Pauschalreiserichtlinie
Viele Jahre mussten die vom Pauschalreiserecht betroffene Gruppe der Reisebranche sowie die Verbraucherschützer gleichermaßen warten, bis am 09.07.2013 kurz vor der Hauptreisezeit der Vorschlag der EU-Kommission für eine neue Richtlinie über Pauschal- und Bausteinreisen veröffentlicht wurde. Aus den 54 Erwägungsgründen der Richtlinie stechen drei grundlegende Ziele besonders heraus. Zum einen soll der Binnenmarkt gestärkt werden. Für Anbieter war es riskant und mit Kosten behaftet, über den nationalen Markt hinaus tätig zu werden, da bei der Umsetzung der bisherigen Reiserichtlinie nur Mindeststandards berücksichtigt wurden. Bei der Umsetzung in das nationale Reiserecht der Mitgliedsstaaten sind unterschiedliche Rechtslagen und Regelungen entstanden. Deshalb will die Pauschalreiserichtlinie(EU) 2015/2302 gewährleisten, das Reisende sich auf ein transparentes und identisches Schutzniveau verlassen können. Drittes Ziel ist die Reaktion auf die Entwicklung des Marktes, es sollen Regelungslücken geschlossen und Unklarheiten ausgeräumt werden. Zum 01.07.2018 hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Das bedeutet, dass seit dem 01.07.2018 die Pauschalreiserichtlinie(EU) 2015/2302 auch in Deutschland verbindliches Recht darstellt.
Einführung
Zum besseren Verständnis sollte erstmal geklärt werden, was eine Richtlinie überhaupt ist und welcher Zweck konkret mit der Pauschalreiserichtlinie verfolgt wurde und wie diese zustande gekommen ist.
Was ist eine Richtlinie?
Für den juristischen Laien stellt sich nun zunächst die Frage, was eine Richtlinie überhaupt ist. Richtlinien sind allgemein formuliert Rechtsakte der Europäischen Union. Dabei werden Regeln für ein bestimmtes Rechtsgebiet (bei der Pauschalreiserichtlinie das europäische Reiserecht) festgelegt. Durch Richtlinien soll insbesondere die europäische Rechtslage in einem bestimmten rechtspolitischen Bereich nahezu vereinheitlicht werden. Als Teil des Verbraucherschutzes stellt das Reiserecht natürlich einen Rechtskreis dar, welcher eine europäische Vereinheitlichung aus Gründen der Rechtssicherheit nahezu verlangt. Die Problematik besteht darin, dass europäische Richtlinien, anders als Verordnungen, nicht unmittelbar in den Mitgliedsstaaten gelten. Es bedarf daher eines nationalen Umsetzungsaktes, bei dem ein nationales Gesetz geschaffen wird, welches dafür sorgt, dass die Regelungen der Richtlinie dann auch sinngemäß in dem Mitgliedsstaat gelten. Im Folgenden soll insbesondere auf die neue Pauschalreiserichtlinie eingegangen werden und welche Änderungen sie nach der Umsetzung am 01.07.2018 mit sich gebracht hat.
Richtlinienkonforme Auslegung
Bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht werden nicht nur die Gesetze im Sinne der Richtlinie verändert, sondern man verpflichtet sich auch die dazugehörigen Normen richtlinienkonform auszulegen. Das bedeutet konkret, dass bei Zweifeln der Rechtsanwendung und Rechtsauslegung der §§ 651a bis 651m BGB an die Zielrichtung und den Inhalt der Pauschalreiserichtlinie angeknüpft werden muss. Dabei kann auch auf Fassungen der Richtlinie zurückgegriffen werden, welche in einer anderen Sprache gefasst sind. Mit der Auslegung soll das von der Richtlinie verfolgte Ziel erreicht werden. Das bedeutet, wenn man mit der Auslegung zu einem Ergebnis kommt, welches nicht dem Ziel der Richtlinie entspricht, die Auslegung dann nicht richtlinienkonform ist. Mit der Richtlinie sollte vor allem der Binnenmarkt vollendet und der Verbraucherschutz gestärkt werden. Kollidiert das Ergebnis der Auslegung mit diesen Interessen, ist das nicht im Sinne der Richtlinie. Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung, welcher vom Europäischen Gerichtshof geprägt wurde, erfordert zudem, dass die nationalen Gerichte das nationale Reisevertragsrecht richtlinienkonform fortbilden. Die Richtlinie ist zugleich Maßstab dafür, ob die nationalen Reisevertragsnormen eine richtlinienkonforme Umsetzung darstellen. Sollte es entscheidungserhebliche Fragen hinsichtlich der Richtlinienkonformität nationaler Regelungen geben, kann diese Frage in einem Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof geklärt werden. Dadurch ist die richtlinienkonforme Auslegung und Anwendung der nationalen Gesetze garantiert.
Vorschlag einer Richtlinie über Pauschal- und Bausteinreisen
Am 09.07.2013 stellte die Kommission den Vorschlag für eine neue Richtlinie über Pauschal- und Bausteinreisen zur Revision der Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 vor. Im Folgenden soll die Zielsetzung der Richtlinie und das Gesetzgebungsverfahren dargestellt werden.
Zielsetzung
Ein Ziel der Pauschalreiserichtlinie(EU) 2015/2302 ist zunächst einmal die Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt. Im Fokus stand dabei der grenzüberschreitende Handel mit Pauschalreiseprodukten. Es sollten insbesondere die kleineren Anbieter entlastet werden, indem as Kostenrisiko für solche Angebote gesenkt werden sollte. Zudem sollte der Verbraucherschutz verbessert werden. Gerade im Reiserecht ist im Streitfall in der Regel der Verbraucher betroffen, weshalb Verbraucherschutzgedanken bei der Kodifizierung von Regelungen immer eine Rolle spielen. Schließlich sollten auch Unklarheiten beseitigt werden und Regelungslücken geschlossen werden. Das sollte insbesondere dadurch geschehen, dass sich die reiserechtlichen Regelungen einheitlich gestalten und der Verbraucher damit Rechtssicherheit hat. In erster Linie sollte mit der neuen Pauschalreiserichtlinie also vor allem der Reisende geschützt werden bzw. der bereits vorhandene Schutz ausgeweitet werden. Inwiefern diese Ziele erreicht wurden bzw. noch werden, kann im Laufe des Beitrages festgestellt werden.
Gesetzgebungsverfahren
Auch eine europäische Richtlinie ist nicht von Zauberhand da, sondern muss vom Gesetzgeber beschlossen werden. Dafür bedarf es auch auf europäischer Ebene eines rechtsstaatlichen Gesetzgebungsverfahrens. Die neue Pauschalreiserichtlinie enthält 31 Artikel. Zum Vergleich sollte erwähnt werden, dass die Richtlinie von 1990 nur 10 Artikel enthielt. Wie schon erwähnt, sollte nicht nur der Binnenmarkt gestärkt werden, sondern vor allem die Rechte der Fluggäste ausgeweitet und gestärkt werden. Dieses Ziel zeigt sich auch darin, dass in einzelnen Vorschriften der Richtlinie die Formulierung stark der Fluggastrechteverordnung ähnelt bzw. sogar Begrifflichkeiten derselben verwendet werden. Zudem wird auch direkt auf „andere Unionsvorschriften für Passagierrechte“ Bezug genommen.
Richtlinienvorschlag der EU-Kommission (Geforderte Neuerungen)
Das von der EU-Kommission proklamierte Ziel des Richtlinienvorschlags war es, den Markt von über 120 Millionen Urlaubern in der EU, die eine Reise im Internet buchen, strenger dem Verbraucherschutz zu unterwerfen. Recht der Verbraucher sollten bei Online-Buchungen verbessert werden, sowie Transparenz und strengere Regeln für Reiseveranstalter und Reisevermittler eingeführt werden. Es sollte weiterhin der Anwendungsbereich der Richtlinie erweitert werden, indem auch solche Angebote aufgenommen wurden, bei welchen dem Verbraucher zur eigentlich anvisierten Leistung noch eine weitere angeboten wird. Die Rede ist von sogenannten „Durchklick“- Angeboten. Beispielhaft für eine solches Angebot ist, wenn bei einer Flugbuchung auch noch ein Mietwagen oder eine Unterkunft am Zielort angeboten wird. Insbesondere sollten die Vorschriften im Pauschalreiserecht an das Zeitalter der Digitalisierung angepasst werden. Im Gegensatz zu 1990, als die alte Pauschalreiserichtlinie geschaffen wurde, buchen die Leute ihre Reisen nicht mehr überwiegend in Reisebüros. Online-Buchungen erfreuen sich bei den Verbrauchern, vor allem wegen des hohen Angebots an verschiedensten Buchungsportalen, immer größerer Beliebtheit. Daher mussten auch diese irgendwie in den europäischen Verbraucherschutz aufgenommen werden. Mit Inkrafttreten der alten Pauschalreiserichtlinie gab es noch gar kein Internet, weshalb eine Modernisierung der Richtlinie an der Zeit war. Weiterhin war der Vorschlag einheitliche Angabepflichten für Veranstalter und Vermittler, als auch neue Angabepflichten einzuführen. Insbesondere gehören dazu verbindliche Angaben zum Reiseort, zum Reiseablauf, zur Unterkunft, zu den Hauptcharakteristika der Reise, der Mindestteilnehmerzahl und zur Frage, ob die Barrierefreiheit der Reise gewährt wird. Zudem sollte der Reisende über sein Rücktritts- bzw. Stornierungsrecht aufgeklärt werden. Weiterhin ist es unerlässlich, dass dem Fluggast ein transparenter Einblick in die Kostenpolitik gewährt wird. Der Gast muss auf einen Blick nachvollziehen können, woraus sich sein Reisepreis zusammensetzt. Des Weiteren sollen Preiserhöhungen nur noch bis zu 10 % des Gesamtreisepreises möglich sein. Zudem sollten den Reisenden ein spezielles kostenfreies Rücktrittsrecht zustehen, wenn unvorhersehbare und außerordentliche Umstände auftreten. Voraussetzung ist, dass diese Umstände am Bestimmungsort oder in unmittelbarer Nähe auftreten und die Pauschalreise dadurch beeinträchtigt werden könnte. Die Rechtsfolge des Rücktritts sollte nun sein, dass der Veranstalter nach der Ausübung des Rücktritts durch den Reisenden bei einem verlängerten Aufenthalt des Reisenden bis zu 100 € pro Nacht pro Reisenden und bis zu drei Nächte haften soll. Hierbei stellt sich die Frage, ob tatsächliche ein Rücktrittsrecht oder nicht vielmehr ein Kündigungsrecht gemeint war. Die eben beschriebenen Kosten würden nämlich erst nach Reisebeginn anfallen. Ein Reiserücktritt ist aber nur bis zum Reisebeginn möglich. Nach Ansicht der Kommission sollte der Reiseveranstalter und nicht der Reisevermittler für die Erbringung der Leistungen verantwortlich sein, außer der Veranstalter hat seinen Sitz außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums. Für den Vermittler würde das einen erheblichen Nachteil darstellen, da er für eine Leistung des Veranstalters verantwortlich wäre. Aus diesem Grund gilt sie eben auch nur dann, wenn der Veranstalter seinen Sitz in einem Drittland hat. Im Endeffekt sollte auch dadurch letztendlich der Verbraucher entlastet werden. Ihm sollte jeder in der Leistungskette als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Dies ergibt sich insbesondere aus Art. 15 der Richtlinie. Danach ist der Vermittler bei Problemen bezüglich der gebuchten Reise verpflichtet, die Nachrichten unverzüglich an den Veranstalter weiterzuleiten. Insofern werden also die Fluggäste entlastet und müssen nicht zwangsläufig wissen, wer für ihre Probleme verantwortlich ist. In Art. 16 ist die Beistandspflicht des Veranstalters kodifiziert. Dieser müsse dem Reisenden bei Schwierigkeiten zur Seite stehen. Schließlich muss der Veranstalter einer Reise auch über einen ausreichenden Schutz bezüglich einer Insolvenz verfügen. Auch hierbei soll wieder das Risiko des Verbrauchers verringert werden.
Die 1. Lesung des Europäischen Parlaments
Bei der ersten Lesung im Parament gab es noch einige Diskussionspunkte. Zum einen wehrten sich die deutschen Vertreter gegen ein 24-stündiges Widerrufsrecht bei Online-Buchungen. Andererseits wollten sie eine gemeinsame Haftung von Reiseveranstalter und Reisevermittler verhindern. Das kostenlose Widerrufsrecht wurde vom Ausschuss schlussendlich abgelehnt.
Das Europäische Parlament verabschiedete seine Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag am 11.03.2014 mit 610 Stimmen bei 58 Gegenstimmen und 13 Enthaltungen. In einigen wichtigen Punkten wich es vom Vorschlag der Kommission ab. Dadurch untermauerte es seine Rolle als unabhängiges Gesetzgebungsorgan deutlich. Man strich den Begriff der Bausteinreisen und ersetzte ihn durch den Begriff der verbundenen Reisearrangements. (siehe unten)
Umsetzung
Die Pauschalreiserichtlinie musste bis zum 31.12.2017 in nationales Recht umgesetzt werden. Ab 01.07.2018 mussten die Umsetzungsvorschriften dann auch angewendet werden. Deswegen kam es auch zu einer Neufassung der §§ 651a ff. BGB.
Neue Kategorie: Verbundene Reiseleistungen
Die Richtlinie schafft neben dem Begriff der Pauschalreise eine weitere Kategorie. Die weitere Kategorie sind die verbundenen Reiseleistungen. Dabei handelt es sich nicht um eine Pauschalreise. Vielmehr soll damit der Anwendungsbereich der Richtlinie erweitert werden. Damit wird für solche verbundenen Reiseleistungen ein Basisschutz geliefert. Es besteht allerdings nicht derselbe Schutz der bestehen würde, wenn es sich um eine Pauschalreise handeln würde. Doch was versteht man überhaupt unter einer verbundenen Reiseleistung? Darunter versteht man ein Angebot, das mit dem Ziel und den Daten der ersten durch den Reisenden gebuchten Reiseleistungen in Verbindung steht. Werden Leistungen unabhängig voneinander und zu verschiednen Zeiten gebucht, so würde keine Verbindung vorliegen. Die Richtlinie würde also keine Anwendung finden. Daraus ergibt sich, dass mit der neuen Kategorie der Anwendungsbereich erweitert werden sollte, damit Verbraucher leichter Rechte aus der Pauschalreiserichtlinie bekommen.
Harmonisierung und Ausnahmen
Die Pauschalreiserichtlinie strebt eine Vollharmonisierung an. Dies bedeutet, dass sofern die Richtlinie nichts anderes bestimmt, dürfen in den Umsetzungsvorschriften weder abweichende Vorschriften aufrechterhalten noch solche eingeführt werden. Allerdings greift dieser Grundsatz der Vollharmonisierung nur, soweit der Anwendungsbereich der Richtlinie reicht. Die Richtlinie stellt klar, dass das nationale Vertragsrecht unberührt bleibt. Es bleibt demzufolge den Mitgliedstaaten verwehrt, durch zusätzliche Filter wie den Ausdruck „infolge“ Fallgruppen eines einzelnen Veranstalters auszuschließen. Dies gilt gleichermaßen für echte Pauschalreisen wie verbundene Reiseleistungen.
Vollharmonisierung mit geringem Spielraum
Der von der Richtlinie vorgesehene vollharmonisierende Ansatz lässt den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie relativ wenig Spielraum. Doch was bedeutet überhaupt Vollharmonisierung? Vollharmonisierung bedeutet, dass das gleiche Recht in allen EU-Mitgliedsstaaten gilt. Den Mitgliedsstaaten ist es demnach nicht erlaubt strengere oder wenig strengere Regelungen vorzusehen. Punktuell betrachtet haben die Mitgliedsstaaten dennoch gewisse gesetzgeberische Spielräume, um Vorschriften einzuführen oder beizubehalten, um Reisenden ein abweichendes Schutzniveau zu ermöglichen. Das Ziel der Harmonisierung ist, dass der Reisende problemlos einen grenzüberschreitenden Vertrag schließen kann, ohne sich darüber Sorgen zu machen, ob und in welchem Umfang er einen Rechtsschutz genießt und welche Rechte und Pflichten sich ergeben. Allerdings greift der Grundsatz der Vollharmonisierung nur ein, soweit der Anwendungsbereich der Richtlinie greift. Mit der neuen Richtlinie ist auch eine interessante Entwicklung zu beobachten. Die alte Pauschalreiserichtlinie bot nur eine Minimalstandard-Harmonisierung, also eine Harmonisierung, die das Europarecht mindestens voraussetzt. Mit der neuen Pauschalreiserichtlinie kam es jedoch zu einer Vollharmonisierung, was für die Intention der Stärkung des Verbraucherschutzes spricht.
Vollharmonisierung mit Öffnungsklauseln
Eine Ausnahme im Prinzip der Vollharmonisierung stellt Art. 2 Abs. 3 dar. Dort ist eine Öffnungsklausel vermerkt. Diese besagt, dass das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht unberührt bleibt. Der mitgliedstaatliche Gesetzgeber kann trotz der Vollharmonisierung nach wie vor, außerhalb der Richtlinie, Gesetze erlassen, die der Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 gleichlauten.
Anwendungsbereich
Nach Art. 2 I der Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 gilt die Richtlinie für Pauschalreisen, die Reisenden von Unternehmen zum Verkauf angeboten oder verkauft werden, und für verbundene Reiseleistungen, welche Reisenden von Unternehmen vermittelt werden.
Änderungen im Anwendungsbereich
Mit Einführung und Umsetzung der neuen Pauschalreiserichtlinie kam es natürlich auch zu einigen Änderungen im Anwendungsbereich. Der Anwendungsbereich der Richtlinie hat sich erweitert. Die Richtlinie für Pauschlreisen (EU) 2015/2302 führt im persönlichen Anwendungsbereich eine Neuerung ein. Der Begriff des Verbrauchers i.S.v. § 13 BGB wird nunmehr ersetzt durch den Reisenden i.S.v. Art. 3 Nr. 6. Diese Neuerung hat zur Folge, dass nunmehr auch Geschäftsreisende mit einbezogen werden, außer wenn ein Rahmenvertrag über die Erbringung von Geschäftsreisen i.S.v. Art. 2 II Buchst. c) vorliegt. Aufgrund dieser Tatsache sind bei der Umsetzung die normalen Geschäftsreisenden von Reisedienstleistern des Business-Travel abzugrenzen. Liegt folglich ein Vetrag zwischen Unternehmen und Reisebüro vor, fällt die Geschäftsreise nicht unter die Regelungen der Richtlinie (EU) 2015/2302. Innerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs gibt es eine markante Änderung. Die frühere Auffassung nimmt an, dass ein Reiseveranstalter derjenige ist, der aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisenden als Vertragspartei eine Gesamtheit von Reiseleistungen, in eigener Verantwortung zu erbringen verspricht. (BGHZ, 203, 335) Doch zu den einzelnen Änderungen im Folgenden mehr.
Pauschalreise
Die Richtlinie wird in erster Linie auf Pauschalreisen angewendet. Der Begriff der Pauschalreise wurde in der alten Pauschalreiserichtlinie als eine im Voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei verschiedenen Reisedienstleistungen, die zu einem Gesamtpreis verkauft bzw. angeboten werden. In der neuen Pauschalreiserichtlinie wird der Begriff in Art. 3 Nr. 2 definiert. Danach ist maßgeblich, dass es sich um zwei verschiedene Reiseleistungen handelt, welche zum Zweck einer Gesamtreise, der Pauschalreise, gebucht werden. Die Bündelung verschiedener Hauptreisedienstleistungen ist das wohl wichtigste Merkmal einer Pauschalreise. Nach der alten Pauschalreiserichtlinie war notwendig, dass es sich um touristische Dienstleistungen handelt. Aus dem Begriff „touristisch“ folgte, auch laut Europäischem Gerichtshof, dass Geschäftsreisende von dem Anwendungsbereich nicht umfasst waren. Das ist nunmehr nicht der Fall. (siehe oben) Der neue Begriff der Pauschalreise bezieht sich nun ausschließlich auf objektive Kriterien. Die neue Richtlinie spricht nun von einer Kombination von Reiseleistungen und nicht mehr von der Gesamtheit wie der vorherige § 651a I BGB. Allerdings widerspricht es nicht der Richtlinie den Begriff der Gesamtheit weiterhin zu verwenden. Begründet wird das vor allem dadurch, dass der Begriff sich bewährt hat. Er entspricht dem Abstraktionsniveau des BGB. Zudem kann er je nach Einzelfall von der Rechtsprechung weiterentwickelt werden. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist der Begriff der Pauschalreise in § 651a Abs. 2 S. 1 BGB normiert. Danach ist ein Pauschalreise die Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise. Eine Pauschalreise liegt auch dann vor, wenn die Leistungen auf Wunsch des Kunden oder nach seiner Auswahl zusammengestellt werden, § 651a II 2 Nr. 1 BGB. Einbezogen wird auch die Situation, dass der Kunde die Möglichkeit hat, die Reiseleistungen nach Vertragsschluss aus dem Angebot des Veranstalters zu konkretisieren (§ 651a II 2 Nr. 2 BGB). Das betrifft insbesondere Fälle der sog. Reise-Geschenkbox. Darunter versteht man, dass der Kunde beispielsweise drei Hotelübernachtungen und Beförderung als Gutschein zum Festpreis erwirbt. Die Auswahl der Destination sowie des Reisezeitraums erfolgt indes erst zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Portfolio des Veranstalters.
Analoge Anwendung des Pauschalreiserechts auf einzelne Reiseleistungen
Fraglich ist, ob das Pauschalreiserecht auch analog auf veranstaltermäßig erbrachte Einzelleistungen, insbesondere Ferienhäuser und Hotels, angewendet werden kann. Eine analoge Anwendung wäre zumindest mit der Richtlinie vereinbar. Sie ist von den Mitgliedstaaten in einem Kompromiss erreicht worden, weshalb es nicht von Bedeutung ist, dass die analoge Anwendung normalerweise einer vollständigen Harmonisierung entgegensteht. Es spricht also grundsätzlich nichts dagegen die Richtlinie analog auch auf einzelne Reiseleistungen analog anzuwenden. Insbesondere Erwägungsgrund 21 der Richtlinie erkennt an, dass eine solche analoge Anwendung möglich sein muss. Damit hat der Gesetzgeber der Europäischen Union schon im Voraus dafür gesorgt, dass eine Analogie möglich ist. Der Begriff der Reiseleistung wird in § 651a III BGB definiert und umfasst die Personenbeförderung, Beherbergung, Vermietung bestimmter Kraftfahrzeuge und touristische Leistungen (§ 651a III 1 Nr. 1-4 BGB). Finanzdienste zählen wie Reiseversicherungen hingegen nicht zu sonstigen touristischen Leistungen. Folglich ist die reine Hotelübernachtung nebst Reiserücktrittskostenversicherung schon deshalb keine Pauschalreise, weil nicht mindestens zwei Reiseleistungen (verschiedener Art) vorliegen. Gleiches gilt für Leistungen, die wesensmäßiger Bestandteil anderer Reisen sind. (Gepäcktransfer, Flughafentransfer…) . Eine Übernachtungsmöglichkeit im Rahmen der Personenbeförderung via Bus, Flugzeug oder Bahn stellt ebenfalls keine eigenständige Reiseleistung dar. Der deutsche Gesetzentwurf nennt darüber hinaus die Kurzzeitmiete in Form des Car-Sharings als Beispiel einer Leistung, die wesensmäßig Bestandteil einer anderen sein kann. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich jedoch für angebotene “(Mini-)Kreuzfahrten”, bei denen Schlafkabinen für die Passagiere zur Verfügung stehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kunde die Anreise hin zum Hafen im In- oder Ausland selbst organisiert oder sie innerhalb des Pakets eingeschlossen ist.
Keine Pauschalreise
Wird nur eine in § 651a III 1 Nr. 1-3 BGB genannte Reiseleistung mit einer oder mehreren touristischen Leistungen zusammengestellt, liegt keine Pauschalreise vor, wenn:
- Die touristische Leistung keinen erheblichen Anteil (unter 25%) am Gesamtwert der Zusammenstellung ausmacht, wesentliches Merkmal der Zusammenstellung ist oder als solches beworben wird, § 651a III 1 Nr. 1-3 BGB.
- Touristische Leistungen erst nach Beginn der Erbringung einer Reiseleistung i.S.d. § 651a III 1 Nr. 1 - 3 BGB ausgewählt und vereinbart werden (§ 651a IV 1 Nr. 2 BGB).
Das Pauschalreiserecht gilt nicht für Reisen, die nur gelegentlich, also nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung und nur einem begrenzten Personenkreis gegenüber angeboten werden (§ 651a V Nr. 1 BGB). Entscheidend ist auch, dass die Reise schon im Vorfeld nur einem begrenzten Personenkreis angeboten wird. Es reicht hingegen nicht aus, dass letztlich die Zahl der Mitreisenden limitiert ist. Ebenso sind sog. Kurz- oder Tagesreisen mit einer Dauer von weniger als 24 Stunden und ohne Übernachtung vom Anwendungsbereich des Pauschalreiserechts ausgenommen (§ 651a V Nr. 2 BGB). Die Regelung gilt jedoch nur, wenn der Reisepreis 500 pro Kopf nicht übersteigt. Auch für Reiseverträge, die aufgrund eines Rahmenvertrags mit einem Reisenden als Unternehmer für die Organisation von Geschäftsreisen geschlossen werden, finden die §§ 651a ff. BGB keine Anwendung (§ 651a V Nr. 3 BGB). Für dem Pauschalreiserecht nicht unterliegende Verträge (§ 651a V Nr. 1-3 BGB) gilt das allgemeine Zivilrecht.
Veranstalter
§651a BGB knüpft an die Unternehmereigenschaft des Reiseveranstalters § 14 BGB an, ohne den Begriff zu definieren. Ein Veranstalter stellt Pauschalreisen zusammen und verkauft oder bietet diese zum Verkauf an. Gemäß Art. 3 Nr. 8 der neuen Pauschalreiserichtlinie ist ein Reiseveranstalter ein „Unternehmer, der entweder direkt oder über einen anderen Unternehmer oder gemeinsam mit einem anderen Unternehmer Pauschalreisen zusammenstellt und verkauft oder zum Verkauf anbietet, oder den Unternehmer, der die Daten des Reisenden im Einklang mit Nummer 2 Buchstabe b Ziffer v an einen anderen Unternehmer übermittelt“. Diese Definition lässt sich so wortwörtlich der Pauschalreiserichtlinie entnehmen. Diese Definition lässt sich jedoch nur der Richtlinie entnehmen. Eine Definition im BGB existiert nicht. Als entscheidend wird angesehen, dass der Reiseveranstalter die Leistungen in eigener Verantwortung zu erbringen verspricht. Dafür ist es nicht von Nöten, dass der Reiseveranstalter gewerbsmäßig tätig ist. Allerdings könnte man, wenn man die Definition aus der Pauschalreiserichtlinie liest, dieselbe auch in § 651a Abs. 1 S. 1 BGB hineinlesen. Dort steht, dass der Unternehmer (Reiseveranstalter) durch den Pauschalreisevertrag verpflichtet wird, dem Reisenden eine Pauschalreise zu verschaffen. Aus dieser vertraglichen Verpflichtung könnte man zumindest eine Definition herleiten. Jedoch kann man zu Auslegungszwecken auch auf die Richtlinie zurückgreifen und sollte sich daher an der Definition der Pauschalreiserichtlinie orientieren. Aus der Tatsache, dass der Reiseveranstalter nicht gewerbsmäßig tätig sein muss ergibt sich, dass es auch ausreicht, lediglich als Gelegenheitsanbieter aufzutreten. Dadurch weicht die Pauschalreiserichtlinie von anderen verbraucherrechtlichen Richtlinien ab. Auch Gelegenheitsveranstalter fallen in den Anwendungsbereich. Die Vorschriften für Informationspflichten und Insolvenzabsicherung gelten jedoch nicht für sie. Fraglich ist, inwieweit der Reiseveranstalter für Zusagen des Reisebüros haftet. Reisebüros sind Handelsvertreter gem. § 84 HGB. Der BGH lehnt ab, dass das Reisebüro nur Erklärungsbüro und Bote des Reisenden sei. Unter diesem Gesichtspunkt sind Fehler innerhalb der Sphäre des Reisebüros und Übermittlungsfehler zwischen Reisebüro und Reiseveranstalter dem Reiseveranstalter zuzurechnen. Denn das Vertragsangebot des Reisenden hat den Inhalt, den es hatte, als es in die Sphäre des Reisebüros gelangte. Dabei ist nicht entscheidend, ob es auf seinem weiteren Weg zum Reiseveranstalter durch Übertragungsfehler verändert wurde. Die Haftung findet seine Grenzen in widersprüchlichen Prospektbeschreibungen. Damit wird das Ziel der Richtlinie erreicht, denn der Verbraucher soll in erster Linie geschützt werden. Ihm soll kein Nachteil dadurch entstehen, dass er sich auf Zusagen des Reisebüros verlässt. Schließlich sollten noch die Verpflichtungen des Reiseveranstalters erläutert werden. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, dem Reisenden die versprochenen Reiseleistungen zu erbringen, sowie die Organisation und Vorbereitung der Reise mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Auch die Erteilung von Informationen gehört zu einer Hauptpflicht, z.B. über Vorschriften betreffend Impfungen, Visa und Devisen. Die neue Pauschalreiserichtlinie sieht zudem Standardinformationsblätter vor. Außerdem muss der Reiseveranstalter dem Reisenden Auskünfte erteilen, sowie Leistungsträger sorgfältig auswählen und überwachen. Weiterhin muss der Reiseveranstalter eine Reisebestätigung erteilen. Der Reiseveranstalter ist nicht verpflichtet, einen Prospekt zur Verfügung zu stellen. Stellt er doch eins zu Verfügung muss er den Grundsatz der Prospektwahrheit und der Vollständigkeit wahren. Der Reiseveranstalter hat mitunter auch eine Obhutspflicht, wobei die Leistungsträger Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters sind.
Haftung des Reiseveranstalters
Natürlich haftet der Reiseveranstalter für Pflichten, welche er nicht erfüllt. Wofür er genau haftet und wie weit diese Haftung reicht, muss im Einzelnen betrachtet werden.
Vertragserfüllung
Zunächst muss der Reiseveranstalter für die Erfüllung seiner reisevertraglichen Verpflichtungen haften. Dies hat vor allem im Gewährleistungsrecht des Pauschalreisevertrags Anklang gefunden. Die Details der Gewährleistungshaftung wurde den Mitgliedsstaaten überlassen, weshalb an dieser Stelle ein Blick ins BGB nicht schaden dürfte. Hierbei ist insbesondere der § 651i BGB zu beachten, welcher die Mängelgewährleistung beim Reisevertrag normiert.
Schadensersatz
Welche Schäden genau zu ersetzen sind, wird durch die Richtlinie nicht ausdrücklich geregelt. Jedenfalls sind auch immaterielle Schäden ersatzfähig. Im Detail obliegt es den Mitgliedsstaaten, welche Schäden zu ersetzen sind. Da die Richtlinie jedoch in erster Linie den Verbraucher schützen soll, ist Schadensbegriff weit auszulegen. Schäden sind nur dann nicht zu ersetzen, wenn sie dem Reisenden selbst, höherer Gewalt oder einer dritten Person, die an der Bewirkung der vertraglich vereinbarten Leistung nicht beteiligt ist, zuzurechnen sind. Es wird also im Kern von einer Verschuldenshaftung des Veranstalters ausgegangen. Der Reiseveranstalter haftet also nur für Schäden, die er oder seine Erfüllungsgehilfen schuldhaft verursacht haben. Es gilt eine Beweislastumkehr. Das bedeutet, dass der Veranstalter beweisen muss, dass er den Schaden nicht verschuldet hat
Haftungsfreistellung
Es stellt sich die Frage, ob die Möglichkeit besteht, sich von einer Haftung freizustellen. Ein Ausschluss der Schadensersatzhaftung in den AGB ist nicht gestattet. Schon aus den grundlegenden Überlegungen einer AGB-Kontrolle ergibt sich, dass eine solche Regelung den Reisenden benachteiligen würde. Eine Haftungsfreistellung, egal ob vertragliche oder deiktische Schäden, ist somit unzulässig.
Rügeobliegenheit
Den Reisenden trifft auf Reisen eine Rügeobliegenheit. Das bedeutet er muss Mängel so schnell wie möglich beim Reiseveranstalter anzeigen. Dies ist Teil der Schadenminderungspflicht. Damit soll dem Veranstalter die Möglichkeit gegeben werden, das Problem zu lösen. Sollte man dieser Pflicht nicht nachkommen, verliert man unter Umständen seinen Anspruch auf Schadensersatz oder Preisminderung. Der Schaden sollte also unbedingt unverzüglich angezeigt werden, da der Reiseveranstalter ansonsten nicht haftet. Vor Geltung der neuen Pauschalreiserichtlinie gab es eine sogenannte doppelte Anzeigepflicht. Der Reisende musste nicht nur beim Reiseveranstalter die Mängel anzeigen, sondern auch beim Leistungserbringer vor Ort. Damit waren doch Schwierigkeiten für die Geltendmachung berechtigter Ansprüche vorprogrammiert. Nun gilt diese doppelte Anzeigepflicht nicht mehr. Der Reisende muss die Mängel nur noch beim Veranstalter anzeigen. Damit wurde der Verbraucherschutz merklich verbessert.
Beistandspflichten
Ferner besteht die Pflicht, dem Kunden in bestimmten Situationen gem. § 651q BGB Beistand zu leisten. Das betrifft zunächst Sachverhalte wie in § 651k IV BGB, in denen die Rückbeförderung des Reisenden zwar vertraglich geschuldet, indes aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände nicht möglich ist.
Vermittler
Weitere Änderungen gelten mit der neuen Pauschalreiserichtlinie für die Reisevermittler. Jedoch sollte erstmal geklärt werden, was ein Reisevermittler überhaupt ist. Nach Art. 3 Nr. 9 der Pauschalreiserichtlinie ist der Vermittler ein anderer Unternehmer als der Reiseveranstalter, der von einem Reiseveranstalter zusammengestellte Pauschalreisen verkauft oder zum Verkauf anbietet. Nach § 651v BGB ist ein Reisevermittler ein Unternehmer, der einem Reisenden einen Reisevertrag vermittelt. Dabei handelt es sich in erster Linie um die Tätigkeit von Reisebüros, welche Reisen für Reiseveranstalter vermitteln und für diese Vermittlung ein Entgelt berechnen. Es handelt sich dabei um einen Handelsvertreter gem. § 84 HGB. Die Hauptaufgaben bestehen dabei in der Beratung des Reiseinteressenten, der Vermittlung und des Verkaufs fremder Reiseleistungen. Reisevermittler sind nun genauso wie der Reiseveranstalter dazu verpflichtet, die vorvertraglichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Das wurde so auch im BGB normiert. Gemäß § 651d Abs. 1 S. 1 BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die notwendigen Informationen bereitzustellen. Damit erfüllt er gem. § 651d Abs.1 S. 2 BGB auch die Verpflichtung des Reisevermittlers. Der § 651v Abs. 1 BGB ist so ähnlich aufgebaut. Im ersten Satz der Norm ist die Informationspflicht des Reisevermittlers normiert und in Satz 2, dass damit auch die Verpflichtung des Reiseveranstalters erfüllt ist. Im deutschen Recht tragen Reiseveranstalter und Reisevermittler daher nicht kumulativ, sondern alternativ die Informationspflicht.
Haftung als Veranstalter
Unter den Voraussetzungen des § 651b I 2 BGB trifft den Vermittler als Unternehmer dem Reisenden gegenüber laut § 651b I 3 BGB die Einstandspflicht als Veranstalter. Erforderlich ist, dass mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise erbracht werden sollen. Zusätzlich muss eine der nachfolgenden drei alternativen Umstände hinzukommen:
- Die Haftung als Veranstalter greift ein, wenn der Reisende die Leistungen in einer einzigen Vertriebsstelle (§ 651b II BGB) des Unternehmers im Rahmen desselben Buchungsvorgangs auswählt, bevor er sich zur Zahlung verpflichtet (§ 651b I 2 Nr. 1 BGB). - Der vermeintliche Vermittler bietet die Reiseleistung zu einem Gesamtpreis an, zu Verschaffen verspricht oder in Rechnung stellt (§ 651b I 2 Nr.2 BGB).
- Schließlich gilt der Unternehmer dann als Veranstalter, wenn er die Reiseleistungen unter einer Bezeichnung wie “Pauschalreise”, “Kombireise”, “All-Inclusive”, “Komplettangebot” bewirbt oder zu verschaffen verspricht (§ 651b I 2 Nr. 3 BGB).
Beratungsgespräch
Bevor den Vermittler von Pauschalreisen Informationspflichten treffen, kann mit dem Kunden ein unverbindliches Beratungsgespräch laut § 651b I 4 BGB stattfinden. Eine solche Beratung im Reisebüro liegt vor, wenn der Kunde nach seinem Reisewunsch befragt und in allgemeiner Form über etwaige Angebote, Preise und Verfügbarkeiten informiert wird. Dabei sollte der Vermittler zumindest abstrakt auf unterschiedliche Modelle eingehen und deren rechtlichen Konsequenzen aufzeigen.
Informationspflichten
Der Vermittler von Pauschalreisen hat zunächst laut § 651v I 1 BGB bestimmte Informationspflichten zu erfüllen (Art. 250 §§ 1-3 EGBGB). Sie gelten für Vermittler und Veranstalter gleichermaßen, wobei die Erfüllung des Pflichtenbündels durch den einen, also etwa durch das Reisebüro, den jeweils anderen, mithin den Unternehmer als Veranstalter entlastet (§§ 651d I 2, 651 v I 2 BGB).
Zahlungsannahme
Zahlungen des Kunden auf den Reisepreis bei der Pauschalreise darf der Vermittler nur annehmen, wenn er dem Urlauber Namen und Kontaktdaten des Kundengeldabsicherers zur Verfügung gestellt hat (§§ 651v II 1, 651t Nr. 2 BGB). Den bloßen Vermittler treffen keine Insolvenzabsicherungspflichten. Begleicht der Urlauber nun den anteiligen oder gesamten Reisepreis bei dem Reisevermittler, erfüllt er seine Zahlungspflicht gegenüber dem Veranstalter (§ 362 II BGB). Wird der Vermittler mitsamt den eingenommenen Geldern nun insolvent, kann der Veranstalter den bereits gezahlten Betrag infolge der Erfüllung nach § 362 II BGB nicht erneut vom Reisenden fordern. Das Risiko, dass der Vermittler von Pauschalreisen insolvent wird, trägt in diesem Fall der Veranstalter.
Entgegennahme von Beschwerden
Das Reisebüro agiert typischerweise als Handelsvertreter des Veranstalters i.S.d. §§ 84 ff. HGB und gilt daher als dessen Empfangsvertreter. Nach §651v IV 1 BGB hat der Veranstalter den Vermittler zur Entgegennahme von Mängelanzeigen, Anspruchsanmeldungen, allgemeinen Beschwerden oder Ersuchen bevollmächtigt. Der Kunde kann demnach frei wählen, wem gegenüber er Mängel anzeigt. Vermittler). Mängelrügen durch den Kunden bedürfen keiner besonderen Form und können daher auch dem Reisebüro gegenüber elektronisch (Smartphone, E-Mail) oder telefonisch erfolgen. Im Streitfall muss jedoch der Kunde die Anzeige des Mangels nachweisen. Der vermittelnde Unternehmer muss den Reiseveranstalter unverzüglich von derartigen Erklärungen des Kunden in Kenntnis setzen (§ 651v IV 2 BGB).
Verbraucher
Nach der alten Pauschalreiserichtlinie war ein Verbraucher jeder, wer eine Pasuchalreise bucht, sich zur Buchung verpflichtet oder an der Reise teilnimmt. Die neue Pauschalreiserichtlinie spricht nicht mehr von einem Verbraucher, sondern von einem Reisenden. Reisender ist nach der neuen Richtlinie ist jede Person, die auf der Grundlage dieser Richtlinie einen Vertrag schließen möchte oder die zu einer Reise auf der Grundlage eines im Rahmen dieser Richtlinie geschlossenen Vertrags berechtigt ist. Somit fallen unter den Anwendungsbereich nicht mehr nur Verbraucher, also Privatpersonen, sondern auch Geschäftsreisende. Damit ist der Anwendungsbereich erweitert. Wenn man über die Rechte des Verbrauchers spricht sollte in jedem Fall das Rücktrittsrecht beachtet werden. Dieses folgt aus § 651h BGB. Gem. § 651h Abs. 1 BGB kann der Reisende vor Reisebeginn jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Der Reiseveranstalter verliert dann seinen Vergütungsanspruch, weshalb in der Regel eine Entschädigung fällig wird. Dafür können vertraglich Entschädigungspauschalen festgelegt werden, die sich nach bestimmten Kriterien bemessen. Die Rede ist hier von den Reiserücktrittskosten bzw. Stornokosten, welche jedoch mit einer Reiserücktrittsversicherung abgesichert werden können. Eine Rücktrittsgebühr kann jedoch auch entfallen. Einen solchen Fall reguliert Art. 12 Abs. 2 der Pauschalreiserichtlinie. Danach kann der Reisende auch zurücktreten, ohne dass eine Rücktrittsgebühr anfällt, wenn unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe auftreten, die die Pauschalreise am Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen können. Ist dies der Fall, fallen für den Reisenden demnach keine Kosten an.
Vertrag
Der Reisevertrag kommt durch zwei übereinstimmende und korrespondierende Willenserklärungen zwischen Veranstalter und Reisendem zustande. Für den Reiseveranstalter kann jedoch auch der Vermittler auftreten, welcher den Vertragsschluss vermittelt. Demnach kommt er sinngemäß wie jeder andere schuldrechtliche Vertrag zustande.
Markteingriff zu Lasten der Kleinen?
Grundlegend definiert die Richtlinie Begrifflichkeiten auf der Grundlage alternativer, objektiver Kriterien und passt diese an die Entwicklung des Marktes an. Dies könnte jedoch zu einem massiven Markteingriff, gerade bei klassischen Reisebüros, führen. Jeder Unternehmer, der mindestens zwei touristische Leistungen zu einem Paket zum Zweck einer Reise zusammenstellt, wird künftig zum Reiseveranstalter, der für Leistungen des Pakets verschuldensunabhängig haftet. Das können klassische Veranstalter wie TUI und Thomas Cook sein, aber auch Reisebüros, Airlines, Reiseportale im Internet oder Hotels. Wird in Zukunft zu einer Einzelleistung noch eine weitere erhebliche Reiseleistung von mehr als 25 Prozent des Gesamtwerts der beabsichtigten Reise dazu gebucht und kommt das Paket aus einer Hand, zählt der Anbieter der ehemals einzelnen Leistung ebenfalls als Reiseveranstalter. Nur Tagesreisen ohne Übernachtung über 500 Euro sind künftig Pauschalreisen. Reisen von nichtgewerblichen Non-Profit-Organisationen für ihre Mitglieder gelten nicht als Pauschalreisen.
Verbundene Reiseleistungen
Bei verbundenen Reiseleistungen werden zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen vermittelt, also der Abschluss von separaten Verträgen mit den jeweiligen Erbringern der Leistungen ist beabsichtigt. Finden die Buchungen kurz nacheinander statt (z.B. bei demselben Besuch im Reisebüro oder innerhalb von 24 Stunden) ist der Unternehmer zur vorvertraglichen Information des Reisenden und ggf. auch zur Insolvenzsicherung verpflichtet. Wegen Mängeln während der Reise muss der Reisende sich, anders als bei einer Pauschalreise, allerdings an den jeweiligen Leistungserbringer (z.B. die Autovermietung oder das Hotel) wenden.
Prospekte
Reisen bzw. Reiseveranstaltungen und Informationen dazu werden zu Werbe- und Informationszwecken in Prospekten bereitgestellt und ausgegeben. Welche Verbote existieren und welche Angaben gegeben sein müssen, soll im Folgenden dargestellt werden.
Verbot irreführender Angaben
Das wohl wichtigste Verbot ist das Verbot irreführender Angaben. Daraus folgt insbesondere, dass alle Angaben gut lesbar sowie verständlich und genau formuliert sein müssen. Zudem dürfen die Angaben nicht auf reine Werbeaussagen reduziert sein. Damit ist der Grundsatz der Prospektwahrheit und Prospektklarheit gewahrt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Beschreibungen im Katalog, in einem Flyer, auf einer Website, im Internet oder in einer Zeitungsanzeige stehen. Ein subjektives Element ist für die Irreführung zudem nicht erforderlich. Das bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob die Irreführung vorsätzlich, fahrlässig oder schuldlos erfolgt. Zudem ist es erforderlich, dass der Gesamtpreis nach Einzelpositionen aufgelistet ist. Auch die abgeführten Steuern und Zuschläge müssen zu sehen sein.
Notwendige Prospektangaben
Ein Prospekt muss weiterhin auch notwendige Angaben bereitstellen. Die Mindestangaben müssen deutlich lesbar sein und zudem klar und genau sein. Die erforderlichen Angaben sind insbesondere:
- Bestimmungsort
- Art des gewählten Transportmittels einschließlich der Fluggesellschaft unter Zulassung eines Änderungsvorbehalts
- Hotelkategorien * Mahlzeiten * Reiseroute * allgemeine Angaben über Pass- und Visumerfordernisse sowie über gesundheitspolitische Formalitäten
Betrag oder Prozentsatz des Gesamtpreises, welcher als Anzahlung zu leisten ist Erfordernis einer Mindestteilnehmerzahl einschließlich Rücktrittsfrist Ungenaue oder nicht lesbare Angaben gehen zu Lasten des Anbieters.
Bindungswirkung
Es stellt sich mithin die Frage, ob die Angaben für den Veranstalter bindend sind. Sofern ein Änderungsvorbehalt nicht vereinbart wurde, sind die Angabe zur Leistungsbeschreibung und zum Reisepreis bindend. Ein Änderungsvorbehalt kann jedoch auch später noch zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden. Ein allgemeiner Änderungsvorbehalt ist nicht ausreichend. Es ist erforderlich, dass sich der Vorbehalt auf die konkreten Merkmale bezieht. Jedoch besteht eine Bindung an die Prospektangaben nur dann, wenn der Reisende die Reise auf Grund des Prospektes gebucht hat. Der Prospekt muss Bestandteil des Vertrages geworden sein. Denn nur dann hat der Reisende auch die Möglichkeit zur Kenntnisnahme und kann schlüssig sein Einverständnis erklären.
Welche Neuerungen gibt es durch die neue Pauschalreiserichtlinie?
Auch dahingehend sind Neuerungen eingetreten. Hinsichtlich der Bindungswirkung wird nun bei Basisinformationen angenommen, dass diese generell bindend sind. Die Preisinformationen werden also auch bindend, wenn der Prospektinhalt nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Veranstalter Änderungen vorbehält und diese Änderungen werden dem Reisenden vor Vertragsschluss klar und deutlich mitgeteilt. Eine Änderung sollte zumindest immer dann möglich sein, wenn dem beide Vertragsparteien ausdrücklich zustimmen.
Informationspflichten
Informationen vor Vertragsschluss
Der Veranstalter bzw. Vermittler sind verpflichtet, den Verbraucher über gewisse Dinge schon vor Vertragsschluss zu informieren. Dies muss schriftlich oder in einer anderen geeigneten Form erfolgen. Vor Vertragsschluss muss insbesondere auf Pass- und Visumerfordernisse, sowie auf die Fristen zur Erlangung dieser Dokumente hingewiesen werden. Eine solche andere geeignete Form könnte beispielsweise der Prospekt darstellen. Sofern der Kunde also ausreichend auf die Prospektangaben hingewiesen wurde, genügt ein Hinweis auf denselben. Ein Hinweis auf den Prospekt in den allgemeinen Geschäftsbedingungen genügt jedoch nicht. Liegt ein Prospekt überhaupt nicht vor oder bucht der Reisende ohne Prospekt, müssen diese Informationen vor Vertragsschluss individuell erteilt werden. Weiterhin müssen dem Kunden vor Vertragsschluss die Bedingungen des Vertrags übermittelt werden. Dieser muss den erforderlichen Inhalt des Anhangs der Richtlinie aufweisen. Diese Vertragsbedingungen müssen dem Verbraucher schriftlich oder in einer anderen geeigneten Form übermittelt werden. Geeignet ist die andere Form dann, wenn sie de Verbraucher zugänglich und verständlich ist. Unter die Bedingungen des Vertrages fallen die AGB und die Reiseausschreibung. Diese Angaben müssen dann dem Anhang der Richtlinie entsprechen. Eine Verpflichtung zur Unterschrift besteht nicht. Da der Veranstalter gem. § 651d IV BGB die Beweislast dafür trägt, seine Informationspflichten erfüllt zu haben, erscheint es ratsam, sich vom Kunden die Überlassung des einschlägigen Formblatts per Unterschrift bestätigen zu lassen. Der Reisende muss das Formblatt zwar vor seiner Vertragserklärung erhalten, die Unterschrift kann jedoch auch später nachgereicht werden. Bei telefonischem Kontakt ist der Kunde gleichermaßen vor Vertragsschluss zu unterrichten, das ist durch Apps, Emails oder postalisch möglich. Kommt dies alles nicht in Betracht, sieht Art. 250 § 2 III EGBGB schließlich eine mündliche Unterrichtung vor.
Erforderliche Mindestbedingungen
Bis jetzt war von den Mindestbedingungen die Rede, welche laut Anhang der Richtlinie in den übermittelten Vertragsbedingungen enthalten sein müssen. Dies sind insbesondere:
- Bestimmungsort
- Transportmittel
- Hotelangaben
- Mindestteilnehmerzahl
- Reiseroute
- Nebenleistungen
- Name und Anschrift des Veranstalters, des Vermittlers, ggf. des Versicherers
- Preise einschließlich Nebenkosten und vorbehaltene Preisänderungen
- Zahlungsplan
- Sonderwünsche
- Fristen zur Reklamation
Viele dieser Angaben müssen bereits in einem Prospekt enthalten sein (siehe oben). Allerdings ist nun eine genaue Festlegung der Reiseleistungen erforderlich, insbesondere in zeitlicher und örtlicher Hinsicht. Eine allgemeine Umschreibung der Reise, wie es für einen Prospekt üblich ist, genügt nun nicht mehr.
Informationen in der Reisebestätigung
- Reisepreis inklusive Anzahlungsmodalitäten
- Bestimmungsort und bei mehreren Aufenthalten: die genauen Daten
- Tag, Ort und geplante Zeit der Abreise sowie der Rückkehr
- genauer Reiseverlauf, Ausflüge und sonstige im Reisepreis enthaltene Leistungen
- Hinweis auf rechtlich zulässige Preiserhöhung nach Vertragsabschluss
- Sonderwünsche des Reisenden, wenn sie Vertragsinhalt werden sollen
- Firmenname und -anschrift des Reiseveranstalters, Insolvenzschutzversicherers und des Reisevermittlers, bei dem die Reise gebucht wird
- Gewährleistungsansprüche des Reisenden mitsamt der gesetzlichen Fristen
Informationen vor Reisebeginn
- Dem Reisenden müssen vor Beginn der Reise alle Angaben über den konkreten Reiseverlauf mitgeteilt werden. Dazu gehören:
- Uhrzeiten
- Orte von Zwischenstationen
- Anschlussverbindungen
- Einzunehmende Plätze
- Örtliche Vertretung des Veranstalters
- Möglichkeit bei minderjährigen Auslandsreisenden eine Verbindung zu diesem oder dessen Verantwortlichen herzustellen
- Möglichkeit einer Reiserücktrittsversicherung oder Reiserückfuhrversicherung
Diese Information müssen schriftlich übermittelt werden. Um zunehmende Online-Buchungen und dem Zeitalter der Digitalisierung gerecht zu werden, ist es mit der neuen Pauschalreiserichtlinie auch möglich, die Informationen auf einem dauerhaften Datenträger zu übermitteln. Statt Prospektwahrheit und -klarheit werden nun klare und deutliche Informationen gefordert, da nicht alles mehr in Papierform ablaufen muss.
Übertragung der Reise
Für den Fall, dass der Verbraucher verhindert sein sollte, kann er seine Reise auf eine dritte Person übertragen. Dahingehend bestehen natürlich auch Regelungen. Der Reisende, welcher seine Reise übertragen möchte, muss dem Reiseveranstalter binnen einer vereinbarten Frist den Sachverhalt mitteilen. Dies muss logischerweise vor Reiseantritt geschehen. Die Ersatzperson muss die für die Teilnahme an der Reise erforderlichen Bedingungen und sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Der übertragende Reisende und der Ersatzreisende sind Gesamtschuldner. Steht die Zahlung des Reisepreises noch aus, ist dann also auch die Ersatzperson zur Zahlung verpflichtet.
Vertragsänderungen vor Reisebeginn
Schließlich muss der Reisende auch über Vertragsänderungen informiert werden. Allerdings ist nicht jede Änderung über Vertragsinhalte erlaubt bzw. muss vom Kunden nicht einfach so hingenommen werden. Die wohl unangenehmste Änderung für den Kunden ist eine Preisänderung, insbesondere wenn es sich dabei um eine Preiserhöhung handelt. Preisänderungen sind grundsätzlich nicht erlaubt, sofern der geschlossene Reisevertrag dies nicht ausdrücklich gestattet. Für eine Preisänderung bedarf es daher einer Preisänderungsklausel. Wurde eine solche Klausel vereinbart, sind Preiserhöhungen auf Grund von Treibstoffkosten, Abgaben und Wechselkursschwankungen also gestattet. Wenn sicher der Reiseveranstalter vorbehält die Preise zu erhöhen, ist er auch verpflichtet Preissenkungen an den Reisenden weiterzugeben. Allerdings darf der Veranstalter die Preise nicht maßlos erhöhen. Der Preis für eine Pauschalreise darf höchstens bis zu 10% erhöht werden.
Verbundene Reiseleistungen, click-through, Reisearrangements, etc.
Wie bei einer Pauschalreise handelt es sich um mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen, die für den Zweck derselben Reise erworben werden, wobei es jedoch zum Abschluss von separaten Verträgen mit den Leistungsträgern kommt (Art. 3 Nr. 5). Verbundene Reiseleistungen liegen jedoch nur dann vor, wenn die Verträge während eines einzigen Kontakts mit der Vertriebsstelle geschlossen werden und die einzelnen Reiseleistungen getrennt bezahlt werden oder wenn eine weitere Reiseleistung eines anderen Unternehmers innerhalb von 24 Stunden nach der ersten Reiseleistung erworben wird. Hieraus ergibt sich jedoch die Problematik, dass Anbieter die Daten erst 25 Stunden später übertragen könnten und somit die verbundene Reiseleistung zu einer die Pauschalreise machen könnten. Diese Befürchtung betrifft weniger den stationären Reisevertrieb, der daran interessiert sein wird, dem Kunden wie bisher ein möglichst komplettes Reisepaket zu verkaufen – nicht zuletzt im Interesse der Provisionshöhe – oder kleinere Portale, die ebenfalls umfassend vermitteln wollen. Vielmehr könnte sie auf größere Reiseportale zutreffen, die sich stets als reine Vermittler begreifen. In ihrem vertragsrechtlich-schuldrechtlichen Teil beschränken sich die Regelungen zu verbundenen Reiseleistungen auf eine Informationspflicht des [Reisevermittler]]s, die dem Kunden aufzeigen soll, dass er im Hinblick auf die einzelnen Leistungen im Ausgangspunkt nur seine jeweiligen Vertragspartner in Anspruch nehmen kann und nicht dem besonderen Schutz von Pauschalreisen untersteht.
Click throughs
Click throughs (sog. Durchklickangebote) sind Pauschalreisen, die erst während der Buchung selbst entstehen. Bei einer Fluggesellschaft kann man im Anschluss an die Flugbuchung etwa noch ein Hotel oder ein Mietwagen am Urlaubsort hinzubuchen. Fraglich ist bei solchen Angeboten, wer der Vertragspartner ist, welche Bedingungen gelten, inwiefern der Reisende haftet und an wen er sich bei Fragen während der Reise richten kann? Es bestand durchaus die begründete Gefahr, dass der Verbraucherschutz durch das separate Buchen von Einzelleistungen wie etwa Flug, Hotel oder Mietwagen leerläuft. Der jetzige Kompromiss lässt eine gravierende Hintertür offen. Bis jetzt müssen nur die Übermittlung des Namen, die E-Mail Adresse und Zahlungsart angegeben werden, in der Hoffnung, dass sie aufgrund ihrer Eindeutigkeit Klarheit verschaffen sollen. Das Problem ist, dass Onlinemitarbeiter allein durch das Weglassen einer der drei Kriterien die Möglichkeit haben, sich aus dem Anwendungsberich des Pauschalreiserechts zu verabschieden.
Verbundene Reiseleistungen, Click throughs und Reisearrangements in der praktischen Anwendung
Abschließend betrachtet kann man sagen, dass einige Aspekte zu Problemen führen könnten. Die Definitionen und Verweise sind sehr kompliziert, korrekte Entscheidungen sind in der Kürze eines Verkaufsgesprächs voraussichtlich sehr schwierig zu treffen und die Informationspflicht gegenüber dem Kunden ist sehr umfangreich, was gerade dem stationären Vertrieb eine Herausforderung zu sein scheint. Ein Unternehmer, der durch ein Online-Buchungsverfahren mit dem Kunden einen Vertrag über eine Reiseleistung geschlossen oder ihm auf demselben Weg einen solchen vermittelt hat, gilt unter folgenden kumulativ vorliegenden Voraussetzungen als Reiseveranstalter:
- Er vermittelt dem Kunden für den Zweck derselben Reise mindestens einen Vertrag über eine andere Art von Reiseleistung, indem er den Zugriff auf das Online-Buchungsverfahren eines anderen (zweiten) Unternehmers ermöglicht (§ 651c I Nr. 1 BGB).
- Zudem überlässt der erste Unternehmer dem zweiten Namen, Zahlungsdaten und die E-Mail-Adresse des Reisenden (§ 651c I Nr. 2 BGB). Abschließend kommt der Vertrag mit dem zweiten Unternehmer spätestens 24 Stunden nach Bestätigung des ersten Vertragsschlusses zustande (§ 651c I Nr. 3 BGB).
Diese verbundenen Online-Buchungsverfahren betreffen hauptsächlic verlinkte Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr mehrerer Unternehmer. Liegen diese Voraussetzungen vor, gelten die geschlossenen Verträge gem. § 651c II BGB zusammen als ein Pauschalreisevertrag. Reiseveranstalter wird der erste Unternehmer, der die Informationspflichten des Art. 250 § 8 II EGBGB zu erfüllen hat. Den zweiten Unternehmer trifft lediglich eine Mitteilungspflicht gegenüber dem ersten Unternehmer (Art. 250 § 8 I EGBGB).
Minimalstandard
- Das Minimalstandardprinzip bedeutet unter anderem, dass Regelungen in den Mitgliedstaaten, die ein höheres Maß an Verbraucherschutz enthalten als in der neuen Pauschalreiserichtlinie vorgesehen, nicht nur in Kraft bleiben, sondern auch neu erlassen werden können.
Aus dem Prinzip des Minimalstandards folgt, dass eine Totalharmonisierung auch nach Abschluss der Umsetzungsgesetzgebung kein einheitliches Reiserecht in den Mitgliedsstaaten erreicht werden kann.
Informationspflichten
Die deutsche Reiseindustrie beklagt sich heftig über die Fülle an Informationspflichten die mit der Pauschalreiserichtlinie einhergehen. Es ergeben sich Schwierigkeiten im Hinblick auf die Europäisierung des Verbraucherschutzes zum Thema Informationspflichten. Da im Unterschied zu Deutschland andere EU-Staaten wesentlich detailliertere Vorschriften zum Thema der Informationspflichten kennen. Allerdings ist die Informationspflicht in den Unterschiedlichen Staaten an verschiedenen Stellen bedürftig, diese kennen entweder die Katalogpflichtangaben –GB, Dänemark- oder wie die übrigen die Vertragspflichtangaben. Die EU bescherte uns die Informationspflicht an drei Stellen: im Katalog, im Vertrag und kurz vor Reiseantritt. Dieser Umstand führt über die soeben beschriebene Rechtslage hinaus. Im deutschen Recht fanden sich bisher solche Informationspflichten nicht, da aufgrund des verschuldensunabhängigen Mangelbegriffs solche Informationspflichten bereits indirekt für den Reiseveranstalter gegeben waren ohne diese explizit zu normieren.
Preiserhöhungen
Minimalstandard ist ein Preiserhöhungsverbot ab 20 Tagen vor Reiseantritt. Dieser Minimalstandard wird in den wichtigsten Quellmärkten überboten. Eine Wettbewerbsverzerrung tritt also nicht ein. Denn auch in anderen EU-Mitgliedstaaten gibt es Beschränkungen der Preiserhöhungsmöglichkeiten, die über das hinausgehen, was die Richtlinie erfordert. Eine deutsche Besonderheit besteht auch bei den Preiserhöhungsregelungen, in anderen EU Staaten wird ein Rücktrittsrecht ab einer Preiserhöhung von 10 % eingeräumt, in Deutschland hingegen hat sich die von der Rechtsprechung entwickelte 5 % Grenze durchgesetzt.
Insolvenzabsicherung
Im Wege der Insolvenzabsicherung sieht die Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 vor, dass jede Insolvenzabsicherung nach den Vorschriften eines Mitgliedsstaates gegenseitig anerkannt wird. Dementsprechend soll der Insolvenzschutz den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden. Vorgabe ist nur, dass für den Insolvenzschutz von den Mitgliedsstaaten eine wirksame Regelung ausgestaltet werden soll. Novelliert wurde durch die Pauschalreiserichtlinie allerdings, dass nunmehr auch Reisebüros eine Insolvenzabsicherungspflicht trifft. Anzahlungen des Kunden auf den Reisepreis dürfen nur unter den Voraussetzungen des §651t BGB gefordert oder angenommen werden. Der Reisende soll wirksam vor der Insolvenz des Veranstalters geschützt werden. Vertreibt der Unternehmer seine Pauschalreisen über ein Reisebüro, gilt dieses gem. § 651v II 2 BGB als vom Veranstalter ermächtigt, Zahlungen entgegenzunehmen. der Anspruch des Veranstalters aufgrund dieser gesetzlichen Fiktion als erfüllt (§ 362 II BGB).61 Leitet der Vermittler den Geldbetrag nicht weiter oder wird er selbst insolvent, trägt der Veranstalter dieses Risiko, da er eine erneute Zahlung durch den Reisenden infolge der Erfüllung nicht fordern kann. Der Veranstalter muss sicherstellen, dass dem urlauber der gezahlte Reisepreis erstattet wird, falls bei Zahlungsunfähigkeit Reiseleistungen ausfallen oder der Kunde Zahlungsaufforderungen von leistungsträgern nachkommt, deren Entgeltansprüche der Veranstalter nicht erfüllt hat. Ist eine Beförderung Teil des Reisevertrages, muss auch die Rückbeförderung und die Beherbergung bis zur Rückbeförderung sichergestellt sein. Verstöße gegen die Pflicht zur Insolvenzabsicherung stellen eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit nach § 147b GewO dar. Zur Absicherung bedarf es entweder einer Versicherung oder eines Zahlungsversprechens durch ein Kreditinstitut (§ 651r II 1 Nr. 1, 2 BGB).
Sind Reiseveranstalter in einem anderen EU- oder EWR-Staat angesiedelt, so gelten -vorbehaltlich der Anwendbarkeit deutschen Sachrechts nach der Rom I-VO67 – die Umsetzungsvorschriften in dem jeweiligen Niederlassungsstaat (§ 651s BGB).
Abhilfe
Sollte es zu einer Beanstandung kommen, bemüht sich der Veranstalter, der Vermittler oder beide zusammen eine Lösung zu finden. Dazu sind sie durch die Abhilfepflicht auch verpflichtet. Diese Pflicht folgt aus § 651k Abs. 1 S. 1 BGB. Jedoch kann die Abhilfe verweigert werden. Das Verweigerungsrecht folgt aus § 651k Abs. 1 S. 2 BGB. Danach kann die Abhilfe verweigert werden, wenn sie unmöglich ist oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Leistet der Veranstalter nicht innerhalb einer vom Reisenden gesetzten Frist, kann der Reisende selbst Abhilfe schaffen und die Kosten vom Reiseveranstalter ersetzt verlangen. Eine Fristsetzung kann jedoch auch entbehrlich sein, wenn eine Abhilfe beispielsweise sofort notwendig ist oder der Reiseveranstalter die Abhilfe verweigert. Die zentrale Norm für die Regelungen zur Abhilfe ist [§ 651k BGB].
Fristen
Rücktrittsfristen des Reiseveranstalters
Der Veranstalter kann von dem Pauschalreisevertrag vor Reisebeginn in den Fällen des § 651h IV BGB zurücktreten. Als Rücktrittsgrund kommt einerseits das Nichterreichen der Mindestteilnehmeranzahl in Betracht (§ 651h IV 1 Nr. 1 BGB), andererseits das Hindern des Durchführen der Reise wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände, gem. § 651h IV 1 Nr. 2 BGB. Zu diesen Umständen zählen Kriegshandlungen, schwerwiegende Beeinträchtigungen der Sicherheit wie Terrorismus, der Ausbruch einer schweren Krankheit und Naturkatastrophen wie Hochwasser oder Erdbeben. Die Urteile des EuGH zu außergewöhnlichen Umständen könnten zur Betrachtung herangezogen werden. Die Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 führt flexibelere Rücktrittsrechte des Reiseveranstalters ein. Der Reiseveranstalter darf nach wie vor die Reise absagen, wenn die Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wurde. Der Rücktritt richtet sich nun nach gewissen Fristen, die die vorausgesehene Reisedauer berücksichtigen. Der Rücktritt muss demnach mindestens 20 Tage vor dem Reisebeginn erfolgen, wenn die Reise länger als sechs Tage dauert. Die Frist verkürzt sich auf 7 Tage, wenn die Reise zwischen zwei und sechs Tagen dauert. Der Reiseveranstalter kann den Rücktritt von der Reiseleistung 48 Stunden vor Reisebeginn erklären, wenn die Reise weniger als zwei Tage dauert.
Frist zur Leistungsänderung
Auch im Bereich der Leistungsänderung gibt es eine Neuerung. Bei einer erheblichen Änderung von wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistung wird dem Reisenden eine Frist eingeräumt, innerhalb welcher er den Änderungen zustimmen/ablehen kann oder kostenfrei vom Reisevertrag zurücktreten kann. Die Pauschalreisen-Richtlinie (EU) 2015/2302 regelt jedoch nicht, ob einem fruchtlosen Ablauf der Frist eine Rücktritts- oder Zustimmungsfikiton angenommen wird.
Verjährung und Ausschlussfrist
Allgemeines
In § 651 j S. 1 ist eine Verjährungsfrist von zwei Jahren geregelt. Diese besteht aufgrund der Rechtssicherheit für die Gewährleistungsrechte des Reisenden. Mit der Reiserechtnovelle bedarf es nun keiner separaten Ausschlussfrist für die Anspruchsanmeldung. Die spezielle Verjährungsfrist besteht nur für die in § 651 i Abs. 3 aufgeführten Ansprüche, Recht und Rechtslagen. Liegt ein arglistiges Verhalten des Veranstalters vor, dann kommt es zu der Instandsetzung der Verjährungsfrist nach den allgemeinen Regeln (§§195,199). Andere Ansprüche des Reiserechts, des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder aus den gesetzlichen Schuldverhältnissen , welche im Zusammenhang mit der Reise stehen, sind nicht in die Verjährungsregel des § 651 j inbegriffen. Bei dem in § 651 j begünstigten Schuldner handelt es sich entweder um den Reiseveranstalter oder eine ihm von Gesetzes wegen gleichkommende Person. Kommt es zu dem Ablauf der Verjährungsfrist, dann ist dem Veranstalter möglich die Durchsetzung der Ansprüche durch Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1) zu verhindern. Die Frist beginnt zu laufen mit dem vertraglich vorgesehenen Ende der Reise.
Anwendungsbereich
(1) Wegen des genauen Wortlauts ist die Regelung des § 651 j nur auf die in § 651 i III aufgeführten Ansprüche anwendbar. Diese Vorgabe kommt von dem supranationalen Gesetzgeber. Laut dem Art. 14 VI PR-RL II gilt die Verjährungsfrist nur für das minderungs- und Schadensersatzrecht. Bei den unterschiedlichen Abhilfevarianten nach Art. 13 PR-RL II (abgewandelt in § 651 k) wurden durch die legislative keine Verjährungsvorschriften eingeführt. Vorzuziehen wäre deshalb die Lösung des deutschen Gesetzgebers eine einheitliche Verjährung von zwei Jahren für alle Ansprüche einzuführen. Denn dadurch würde das vollharmonisierende Richtlinienkonzept nicht tangiert werden. Das gilt vor allem für den Anspruch aus § 284. Betrachtet man den Abhilfeanspruch, dann ist es am besten, wenn dieser nicht länger besteht als die anderen Sanktionen in Form von Minderungs-, Schadens- oder Aufwendungsersatzes. Es ist ohnehin abwegig, dass der Kunde Abhilfeansprüche für eine beriets abgeschlossene Reise geltend macht. Aus diesem Grund ergibt der zeitliche Gelichlauf alle Gewährleistungsrechte mehr Sinn.
(2) Zweifelhaft ist weiterhin die Formulierung „Anspruch“ in § 651 j S. 1. In dem § 651 i III ist nicht nur das Minderungsrecht sondern auch das Kündigungsrecht des Reisenden enthalten. Beide Gestaltungsrechte unterliegen der Verjährung, unabhängig davon, ob es einer Erklärung der Parteien bedarf oder wie genau die minderung kraft Gesetzes eintritt (§ 651 m I 1). Bei Gestaltungsrechten gilt meistens eine Ausübungsfrist. Bei dem Begriff „Ansprüche“, welcher aus Art. 14 VI PR-RL II kommt handelt es sich um einen Begriff welcher der europäisch autonomen Auslegung unterfällt. Die dortige Verjährungsvorschrift betrifft sowohl die Minderung, als auch den Rechtsbegriff des Schadensersatzes. Das zeigt, dass der supranationale gesetzgeber nicht zwischen Gestaltunsgrechten und Ansprüchen unterscheiden wollte. Ein solche Wertung der europäischen Legislative muss bei der Transformationsvorschrift des § 651 j S. 1 beachtete werden, damit der Begriff der „Ansprüche“ auch Sanktionen umfasst. So z.B. die Minderung, welche in der nationalen Dogmatik den Gestaltungsrechten zu zuordnen ist. Für die Kündigung muss das Gleiche gelten. Das würde bedeuten, dass die Ausübungsfrist bei allen gestaltungsrechten mit der Verjährungsfrist übereinstimmt. Ein solcher Gelichklang stimmt mit dem Grundkonzept von § 438 IV, V ivm § 218 überein. Tritt die Situation ein, dass ein Kunde aufgrund von erheblichen Mängeln kündigen möchte und ihm das Recht auf einen Rückforderungsanspruch nach § 651 l II 2 zusteht, dann muss beachtet werden, dass von dem europäischen Gesetzgeber solche Rückabwicklung nicht vorgesehen ist und somit der Art. 14 VI PR-RL auch nicht dahingehend ausgelegt ist. Trotzdem gilt auch für diesen „Anspruch“ die zweijährige Verjährungsfrist des § 651 j S.1. Zwar unterwirft der BGH den rücktrittsbedingten Erstattungsanspruch des § 346 I Im Rahmen des Kaufrechts den allgemeinen Verjährungsfristen der §§ 195,199, jedoch kann diese Herangehensweise nicht auf Pauschalreisen übertragen werden (BGH, NJW 2997, 674, 677). Im Vergleich zu § 651 j S. 1 werden bei § 438 I nach der Eingangsformulierung die Rücktritts- und Minderungsrechte nicht weiter erwähnt. Schon allein aufgrund der verschiedenen Harmonisierungsgrade von Verbrauchsgüterkauf- und Pauschalreiserichtlinie II erscheint eine Übertragung der Rechtsprechung als wenig sinnvoll. Die allgemeine Verjährung gilt auch für alle anderen Rechtsbehelfe, welche nicht in § 651 i III aufgeführt sind. So gilt z.B. für den Rückerstattungsanspruch des § 651 f IV 3 des Kunden die Regelverjährung nach §§ 195 ff.
(3) Die Verjährungsfrist gilt jedoch nicht für den Anspruch des Veranstalters gegenüber dem Kunden auf Zahlung des Reisepreises nach § 651 a I 2 oder ein Aufwendungsersatzanspruch für Beistandserfordernisse, welche vom Reisenden schuldhaft erzeugt werden. In der novellierten Richtlinie sind keine Vorgaben zu der Verjährung von Ansprüchen des Veranstalters enthalten. Dies ähnelt der Systematik der Verbrauchsgüterkauf-RL, bei der Art. 5 I nur eine Regelung für die Verjährung von Mängelgewährleistungsrechten des Käufers enthält, nicht jedoch für die Ansprüche des Verkäufers. Werden durch den einschlägigen Sekundärrechtsakt keine oder nur teilweise Vorgaben zur Verjährung von Ansprüchen gemacht, dann muss die Beurteilung in so einem Fall nach dem anwendbaren, nationalen Recht erfolgen (vgl. EuGH, Urt. v. 22.11.2012, Az: C-139/11); (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2009, Az.: Xa ZR 61/09). Damit kommen bei dem Anspruch des Veranstalters auf Zahlung des Reisepreises (§ 651 a I 2) oder den Aufwendungsersatzanspruch nach § 651 q II die Verjährungsvorschriften §§ 195,199 zur Anwendung.
(4) Laut der alten Rechtslage entfaltete die deliktische Haftung des Reiseveranstalters nicht die zweijährige Verjährungsfrist des § 651 g II aF, sondern es galt die dreijährige Verjährung der §§ 195,199. Betrachtet man die jetzt geltende vollharmonisierend gestaltete Pauschalreise Richtlinie, dann stellt sich die Frage, ob die reiserechtliche zweijährige Verjährungsfrist ebenfalls auf die deliktische Haftung anzuwenden ist. Durch die §§ 651 a ff. kommt es jedoch ab Vertragsschluss zu einer Verdrängung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts. Der Reisende könnte weiterhin einen deliktischen Anspruch wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten haben. Durch den Sekundärrechtsakt in Art. 14 VI Pauschalreiserichtlinie II wird geregelt, dass die Verjährungsfrist für die dort aufgelisteten Ansprüche nicht weniger als zwei Jahre betragen darf. Die reiserechtliche Gewährung wird durch den nationalen Gesetzgeber einer zweijährigen Verjährung ausgesetzt. Durch die Einführung einer dreijährigen Verjährung für deliktische Handlungen des Veranstalters würde es zu einer Unterlaufung der Wertung der §§ 651 a ff. kommen. Aus diesem Grund stellt dies keine sachgerechte Lösung dar. Damit der vollharmonisierende Charakter der Richtlinie bewahrt wird, muss die vertragliche Verjährungsfrist von zwei Jahren übertragen werden. So zumindest im Hinblick auf Sachschäden. Zwar wird durch die Richtlinie ein solches Konzept nicht zwangsläufig festgelegt, dennoch ist eine solches Verständnis vorzuziehen. Schließlich ist die Formulierung ein Ausfluss der deutschen Grammatik und dient dazu Widersprüche innerhalb der gleichen Rechtsordnung zu vermeiden.
(5) Der bisherigen Rechtsfolge zu Folge hat die reisevertragliche Verjährungsfrist des § 651 g II aF keine Anwendung gefunden bei einer Nichtbeförderung,Annullierung und Verspätung für Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung im Verhältnis zum ausführenden Luftfahrtunternehmen. Die Verjährung richtete sich bei der Anwendung von deutschem Recht nach den allgemeinen Regeln der §§ 195,199 (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2009, Az.: Xa ZR 61/09). Der § 651 g II aF wurde nicht angewendet, da nur reiserechtliche Gewährleistungsbehelfe aus den §§ 651 c bis f aF gegen den Veranstalter erfasst wurden. Bei dem Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach Art. 7 Fluggastrechteverordnung handelt es sich nicht um einen pauschalreiserechtlichen Anspruch und deshalb gibt es darauf keine Erstreckung der reisevertraglichen Verjährungsfrist. Durch das LG Frankfurt a.M. (LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1998, 1589, 1590) wurde eine Analogie des § 651 g aF verneint, wenn es um europäisches Sachenrecht wie die Fluggastrechteverordnung geht. Berücksichtigt man die in der novellierten Richtlinie vorgenommen Verzahnung zwischen dem Pauschalreise und Passagierrecht und der Vollharmonisierung, dann ist es durchaus vertretbar die Verjährungsvorschrift des Art. 14 VI Pauschalreiserichtlinie II bei Flugpauschalreisen auf die Ausgleichszahlungsansprüche nach Art. 7 Fluggastrechteverordnung anzuwenden.
Bestimmung der Frist
Fristberechnung
Um den Fristbeginn festzulegen, ist laut dem Wortlaut des § 651 j S. 2 der Tag entscheidend, an dem die Pauschalreise gemäß dem Vertrag enden sollte. Nach § 187 I ist der Tag, an dem das Ereignis oder der Zeitpunkt stattfindet nicht mitzurechnen. Als Beispiel kann angeführt werden, wenn der 15.08.19 das vertragliche Reiseende darstellt, dann beginnt die Frist am 16.08.. Nach § 188 II endet die Frist mit dem Ablauf des Tages, welcher durch seine Zahl dem Tag des Ereignisses entspricht. Im vorherigen Beispiel würde die Frist am 15.08.20121 um 24 Uhr enden.
Hemmung der Verjährung
Allgemeines
Durch Art. 14 VI der Richtlinie wird festgelegt, dass die Verjährungsfrist für die dort aufgelisteten Ansprüche nicht weniger als zwei Jahre sein darf. Durch den Sekundärrechtsakt kommt es jedoch nicht zu Vorgaben im Hinblick auf die Verjährungshemmung. Das bedeutet, dass die allgemeinen Hemmungsregeln der §§ 203 bis 213 gelten. Den Hemmungsgründen der Verhandlungen und Rechtsverfolgung (§§203,204) kommt im Pauschalreiserecht eine besondere Bedeutung zu.
Verhandlungen
(1) Laut § 203 wird von der Hemmung vorausgesetzt, dass es zwischen dem Reiseveranstalter und dem Reisenden zu Verhandlungen über den Anspruch oder auch die begründenden Umstände kommt. Dafür muss der Reisende gegenüber dem Veranstalter seine Ansprüche geltend machen. Ansonsten ist es nicht möglich Verhandlungen aufzunehmen. Mit dem Zugang der Erklärung des Reisenden, aus der deutlich wird, dass er Ersatzansprüche geltend machen möchte, setzt die Hemmung ein. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass die Erklärung in den Organisationsbereich (LG Düsseldorf, NJW 2001, 1872) des Veranstalters kommt. Damit die Hemmung jedoch beginnen kann, bedarf es das Tätigwerden des Reiseveranstalters, in dem Sinne, dass der Reisende sich darauf verlassen kann, dass der Veranstalter auf die Erörterung über die Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche einlässt (BGH, NJW- RR 2001, 1168). Es ist jedoch nicht ausreichend, wenn ausschließlich eine Bestätigung des Einganges der Anmeldung erfolgt und auch das bloße Schweigen des Veranstalters (LG Köln, RRa 2001) ist nicht ausreichend ist. Kommt es durch den Veranstalter von Anfang an zu einer Ablehnung der geltend gemachten Ansprüche, dann liegen keine Verhandlungen vor.
(2) Wann genau das Ende der Verhandlungen angenommen werden kann, soll durch die Rechtsprechung entschieden werden. Der Gesetzgeber hat sich aus diesem Grund auch gegen eine Schriftform entschieden. Es bedarf eines Verhaltens des Veranstalters oder des Reisenden. Regelmäßig bedarf es einer endgültigen Zurückweisung der Ansprüche (§203).
(3) Es sollte beachtet werden, dass der Gesetzgeber die Verhandlungen nicht absichtlich in ein Schema von schriftlichen Erklärungen packen wollte. Der Reiseveranstalter sollte jedoch seinen fehlenden Willen, die Verhandlungen fortzusetzen entweder per Email oder Fax, also schriftlich oder in Textform kundgeben. Der Rechtssicherheit zu liebe kann die Schriftlichkeit oder die Textform in einer AGB Klausel festgelegt werden. Teil einer solchen Verjährungsvereinbarung kann auch eine Ablaufhemmung sein.
(4) Ein solches Schreiben stellt eine Willenserklärung dar und muss deshalb dem Reisenden zugehen (§130) (BGHZ, 109, 220). Tritt der Vermittler als Empfangsvertreter für den Reisenden auf im bezug auf das Zurückweisungsschreiben, dann führt der Eingang des Schreibens bei dem Vermittler zum Ende der Hemmung (LG Düsseldorf RRa 2000, 152, LG Kleve RRa 1996, 250; AG Düsseldorf RRa 1999,95). Ist der Reisende nach wie vor im Urlaub und somit abwesend, dann verhindert dies nicht den Zugang des Zurückweisungsschreibens. Schließlich kommt es auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme unter normalen Umständen an (AG Bonn, RRa 1999, 7). Am besten ist das Schreiben per Einschreiben mit Rückschein zu versenden, da der Veranstalter den Zugang zu beweisen hat (LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1987, 568).
(5) Ausschlaggebend ist, ob es für einen Durchschnittsreisenden inhaltlich klar ist, dass die Verhandlungen beendet sind. Daher muss der Reiseveranstalter die Erklärung so formulieren, dass der Reisende sich sicher sein kann, ob der Reiseveranstalter eine Zahlung endgültig oder teilweise verweigert (BGH, NJW 1983, 2699, 2700; LG Düsseldorf, NJW 2001, 1872; LG Frankfurt a.M., NJW 1985, 147). Zu der Beendigung des Schwebezustands kommt es nur, wenn der Veranstalter eine eindeutige, abschließende Entscheidung abgibt. Erst dann ist der Reisende sich darüber im Klaren, dass er gerichtliche Schritte unternehmen muss, wenn er seine Rechte beibehalten möchte. Unklarheiten werden zu Lasten des Veranstalters ausgelegt. Den Veranstalter tritt jedoch keine Begründungspflicht (vgl. BGH, NJW 1983, 2699, 2700). Eine Beendigung der Verjährungshemmung erfolgt ebenfalls durch einen vom Reisenden erwirkten Mahnbescheid. Das bedeutet, dass die gerichtlich geltend gemachten Ansprüche der Verjährung unterliegen, wenn das Verfahren während der weiteren sechs Monate nicht betrieben wird.
(6) Kommt es durch den Reiseveranstalter zu einem endgültigen Vergleichsangebot (§ 779), dann ist ebenfalls ein Ende der Verhandlungen anzunehmen, wenn daraus hervorgeht, dass die Sachprüfung bereits abgeschlossen ist (OLG Celle, NJW-RR 1996, 372; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 635; AG Berlin-Charlottenburg RRA 2000, 9; AG Bad Homburg RRa 1998; 136; AG Königstein RRa 1997, 154; AG Bonn RRA 1996, 224; AG Düsseldorf RRA 1995, 181; AG München RRa 1994, 33). Es muss klar sein, dass es zu einer Ablehnung weitergehender Ansprüche kommt und zur selben Zeit auf eine Annahmeerklärung des Angebots des Reisenden verzichtet wird (§151) (BGH NJW 1990, 1655, 1656; OLG Celle RRa 2003, 12). Bei einer eindeutigen und klaren Ablehnung kann es jedoch bei einer Vergleichsangebot ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zu einer Ablehnung kommen, wenn der Reisende sich nach dem Inhalt des Schreibens noch dazu zu äußern hat (LG Frankfurt a.M., NJW 1985, 147; AG Bonn RRa 1999, 7).
(7) Damit das Ende der Hemmung einsetzt ist es ausreichend, wenn es zu einer Teilrückweisung kommt ohne das der restliche Teil anerkannt wird (LG Frankfurt a.M., NJW 1985, 147; LG Hannover, MDR 1983, 1018). Bezüglich des zurückgewiesenen Teils ist zu sagen, dass kein Anerkenntnis i.S.d. § 212 I Nr. 1 vorliegt. Ausschließlich für den zugesagten Teilbetrag besteht ein Teilanerkenntnis. Das hat zur Folge, dass für diesen Betrag ein Neubeginn der Verjährung besteht.
(8) Kommt es durch den Reisenden oder seinen Anwalt zu der vorbehaltlosen Einlösung des übersandten Schecks ein, dann ist darin meistens die Annahme des Vergleichsangebots zu sehen. Es kommt zum Ausschluss weitergehender Ansprüche in einem solchen Fall (BGH, NJW 2001, 2324; NJW 1990, 1655, 1656; OLG Celle, RRa 2003, 12; OLG Köln, VesR 1994, 113; LG Duisburg, RRa 2009, 140; LG Frankfurt a.M., RRa 2009, 175; RRa 2008, 263; LG Kleve RRa 1998, 115; AG Baden-Baden RRa 1996, 55). Der Widerspruch des Reisenden hat vor oder zumindest zeitgleich mit der Scheckeinlösung des Reiseveranstalters zu erfolgen, wenn der Reisende den Scheck nur als Teilzahlung ansieht und damit deutlich machen will, dass der Annahmewille fehlt (LG Frankfurt a.M., RRa 2009, 175; LG Duisburg RRa 2008, 263; AG Duisburg RRa 2004, 176). Das gilt auch dann, wenn er den entgegenstehenden Willen des Reisende kennt oder zumindest kennen kann (LG Duisburg, RRa 2009, 140, 141). Dabei muss auf die Sichtweise eines objektiven Dritten abgestellt werden (BGH, NJW 2001, 2324; 1990, 1655, 1656). Weiterhin kann dem Reisenden von dem Veranstalter ein Reisegutschein angeboten werden aber er muss ihn darauf aufmerksam machen, dass er auch bereit wäre den Wert zu erstatten. Der Reisende ist weiterhin nicht dazu verpflichtet einen solchen Reisegutschein anzunehmen, da er nach §§ 651 m II 2, 346 I auch einen Anspruch auf Geldzahlung hat. Davon kann es nicht zu einer Abweichung nach § 651 y S. 1 kommen. Möchte der Reisende seine Ansprüche weiter verfolgen, dann wird die Rückgabe des Gutscheins als zweckmäßig angesehen.
(9) Teilt der Reiseveranstalter mit, dass er die Angelegenheit für die Weiterbearbeitung an seine Versicherung übergeben hat, dann kann noch kein Ende der Verhandlungen angenommen werden (LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1994, 179; RRa 1995, 46). Erst durch die Zurückweisung der Ansprüche durch ihn oder die Versicherung kommt es zu dem Ende der Hemmung (OLG Köln, MDR 2000, 1181; LG Frankfurt a.m., RRa 1995, 46). Eine Hemmung kann dann eintreten, wenn der Veranstalter zwar die Ansprüche ablehnt aber auch sagt, dass er den Vorgang an seiner Versicherung weitergegeben hat und der Kunde durch die Versicherung informiert wird. Dem Reisenden ist es möglich die endgültige Stellungnahme der Versicherung abzuwarten, da es dadurch zu einem neuen Vertrauenstatbestand durch den Veranstalter kommt (LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1994, 179).
(10) Kommt es trotz der Vorstellung des Reisenden zu einer Zurückweisung und einer erneuten Prüfung durch den Veranstalter und erlangt der Reisende davon Kenntnis, dann kommt es durch den Zugang des Schreibens zu einer erneuten Hemmung. Um diese zu beseitigen, muss eine weitere Beendigungshandlung eintreten (LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1994, 179; AG Bad Homburg, RRa 2001, 182; AG Hamburg, RRa 1998, 91). Das berechtigte Vertrauen des Reisenden ist damit schutzwürdig. Durch die alleinige Vorstellung des Kunden, dass der Veranstalter den Vorgang nochmal prüfen soll, kommt es nicht zu einer Hemmung (OLG Celle, NJW-RR 1996, 372; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 625; LG Frankfurt a.M., RRa 2000, 71; LG Kleve, RRa 1998, 40; LG Frankfurt a.M., RRa 1995, 46; AG Bad Homburg, RRa 2001,182). Das gilt auch für die Situation, dass der Veranstalter seine Hilfe bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber einem ausländischen Leistungsträger anbietet (AG München, RRa 1997, 11) oder den Reisenden darüber in Kenntnis setzt, dass er keinen Grund für eine neue Anspruchsprüfung sieht, eine solche jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, wenn doch noch andere Tatsachen oder Beweismittel gefunden werden (OLG Köln, NJW-RR 2000, 1441). Es kommt nicht zu der Veränderung der Sachlage durch die Bestätigung der ursprünglichen Ablehnung. Das kann nicht gelten, wenn durch den Veranstalter andere Gründe angeführt werden.
(11) Kommt es durch den Reiseveranstalter nicht zu einer Zurückweisung der Ansprüche und schlafen die Verhandlungen ein, dann führt dies nicht zu dem Ende der Hemmung. Folgt man der Rechtsprechung des BGH, dann endet die Hemmung nachdem der nächste Schritt nach treu und glauben zu erwarten ist (LG Kleve, RRa 1995, 50; AG München RRa 2001, 165; AG Bad Homburg RRa 2001, 207).
(12) Während der Hemmung der Verjährung kommt es nicht zu der Berechnung des Zeitraums in die Verjährungsfrist (§209). Es kommt nämlich zu einem Stillstand und die Frist läuft erst weiter, wenn der Hemmungsgrund wegfällt (BGH, NJW-RR 2001, 1168, 1169; BGH, NJW 1986, 1337, AG Baden-Baden, RRa 2005, 30). Anschließend muss die Verjährungsfrist durch die genaue Berechnung um die Hemmungszeit verlängert werden.
Rechtsverfolgung und außergerichtliche Streitbeilegung
(1) In § 304 I Nr. 1, 3 wird sowohl die Klageerhebung, als auch die Zustellung des Mahnbescheids in einem gerichtlichen Mahnverfahren als Hemmung geregelt. Durch die Zustellung soll es zu einer Hemmung der Verjährung kommen, welche schon mit Eingang des Antrags oder der Klage erfolgt, wenn die Zustellung in absehbarer Zeit erfolgt (§167 ZPO). Die Vorschaltung eines Mahnverfahrens ist in Reisesachen eher als unpraktisch anzusehen. Bei der Hemmung durch Rechtsverfolgung kommt es nach sechs Monaten zu der Beendigung des Verfahrens (§ 204 II).
(2) Gelichzeitig kommt es zu der Hemmung der Verjährung nach § 204 I Nr. 4, wenn der Gläubiger für die Geltendmachung der Ansprüche an eine Streitbeilegungsstelle wendet. Damit soll vermeiden werden, dass der Gläubiger zu einem gerichtlichen Vorgehen genötigt wird, nur um eine Verjährung zu verhindern. Diese Neuerung geht auf die europäischen Vorgaben in Form der ADR-Richtlinie (2013/11/EU) zurück.
Neubeginn durch Anerkenntnis
(1) Der Neubeginn der Verjährung läuft nach den allgemeinen Regeln der §§ 212,213 ab. Damit wird nach § 212 I die bereits angefangene Verjährungsfrist außen vor gelassen und die Verjährungsfrist beginnt in voller Länge nochmal. In dem § 212 sind zwei Fälle des Neubeginns aufgeführt. Der erste Fall des § 212 I Nr. 1 befasst sich mit dem Anerkenntnis des Anspruchs durch den Veranstalter in bestimmter Weise. Der zweite Fall des § 212 I Nr. 2 befasst sich mit dem Antrag des Reisenden zu einer gerichtlichen oder behördlichen Vollstreckungshandlung oder deren Vorname (§ 212 I Nr. 2). Dadurch kommt es zu einem sofortigen Neubeginn (BGH, NJW 1990, 826).
(2) Für ein Anerkenntnis ist jedes tatsächliche Verhalten dem Reisenden gegenüber, aus dem das Bewusstsein des Veranstalters vom Bestehen des Anspruchs hervorgeht. Eine Abschlagszahlung, die Herausgabe des Schecks (OLG Celle, RRa 2003,12) oder ein Gutschein sind als Anerkennungshandlungen aufzufassen. Wird einem Schreiben ein Reisegutschein hinzugefügt, dann wird dessen Rückgabe vor Klageerhebung angezeigt. Naturalleistungen werden bei der Abgeltung nicht beachtet, da der Kunde ein Recht auf Rückzahlungsansprüche durch Minderung hat. Möchte der Reiseveranstalter die fehlende Rückgabe des Gutscheins geltend machen, dann kann er Verurteilung Zug um Zug gegen Herausgabe des Gutscheins beantragen oder Widerklage auf Herausgabe erheben, wozu es zu vermeidbaren Kosten für dem Reisenden kommen könnte.
Gesetzliche Sondervorschriften
(1) Völkerrechtliche Sondervorschriften haben Vorrang vor dem § 651 j. Nach Art. 35 MÜ gilt eine Ausschlussfrist von 2 Jahren, wenn der Reisende gegen den Veranstalter als vertraglichen Luftfrachtführer wegen Schadensersatz Ansprüche geltend macht. Die Frist läuft ab dem Tage, an dem das Luftfahrzeug am Bestimmungsort ankommt oder zumindest ankommen hätte sollen oder an dem Tag, an dem die Beförderung abgebrochen wurde. Die Fristberechnung richtet sich nach dem Recht des angerufenen Gerichts (Art. 35 II MÜ).
(2) Die Ansprüche des Reisenden in Bezug auf Schadensersatz wegen Tod, Körperverletzung oder auf Grund von Verlust oder Beschädigung von Gepäck unterleigenbei Schiffsreisen als Pauschalreise einer Frist von 2 Jahren.
Darlegungs- und Beweislast
Durch den Veranstalter muss dargelegt und bewiesen werden, dass die Voraussetzungen der Einrede der Verjährung unterfallen. Weiterhin unterliegt er auch der Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Zeitpunktes, in dem die Hemmung der Verjährungsfrist endet (§ 203 I). Der Zeitpunkt stellt das Ende der Verhandlungen dar, wenn der Reisende den Zeitpunkt der Anspruchsanmeldung dargelegt und auch bewiesen hat. Weiterhin unterliegt der Reisende der Darlegungsgrund Beweislast bezüglich der Tatbestände, bei welchen der Eintritt der Hemmung oder deren Neubeginn erfolgt. Konnte der Reisende den Zeitpunkt der Anspruchsanmeldung darlegen und auch beweisen, dann muss der Reiseveranstalter den Zeitpunkt des Endes der Verhandlungen als den due Hemmung beendenden Tatbestand nach § 203 I beweisen. Möchte sich der Reisende auf Arglist des Reisveranstalters berufen, dann muss er beweisen, dass der Veranstalter Kenntnis von den Reisemängeln hatte.
Insolvenzschutz
Der Veranstalter und/oder Vermittler müssen nachweisen, dass im Falle eines Konkurses die Erstattung gezahlter Beiträge und die Rückreise des Reisenden sichergestellt sind. (vgl. § 651r Abs. 1 S. 1 BGB)
Sicherstellung
Der Nachweis der Insolvenzsicherung ist wohl die wichtigste Neuerung für den Verbraucherschutz. Der Reiseveranstalter war schon immer dadurch vor einer Zahlungsunfähigkeit des Kunden geschützt, dass der Kunde den Reisepreis im Voraus entrichten muss. Allerdings war der Kunde nicht vor einer Leistungsunfähigkeit des Veranstalters geschützt. Mit der Pflicht desselben die Insolvenzsicherung nun nachzuweisen, wurde dieser Schutz für den Verbraucher geschaffen. Der Reiseveranstalter muss demnach nachweisen, dass er im Falle einer Insolvenz dazu in der Lage wäre, den gezahlten Reisepreis zurückzuerstatten und die Rückreise des Verbrauchers zu organisieren.
Art der Absicherung
Wie eine solche Absicherung nun auszusehen hat, wurde von der Richtlinie nicht vorgeschrieben und daher den Mitgliedsstaaten überlassen. Abgesehen wurde jedenfalls von einem Garantiefonds und einer Pflichtversicherung. Der Rat und die Kommissionen sind jedenfalls der Auffassung, dass jede Art von Garantie genügt. Beispiel wäre ein Fonds, Einlagen, Kautionen, Kapitaldecke des Unternehmens oder Versicherungen. Mit der neuen Richtlinie sollten die Leitlinien dann präziser festgelegt werden. Die frühere Richtlinie sagte nichts darüber aus, wer Adressat der Sicherstellung sein soll. Jedenfalls lässt sich für Reiseveranstalter mit Sitz im Europäischen Wirtschaftsraum dem § 651s BGB entnehmen, dass die Sicherheit gegenüber dem Reisenden zu leisten ist.
Abgesicherte Risiken
Fraglich ist, was genau eigentlich abgesichert ist. In erster Linie natürlich die tatsächlich gezahlten Beiträge des Reisenden. Abzüge dürfen dabei nicht gemacht werden. Auch eine Anzahlung ist vom Insolvenzschutz umfasst. Dabei ist es auch unerheblich, wie hoch die Anzahlung war. Auch die Rückreise des Reisenden muss abgesichert sein. Unklar ist, ob der Verbraucher oder der Reiseveranstalter die Rückreise organisieren muss. Bei einem vorzeitigen Reiseabbruch müssen zumindest Teilbeträge erstattet werden. Auch Kosten, die den Reisenden wegen der Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters treffen, müssen von demselben an den Reisenden erstattet werden. Auch wenn die Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters auf ein betrügerisches Verhalten desselben zurückzuführen ist, bestehen diese Verpflichtungen.
Höchstbetrag
Höchstbeträge werden in der Richtlinie nicht zugelassen. Auch im BGB fehlt eine dementsprechende Regelung, da der Reisende, wenn er aufgrund einer Haftungsbegrenzung nicht den kompletten Betrag seines Anspruchs bekommen kann, eventuell einen Staatshaftungsanspruch hätte.
Was ändert sich mit der neuen Richtlinie?
Da der Insolvenzschutz in den verschiedenen Mitgliedsstaaten unterschiedlich umgesetzt wurde, kam es oft zu doppelten Kosten für Reiseveranstalter und Reisevermittler. Nun unterliegen dieser Verpflichtung nur noch Pauschalreiseveranstalter und Reisevermittler, die bei dem Verkauf von Bausteinreisen behilflich sind. Zudem werden präzisere Kriterien für den Umfang des Schutzes aufgestellt, um beispielsweise eine effektive Rückbeförderung des Reisenden zu gewährleisten. Allerdings fehlt immer noch eine Organisationsregelung für die Rückbeförderung. Es daher immer noch nicht geregelt, ob der Reiseveranstalter die Rückreise organisieren muss oder ob der Reisende selbst die Rückbeförderung organisieren muss und der [[Reiseveranstalter|Veranstalter bezahlt. Zudem ist die gegenseitige Anerkennung des Insolvenzschutzes nun geregelt. Das bedeutet, dass grenzüberschreitend die Regelungen des Involvenzschutzes anerkannt werden, die im Mitgliedsstaat der Niederlassung des Veranstalters vorgesehen ist. Die Mitgliedstaaten sind nun verpflichtet, zentrale Kontaktstellen für die administrative Zusammenarbeit festzulegen.
Quellen
BGH Urteil vom 23. Oktober 2012 · Az. X ZR 157/11
Bosch, Andreas Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zum Umfang Lorz, Sigrid und Grenzen der Haftung von Fluggesellschaften im Rahmen der Fluggastrechtverordnung, NZV 2013, S. 105
Führich, Ernst Die neue Pauschalreisenrichtlinie, NJW 2016, S. 1204
Führich, Ernst Zur Verlegung und Verspätung von Flügen im Rahem von Pauschalreisen, RRa 2007
Friese, Jakob Reisevertragsrecht, Reisevermittlungsrecht, Wettbewerbsrecht, Reiseversicherungsrecht, Luftbeförderungs- und Verkehrsträgerrecht, VersR, S. 306-307
Heinicke, Petra Pauschalreisen-Richtlinie – Neuer Wein in guten Schläuchen?, ZRP 2016, S. 226
Kressel, Dietrich Die revidierte EU-Pauschalreisenrichtlinie aus Veranstaltersicht, RRa 4/2015, S. 176
Maultsch, Felix Bausteinverträge in der Dogmatik der Schuldverhältnisse, ZeuP 2016, Czarnecki, Mark Andre, S. 832
Tonner, Klaus Die neue Pauschalreisenrichtlinie, EuZW 2016, S. 9
Tonner, Klaus Harmonisierung oder Disharmonisierung des Reiserechts, EWS 1993, S. 7
Wolter, Udo Münchener Kommentar, BGB Band 5/2, München 2017, Verlag C.H. Beck, ISBN 978-3-406-7108-6
Scheuer, Gabriel Die neue Pauschalreisenrichtlinie, Rra 6/2015, S. 277
Führich, Ernst Die neue Pauschalreisenrichtlinie, NJW 2016, S. 1204