Crew als außergewöhnlicher Umstand

Aus PASSAGIERRECHTE
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Die Crewmitglieder sind für die Durchführung des Fluges sowie für die Sicherheit und das Wohlbefinden der Fluggäste an Bord zuständig. Fällt die Crew oder ein Teil der Crew aus, so ist es fraglich, ob darin ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 261/2004 gesehen werden kann.

Hauptartikel: Außergewöhnliche Umstände

Crew Definition

Crew

  • auch fliegendes Personal, zählt zum Luftfahrtpersonal
  • Teil der Belegschaft einer Fluggesellschaft, der im Wesentlichen an Bord von Flugzeugen arbeitet
  • Wesentliche Funktionsträger in der zivilen Luftfahrt: Verantwortlicher Luftfahrzeugführer (Flugkapitän), Erster Offizier (Kopilot), Flugingenieur, Flugbegleiter


Crew außergewöhnliche Umstände

Personal und Crew fallen typischerweise in den Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft: es ihre Aufgabe das im Flugbetrieb erforderliche Personal bereitzuhalten. In der Rechtsprechung herrscht überwiegend die Auffassung vor, dass der Ausfall von Luftpersonal nicht als außergewöhnlicher Umstand betrachtet werden kann. Genau wie eine Airline dafür Sorge zu tragen hat, dass ein Flugzeug einsatzbereit ist, muss sie auch garantieren können, dass eine entsprechende Besatzung für die Maschine zur Verfügung steht (Vgl.: LG Darmstadt, Urteil vom 23.05.2012, Az. 7 S 250/11). Insbesondere müssen Luftfahrtunternehmen die Möglichkeit in Betracht ziehen, eine Ersatzcrew entweder schon bereit zu halten oder eine solche kurzfristig von anderen Flughäfen kommen zu lassen. Fallen Crewmitglieder deswegen aus, weil sie ihre vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten müssen, so ist auch dies nicht als außergewöhnlichen Umstand zu werten. Es kann einer Fluggesellschaft zugemutet werden, ihre Flüge so zu planen, dass es nicht zu dieser Situation kommt. Falls aufgrund einer außerplanmäßigen Verlängerung der Flugzeit dennoch die Ruhezeiten der Piloten betroffen sind, ist das ein Risiko, welches die Airline zu tragen hat. Eine Airline muss zudem begründen können, warum es nicht möglich war, auch für solche Fälle eine Ersatzcrew bereit zu halten.

Crew Probleme außergewöhnlicher Umstand

Folgende Probleme bezüglich der Bereitstellung von Luftpersonal kommen häufig vor, bzw. sind durch die Rechtsprechung bereits besprochen und entschieden worden:

  • Überschreiten der Arbeitszeit der Crew

Kommt es zu einer Verzögerung, so läuft die Dienstzeit der Crewmitglieder selbstverständlich weiter. Bei einer großen Verspätung kann es somit dazu kommen, dass die Dienstzeit einer Crew abgelaufen ist, ohne dass das Flugzeug abgehoben hat, geschweige denn den Zielflughafen erreicht hat. In einem solchen Fall kann sich die Luftfahrtgesellschaft nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen. Eine solche Verspätung kann verhindert werden, wenn die Airline eine Ersatzcrew bereit hält. Das Vorhalten einer Crew stellt eine zumutbare Maßnahme dar. Denn um zu vermeiden, dass jede auf dem Eintritt außergewöhnlicher Umstände beruhende Verspätung, sei sie auch geringfügig, zwangsläufig zur Annullierung oder Verspätung des Fluges führt, muss ein vernünftig handelndes Luftfahrtunternehmen seine Mittel rechtzeitig planen, um über eine gewisse Zeitreserve zu verfügen und den Flug möglichst bald nach dem Wegfall der außergewöhnlichen Umstände weiter durchführen zu können (vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 02.09.2011, 2/24 S 47/11; EuGH, Urt. v. 12.05.2011, C-294/10).

  • Erkrankung der Crew

Bei einer Erkrankung der Crew oder gar einer Erkrankung eines Piloten ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Fluggesellschaft für eine ausreichend dicke Personaldecke sorgen und so für Ersatzpersonal, ggfs. auch von Dritten (Leiharbeit, andere Unternehmen) sorgen muss. Nur im außergewöhnlichen Fall einer erheblichen "Erkrankungswelle" kann es zu einer Unbeherrschbarkeit für die Fluggesellschaft kommen, so dass außergewöhnliche Umstände vorliegen könne.

Siehe dazu: Erkrankung der Crew, Erkrankung eines Piloten.

  • Streik der Crew

Auch durch Streiks kann es zum Ausfall von Crew-Mitgliedern kommen. Für das Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen kommt es darauf an, ob das Streikereignis für die Fluggesellschaft vorhersehbar war.

Siehe dazu: Streik als außergewöhnlicher Umstand.

Zumutbare Maßnahmen

Der Fluggesellschaft können Zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung von personalbedingten Verspätungen zur Verfügung stehen. Grundsätzlich muss ein Luftfahrtunternehmen ihren Betrieb stets so einrichten, dass selbst bei Unregelmäßigkeiten im Flugplan genügend Flugpersonal zur Verfügung steht. Ein Luftfahrtunternehmen kann einen Ausfall meistens nicht ausschließlich damit begründen, dass die vorgesehene Besatzung nach einem verspäteten Flug die vorgeschriebenen Mindestruhezeiten einhalten muss. In so einem Fall muss das Luftfahrtunternehmen weiterhin darlegen, aus welchem Grund die Bereithaltung und Aktivierung einer Stand-By-Crew für das Luftfahrtunternehmen nicht möglich war. Es ist davon auszugehen, dass ein größeres Luftfahrtunternehmen wohl eher über eine Ersatzcrew verfügt und diese bereithalten kann, als ein kleines Luftfahrtunternehmen, da dies von der subjektiven Leistungsfähigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens abhängt (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 08.11.13, Az.: 32 C 1488/13 (41); AG Hannover, Urt. v. 31.01.11, Az.: 426 C 12868/10; LG Frankfurt, Urt. v. 02.09.11, Az.: 2-24 S 47/11). In einigen Fällen kann auch einer Ersatzcrew von einem nahegelegenen Flughafen zur Unterstützung geholt werden (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.02.07, Az.: 30 C 2192/06-45). Sogenannte Flottenfamilien verfügen über dieselbe Cockpit- Ausstattung und erleichtern damit die Verfügbarkeit von Ersatzcrews. Dennoch ist zu beachten, dass Cockpit-Crews nicht einfach beliebig auf jedem Flugzeugtyp eingesetzt werden können, da Piloten eine Musterzulassung brauchen, damit diese einen bestimmten Flugzeugtyp fliegen dürfen. Diese Ausführungen gelten jedoch nur für Piloten, da die Einsatzflexibilität bei Cabin Crews größer ist.

Betreuungsleistungen

Gleichgültig, ob ein außergewöhnlicher Umstand die Airline von ihrer Ausgleichszahlungspflicht befreit oder nicht, muss diese Betreuungsleistungen gemäß Art. 9 VO-EG Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) an ihre Fluggäste leisten. Je nach Verspätung kommen unterschiedliche Leistungen in Betracht.

Siehe auch

Insbesondere:
Erkrankung der Crew Erkrankung eines Piloten Streik als außergewöhnlicher Umstand Handlungen Dritter als außergewöhnlicher Umstand