Flugzeugwartung
Flugzeugwartung umfasst alle Überprüfungs- und Reparaturmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit eines Flugzeuges. Dies erfolgt in regelmäßig wiederkehrenden Prüfungen, die an allen kommerziellen oder zivilen Luftfahrzeugen nach einer gewissen Nutzung oder Zeit durchgeführt werden. In Deutschland und Europa werden die Wartungsprogramme und Anforderung durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit reguliert.
Kontrollstufen
In der Fachsprache bezeichnet man die detaillierten Überprüfungen eines Flugzeuges als „Checks“. Folgende Kategorien bzw. Stufen der Instandhaltung können durchgeführt werden:
- A-Check: Ein A-Check wird in einem Intervall von mindestens 250, je nach Flugzeugtyp maximal 650 Flugstunden durchgeführt. Die Kontrolle dauert 20 bis 50 Arbeitsstunden und findet üblicherweise an einem Flughafen-Gate über Nacht statt. Die tatsächliche Häufigkeit dieser Prüfung variiert je nach Flugzeugtyp, der Zykluszahl (mit einem Zyklus sind ein Start und eine Landung gemeint), und der Anzahl der Flugstunden nach der letzten Überprüfung. Eine Überprüfung kann von der Fluggesellschaft auch unter bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt werden.
- B-Check: Ein B-Check wird circa halbjährig durchgeführt. Dafür werden 120 bis 150 Arbeitsstunden benötigt und wird in der Regel innerhalb von 1 bis 3 Tage in einem Hangar fertiggestellt. B-Checks können in A-Checks eingebunden werden, es wird jedoch gründlicher und ausführlicher überprüft.
- C-Check: C-Checks werden in der Regel einmal in 20-24 Monaten oder nach einer bestimmten Anzahl an durchgeführten Flugstunden realisiert. Diese Kontrollen sind wesentlich umfangreicher, als B-Checks, da die große Mehrheit der Flugzeugkomponenten überprüft werden muss. Dafür wird das Flugzeug außer Betrieb genommen, bis die Kontrolle komplett ist. Es erfordert auch mehr Platz, als A und B-Checks, da das Flugzeug während der Wartung den Hangar nicht verlässt. Die erforderliche Zeit, diese Überprüfung abzuschließen, beträgt grundsätzlich 1 bis 2 Wochen und verursacht einen Aufwand in Höhe von circa 6.000 Arbeitsstunden. Die Häufigkeit, mit der C-Checks auftreten, hat viele Faktoren und hängt stark vom jeweiligen Flugzeugtyp ab.
- D-Check: Ein D-Check stellt mit Abstand die umfassendste und anspruchsvollste Überprüfung für das Flugzeug dar findet einmal in 6 Jahren statt. Das gesamte Flugzeug wird mehr oder weniger komplett auseinandergenommen, in vielen Fällen kann auch die Lackierung vom Rumpf entfernt werden, um die Außenverkleidung auf Schäden überprüfen zu können. Ein D-Check umfasst 50.000 Arbeitsstunden und kann etwa 2 Monate dauern je nachdem, welcher Flugzeugtyp vorliegt und wie viele Flugzeugtechniker in die Abläufe involviert sind. Da diese Wartungsarbeiten viel Platz erfordern, werden sie in einer geeigneten Wartungswerkstatt durchgeführt. Angesichts der hohen Anforderungen und des enormen Arbeitsaufwandes, der darin gesteckt wird, ist es auch mit Abstand die teuerste Kontrolle von allen. Die Kosten für eine einzige Durchführung können im Millionen-Dollar-Bereich liegen.
Aufgrund der hohen Kosten und des großen Arbeitsvolumens einer solchen Überprüfung planen die meisten Fluggesellschaften – insbesondere bei großem Flugzeugbestand – ihre D-Checks weit im Voraus. Es kommt auch häufig vor, dass ältere Flugzeuge, deren Nutzungsdauer kurz vor dem Ablaufen ist, noch vor dem nächsten D-Check abgeschrieben oder verschrottet werden, da die Kosten der Überprüfung den Restwert der Maschine übersteigen. Im Durchschnitt werden bei einem kommerziellen Flugzeug zwei oder drei D-Checks durchgeführt, bevor es aus dem Betrieb genommen wird.
Angesichts der zeitlichen Reichweite dieser Überprüfung nutzen viele Fluggesellschaften die Gelegenheit auch dazu, den Cockpit und die Kabine zu modernisieren und zu renovieren. Andernfalls müsste man das Flugzeug für die Reparaturarbeiten aus dem Verkehr nehmen und zusätzliche Zeit aufwenden, ohne dass eine Inspektion durchgeführt wird.
Aircraft on ground
Mit dem englischen Begriff „aircraft on ground“ (AOG, deutsch: Flugzeug auf Boden) wird ein Zustand beschrieben, in dem ein Flugzeug derart gravierende Probleme hat, dass es nicht mehr geflogen werden darf. Man bemüht sich dann grundsätzlich die Störungen so schnell, wie möglich zu beheben, um das Flugzeug wieder in Betrieb zu nehmen und weitere Flugverspätungen oder Flugannullierungen zu vermeiden. Die Bezeichnung „AOG“ gilt insbesondere auch für Materialien und Ersatzteile versehen, welche auf dem schnellsten Wege geliefert werden müssen, sowie für die Lieferanten und die an der Reparatur beteiligten technische Mitarbeiter.
In der Regel hat jede große Fluggesellschaft eine Abteilung, die für die Regelung von AOG-Situationen ausgebildet ist. Europäische Agentur für Flugsicherheit erlaubt es auch, im Notfall Ersatzteile von anderen Fluggesellschaften zu leihen oder zu borgen.
Lufttüchtigkeit
Mit der Lufttüchtigkeit wird die Eignung eines Flugzeuges für den sicheren Flug beschrieben. Der Nachweis der Lufttüchtigkeit wird anfänglich durch ein Lufttüchtigkeitszeugnis einer nationalen Luftfahrtbehörde erbracht und wird mit der Durchführung von erforderlichen Wartungsarbeiten aufrechterhalten.
Mit der Lufttüchtigkeit wird der Zustand des Flugzeuges definiert und die Grundlage für die Beurteilung seiner Flugtauglichkeit geschaffen.
Lufttüchtigkeitsanweisung
Eine Lufttüchtigkeitsanweisung (englisch: airworthiness directive, AD)ist eine Meldung, die an Eigentümer und Betreiber zertifizierter Flugzeuge adressiert wird und sie in Kenntnis über einen entdeckten Mangel an einem bestimmten Flugzeugtyp, Triebwerk oder Avionik setzt, welcher vom Eigentümer oder Betreiber behoben werden muss. Wenn ein zertifiziertes Flugzeug ausstehende Lufttüchtigkeitsanweisungen hat, die nicht eingehalten wurden, wird es nicht für lufttüchtig befunden.
Lufttüchtigkeitsanweisungen erscheinen in der Regel als Folge einer durch den Betreiber gemeldeten Störung oder als Ergebnis der Flugunfalluntersuchung. Sie werden entweder durch die nationale Luftfahrtbehörde des Staates ausgestellt, wo das Flugzeug hergestellt wurde, oder des Staates, wo es registriert ist. Das Ziel ist es, den Besitzer darüber zu informieren, dass:
- das Flugzeug in einem unsicheren Zustand ist,
- das Flugzeug möglicherweise der dafür ausgestellten Musterzulassung (Berechtigung für den Flugbetrieb) nicht entspricht oder andere Umstände aufgedeckt worden sind, die die Lufttüchtigkeit des Flugzeuges beeinträchtigen können,
- verbindliche Maßnahmen am Flugzeug vorgenommen werden müssen, um einen sicheren Betrieb gewährleisten zu können,
- in dringenden Fällen das Flugzeug nicht mehr geflogen werden darf, bis geeignete Korrekturmaßnahmen erfolgen.
Lufttüchtigkeitsanweisungen sind in den meisten Ländern obligatorisch. Sie können in zwei Kategorien unterteilt werden:
- 1. Dringende Erfüllung der in der Anweisung geforderten Maßnahmen noch vor dem Weiterflug notwendig.
- 2. Nicht dringende Lufttüchtigkeitsanweisungen, Erfüllung ist innerhalb eines bestimmten Zeitraumes möglich.
Für die Ausstellung von Lufttüchtigkeitsanweisungen in Deutschland und Europa sind die Europäische Agentur für Flugsicherheit und das Luftfahrtbundesamt zuständig.
Lufttüchtigkeitszeugnis
Ein Lufttüchtigkeitszeugnis wird für ein Luftfahrzeug vom Staat ausgestellt, in dem es angemeldet wurde. Dieses Zeugnis bescheinigt, dass das Flugzeug insoweit lufttüchtig ist, wie es seiner Bauart entspricht. Jedes Zeugnis wird für eine bestimmte Kategorie ausgestellt. Es wird herausgegeben, wenn das Flugzeug für den Namen seines Besitzers angemeldet wird, und muss jedes Jahr kostenpflichtig erneuert werden, andernfalls läuft das Zeugnis ab und muss wieder beantragt werden. Das Lufttüchtigkeitszeugnis kann nur bei entsprechender Bescheinigung einem Wartungsbetrieb erteilt werden, mit der nachgewiesen wird, dass alle relevanten Wartungsarbeiten und Kontrollen ausgeführt wurden und das Luftfahrzeug in technischer Hinsicht für lufttüchtig befunden worden ist.
Das Lufttüchtigkeitszeugnis muss an Bord des Flugzeuges mitgeführt und auf Nachfrage eines Angestellten der jeweiligen Luftfahrtbehörde vorgelegt werden.
Ein Standard-Lufttüchtigkeitszeugnis wird ungültig, wenn das Flugzeug nicht mehr registriert ist. Eigentümerwechsel erfordert in der Regel keine Erneuerung oder erneute Beantragung eines Lufttüchtigkeitszeugnisses. Gesonderte Lufttüchtigkeitszeugnisse können, zum Beispiel, dann ausgestellt werden, wenn das Flugzeug nicht für die kommerziellen Flüge bestimmt ist.
Fluggerätmechaniker
Ein Fluggerätmechaniker beschäftigt sich mit Wartung, Reparaturen und allen möglichen Arbeiten zur Aufrechterhaltung des lufttüchtigen Zustandes eines Flugzeuges oder anderen Luftfahrzeuges. Der Beruf kann in Deutschland in drei Vertiefungsrichtungen erlernt werden – Instandhaltung, Triebwerkstechnik und Herstellung. Je nach Fachrichtung können auch verschiedene Arbeitgeber in Frage kommen – Wartungsbetriebe, Fluggesellschaften, Flugzeughersteller, Hersteller und Lieferanten von Ersatzbauteilen.
Fluggerätmechaniker, die im Bereich Flugzeugwartung eingesetzt werden, haben hauptsächlich folgende Aufgaben:
- Erste Einschätzung des Reparaturaufwandes, der dafür benötigten Materialien, Werkzeuge und Bauteile,
- Vorbereitung, Durchführung und Assistenz bei geplanten und außerplanmäßigen Kontrollen,
- Aus- und Einbau von beschädigten oder abgenutzten Flugzeugelementen,
- Überprüfung und Sicherstellung der fehlerfreien Arbeit aller Systeme und Komponenten,
- Vorbereitung, Durchführung und Assistenz bei abschließenden Testläufen,
- Protokollierung und Dokumentation.
Maintenance Resource Management
Maintenance resource management (MRM) ist eine Schulungsmaßnahme mit dem Ziel, die Eintrittswahrscheinlichkeit von menschlichen Fehlern zu reduzieren. Dieses Ziel wird durch die Verbesserung von Kommunikation im Team, Situationsbewusstsein, Problemlösung, Entscheidungsfindung und Teamarbeit erreicht. Es wird dabei an einer dezentralen und menschenorientierten Organisation angesetzt. Das Team wird ermutigt, über wichtige Betriebsrisiken und Information direkt und Rücksicht auf Rang oder Position zu kommunizieren, wodurch eine schnelle Reaktion auf kritische Situationen ermöglicht wird.
Einige Variationen dieser Schulung gehören bereits zum Standard bei vielen Fluggesellschaften, Flugzeugherstellern und anderen relevanten Organisationen der Luftfahrtindustrie. Sowohl mehrere kommerzielle Luftfahrtorganisationen als auch Luftsicherheitsbehörden setzten solche Ausbildungen auch in den Bereichen der Flugsicherung, Flugzeugherstellung und Flugzeugwartung bereits in den 90er Jahren ein.
Internationale Lufttransportorganisation veranstaltet regelmäßig MRM-Schulungen. Im Rahmen dieser Veranstaltungen können Teilnehmer lernen, die Auswirkungen der Ingenieurleistung auf die Sicherheit der Luftfahrzeuge zu analysieren und einzuschätzen, welche Sicherheitsnetze eingesetzt werden können, um Sicherheitsrisiken und –fehler zu vermeiden. Darüber hinaus werden die Kommunikationsfähigkeit und die Koordinierung innerhalb des Wartungsteams verbessert. Die Kurse sind für Ingenieure, Wartungsinspektoren und –manager, Manager im Bereich Sicherheit und Human Resources und technischen Betriebspersonal gedacht.
Folgende Inhalte werden dabei vermittelt:
- Technisches Verständnis für verschiedene Wartungsnormen
- Erhöhung des Situationsbewusstseins aller Mitarbeiter
- Verbesserung der Gesamtleistung in Übereinstimmungen mit regulatorischen Normen
- Entwicklung wichtiger Inhalte für betriebsinterne MRM-Schulungen
- Analyse der menschlichen Faktoren, die für das Wartungsteam Probleme bereiten können
- Kosten der MRM-Trainingsprogramme
Rechtliches
Technische Defekte am Flugzeug können zu erheblichen Verspätungen und Annullierungen führen. In der Regel entlasten technische Störungen die Fluggesellschaften nicht von der Pflicht, eine Ausgleichszahlung gemäß der Verordnung (EG) 261/2004 an Fluggäste zu leisten. Das Luftfahrtunternehmen trägt die Beweislast und muss die Umstände, die zur Verspätung geführt haben, offenlegen.
→ Siehe Hauptartikel Technischer Defekt
Siehe auch
- Fluggastrechte
- Außergewöhnliche Umstände
- Autopilot
- Flugschreiber
- Flugzeugnotfallsysteme
- Wettergefahren
Urteile und Rechtsprechung
- BGH, 14.10.2008, Aktenzeichen: X ZR 35/08 – Auslegung der Fluggastverordnung hinsichtlich technischer Defekte
- AG Köln, 10. März 2010 Aktenzeichen: 132 C 304/07 – technischer Defekt ist kein Entlastungsgrund
- AG Köln, 05. April 2006, Aktenzeichen: 118 C 595/05 – Rechte bei Annullierung wegen technischen Defekts
- Weitere Urteile mit dem Stichwort „Technischer Defekt“ in der Urteilsdatenbank der Reise-Recht-Wiki.de