Schlechte Wetterbedingungen: Unterschied zwischen den Versionen
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Wegen ihrer '''Unbeherrschbarkeit''' stellen Wetterbedingungen im Luftverkehr ein ständig zu überwachendes '''Risiko''' für den planmäßigen Ablauf des Betriebes dar. Herrscht etwa sichtbehindernder, dichter Nebel oder heftiger Sturm am Zielflughafen, so kann dies eine Landung unmöglich machen und es kommt zu [[Verspätung]], Umleitung oder gar [[Annullierung]] eines [[Flug|Fluges]]. Sofern ein Passagier aufgrund eines solchen Zwischenfalls Ansprüche gegen die [[Fluggesellschaft]] geltend macht, kann sich das Unternehmen in der Regel auf die unbeherrschbaren Wetterereignisse berufen. Dies bedeutet, dass eine [[Fluggesellschaft]] Wetterereignisse, die den Luftverkehr behindern, nicht zu vertreten hat. Sie trägt damit nicht das Risiko, jederzeit für auf Wetterbedingungen beruhende Verzögerungen im Betriebsablauf gegenüber den Passagieren zu haften. Allerdings muss ein [[Luftverkehrsunternehmen]] stets auch auf schlechte Wetterbedingungen eingestellt sein und im Rahmen dessen, was zumutbar ist, gewährleisten, dass der Betriebsablauf so geringfügig wie möglich beeinträchtigt wird. | Wegen ihrer '''Unbeherrschbarkeit''' stellen Wetterbedingungen im Luftverkehr ein ständig zu überwachendes '''Risiko''' für den planmäßigen Ablauf des Betriebes dar. Herrscht etwa sichtbehindernder, dichter Nebel oder heftiger Sturm am Zielflughafen, so kann dies eine Landung unmöglich machen und es kommt zu [[Verspätung]], Umleitung oder gar [[Annullierung]] eines [[Flug|Fluges]]. Sofern ein Passagier aufgrund eines solchen Zwischenfalls Ansprüche gegen die [[Fluggesellschaft]] geltend macht, kann sich das Unternehmen in der Regel auf die unbeherrschbaren Wetterereignisse zur '''Abwehr des Anspruchs''' berufen. Dies bedeutet, dass eine [[Fluggesellschaft]] Wetterereignisse, die den Luftverkehr behindern, nicht zu vertreten hat. Sie trägt damit '''nicht''' das Risiko, jederzeit für auf Wetterbedingungen beruhende Verzögerungen im Betriebsablauf gegenüber den Passagieren zu haften. Allerdings muss ein [[Luftverkehrsunternehmen]] stets auch auf schlechte Wetterbedingungen eingestellt sein und im Rahmen dessen, was zumutbar ist, gewährleisten, dass der Betriebsablauf '''so geringfügig wie möglich''' beeinträchtigt wird. | ||
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Version vom 22. November 2018, 11:27 Uhr
Als Wetter bezeichnet man den spürbaren, kurzfristigen Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort der Erdoberfläche, der unter anderem als Sonnenschein, Bewölkung, Regen, Wind, Hitze oder Kälte in Erscheinung tritt. Wetterbedingungen und Wetterphänomene sind nicht beeinflussbar und können, sofern sie besonders stark in Erscheinung treten, den Flugverkehr behindern oder gar komplett zum Erliegen bringen. Solche extremen Wetterbedingungen werden daher allgemein als "Schlechte Wetterbedingungen" empfunden und in diesem Artikel als solche bezeichnet und aufgeführt.
Rechtliche Bedeutung
Wegen ihrer Unbeherrschbarkeit stellen Wetterbedingungen im Luftverkehr ein ständig zu überwachendes Risiko für den planmäßigen Ablauf des Betriebes dar. Herrscht etwa sichtbehindernder, dichter Nebel oder heftiger Sturm am Zielflughafen, so kann dies eine Landung unmöglich machen und es kommt zu Verspätung, Umleitung oder gar Annullierung eines Fluges. Sofern ein Passagier aufgrund eines solchen Zwischenfalls Ansprüche gegen die Fluggesellschaft geltend macht, kann sich das Unternehmen in der Regel auf die unbeherrschbaren Wetterereignisse zur Abwehr des Anspruchs berufen. Dies bedeutet, dass eine Fluggesellschaft Wetterereignisse, die den Luftverkehr behindern, nicht zu vertreten hat. Sie trägt damit nicht das Risiko, jederzeit für auf Wetterbedingungen beruhende Verzögerungen im Betriebsablauf gegenüber den Passagieren zu haften. Allerdings muss ein Luftverkehrsunternehmen stets auch auf schlechte Wetterbedingungen eingestellt sein und im Rahmen dessen, was zumutbar ist, gewährleisten, dass der Betriebsablauf so geringfügig wie möglich beeinträchtigt wird.
Fluggastrechteverordnung
Im Erwägungsgrund 14 der VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) sind Wetterverhältnisse ausdrücklich als außergewöhnlicher Umstand anerkennt, wenn diese mit der Durchführung des betreffenden Flugs nicht zu vereinbaren sind. Solche schlechten Wetterbedingungen können bspw. starke Regenfälle, Gewitter, Glätte oder plötzliches Nebelaufkommen sein. Es handelt sich dabei um von außen einwirkende Ereignisse, die für ein Flugunternehmen kaum beherrschbar sind und zudem aus den allgemein üblichen Abläufen im Luftverkehr hinausfallen. Es ist allgemein anerkannt, dass es sich bei schlechtem, einen Start nicht zulassenden Wetterbedingungen, um außergewöhnliche Umstände i. S. d. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 handeln kann, AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 15.6.2011, Az. 4 C 572/10. Dabei kommt es jedoch nicht darauf an, wie häufig ein bestimmtes Wetterphänomen oder eine Wetterlage auftritt (OLG Koblenz, Urt. v. 11.01.2008, Az. 10 U 385/07). Zu beachten ist allerdings, dass schlechtes Wetter alleine nicht ausreicht, damit sich ein Luftfahrtunternehmen von seiner Zahlungspflicht bezüglich der Ausgleichsleistungen des Art. 7 FluggastrechteVO befreien kann. Die betroffene Airline hat zusätzlich nur zu begründen, welche zumutbaren Maßnahmen sie ergriffen hat, um die aus dem Umstand resultierende Flugverspätung bzw. Annullierung zu verhindern. Generell müssen die Wetterbedingungen auch aus den üblichen und zu erwartenden Abläufen des Luftverkehrs herausragen, vgl. AG Frankfurt, Urt. v. 15.05.2013, Az. 29 C 1954/11. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands, welcher auf Wetterbedingungen gründet, ist, dass andere Luftfahrtunternehmen am selben Flughafen in gleicher Weise betroffen waren, d.h. der gesamte Flugverkehr gänzlich oder zum Teil eingestellt werden muss. Immer dann wenn es zu wetterbedingten Annullierungen kommt, liegt die Ursache häufig darin, dass der Flughafenbetreiber auf Grund der widrigen Wetterbedingungen einzelne oder sogar alle Start- und Landebahnen vorübergehend schließt. Meistens kommt es dann auch dazu, dass die Abstände zwischen den startenden und landenden Flugzeugen aufgrund der eingeschränkten Sichtbedingungen vergrößert werden. Das hat zur Folge, dass die Anzahl der möglichen Starts und Landungen reduziert werden muss. Geschieht dies an einem Flughafen mit einem hohen Verkehrsaufkommen, so kommt es zu Kapazitätsengpässen und damit verbundenen Verspätungen und Annullierungen. In solchen Fällen liegt die Annahme eines außergewöhnlichen Umstands nah, denn Entscheidungen des Flugverkehrsmanagements lassen nach Erwägungsgrund 15 auch einen außergewöhnlichen Umstand eintreten. Schließlich scheint ein außergewöhnlicher Umstand bereits indiziert, wenn man annimmt, dass der gesamte Flugverkehr zeitweise gesperrt wird, weil aufgrund des Wetters ein höheres Startrisiko besteht.
Wetterbedingungen als "außergewöhnliche Umstände"
Natürlich stellt nich jedes Wetter außergewöhnliche Umstände gemäß Art. 5 Abs. 3 VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) dar. Vielmehr sind es Wetterextreme und solche Wetterbedingungen, die eine ordnungsgemäße und sichere Beförderung erheblich erschweren oder unmöglich machen. Ferner muss das Luftverkehrsunternehmen stets darlegen, dass eine Verspätung/Annullierung tatsächlich auf den Wetterereignissen beruht.
Nebel
Bei Nebel ist ein Start häufig wegen der damit verbundenen Flugrisiken unmöglich. Wird ein Flughafen aufgrund anhaltender Nebelschwaden vorübergehend geschlossen, so kann dies ein Indiz für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands darstellen, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen detailliert darlegen kann, welche Auswirkungen dieser Umstand auf die Start- bzw. Landebefugnisse vor Ort hatte, vgl. AG Frankfurt, Urt. v. 31.08.2006, Az. 30 C 1370/06. Allerdings ist es nicht möglich sich auf außergewöhnliche Umstände zu berufen, wenn die Durchführung des Fluges nach Beendigung des Schlechtwetterverhältnisses doch noch möglich ist. Zumutbare Maßnahmen können in solchen Fällen vor allem das Ausweichen auf einen nahen Ersatzflughafen sein. Da ungünstige Wetterbedingungen in der Regel nicht von Dauer sind, kann es auch möglich sein, auf bessere Startbedingungen zu warten und einen Flug nach hinten zu verschieben, anstatt ihn zu annullieren. Konkret bedarf es immer einer Einzelfallentscheidung, da nicht pauschalisiert werden kann, welche Maßnahmen hätten unternommen werden können, um den Flug doch noch stattfinden zu lassen. Trotzdem stellt das Aufschieben der Entscheidung, ob ein Flug annulliert wird oder nicht, keine zumutbare Maßnahme gem. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 dar. Dies gilt auch dann, wenn es nicht ersichtlich ist, wie lange der Nebel anhalten wird, vgl. BGH, Urt. v. 25.03.2010, Az. Xa ZR 96/09. Tritt der Nebel somit am Vormittag auf, kann sich ein ausführendes [[[Luftfahrtunternehmen]] nicht auf Art. 5 Abs. 3 EG-VO 261/2004 berufen, wenn der betroffene Flug am Abend aufgrund Rotationsproblemen und einer Folgeverspätung nicht pünktlich starten kann. Kommt es dazu, dass ein Flughafen aufgrund von Nebel nicht anfliegbar ist, so kann dies einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, wenn keine anderen Maßnahmen zur Umgehung des Umstandes möglich waren. Ist Nebel als Sichtwetterbeschränkung zu einer bestimmten Tageszeit allerdings als bekannt anzusehen und wird auf dieser Strecke ein nicht optional ausgerüstetes Flugzeug eingesetzt, so ist dies als kaufmännische Entscheidung des jeweiligen Luftfahrtunternehmens zu werten und seiner Risikosphäre zuzuordnen.
Naturkatastrophe
Kommt es zu erheblichen Verspätungen oder gar Flugausfällen aufgrund einer eingetretenen Naturkatastrophe, so liegt regelmäßig ein Entlastungsgrund für das Flugunternehmen vor. Solche Ereignisse können vor allem Erdbeben oder starke Überschwemmungen darstellen. So wurde bspw. wegen dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull und der daraus entstandenen Aschewolke ein Teil des europäischen Luftraums gesperrt. Insoweit waren betroffene Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet ihren Fluggästen Ausgleichsleistungen gemäß Art. 7 der Fluggastrechteverordnung zu zahlen. Anders liegt der Fall, wenn zwar ein bestimmter Teil eines Luftraums gesperrt ist, dieser allerdings umflogen werden kann.
Siehe auch: Vulkanausbruch als außergewöhnlicher Umstand
Starke Winde/Stürme
Ein starkes Windaufkommen kann ebenfalls als außergewöhnlicher Umstand in Betracht kommen. Die alleinige Berufung auf das Vorliegen von solchen starken Winden genügt allerdings nicht, um sich von der Ausgleichszahlungspflicht nach Art. 7 VO (EG) 261/2004 zu befreien. Vielmehr müssen diese starken Windverhältnisse auch von dem üblichen Windaufkommen abweichen. Zudem muss auch angegeben, werden welche konkreten Windverhältnisse zum jeweiligen Zeitpunkt des Starts oder der Landung vorgelegen haben und bei welchen Seiten-/ Rückenwind-Komponenten das jeweilige Fluggerät gemäß den Herstellervorgaben nicht mehr betreiben werden darf. Möchte sich ein Luftfahrtunternehmen auf einen außergewöhnlichen Umstand aufgrund von starken Gegenwind berufen, so hat es vorher ebenso zu prüfen, ob nicht eine Umleitung auf einen nahegelegenen Flughafen möglich war, vgl. AG Düsseldorf, Urt. v. 13.03.2008, Az. 232 C 3487/07.
Siehe auch: Starke Winde als außergewöhnlicher Umstand
Gewitter und Blitzschlag
Gewitter sind besonders häufig auftretende Naturphänomene. Mit dem Aufziehen eines Gewitters ist von Flugunternehmen in der Regel zu rechnen und stellt somit kein Hindernis dar, welches für Flugunternehmen unvermeidbar und unbeherrschbar ist. Insoweit werden sie nicht als äußerst ungewöhnliche Vorkommnisse gemäß Art 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 gewertet, vgl. AG Köln, Urt. v. 17.02.2016, Az. 114 C 208/15. Denn allein, dass ein Gewitter mit der planmäßigen Durchführung eines Fluges entgegensteht, macht es nicht zu einem außergewöhnlichen Umstand.
Möchte sich ein Flugunternehmen trotzdem auf außergewöhnliche Umstände berufen, weil die Betankung eines Flugzeugs aufgrund der Brandgefahr während eines Gewitters nicht vorgenommen werden kann, so muss explizit vorgestellt werden, warum die Betankung im konkreten Fall nicht möglich war.
Muss ein Flugzeug eine Notlandung vornehmen, da es infolge von Turbulenzen, verursacht durch eine Gewitterfront, zu einem Brandgeruch in der Kabine kam, so ist das betreffende Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, Ausgleichsleistungen zu zahlen, vgl. LG Darmstadt, Urt. v. 06.11.2013, Az. 7 S 208/12.
Für den Fall, dass zu Flugbeginn ein Gewitter am angeflogenen Endziel gemeldet wird, ist ein Pilot allerdings nicht zwingend dazu verpflichtet, mehr Treibstoff zu tanken, um bis zum Abzug des Gewitters erheblich lange Warteschleifen zu fliegen. Insofern ist auch eine abweichende Landung zu einem in der Nähe gelegenen Flughafen eine mögliche Ausweichmaßnahme. Die damit einhergehenden Verzögerungen müssen in Kauf genommen werden, vgl. LG Darmstadt, Urt. v. 19.08.2015, Az. 7 S 52/15.
Blitzschläge, die zur Beschädigung eines für einen Flug vorgesehenen Fluggerätes führen, stellen grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand dar. In der Rechtssprechung werden jedoch auch Ausnahmen festgelegt, wonach ein Blitzschlag keinen außergewöhnlichen Umstand begründet. Es wird vor allem dann ein außergewöhnlicher Umstand verneint, wenn die Annullierung oder Verspätung nicht auf den Blitzschlag selbst sondern auf eine auf den Blitzschlag folgende betriebswirtschaftliche Entscheidung des Luftfahrtunternehmens oder aber eine generelle Organisationsentscheidung der Fluggesellschaft folgt.
Siehe auch: Gewitter und Blitzschlag als außergewöhnliche Umstände.
Fehlendes Enteisungsmittel
Es liegt grundsätzlich in der Risikosphäre des beauftragten Unternehmens, wenn notwendiges Enteisungsmittel fehlt. Dies gilt insbesondere dann, wenn das mit der Enteisung des Flugzeuges beauftragte Subunternehmen die erforderlichen Mengen von Enteisungsmitteln nicht frühzeitig bestellt bzw. bevorratet, vgl. AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 03.05.2011, Az. 20 C 83/11. Ein Luftfahrtunternehmen kann sich demnach nicht entlasten, wenn ein unzureichender technischer Standard oder mangelnde betriebliche Vorkehrungen für die Verursachung der Verspätung oder Annullierung von kausaler Bedeutung sind. Ebenfalls kann es keinen außergewöhnlichen Umstand darstellen, wenn ein Mangel an Personal dafür ursächlich ist, dass Flugzeuge nicht rechtzeitig enteist werden konnten. Denn ein Luftfahrtunternehmen hat dafür Sorge zu tragen, dass sich ihre Flugzeuge in einem einsatzbereiten Zustand befinden. Der Flughafenbetreiber, der für diese Aufgabe delegiert wurde, agiert in diesem Fall als Erfüllungsgehilfe der jeweiligen Airline. Sie muss sich daher dessen Handeln zurechnen lassen, weshalb Fehler des Betreibers auch zulasten der Fluggesellschaft gehen.
Siehe auch: Vereisung als außergewöhnlicher Umstand
Schlechte Wetterbedingungen auf dem Vorflug
Kommt es zu dem Fall, dass ein [[[Flugzeug]] schon auf dem Vorflug von einem Blitz getroffen wurde, so ist es dem ausführenden Flugunternehmen nicht möglich, sich auf einen Entlastungsgrund i.S.d. Art. 5 Abs. 3 EG-VO 261/2004 zu berufen. Denn ein Luftfahrtunternehmen hat in seiner Flugplanung einzuplanen, dass es aufgrund verschiedener Umstände zu Verzögerungen im Flugumlauf kommen kann. Die betriebliche Entscheidung, einen Flugplan mit nur sehr engen Zeitreserven auszustatten, soll nicht zu Lasten der Flugpassagiere fallen. In der Regel gilt, dass wenn mehr als 24 Stunden zwischen einem ungewöhnlichen Wetteraufkommen und dem betreffenden Flug lagen und zwischen durch auch andere Flüge mit demselben Flugzeug ausgeführt wurden, nicht mehr von einem außergewöhnlichen Umstand gesprochen werden kann. Außerdem ist sowieso unklar, ob ein außergewöhnlicher Umstand des Vorfluges auf den nächsten Flug fortwirkt.
Siehe dazu: Vorflug
Entscheidungen des Piloten bei schlechten Wetterbedingungen
Zweifelhaft ist, ob es auch den zumutbaren Maßnahmen eines Luftfahrtunternehmens gehört, dass Fluggeräte mit bestimmen Navigationshilfen auszustatten sind, die auch über den gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststandards liegen, aber dennoch allgemein üblich und auch anerkannt sind. Das AG Geldern entschied, dass eine Entscheidung des Piloten, eine Landung aufgrund von schlechten Wetters nicht durchzuführen, wegen seiner nautischen Befugnisse als Luftfahrzeugführer grundsätzlich als bindend anzusehen ist, vgl. AG Geldern, Urt. v. 03.08.2011, Az. 4 C 242/09. Solche Maßnahmen können gerichtlich nur im eingeschränkten Maße überprüft werden. Die Entscheidungsgewalt des Piloten, welcher als Führer der Maschine für die Sicherheit der Passagiere verantwortlich ist, dürfe nicht eingeschränkt werden.
Aufgrund von schlechten Wetterbedingungen kann es dazu kommen, dass die Anzahl der Starts und Landungen gedrosselt werden muss. Eine solche Beschränkung nimmt die Flugsicherheitsbehörde vor. Führen solch schlechte Wetterbedingungen allein wegen der aus Sicherheitsgründen notwendigen Staffelung der Abstände der Anflüge und der dadurch bedingten längeren Aufenthalte in der Warteschleife zu erheblichen Verzögerungen, so liegt höhere Gewalt vor.
Entscheidungen der Flugsicherung bei schlechten Wetterverhältnissen
Oft kommt es auch vor, dass das Flugverkehrsmanagement infolge der vorherrschenden schlechten Wetterverhältnisse die Entscheidung trifft, die Flugrate zu verringern bzw. die Annullierung mehrerer Flüge anzuordnen. Das AG Köln hat hierzu entschieden, dass in diesem Fall ebenfalls ein außergewöhnlicher Umstand anzunehmen sei, da in dem Fall nicht die Fluggesellschaft selbst, sondern die Flugsicherungsbehörde für die Annullierung verantwortlich ist und die Airline die Anordnungen dieser zu befolgen hat, vgl. AG Köln, Urt. v. 6.11.2017, 142 C 537/16. Das ausführende Luftfahrtunternehmen muss hierbei auch nur vortragen und ggf. nachweisen, dass eine auf einen anerkannten außergewöhnlichen Umstand beruhende Anordnung des Flugverkehrsmanagements vorlag. Diese Erleichterung der Beweis- und Darlegungslast kommt daher, dass der Flugsicherung oftmals ein hoheitlicher Charakter zukommt und damit auch eine hohe Beweiskraft. Diese Anordnung muss sich jedoch nicht explizit auf den im Fokus stehenden Flug beziehen. Es reicht aus, wenn sich die außergewöhnlichen Umstände, die die Anordnung der Flugsicherung nach sich zogen, auf den im Fokus stehenden Flug ausgewirkt haben. Bezieht sich die Anordnung zur Flugbeschränkung jedoch nur auf einen bestimmten Zeitraum, so kann sich das ausführende Luftfahrtunternehmen auch nur bei Flügen im entsprechenden Zeitraum auf außergewöhnliche Umstände berufen. Für geplante Flüge, die nicht in dem „gesperrten“ Zeitraum liegen, muss daher immer die Bereitschaft zur Beförderung bestehen. Insofern liegt der außergewöhnliche Umstand nur für Flüge in diesem Zeitraum, in dem der Luftraum gesperrt ist, vor.
Siehe dazu: Entscheidungen des Luftverkehrsmanagements
Sonstige
Bei starkem Hagelschlag und einer damit verbundenen Beschädigung des Fluggeräts, welche zu einer angeblichen Fluguntauglichkeit geführt, reicht der Verweis darauf nicht aus, um sich von der Zahlungspflicht gemäß Art. 7 EG-VO 261/2004 zu befreien. Denn Flugzeuge können regelmäßig auch auch bei Hagelniederschlägen starten, solche führen normalerweise nicht zur Fluguntauglichkeit. Allein ein Sachverständiger kann nach Begutachtung feststellen, ob das Flugzeug noch einsatzbereit ist oder nicht.
Auch ein Sandsturm kann einen außergewöhnlichen Umstand begründen, wenn dieser über einem Flughafen stattfindet. Dies gilt allerdings nicht, wenn dem ausführenden Luftfahrtunternehmen schon einige Tage im Voraus bekannt war, dass über dem Zielflughafen ein Sandsturm erwartet wird. Insoweit ist hier nicht von einem unerwarteten Ereignis zu sprechen.
Kommt es zu starken Regenfällen, Schneefällen oder anderweitigen Unwetter, wodurch die Sicherheit des Fluges nicht gewährleistet werden kann, so kann ein außergewöhnlicher Umstand als Begründung herangezogen werden. Schlechte Wetterbedingungen können demnach plausibel einen außergewöhnlichen Umstand begründen können, doch gilt auch hier, dass nachgewiesen werden muss, dass es tatsächlich keine Möglichkeit mehr gab, den Flug anderweitig stattfinden zu lassen. Es reicht somit nicht aus, einfach auf tatsächlich vorhandenes schlechtes Wetter zu verweisen, wenn nur ungünstige Wetterbedingungen vorhanden sind, aber nicht ersichtlich wird, wie diese den Flug beeinflusst haben sollen. Wird ein Flug daher sofort wegen schlechten Wetters annulliert, muss die Airline diesen Schritt begründen, ansonsten liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor. Allerdings wurden auch vereinzelt schlechte Wetterbedingungen nicht als außergewöhnliche Umstände anerkannt, wenn diese für die Jahreszeit und den Ort nicht ungewöhnlich waren. Dies gilt bspw. für starken Regen in den Herbstmonaten oder Schneefälle im Winter. Dies wurde damit begründet, dass es sich dabei schon im wörtlichen Sinn nicht um ein Ereignis handelt, welches außergewöhnlich sei. Vielmehr müsse eine Airline mit derartigen Vorfällen rechnen und sich entsprechend auf Störungen im Flugverkehr vorbereiten. Diesbezüglich ist auch umstritten, ob man objektiv von einem außergewöhnlichen Umstand sprechen kann, wenn ein nicht optimal ausgestattetes Fluggerät eingesetzt wird, wenn bestimmte Schlechtwetterbedingungen und Sichteinschränkungen zu gewissen Tageszeiten ebenso bekannt waren. In einem solchen Fall muss darauf abgestellt werden, ob beispielsweise eine Landung für andere Flugzeuge mit besserer Ausstattung möglich war.
Immer dann, wenn ein Flug annulliert werden muss weil es zu einer Flughafen- oder Pistenschließung kommt, kann ein außergewöhnlicher Umstand angenommen werden. Das kann während eines Orkans der Fall sein.
Ein außergewöhnlicher Umstand kann jedoch nicht angenommen werden, wenn es nur zu kurzfristigen Schließungen der Start- und Landebahn kommt, damit eine Gewitterzelle, welche von kräftigen Regen- und Hagelschauern samt Böen begleitet wird, vorbeiziehen kann.
Fazit
Maßgeblich ist also, ob die Wetterverhältnisse vorhersehbar waren bzw. das Luftfahrtunternehmen alle ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um den Flug wie geplant stattfinden zu lassen. Es muss demnach eine umfassende Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden, bei der die Fluggesellschaft eine umfassende Beweislast trägt.
EINPFLEGEN:
Allgemeines
Liegen bestimmte Wetterverhältnisse vor, welche die Durchführung eines Fluges verhindern, so kann in bestimmten Fällen das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands angenommen werden. Das betroffene Luftfahrtunternehmen muss darlegen können, dass es alle möglichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Verspätung oder Annullierung möglichst gering zu halten (BGH, Urteil vom 14.10.2010, Az. Xa ZR 15/10). Das könnte dadurch gestützt werden, wenn auch andere Airlines von den jeweiligen Wetterumständen betroffen waren. Beispielsweise liegt eine Haftungsbefreiung vor, wenn ein gesamter Flughafen bzw. ein gesperrter Luftraum über dem Flughafen herrscht, wie es zum Beispiel beim Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull der Fall war, vgl. AG Rüsselsheim, Urteil vom 11.01.2011, Az. 3 C 1698/10. Auch im Falle einer vorübergehenden Schließung des Flughafens aufgrund von Nebel hat das Flugunternehmen genau darlegen, welche Konsequenzen in Bezug auf Start- und Landeverhältnisse vorlagen.
Ein Indiz für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands liegt allerdings besonders dann vor, wenn der Betrieb des Luftverkehrs für mehrere Luftfahrtunternehmen ganz oder teilweise eingestellt werden muss.
Obwohl schlechte Wetterbedingungen plausibel einen außergewöhnlichen Umstand begründen können, gilt auch hier, dass nachgewiesen werden muss, dass es tatsächlich keine Möglichkeit mehr gab, den Flug stattfinden zu lassen. Es reicht also auch hier nicht aus, einfach auf tatsächlich vorhandenes schlechtes Wetter zu verweisen, wenn nur ungünstige Wetterbedingungen vorhanden sind, aber nicht ersichtlich wird, wie diese den Flug beeinflusst haben sollen. Dann liegt auch kein außergewöhnlicher Umstand vor, vgl. AG Hamburg, Urteil vom 28.02.2006, Az. 18B C 329/05. Da ungünstige Wetterbedingungen in der Regel nicht von Dauer sind, kann es etwa möglich sein, auf bessere Startbedingungen zu warten und einen Flug nach hinten zu verschieben, anstatt ihn zu annullieren. Wird ein Flug daher sofort wegen schlechten Wetters annulliert, muss die Airline diesen Schritt begründen, da ansonsten keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen.
Vereinzelt wurden dagegen schlechte Wetterbedingungen nicht als außergewöhnliche Umstände anerkannt, wenn diese für die Jahreszeit und den Ort nicht ungewöhnlich waren. Dies wurde damit begründet, dass es sich dabei schon im wörtlichen Sinn nicht um ein Ereignis handelt, welches außergewöhnlich sei. Vielmehr müsse eine Airline mit derartigen Vorfällen rechnen und sich entsprechend auf Störungen im Flugverkehr vorbereiten.
Nebel, Sandsturm, Schneefall
Bei Nebel ist ein Start häufig wegen der mit der eingeschränkten Sicht am Boden verbundenen Flugrisiken unmöglich. Mit ähnlicher Begründung ist anerkannt, dass auch andere Wetterphänomene einen außergewöhnlichen Umstand begründen können, so etwa ein Sandsturm und starker Schneefall.
Gewitter und Blitzschlag
Auch Blitzschläge können einen außergewöhnlichen Umstand i.S.v. Art. 5 Abs. 3 VO (EG) 261/2004 darstellen. Grundsätzlich ist ein außergewöhnlicher Umstand dann anzunehmen, wenn der Blitz ein für einen Flug vorgesehenes Flugzeug derart beschädigt, dass es für den vorgesehenen Flug nicht oder erst verzögert einsatzbereit ist (vgl. AG Frankfurt, Urteil vom 4.3.2015, Az. 29 C 3128/14(21)). Dann beruht eine mögliche Verspätung nämlich unmittelbar auf dem Wetterereignis.
Kommt es in Folge eines Gewitters bzw. Blitzschlages zu Verspätungen oder Annullierungen muss im Einzelfall durch die Fluggesellschaft dargelegt werden, dass die Beeinträchtigungen für die Passagiere tatsächlich unmittelbar auf dem Wetterereignis beruhen.
Keine außergewöhnlichen Umstände
Ein Unwetter/Blitzschlag stellt keinen außergewöhnlichen Umstand dar, wenn die Fluggesellschaft aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen in Folge einer Beschädigung einer für einen Flug eingeplanten Maschine durch Blitzschlag entscheidet, das planmäßig vorgesehene Flugzeug eines anderen Fluges für das defekte Flugzeug einzusetzen. Denn der nicht durch die defekte Maschine betroffene Flug hätte planmäßig durchgeführt werden können, wenn die Fluggesellschaft es nicht kurzerhand anderweitig verwendet hätte (AG Frankfurt, Urt. v. 04.03.2015, Az.: 29 C 3128/14 (21)). Passagiere dieses Fluges haben daher einen Ausgleichsanspruch gemäß Fluggastrechteverordnung, da die Annullierung ihres Fluges nicht auf außergewöhnlichen Umständen, sondern schlicht auf betriebswirtschaftlichen Erwägungen beruht. Es liegt also im Ergebnis kein außergewöhnlicher Umstand gemäß Art. 5 Abs. 3 VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung)) vor, der die Fluggesellschaft von ihrer Zahlungspflicht entbinden würde.
Nicht zwangsläufig außergewöhnliche Umstände
Ein Unwetter/Blitzschlag stellt ebenfalls nicht zwangsläufig einen außergewöhnlichen Umstand dar, wenn aufgrund eines Blitzschlages und der dadurch nach der Landung notwendig gewordenen technischen Überprüfung („Blitzschlag-Kontrolle“), sich die anschließend mit der Maschine noch vorgesehenen Flüge verspäten. Der Blitzschlag betrifft nämlich zwar den direkt im Anschluss an den Blitzschlag geplanten Flug unmittelbar, nicht aber alle noch am selben Tag vorgesehenen Flüge mit der Maschine. Das Risiko, dass die Fluggesellschaft bewusst durch den Einsatz einer Maschine auf mehreren Flugstrecken hintereinander in einem engen Zeitplan in Kauf nimmt, liegt allein in der Risikosphäre der Fluggesellschaft. Die Verspätung beruht daher auf einer Organisationsentscheidung der Fluggesellschaft und nicht auf dem Wetterereignis (AG Hamburg, Urt. v. 08.01.2015, Az.: 20a C 219/14). Nur bei Problemen auf dem unmittelbaren Vorflug wäre ein Blitzschlag ursächlich für den nachfolgenden Flug. Diese Auslegung ist nach dieser Rechtsansicht im Interesse eines hohen Schutzniveaus der Verordnung für die Passagiere erforderlich, nämlich um es der Fluggesellschaft unmöglich zu machen, eine beliebig lange Kausalkette an „gerechtfertigten“ Verspätungen zu bilden. Es kommt damit nicht auf mögliche zumutbare Maßnahmen an, die die Fluggesellschaft zur Abwendung der Verspätung ergreifen müsste. Denn die Verspätung beruht schon nicht unmittelbar auf einem außergewöhnlichen Umstand, sofern es nicht um den direkten Anschlussflug geht.
Vorliegen außergewöhnlicher Umstände
Ein Unwetter/Blitzschlag stellt sich als außergewöhnlicher Umstand dar, wenn aufgrund eines Gewitters über dem Zielflughafen die Maschine auf einen Ausweichflughafen umgeleitet wird und von dort aus nach einem Tankstop den Zielflughafen mit einer Verspätung von mehr als 4 Stunden erreicht (LG Darmstadt, Urt. v. 19.08.2015, Az.: 7 S 52/15). Die Wetterbedingungen zum Zeitpunkt des ersten Anflugversuches am Zielflughafen, die eine planmäßige Landung unmöglich machten, stellen außergewöhnliche Umstände gemäß Art. 5 Abs. 3 VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) dar. Die Fluggesellschaft ist nicht verpflichtet, die Maschine vorsorglich so zu betanken, dass der Pilot so lange in der Luft kreisen kann, bis das Gewitter abzieht bzw. sich die Witterungsbedingungen so ändern, dass eine Landung möglich wird. Ist schon beim Abflug bekannt, dass ein Gewitter über dem Zielflughafen aufzieht, so kann bei einer Flugzeit von zweieinhalb Stunden davon ausgegangen werden, dass bis zur Ankunft das Unwetter abgezogen sein wird. Angesichts der schwierigen Prognose des Verlaufs eines stationären Unwetters ist es der Fluggesellschaft nicht zumutbar, das Flugzeug in der Voraussicht möglicher Wetterbedingungen, derart zu betanken, dass neben längeren, möglicherweise ja ebenso erfolglosen Warteschleifen, auch noch im Anschluss der Anflug eines erforderlichen Ausweichflughafens möglich wäre. Aus diesem Grund kann auch eine Verschiebung des Abfluges bis zum Abzug des Gewitters bei einer entsprechend langen Flugzeit nicht gefordert werden. Dabei spielen wirtschaftliche Erwägungen noch gar keine Rolle (LG Darmstadt, Urt. v. 19.08.2015, Az.: 7 S 52/15).
Beweislast und Maßstab für die zumutbaren Maßnahmen
Kann sich ein Flugunternehmen auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen und nachweisen, dass er keine anderweitigen möglichen Maßnahmen zur Vermeidung des Umstands treffen konnte, so muss dieses keine Ausgleichsleistungen gemäß Art. 7 der Fluggastrechteverordnung an betroffene Passagiere zahlen. Für eine Entlastung des streitgegenständlichen Luftfahrtunternehmens ist es nicht ausreichend, dass es am Flughafen im Allgemeinen zu wetterbedingten Annullierungen gekommen ist. Auch wenn andere Flüge zum Abflug- oder Zielflughafen am selben Flughafen annulliert werden, führt dies nicht zu einer Beweislastumkehr oder zu dem Beweis, dass die Durchführung des geplanten Fluges wegen eines außergewöhnlichen Umstands nicht möglich war. Ein Luftfahrtunternehmen kann sich grundsätzlich immer nur dann exkulpieren, wenn es darlegen und beweisen kann, welche konkreten Witterungsbedingungen in welchem Zeitraum zur Annullierung eines bestimmten Fluges geführt haben. Nur wenn das Luftfahrtunternehmen darlegen und beweisen kann, dass die vorgelegenen außergewöhnlichen Umstände sich auch bei der Anwendung von allen möglichen und zumutbaren Mitteln weder hätten verändern noch beeinflussen lassen, damit der Flug dennoch planmäßig durchgeführt hätte werden können, dann kann ein außergewöhnlicher Umstand bejaht werden. Die Anforderungen an den Beweis vom Vorliegen widriger Wetterbedingungen können nur dann geringer sein, wenn der streitgegenständliche Flughafen weitgehend oder sogar komplett geschlossen werden musste und aus diesem Grund kaum oder gar keine Flugzeuge mehr starten oder landen konnten. Wird der Flughafen über längere Zeit komplett geschlossen, wegen zu schlechter Wetterbedingungen, so kommen kaum Maßnahmen in Betracht, um einen solchen außergewöhnlichen Umstand zu verhindern. In einer solchen Situation kommen meistens nicht einmal Starts und Landungen an einem nahegelegenen Ausweichflughafen als zumutbare Maßnahme in Betracht. Denn in den meisten Fällen wird auch naheliegende Flughäfen von der Wetterlage betroffen sein.
Fraglich ist die Situation, in der die jeweilige Wetterlage nur zeitlich begrenzt wirkt und es auch nur zu einer kurzzeitigen Schließung des Flughafens kommt. In einem solchen Fall, wäre es durchaus eine Option auf eine Wetterbesserung zu warten oder auf die Wiedereröffnung des Flughafens. Schließlich ist davon auszugehen, dass Fluggäste es vorziehen etwas länger zu warten, als gar nicht mehr befördert zu werden. Um sich in einem solchen Fall von der Pflicht zu Ausgleichszahlungen befreien zu können, muss ein Luftfahrtunternehmen erklären können, warum die Durchführung des Fluges nicht zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen wurde. Entschließt sich das Luftfahrtunternehmen in einem solchen Fall dazu, die widrigen Wetterbedingungen abzuwarten und kann es deshalb nicht mehr vor dem Beginn des Nachtflugverbots am Zielflughafen eintreffen, so ist es dem Luftfahrtunternehmen jedoch zumutbar sich um eine Ausnahmebewilligung von der Nachtflugsperre zu bemühen, bevor es den Flug annulliert. Zu beachten ist in solchen Fällen jedoch, dass es sich nur dann zu warten lohnt, wenn absehbar ist, dass sich die widrigen Wetterbedingungen in unmittelbarer zeitlicher Nähe bessern werden. Das würde zum Beispiel bei einer von Starkniederschlägen und heftigen Windböen begleiteten Gewitterzelle zutreffen. Anders verhält es sich jedoch in dem Fall, in dem die Pisten vorübergehend geschlossen werden müssen, weil es zu einer Kaltfront mit einem sehr starken Schneefall kommt. Dann ist es eher ungewiss, wann der Schneefall nachlassen wird und die Pisten von Schnee und Eis befreit werden können. Auch in dem Fall, in dem prognostiziert werden soll, wann sich der über den Pisten befindlicher Nebel lichten und wieder vollständig auflösen wird, kommen es zu denselben Schwierigkeiten. Anhand dieser Beispiele wird ersichtlich, dass es schwierig ist zu bestimmen, wie lange die verspätete Durchführung eines Fluges noch zumutbar bzw. dessen endgültige Nichtdurchführung vermeidbar ist.
Auswirkungen auf andere Ansprüche
Doch auch wenn sich ein Luftfahrtunternehmen von der Zahlungspflicht der Ausgleichsleistungen befreien kann, muss es trotzdem Betreuungs- und Unterstützungsleistungen gemäß Art. 8 und 9 EG-VO 261/2004 an ihre Fluggäste leisten. Dieser Pflicht kann sich ein Flugunternehmen nicht entledigen.
Siehe auch
Rechtsprechung
Gericht, Urteil vom… | Aktenzeichen | Zusammenfassung (siehe Reiserecht-Wiki) |
---|---|---|
BGH, Urteil vom 14.10.2010 | Xa ZR 15/10 |
|
BGH, Urteil vom 25.03.2010 | Xa ZR 96/09 |
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OLG Koblenz, Urteil vom 11.01.2008 | 10 U 385/07 |
|
LG Darmstadt, Urteil vom 19.08.2015 | 7 S 52/15 |
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LG Darmstadt, Urteil vom 06.11.2013 | 7 S 208/12 |
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LG Darmstadt, Urteil vom 23.11.2011 | 25 S 142/11 |
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AG Köln, Urteil vom 06.11.2017 | 142 C 537/16 |
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AG Hannover, Urteil vom 21.06.2016 | 450 C 2336/16 |
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AG Köln, Urteil vom 17.02.2016 | 114 C 208/15 |
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AG Frankfurt, Urteil vom 15.05.2013 | 29 C 1954/11 |
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AG Bremen, Urteil vom 02.05.2013 | 9 C 523/12 |
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AG Hannover, Urteil vom 05.01.2012 | 451 C 9817/11 |
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AG Geldern, Urteil vom 03.08.2011 | 4 C 242/09 |
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AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 15.06.2011 | 4 C 572/10 |
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AG König Wusterhausen, Urteil vom 03.05.2011 | 20 C 83/11 |
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AG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2008 | 232 C 3487/07 |
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AG Frankfurt, Urteil vom 31.08.2006 | 30 C 1370/06 |
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