Flugkommunikation

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Die Flugkommunikation bezieht sich primär auf Informationsübermittlung zwischen Flugzeug und Bodenstationen. Dies kann zum Beispiel durch Flaggensignale, elektrische Leitungen oder über Funk erfolgen. Während die Nutzung der Flaggen zur Übermittlung der Information heute veraltet ist, wird die Funkkommunikation bevorzugt. Seit 1917 kam in der Luftfahrt Sprachkommunikation per Funk in Gebrauch.

Systeme im Überblick

Festes Flugfernmeldenetz

Das feste Flugfernmeldenetz (englisch: aeronatical fixed telecommunication network, AFTN) für feste Flugfernmeldeschaltungen zur Übermittlung von Nachrichten oder elektronischen Daten zwischen zwei oder mehreren festen Flugfunkdiensten, die gleiche oder kompatible Kommunikationseigenschaften haben. AFTN kann beispielsweise folgende Akteure der Luftfahrt verbinden: Flugsicherungsdienstleister, Luftfahrtdienstleister, Flughafenbehörden und Regierungsstellen. Das Netzwerk dient dem Austausch wichtiger Informationen für den Betrieb von Luftfahrzeugen wie Nachrichten betreffend Notrufe, Flugsicherheit, Wetter, Flugvorschriften oder luftfahrttechnische Verwaltung.
Die ursprüngliche AFTN-Infrastruktur bestand aus einem festnetzbasierten Fernschreiber, mit welchem mehrere große Zentren verbunden waren.
Eine AFTN-Adresse besteht aus einer achtstelligen Buchstabengruppe, vier Buchstaben beschreiben die ICAO-Ortskennung, drei Buchstaben identifizieren die angerufene Organisation. Der zusätzliche achte Buchstabe steht für eine Abteilung oder einen Prozess innerhalb der Organisation. Der Buchstabe X wird verwendet, um die Adresse zu komplettieren, wenn die genaue Abteilung oder der Prozess nicht benötigt wird, zum Beispiel – LEBBYNYX.
Jeder Ort (Flughafen oder eine andere Einrichtung) mit einem Anschluss an das feste Flugfernmeldenetz bekommt einen vierstelligen Buchstabencode von der ICAO zugewiesen. Der erste Buchstabe oder zwei Buchstaben stehen für das Land und die verbleibenden drei oder zwei Buchstaben für den genauen Ort. Zum Beispiel, der Buchstabe K am Anfang eines Codes steht für Einrichtungen in den USA. Die Adresse eines kanadischen Flugplatzes oder Flughafens beginnt mit C. Die Codes in Südeuropa beginnen mit L, insbesondere Codes in Spanien mit LE. Der Code des Flughafens John F. Kennedy in New York lautet KJFK, der Code des Goose Bay-Flughafen der kanadischen Streitkräfte ist CYYR, der Flughafen im spanischen Bilbao wird mit LEBB identifiziert. Es existieren einige nicht von ICAO vergebene Codes, die manchmal in Wetterberichten auftauchen.
Beispiele für dreistellige Buchstabengruppen zur Identifizierung von Organisationen und Einrichtungen (der Buchstabe X wird zur Vollständigkeit am Ende hinzugefügt):

Code Organisation
YFYX Geschäftsstelle der AFTN
ZTZX Kontrollturm
ZPZX Meldestelle für Flugverkehrsdienste
ZQZX Bezirkskontrollstelle
YNYX NOTAM-Geschäftsstelle
YDYX Flughafenbetreiber
YZYX Meteorologische Datenbank
YMYX Meteorologische Ortsgeschäftsstelle
ZRZA Anflugradar
YXYX Militärflugplatz

Demzufolge bedeutet die Adresse LEBBYNYX die NOTAM-Stelle des Flughafens Bilbao in Spanien.
Folgende Nachrichten werden via AFTN übermittelt:

  • Notrufe
  • Dringende Meldungen
  • Flugsicherheitsmeldungen
  • Wettermeldungen
  • Flugbetriebsmeldungen
  • Nachrichten der Flugberatungsdienste
  • Administrative Nachrichten
  • Servicemeldungen

Prioritätsindikatoren bestehen aus zwei Buchstaben – entweder SS, DD, FF, GG oder KK. Sie werden abhängig von der Art der Nachricht wie folgt zugewiesen:

  • SS für Notrufe
  • DD für dringende Nachrichten
  • FF für Flugsicherheitsnachrichten
  • GG für Wettermeldungen, Flugbetriebsmeldungen und Nachrichten der Flugberatungsdienste
  • FF für administrative Nachrichten

Prioritätsindikatoren für Servicemeldungen werden nach Ermessen des Absenders zugewiesen, meistens jedoch mit KK.
Diese Buchstaben werden verwendet, um die Nachrichten entsprechend ihrer Reihenfolge der Priorität (Order of Priority) zu versenden. Die Nachrichten mit dem Indikator SS haben die höchste Übertragungspriorität, die Meldungen mit DD und FF die zweithöchste. Die niedrigste Übertragungspriorität haben die mit Buchstaben FF und GG gekennzeichneten Meldungen.

ACARS

ACARS (englisch: Aircraft Communications Addressing and Reporting System) ist ein digitales Datenfunksystem, mit dem Kurznachrichten zwischen einem Flugzeug und Bodenstationen mittels Flugfunkband oder Satellit übermittelt werden. Das Nachrichtenprotokoll wurde von dem Unternehmen ARINC 1978 entworfen und überführt.
Nach dem Absturz des Air-France-Fluges 447 im Jahr 2009 wurde darüber diskutiert, das ACARS zu einer Online- Blackbox zu machen, da der Verlust des Flugschreibers die Ermittlungen schwer beeinträchtigt. Dieses Vorhaben wurde seitdem jedoch noch nicht realisiert.
Im März 2014 spielten die ACARS-Nachrichten und die Doppler-Analyse der Satellitenkommunikationsdaten eine sehr wichtige Rolle bei den Versuchen, den Malaysia Airlines-Flug 370 zu lokalisieren. Während die primären ACARS-Systeme an Bord des Flugzeuges ausgeschaltet wurden, ein zweites ACARS-System namens Classic Aero war eingeschaltet, solange das Flugzeug betrieben wurde, und hat stündlich versucht, eine Verbindung zu einem Inmarsat-Satelliten aufzubauen.

Hintergrund

Vor der Einführung von Datenverbindungen in der Luftfahrt erfolgte der Nachrichtenaustausch zwischen einem Flugzeug und Bodenstationen durch die Flugbesatzung via Sprachkommunikation. In vielen Fällen bediente man sich Sprechfunkern und digitalen Nachrichten, welche an die Fernschreibsysteme der Fluggesellschaften gesandt wurden. Fluggesellschaften bezahlten ihre Flug- und Kabinenbesatzung in Abhängigkeit davon, ob sie am Gate, in der Luft, auf dem Boden oder im Gate waren. Die Besatzung teilte diese Zeiten mittels Sprachnachrichten an geografisch verteilte Funker mit. Man glaubte, dass Mitarbeiter diese Mitteilungen zu ihren Gunsten verzerren würden. So wollten sie nicht nur die Kosten für externe Funkanbieter sparen, sondern auch Arbeitskostenersparnisse durch eine genauere Arbeitszeitenerfassung realisieren.
Die ARINC führte das ACARS-System im Juli 1978 ein, um die Arbeitsbelastung der Besatzung und die Datenintegrität zu verbessern. Am ersten Tag der Einführung erfolgten circa 4000 Transaktion, große Fluggesellschaften nutzten das ACARS-System bis 1980 weitgehend nicht.

Funktionsweise

ACARS als Begriff bezieht sich auf das gesamte Luft- und Bodensystem bestehend aus Anlagen an Bord, Ausrüstung auf dem Boden und einem Dienstanbieter. Das On-board-Equipment besteht aus Endsystemen mit einem Router, welcher die Nachrichten innerhalb des Luft-Boden-Teilnetzwerkes verschickt. Die Bodenausrüstung besteht aus vernetzten Funkgeräten verwaltet von einem zentralen Computer, der die Nachrichten verarbeitet und verwaltet. Grundsätzlich sind Bodeneinheiten des ACARS entweder Regierungsbehörden (zum Beispiel die Federal Aviation Administration in den USA), der Führungsstab einer Fluggesellschaft, oder, für kleinere Fluggesellschaften und allgemeine Luftfahrt, Drittanbieter. Regierungsbehörden sind in der Regel für die Freigabe zuständig, während die Führung der Fluggesellschaften für Gate-Zuweisungen, Wartung und die Wünsche der Fluggäste zuständig ist.
Das On-board-Equipment ist in der Regel mit dem auf dem Boden mithilfe von Sicherungsdienstanbietern verbunden. Da das ACARS-Netz nach dem Vorbild des Point-to-Point Telex-Netzwerkes modelliert wurde, werden alle Nachrichten zuerst an eine zentrale Bearbeitungsstelle geleitet.

Nachrichtenarten

Es gibt drei grundlegende Arten von ACARS-Nachrichten:

  • Flugsicherungsmeldungen: werden versendet, um Freigabe anzufordern oder zu erteilen.
  • AOC-Nachrichten
  • Administrative Mitteilungen

Administrative Mittelungen werden im Rahmen der Kommunikation zwischen der Fluggesellschaft und ihrem Sitz verschickt. Sie beinhalten Arbeitszeiten (OOOI), Flugpläne, Wetterinformation, Maschinenzustände, Status der Anschlussflüge usw.

  • OOOI-Nachrichten
    • Die Hauptfunktion des ACARS ist es, die Änderungen in den wesentlichen Flugphasen automatisch zu erkennen und zu übermitteln. Die Flugphasen heißen im Englischen Out of the gate, Off the ground, On the ground und Into the gate, daher die Abkürzung OOOI. Diese OOOI-Zeiten werden von den Flugzeugsensoren abgelesen. Zu Beginn jeder Flugphase wird eine ACARS-Nachricht verschickt, die die Flugphase, die Zeit, in der sie eingetreten ist, die Treibstoffmenge an Bord, den Start oder das Ziel des Fluges beinhalten. Mithilfe dieser Mitteilungen kann der Status des Flugzeuges und der Besatzung verfolgt werden.
  • Schnittstelle für Flugmanagementsystem
    • ACARS tritt in Verbindung mit Flugmanagementsystemen und agiert wie ein Kommunikationssystem für Flugpläne und Wetterinformationen. Dadurch können Fluggesellschaften das Flugmanagementsystem während des Fluges aktualisieren.
  • Maschinenzustand und Wartungsdaten
    • ACARS wird auch verwendet, um vom Flugzeug aus Informationen über den Zustand von verschiedenen Flugzeugsystemen und Sensoren in Echtzeit zu übersenden. Wartungsfehler sowie abnormale Ereignisse werden ebenfalls an die Bodenstation zusammen mit detaillierten Nachrichten, damit Fluggesellschaften den Luftfahrzeugzustand überwachen und ihre Wartungs- und Reparaturarbeiten besser planen können.
  • Ping-Nachrichten
    • Um die Verbindung des Flugzeuges mit der Kommunikationsstation zu testen, werden Ping-Nachrichten verschickt. Wenn das ACARS eines Flugzeuges längere Zeit still war, kann die Bodenstation eine Nachricht verschicken, um eine fehlerfreie Funktion des ACARS zu überprüfen.
  • Manuelle Nachrichten
    • ACARS verbindet sich mit interaktiven Anzeigeflächen im Cockpit, mit welchen die Cockpit-Besatzung technische Meldungen und Berichte von und zu Bodenstationen versenden können. Jede Fluggesellschaft kann das ACARS in dieser Rolle ihren Bedürfnissen anpassen.

Andere

  • ATSMHS
    • Das Mitteilungsübermittlungssystem der Flugverkehrsdienste (englisch: Air Traffic Services Message Handling System , ATSMHS) ist ein Standardsystem für Boden-Boden-Kommunikation in der Luftfahrt. Die ICAO definiert zwei grundlegende Dienstleistungsgrade innerhalb des Systems – das basische ATSMHS und das erweiterte ATSMHS. Das Grundsystem führt eine operative Rolle ähnlich wie das feste Flugfernmeldenetz aus. Das erweiterte ATSMHS ergänzt die vorhandenen Funktionen, beinhaltet aber auch das Grundniveau der Leistungsfähigkeit. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Nutzer mit erweiterten Servicefunktionen und Nutzer mit Basisleistungen interagieren können.
  • Aeronautical Operational Control
    • AOC ist eine Reihe von Anwendungen, die die Kommunikation zwischen einem Flugzeug und seiner Fluggesellschaft bzw. seinen Servicepartnern am Boden ermöglichen. Da die Nachrichten in den AOC-Anwendungen ausschließlich zwischen einer Fluggesellschaft und ihren Flugzeugen erfolgte, wurden sie nicht standardisiert. Erst mit der Einführung des digitalen Datenfunksystems ACARS und aufgrund von gestiegener Notwendigkeit der Kommunikation zwischen Flugzeugen und anderen Dienstleistern (z.B. Treibstoffzulieferer und Enteisungsunternehmen) wurden die AOC-Nachrichten vereinheitlicht.
  • Lichtsignale
    • In den Fällen, wenn der Funk ausfällt, das Flugzeug nicht mit einem Radio ausgestattet ist u.Ä. kann Flugsicherung zur Lenkung des Luftfahrzeuges eine Signallampe verwenden. Die Signallampe kann in drei Farben leuchten – rot, weiß und grün.
  • GPS
    • Ein GPS-Sensor an Bord des Flugzeuges kann mittels eines Kommunikationsnetzwerkes Standort-Meldungen vom Flugzeug zu einem Server auf der Bodenstation übermitteln.
  • SELCAL
    • SELCAL (englisch: selective-calling) ist ein Funksystem, das der Flugzeugbesatzung anzeigt, dass eine Bodenstation kommunizieren möchte. SELCAL bedient sich bodengestützter Encoder und Funksender, um ein Radiosignal auszustrahlen, der von einem Decoder und Funkempfänger im Flugzeug aufgenommen wird. SELCAL ermöglicht es, dass Flugbesatzung über die eingehende Kommunikation informiert wird, auch wenn das Flugzeugradio stumm geschaltet wurde. So müssen Flugbesatzungsmitglieder nicht ihre ständige Aufmerksamkeit auf das Radio richten. SELCAL arbeitet mit Funkfrequenzbändern mit Hochfrequenz (HF) oder sehr hoher Frequenz (VHF). Die Hochfrequenz hat oft einen sehr hohen Anteil an Hintergrundgeräuschen. Deswegen wird die Lautstärke oft niedrig gehalten und erst beim Eingehen eines Signals erhöht. Jedes Flugzeug besitzt eine einzigartige SELCAL-Kennung. Die Bodenstation gibt diese Kennung ein, um eine Übertragung zu starten. Der Encoder überträgt diesen vierstelligen Buchstabencode in vier Audiotöne. Die Töne werden von Decoder-Geräten im Flugzeug aufgenommen. Die Crew erhöht die Lautstärke des Flugzeugradios, um die eingehende Sprachübertragung zu hören.
  • System Wide Information Management (SWIM)
    • SWIM ist ein fortschrittliches technologisches Programm der US-amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA. Das Programm ermöglicht einen breiteren Austausch von Systeminformationen der Flugverkehrskontrolle, zum Beispiel Flughafenbetriebszustand, Wetterinformationen, Flugdaten usw. SWIM ist ein Entwicklungsprojekt sowohl in den USA als auch in Europa im Rahmen des Projektes Single European Sky. EUROCONTROL stellte das System der FAA 1997 vor. Das SWIM-Programm hat eine Vielzahl von Vorteilen. Es trägt zur Verbesserung der Flugsicherheit, da viele Teilnehmer auf dieselben Informationen zugreifen können und so viel situationsbewusster sind. Darüber hinaus soll es die Infrastrukturkosten senken, indem die Anzahl der einzigartigen Schnittstellen zwischen Systemen reduziert wird. Neue Systeme werden über SWIM-konforme Schnittstellen miteinander in Verbindung treten.

Siehe auch

Urteile und Rechtsprechung