Fly-by-wire

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Fly-by-wire (FBW) ist ein System, mit dem das herkömmliche manuelle Bedienen der Flugzeugsteuerung mit einem elektronischen Interface ersetzt wird. Die Bewegungen der Flugsteuerungselemente werden in elektronische Signale umgewandelt und durch elektrische Leitungen übertragen. Flugsteuercomputer bestimmen, wie die Aktoren auf jeder einzelnen Steuerungsoberfläche sich bewegen sollen, um die korrekte Antwort zu erzeugen. Das Fly-by-wire-System ermöglicht es ferner, dass automatische Signale, die von den Flugzeugcomputern gesendet werden, ohne die Beteiligung des Piloten Funktionen ausführen können. Ähnliche Funktionsweise haben Systeme, die das Flugzeug automatisch stabilisieren oder unsichere Manöver verhindern, die die Leistungsgrenze des Flugzeuges überschreiten.

Entwicklung

Mechanische und hydromechanische Flugsteuerungssysteme sind schwer und müssen sorgfältig verlegt werden. Beide Systeme erfordern einen redundanten Back-up, um mit Defekten umzugehen, was das Gewicht erhöht. Beide haben eine begrenzte Fähigkeit, die Veränderungen der aerodynamischen Bedingungen zu kompensieren. Gefährliche Charakteristiken wie Strömungsabriss, Trudeln oder unerwünschte Manöver, verursacht durch Überreaktion des Piloten, die größtenteils von der Struktur und der Stabilität des Flugzeuges abhängen, kommen in diesen Systemen immer noch vor.
Der Begriff „Fly-by-wire“ impliziert eine rein elektrisch signalisierte Steuerung. Es wird in Bezug auf computer-konfigurierte Steuerungselemente verwendet, wo ein Computersystem zwischen dem Bediener und den Aktoren oder Stellgliedern zwischengeschaltet wird. Diese Vorgehensweise modifiziert die manuellen Eingaben des Piloten in Übereinstimmung mit Steuerparametern.
Ein Steuerknüppel oder Steuerhorn kann immer noch im FBW-System zur Steuerung des Flugzeuges bedient werden.

Geschichte

Steuerungsoberflächen mit elektronischer Signalisierung wurden erstmals in einer sowjetischen Tupolev ANT-20 in den 1930er getestet.
Das erste Flugzeug nur mit einem Fly-by-wire-System und ohne eine mechanische oder hydraulische Sicherung war das Apollo Lunar Landing Research Vehicle, das erstmals 1964 flog.
Das erste nicht-experimentelle Flugzeug, das mit einem Fly-by-wire-System gebaut und geflogen wurde (in 1958), war eine Avro Canada CF-105 Arrow. Es war ein Einzelmodell, das bis 1969 nicht wiederholt wurde.
Das erste Luftfahrzeug mit einem digitalen Fly-by-wire-System ohne mechanische Sicherung war eine F-8 Crusader, die erstmals 1972 in die Luft hob. Die Steuerung erfolgte durch einen Digitalrechner mit drei analogen Sicherungskanälen.

Grundlegende Bedienung

Befehle

Fly-by-wire-Systeme sind ziemlich komplex, ihre Bedienung kann jedoch in einfachen Worten erklärt werden. Wenn der Pilot den Steuerknüppel (oder Seitenknüppel) bewegt, wird ein Signal über mehrere Leitungen an einen Rechner gesendet. Mehrere Leitungen sind aufgrund der Redundanz notwendig, um sicherzustellen, dass das Signal den Computer tatsächlich erreicht. Werden drei Kanäle verwendet, wird das „Triplex“ genannt. In einem analogen System, der Computer empfängt das Signal, führt eine Berechnung durch – addiert die Signalspannungen und dividiert durch die Anzahl der Signale, um die durchschnittliche Spannung zu bekommen, und fügt einen anderen Kanal hinzu. Dieses vierfache Signal wird dann zum Aktoren der jeweiligen Steuerungsoberfläche geleitet und diese fängt an, sich zu bewegen. Potentiometer im Aktor senden ein Signal zurück zum Computer und melden dessen Position. Wenn der Aktor die gewünschte Position erreicht hat, heben sich die beiden Signale (das ankommende und das ausgehende) gegenseitig auf und der Aktor bewegt sich nicht mehr. In einem digitalen Fly-by-wire-System interpretiert eine komplexe Software digitale Signale vom Piloten und führt Berechnungen auf Grundlage der Flugsteuerungsprinzipien und Dateneingaben von anderen Sensoren durch. Der Computer leitet dann die Flugsteuerungsflächen so, dass die gewünschte Flugbahn erreicht wird.

Automatisches Stabilitätssystem

Das FWB-Steuerungssystem ermöglicht es, dass Flugzeugcomputer Aufgaben ohne die Eingaben vom Piloten durchführen. Das automatische Stabilitätssystem arbeitet auch in dieser Weise. Mit Sensoren ausgestattete Gyroskope überwachen Änderungen der Flugzeugachsen. Jede Bewegung (zum Beispiel vom Geradeausflug abweichend) löst ein Signal an den Computer aus, der die Steuerungsoberflächen automatisch bewegt und das Flugzeug stabilisiert.

Sicherheit und Redundanz

Flugzeugsysteme können mit vierfachen Kanälen ausgestattet werden, um den Verlust des Signals zu vermeiden, wenn ein oder mehrere Kanäle ausfallen. Hochleistungsflugzeuge, die Flight-by-wire-Steuerung haben, können bewusst so konstruiert werden, dass sie geringe oder negative Stabilität bei bestimmten Flugbedingungen haben. Die schnell reagierenden FBW-Systeme kompensieren den Mangel an natürlicher Stabilität.
Sicherheitschecks vor dem Abflug werden oft mit eingebauten Testgeräten durchgeführt. Entweder auf Eingabe vom Piloten oder Bodenpersonal wird eine Reihe von automatischen Tests durchgeführt. Jeder Fehler wird der Crew angezeigt.

Gewicht

Ein FBW-Flugzeug kann leichter sein, als ein vergleichbares Flugzeug mit herkömmlicher Steuerung. Dies liegt zum Teil am geringeren Gesamtgewicht der Systemkomponenten, zum Teil daran, dass die natürliche Stabilität entspannt wird. Dieser Vorteil kommt am meisten jedoch bei manövrierbaren Kampfflugzeugen zum Vorschein. Die Vorzüge der FBW-Steuerung wurden zuerst vom Militär und erst dann von der kommerziellen Luftfahrt entdeckt. Die Airbus-Flugzeuge beginnend mit der Reihe A320 verfügen über solche Systeme, Boeing folgte mit den 777 und späteren Modellen.
Elektronische Fly-by-wire-Systeme können schnell und flexibel auf Änderungen der aerodynamischen Umgebung reagieren. Die Bewegungen der Steuerungsoberflächen werden so angepasst, dass die Reaktion des Flugzeuges auf Steuerbefehle angemessen mit den Flugbedingungen ist. Elektronische Systeme benötigen im Vergleich zu hydraulischen und mechanischen Systemen weniger Wartung. Ein Schaltkreis zwischen dem Piloten und dem Flugzeug kann die Sicherheit erhöhen. Das System kann zum Beispiel ein Strömungsabriss vereiteln oder den Piloten daran hindern, das Flugwerk zu überstrapazieren.
Das größte Problem der Fly-by-wire-Systeme ist deren Verlässlichkeit. Während die herkömmlichen mechanischen oder hydraulischen Systeme schrittweise versagen, kann der sofortige Ausfall aller Steuerungscomputer das Flugzeug augenblicklich unkontrollierbar machen. Aus diesem Grund umfassen die meisten Fly-by-wire-Systeme entweder redundante Computer oder eine Art mechanischer oder hydraulischer Sicherung oder eine Kombination von beiden. Ein gemischtes Steuerungssystem ist jedoch in der Regel nicht erwünscht und in modernen FBW-Flugzeugen wird dies auch normalerweise vermieden, indem mehrere unabhängige FBW-Kanäle eingebaut werden. Die Wahrscheinlichkeit eines Gesamtausfalls wird auf ein Minimum reduziert, das von den Aufsichts- und Sicherheitsbehörden für Flugzeugbau verlangt wird.

Analoge Systeme

Alle FBW-Flugsteuerungssysteme beseitigen die Komplexität, die Empfindlichkeit und das Gewicht des mechanischen Kreislaufes der hydromechanischen oder elektromechanischen Steuerungssysteme. Fly-by-wire erstetz diese mit elektronischen Schaltkreisen. Die Steuerungsmechanismen im Cockpit arbeiten jetzt mit Signalgebern, die entsprechende elektronische Signale erzeugen. Diese werden von einem elektronischen Steuergerät verarbeitet, das entweder analog, oder digital ist. Der Autopilot ist jetzt ein Teil der elektronischen Steuerung.
Die Hydraulikkreise sind ähnlich, außer dass mechanische Servoventile durch elektronisch gesteuerte ersetzt werden. Das ist die einfachste und älteste Konfiguration eines analogen Fly-by-wire-Systems.
In anspruchsvolleren Versionen ersetzen analoge Computer die elektronische Steuerung. Analogrechner erlauben eine gewisse Anpassung der Flugsteuerungsmerkmale (einschließlich entspannte Stabilität).

Digitale Systeme

Ein digitales FBW-System unterscheidet sich von den analogen Systemen dahin gehend, dass ein Rechner die Signalverarbeitung durchführt und der Pilot buchstäblich „via Computer“ fliegen kann. Diese Vorgehensweise verbesserte die Flexibilität des Flugsteuerungssystems, da digitale Systeme von jedem Flugzeugsensor Daten empfangen können. Die Computer erfassen die Position und erzwingen eine Eingabe von den Steuerungsoberflächen des Piloten und den Sensoren.
Die Programmierung der digitalen Computer umfasst den Schutz der Flugbereichsgrenze. Die Handhabungseigenschaften eines Flugzeuges werden bewusst so ausgewählt, dass sie innerhalb des Möglichen angesichts der Aerodynamik und der Struktur des Flugzeuges bleiben. Zum Beispiel, der Computer im Flugbereichsschutz-Modus kann den Piloten daran hindern, den kritischen Anstellwinkel zu überschreiten.
Da das Flugzeug praktisch von den Flugsteuerungscomputern kontinuierlich geflogen wird, verringert sich die Arbeitsbelastung des Piloten.

Redundanz

Wenn ein Flugsteuerungscomputer abstürzt, beschädigt oder in sonstiger Weise unzuverlässig wird, wird dieser von anderen Computern außer Kraft gesetzt. Das Flugzeug wird dann mithilfe von den verbleibenden intakten Computern geflogen. Jeder Flugsteuerungscomputer, dessen Ergebnisse sich von anderen unterscheiden, wird als fehlerhaft eingestuft. Er wird dann entweder neu gestartet oder ignoriert.
Darüber hinaus verfügten viele ältere digitale FBW-Flugzeuge über analoge elektrische, mechanische oder hydraulische Sicherungssysteme. Die Redundanz der Flugsteuerungssysteme erhöht die Sicherheit von großen Verkehrsflugzeugen, macht sie aber auch durch das kleinere Gewicht effizienter. Die modernen Verkehrsflugzeuge verfügen darüber hinaus über Systeme, die Triebwerkleistung, Lufteinlässe, Treibstoffaufbewahrungs- und Verteilungssystem mit dem Ziel, den Treibstoffverbrauch zu verringern, kontrolliert. So tragen digitale Systeme erheblich zur Reduzierung der Flugkosten bei.
Die Verkehrsflugzeuge von Boeing und Airbus unterscheiden sich in ihren Ansätzen im Umgang mit Fly-by-wire-Systemen. In Airbus-Maschinen behält unter normalen Flugkonditionen immer das Flugbereichsschutz-System die endgültige Flugsteuerung. Das System wird es nicht zulassen, dass Piloten das Flugzeug außerhalb dieser Leistungsgrenzen steuern, außer es herrschen nicht normale Flugkonditionen. Jedoch im Falle eines oder mehreren Ausfälle der Systeme sind Airbus-A320-Flugzeuge mit einem mechanischen Back-up-System ausgestattet. Neuere Modelle haben meist elektrische Systeme.
Die Boeing-777-Maschinen erlauben es den Piloten, das computergesteuerte Flugsteuerungssystem zu ignorieren und das Flugzeug in einem Notfall auch an seiner Leistungsgrenze zu steuern.

Digitale Triebwerkssteuerung

Das FADEC (Full Authority Digital Engine Control) ist ein digitales System, mit dem sich ein Triebwerk komplett steuern und kontrollieren lässt. Mit dem System können Triebwerke an ihrem Maximum betrieben werden, ohne dass Fehlbedienung, Flugzeugschaden oder Überbelastung des Piloten gefürchtet werden muss.
In der Zivilluftfahrt erhöht FADEC die Sicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Flüge. Die Airbus A320 und andere FBW-Modelle sind vor gefährlichen Situationen durch das Flugbereichsschutz-System geschützt. Treten solche Situationen auf, so kann das Flugsteuerungssystem die Schubkraft in den Triebwerken erhöhen, ohne dass der Pilot einschreiten muss. Im Reiseflug passt das System die Triebwerkleistung und die Auswahl der Treibstofftanks so präzise an, wie es nur sehr erfahrene und geschickte Piloten tun können. FADEC reduziert die Wirkungen des Seitwärtsfluges, der durch die unsymmetrische Triebwerkleistung entsteht.

Weitere Entwicklungen

Fly-by-optics

Fly-by-optics wird manchmal anstelle von Fly-by-wire verwendet. Es bietet eine größere Datentransferrate, Unempfindlichkeit zu elektromagnetischen Störungen und ein kleineres Gewicht. In den meisten Fällen werden die elektrischen Kabel durch Lichtwellenleiter ersetzt. Aufgrund der Verwendung von Glasfaserkabel wird es auch manchmal als „flight-by-light“ bezeichnet. Die restliche Funktionsweise des Systems bleibt unverändert.

Power-by-wire

Das Power-by-wire-System eliminiert die hydraulischen Schaltkreise. Der Hydraulikkreis wird durch einen elektrischen Stromkreis ersetzt. Alle Vorteile eines digitalen Fly-by-wire-Systems bleiben erhalten.
Die größten Vorteile sind Gewichtseinsparungen, die redundanten Stromkreise und engere Integration zwischen Flugsteuerungssystemen und Avionikelementen des Flugzeuges. Das Fehlen der Hydraulik reduziert erheblich die Wartungskosten.

Fly-by-wireless

Die Verdrahtung fügt immer noch eine erhebliche Menge an Gewicht zum Flugzeug hinzu. Daher wird die Möglichkeit eines drahtlosen Systems erforscht. Fly-by-wireless-Systeme sind den Fly-by-wire-Systemen sehr ähnlich, jedoch wird anstelle eines drahtgebundenen Protokolls für die physische Ebene ein Funkprotokoll verwendet.
Darüber hinaus hat ein drahtloses System die Kosten über den gesamten Lebenszyklus eines Flugzeuges zu reduzieren. Viele Fehlerpunkte im Zusammenhang mit Drähten und Steckern sowie Planungs- und Montagekosten wären mit dieser Lösung behoben. Auch spätere Änderungen am Flugzeugdesign könnten einfacher durchgeführt werden.

Intelligentes Flugsteuerungssystem

Das IFCS (englisch: Intelligent Flight Control System) ist eine Erweiterung des FBW-Systems. Das Ziel ist es, Flugzeugschäden und Systemausfälle auf intelligente Weise mit angepasster Triebwerkleistung und anderer Avionik auszugleichen.

Siehe auch