewünschten Pfad nicht übereinstimmt. Die Verwendung des RNAV für die Navigation setzt voraus, dass ein definierter Pfad für die beabsichtigte Strecke in das Navigationssystem geladen ist. Ein konsistenter, wiederholbarer Pfad kann nicht für eine Drehung definiert werden, die wiederum eine Drehung im Vorbeiflug an einem Wegpunkt ermöglichen könnte (da die Nähe zu einem Wegpunkt und der Windvektor unwiederholbar sein können). Weiterhin ist keine Drehung möglich, wenn ein Wegpunkt überflogen werden muss oder wenn das Flugzeug die gewünschte Flughöhe erreicht hat. In diesen Fällen enthält die Datenbank des Navigationssystems eine Punkt-zu-Punkt-definierte Flugbahn, kann aber nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn das RNAV-System eine Bahn für einen Überflug oder Vorbeiflug erstellt und ein Manöver durchführt. Sinnvolle Fehlerwerte für PDE und FTE können nicht festgelegt werden, ohne dass eine Pfaddefinition in einer Drehung resultiert.

Flugtechnische Fehler beziehen sich auf die Fähigkeit des Flugpersonals oder der Autopiloten, den definierten Pfad einschließlich jeglicher Anzeigefehler zu folgen. FTE können vom Autopiloten oder durch spezielle Verfahren von der Cockpit-Crew beobachtet werden. Das Ausmaß, mit dem diese Verfahren durch andere Mittel unterstützt werden müssen, hängt zum Beispiel von der jeweiligen Flugphase und der Vorgangsart ab. Eine solche Überwachungsunterstützung kann zum Beispiel durch eine Kartendarstellung zur Verfügung gestellt werden.

Navigationssystem-Fehler beziehen sich auf die Differenz der geschätzten und der tatsächlichen Position des Flugzeuges.

Längliche Navigation

Längliche Performance impliziert die Navigation in Bezug auf einen Punkt entlang der Strecke (zum Beispiel 4-dimensional). Aktuell gibt es jedoch keine Navigationsspezifikation, die eine 4-D-Steuerung vorschreiben würde und es gibt keine flugtechnischen Fehler in der Längsabmessung. Die aktuellen Navigationsspezifikationen definieren Anforderungen an die Genauigkeit entlang der Strecke und dazu gehören die Fehlerarten NSE und PDE. PDEs sind vernachlässigbar. Die Genauigkeit entlang der Strecke beeinflusst die Meldung der Position und die Planung der Vorgänge und Verfahren.

Präzise Flächennavigation

Präzise Flächennavigation (P-RNAV) ist eine Navigationsanwendung für den Europäischen Luftraum großer Flugplätze und eine natürliche Weiterentwicklung der basischen RNAV, welche im Europäischen Luftraum im April 1998 zur Pflicht wurde.

Die P-RNAV-Ausrüstung in Flugzeugen bestimmt automatisch die gewünschte Flugbahn des Flugzeuges durch eine Reihe von Wegpunkten, die in der Datenbank gespeichert sind. P-RNAV-Verfahren wurden mit Berücksichtigung der Design-Prinzipien der mit RNAV ausgestatteten Flugzeuge entwickelt. Diese Verfahren werden die aktuelle Vielzahl von RNAV Verfahren ersetzen, von denen viele für eine große Anzahl von verschiedenen Flugzeugtypen nicht geeignet sind. Es wird anerkannt, dass die bestehenden Variationen in RNAV-Zulassungsanforderungen, die Variationen in Verfahren und deren Veröffentlichung sowie die Unterschiede in Navigationsdatenintegrität erhebliche Auswirkungen auf die Sicherheit haben können.

P-RNAV bietet die Möglichkeit, von der Funktionalität der RNAV in allen Flugphasen zu profitieren, außer beim End- und Fehlanflug. Das Konzept ermöglicht die Festlegung der Routen im Luftraum großer Flughäfen, was den Bedürfnissen von Luftfahrzeugbetreiber und Flugsicherungsdienstleister entgegen kommt. Das bedeutet oft kürzere, direktere Wege mit einfachen Verbindungen zu der En-route-Struktur. Wo Umweltfragen eine große Rolle spielen, kann die Route mit Rücksicht auf dicht besiedelte Gebiete entworfen werden. Mit sorgfältiger Überlegung können auch angemessen getrennte An- und Abreiseströme erreicht werden. Dadurch kann die Notwendigkeit der Radarbegleitung und somit die Arbeitsbelastung für Piloten und Lotsen reduziert werden. Weniger Radarvektoren bedeutet auch weniger Unsicherheit im Cockpit im Hinblick auf die zu erwartende taktische Route sowie die Distanz.
Es wird erwartet, dass P-RNAV einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit machen könnte durch:

  • Unterstützung bei der Entwicklung gemeinsamer Anflugverfahren
  • Einführung vorhersehbar und wiederholbar Flugrouten für alle Flugzeugtypen
  • Flüge konsequent nach vorher definierten Parametern
  • Gewährleistung gleichen Wissensstandes über die beabsichtigte Flugroute sowohl bei Piloten als auch bei Lotsen.

Der Vorreiter des Flächennavigation-Konzeptes ist die basische Flächennavigation (B-RNAV). Seit 2008 wird B-RNAV in Europa, RNAV 2 in den Vereinigten Staaten und RNP 5 im Mittleren Osten im kontinentalen Reiseluftraum durch RNAV-Anwendungen unterstützt. B-RNAV wurde eingeführt, um Kapazitätsgewinne mit minimalen Flugzeugeigenschaften zu erzielen.

Implementierung

P-RNAV ist noch keine Pflicht im Europäischen Luftraum. Europäische Staaten führen jedoch P-RNAV als Unterstützung der eigentlichen Flächennavigation im Flughafen-Luftraum ein. Dieser Prozess soll in vielen Europäischen Staaten gleich sein, damit ein konsistentes Maß an Flugsicherheit geboten ist. Seit November 2005 werden an Flugzeuge mit RNAV folgende Anforderungen gestellt:

  • Für RNAV-Verfahren, welche Streckensegmente unterhalb der minimalen geeigneten Flughöhe beinhalten, ist eine P-RNAV-Zulassung erforderlich.
  • Für RNAV-Verfahren, die solche Streckensegmente nicht enthalten und entsprechend entworfen sind, sollte eine B-RNAV-Zulassung ausreichen. Andernfalls ist P-RNAV die einzig akzeptable Alternative, außer in Bereichen, wo P-RNAV-zertifizierte Geräte nicht ausdrücklich vorgeschrieben sind.

In 2008 wurde das ehemalige US-amerikanische Konzept für Flughafen-Luftraum US RNAV Typ B an das PBN-Konzept angeglichen und wird heute RNAV 1 genannt. Das basische RNP 1-Konzept wurde primär für Luftraumbereiche ohne Radarabdeckung und mit geringerer Verkehrsdichte entwickelt. Es wird in der Zukunft erwartet, dass mehr RNP-Anwendungen für beide Luftraumbereiche entwickelt werden.

Weitere Entwicklung und Standardisierung

RNP-RNAV
Eine Mischung aus den Konzepten der erforderlichen Navigationsleistung und der Flächennavigation soll der letzte Schritt zu einem Navigationssystem mit Funktionalität und Integrität in allen Flugphasen und einer auf die vorgeschriebenen RNP-Werte anwendbaren Bahngenauigkeit.

Leistungsbasierte Navigation
Das Konzept der leistungsbasierten Navigation (performance-based navigation, PBN) von ICAO ersetzt die erforderliche Navigationsleistung. Ein Großteil der Terminologie, die mit RNP assoziiert wird (zum Beispiel RNP-Typ oder Wert), existiert im PBN-Konzept nicht.

Das PBN-Konzept besteht aus drei Komponenten: Navigationsspezifikationen, Infrastruktur der Navigationshilfen und Navigationsanwendung.

Die Navigationsspezifikation schreibt die Leistungsanforderungen in Bezug auf Genauigkeit, Integrität, Kontinuität und Verfügbarkeit für vorgeschlagene Abläufe in einem bestimmten Luftraum vor. Sie beschreibt ferner, wie diese Leistungsanforderungen erfüllt werden sollen. Zusätzliche Anforderungen werden an den Wissensstand, die Ausbildung und Betriebsgenehmigung der Piloten gestellt.

Die Infrastruktur der Navigationshilfen bezieht sich auf boden- oder weltraumgestützte Navigationshilfen, die in jeder Navigationsspezifikation erwähnt werden.

Die Navigationsanwendung bezieht sich auf die Umsetzung der Navigationsspezifikation und der Infrastruktur der Navigationshilfen im Kontext einer Luftraumstrategie der Flugsicherungsstrecken und Instrumentenflugverfahren.

Links

Siehe auch